In diesem Beitrag werden vier Kernfragen behandelt:
(1) Wie kann Mediation mit den gegebenen Machtverhältnissen bei Klienten umgehen?
(2) Kann Mediation auf den Einsatz von Macht verzichten?
(3) Können im Mediationsprozess Machtunterschiede zwischen den Konfliktparteien neutralisiert werden?
(4) Können durch Mediation Machtverhältnisse bei den Klienten verändert werden?
Das Hauptinteresse dieses Artikels gilt der Macht in meso-sozialen Systemen, vor allem in Organisationen, und den Möglichkeiten der Mediation, denn dort habe ich als Theoretiker und Praktiker die meiste Erfahrung gewonnen. Nur gelegentlich werde ich hier bei der Diskussion zu Fragen der Mediation und Macht Streifzüge in die mikro-soziale Sphäre (Paarbeziehung, Familie, Kleingruppe) und in makro-soziale Systeme (Gesellschaft, staatliche Gebilde, überstaatliche Bündnissysteme) machen.
Meine Erkenntnisse dazu fasse ich in den folgenden Hypothesen zusammen: (1) Mediation muss die gegebenen Machtverhältnisse respektieren, darf und kann sich ihnen jedoch nicht anpassen; (2) Mediation setzt vielfältige Einflussmittel ein – in bestimmten Fällen bewusst auch Macht; (3) Mediation gestaltet im Mediationsprozess die Machtbeziehungen zwischen den Klienten und kann Machtgefälle mehr oder weniger neutralisieren; (4) Mediation kann auf die Machtverhältnisse des Klientensystems einwirken, wenn sie Organisationsentwicklungs-Kompetenzen mit Mediation zu verbinden versteht.
Dieser Beitrag wird in zwei Teilen publiziert: Der erste Teil in dieser Nummer diskutiert das Verständnis der Macht und die Machtfaktoren in sozialen Systemen. Der zweite Teil im Heft 2009-02 geht auf Interventionsmöglichkeiten und deren Bezug zur Macht ein.