Mit der Einführung der Verwaltungsgerichte haben sich in Österreich zwei eigenständige Qualifizierungsmodelle für das Richteramt herausgebildet. In der ordentlichen Justiz sind eine gerichtsinterne vierjährige Rechtspraxis im richterlichen Vorbereitungsdienst und eine anschließende Richteramtsprüfung erforderlich. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit hingegen kennt das Modell der Berufserfahrung. Nach zumindest fünfjähriger juristischer Berufserfahrung und im Regelfall der Absolvierung einer juristischen Berufsprüfung steht die Tür zur verwaltungsrichterlichen Tätigkeit offen. Der Beitrag untersucht Gemeinsamkeiten und Unterschiede dieser beiden Qualifizierungsmodelle und stellt Programme aus Deutschland, Österreich und der Schweiz vor, die den Einstieg in den Richterberuf erleichtern sollen.
- ISSN Online: 2309-5121
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Inhalt der Ausgabe
S. 263 - 268, News-Radar
Aktuelle Ereignisse und Entwicklungen in Gesetzgebung, Rechtsprechung und Praxis
S. 269 - 276, Aufsatz
Richterausbildung für Verwaltungsrichter? – Status quo und Ausblick
S. 277 - 283, Aufsatz
Die amtswegige Ruhestandsversetzung von Beamten des Bundes wegen Dienstunfähigkeit
Als Austragungsort eines Konfliktes zwischen Rechtsstaatlichkeit und Effektivität zeigt das weite Feld der Ruhestandsversetzung eine ausdifferenzierte Güterabwägung zwischen den divergierenden Interessen des Dienstgebers und der Bediensteten. Aufgrund der damit verbundenen Eingriffe in die erhöhte Bestandskraft des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses gilt es im Ruhestandsversetzungsverfahren sowohl rechtlich als auch faktisch besonders genau vorzugehen. Der vorliegende Beitrag soll Behörden und Bediensteten zur Vermeidung der in diesem Zusammenhang häufigsten Verfahrensfehler dienen.
S. 284 - 292, Aufsatz
Zur Beisetzung und Aufbewahrung von Aschenresten auf privaten Bestattungsanlagen in Österreich
Der vorliegende Beitrag analysiert mit dem Friedpark-Erkenntnis des VwGH auf der einen und der Entscheidung des EuGH in der Rs Memoria Srl auf der anderen Seite zwei bestattungsrechtliche Erkenntnisse, die eine vergleichbare Problemlage am selben Entscheidungstag unterschiedlich lösen und bewerten. Der Verfasser dieses Beitrages zeigt, dass strenge Gemeindevorbehalte für Friedhöfe – wie sie regional, bspw nach Tiroler Landesrecht, nach wie vor gelten – im Lichte der neueren Rechtsprechung des EuGH jedenfalls nicht in der bislang bestehenden Strenge aufrecht erhalten werden können.
S. 293 - 297, Aufsatz
Unabhängigkeit von (Verwaltungs-)Gerichten aus unionsrechtlicher Perspektive
Der EuGH beurteilt die Gerichtsqualität des vorlegenden Gerichts am Maßstab von Art 267 AEUV im Rahmen der Zulässigkeit eines Vorabentscheidungsersuchens. Im Falle des vorlegenden Verwaltungsgerichtes Wiesbaden können im Hinblick auf die Befugnisse der Legislative und Exekutive in Zusammenhang mit Ernennung, Beurteilung und Beförderung der dieses Verwaltungsgericht bildenden Richter keine begründeten Zweifel an der Unabhängigkeit dieses Gerichts entstehen.
Eine vom verwaltungsbehördlichen Verfahren abweichende Beweiswürdigung und daraus resultierende andere entscheidungswesentliche Sachverhaltsfeststellungen durch das VwG setzen voraus, dass in der mündlichen Verhandlung eine eingehende Auseinandersetzung mit den relevanten Beweismitteln erfolgt. Dazu gehört es, – wenn dem Richter das erforderliche Fachwissen fehlt – einen gerichtlichen Sachverständigen (Amtssachverständigen) als Hilfsorgan des Gerichts zu bestellen.
S. 301 - 303, Verfahrensrecht
Antrag auf Aufhebung einer rechtskräftig verhängten Strafe im Gefolge des EuGH-Urteils in der Rs Maksimovic
Es fehlt an einer entsprechenden Bestimmung des nationalen Rechts, aufgrund derer das Verwaltungsgericht eine (rechtskräftige) Entscheidung wegen etwaiger Unionsrechtswidrigkeit zurücknehmen oder ihre Rechtswirkungen außer Kraft setzen könnte.
S. 304 - 305, Verfahrensrecht
Rechtswirkungen einer missbräuchlichen Meldung beim zuständigen Postamt als ortsabwesend
Eine missbräuchliche Meldung beim zuständigen Postamt als ortsabwesend trotz weiterhin bestehenden regelmäßigen Aufenthalts des Empfängers an der Abgabestelle hindert die rechtskonforme Zustellung behördlicher Schriftstücke nicht. Mit einer derartigen Zustellung werden sämtliche Rechtswirkungen entfaltet.
Entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde handelt es sich beim gegenständlichen Feststellungsbegehren nicht um die Feststellung eines bestehenden Rechtes oder Rechtsverhältnisses der Beschwerdeführerin, sondern um die rechtliche Qualifikation eines Sachverhalts, nämlich um die rechtliche Zuordnung bestimmter von der Beschwerdeführerin hergestellter Produkte unter in der VerpackungsabgrenzungsV angeführte Produktgruppen. Derartige Feststellungen bedürfen einer expliziten Rechtsgrundlage im Materiengesetz (AWG 2002), sie können nach der Judikatur des VwGH nicht Gegenstand von Feststellungsbescheiden nach den allgemeinen Verfahrensgrundsätzen sein.
Mangels einer entsprechenden Rechtsgrundlage im VStG bleibt für die beantragte nachträgliche Strafmilderung durch Umwandlung der verhängten Freiheitsstrafe in eine Geldstrafe in einem angemessenen Ausmaß kein Raum.
S. 313 - 314, Verfahrensrecht
Einstellung des Fristsetzungsverfahrens bei einem Normprüfungsantrag des VwG an den VfGH
Die Erlassung eines Beschlusses, mit dem das säumige VwG an den VfGH mit einem Antrag auf Normprüfung herantritt, hat (wie die Aussetzung nach § 38 AVG) zur Folge, dass damit die Entscheidungspflicht des VwG beendet ist. Auch in einem solchen Fall liegen die Voraussetzungen für die Erhebung eines Fristsetzungsantrages nicht (länger) vor. Das Verfahren über einen vor dieser Beschlussfassung zulässigerweise eingebrachten Fristsetzungsantrag ist nach § 38 Abs 4 VwGG einzustellen.
S. 314 - 320, Materienrecht
Keine Unverhältnismäßigkeit der Mindest- und Höchststrafen nach § 52 Abs 2 erster Strafsatz GSpG
Weder die einzelnen Elemente der gemäß § 52 Abs 2 erster Strafsatz GSpG zu gewärtigenden Sanktionen – Mindeststrafe(n), Höchststrafe(n) – noch die gemäß § 16 VStG zu bemessende(n) Ersatzfreiheitsstrafe(n) noch der Verfahrenskostenbeitrag gemäß § 64 VStG noch diese Elemente in ihrem Zusammenwirken sind als unverhältnismäßig zu beurteilen. Das Unionsrecht steht der uneingeschränkten Anwendbarkeit des § 52 Abs 2 erster Strafsatz GSpG, des § 16 VStG sowie des § 64 VStG somit nicht entgegen.
S. 321 - 323, Materienrecht
Keine Verpflichtung zur Angabe einer getilgten Verurteilung gegenüber der Staatsbürgerschaftsbehörde
Im Falle einer getilgten Verurteilung besteht keine Verpflichtung zur Angabe der Verurteilung gegenüber der Behörde. Die Aussage, „nicht gerichtlich verurteilt“ zu sein, ist daher irrelevant.
Ein Staatsbürgerschaftswerber ist zwar nicht verpflichtet, eine getilgte oder der Auskunftsbeschränkung unterliegende Verurteilung der Staatsbürgerschaftsbehörde bekannt zu geben. Zur Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Einbürgerungswerbers (§ 10 Abs 1 Z 6 StbG) darf das einer derartigen Verurteilung zu Grunde liegende Fehlverhalten, das der Behörde auf welche Art und Weise auch immer bekannt wird, aber berücksichtigt werden.
Im Gegensatz zur Verhängung von Geldbußen wegen Verstößen gegen unionsrechtliche Wettbewerbsregeln handelt es sich bei den von der Aufsichtsbehörde eines Mitgliedstaates für Verstöße gegen die DSGVO gemäß Art 83 Abs 4 bis 6 DSGVO zu verhängenden Geldbußen um strafrechtliche Sanktionen.
Die Rsp des VwGH zu § 99d Abs 1 und 2 BWG (VwGH 29.3.2019, Ro 2018/02/0023) betreffend die Bestimmtheit der Verfolgungshandlung iSd §§ 31 und 32 VStG bzw der Bestrafung iSd § 44a VStG ist auch für die Rechtsfrage, inwiefern für die Bestrafung einer juristischen Person wegen Verstößen gegen die DSGVO bzw das DSG gemäß § 30 DSG die zur Beurteilung eines tatbestandsmäßigen, rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens erforderlichen Feststellungen zu treffen sind und im Spruch gemäß § 44a VStG tatbestandsmäßiges, rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten einer namentlich genannten natürlichen Person aufzunehmen ist, heranzuziehen.
Im Verwaltungsstrafverfahren gegen die juristische Person würde die Konkretisierung der natürlichen Person, für deren tatbestandsmäßiges Verhalten die juristische Person zur Verantwortung gezogen wird, erst im Beschwerdeverfahren eine unzulässige Änderung des Tatvorwurfs und der Sache des Verfahrens iSd § 50 VwGVG darstellen.
S. 327 - 328, Materienrecht
Zur Bezeichnung der handelnden Amtsorgane als „Kartoffel“ im Lichte des Art III Abs 1 Z 3 EGVG
Die (bloße) Herabwürdigung oder Beleidigung aus Gründen der Rasse, der nationalen oder ethnischen Herkunft erfüllt das objektive Tatbild einer Diskriminierung im Sinne des Art III Abs 1 Z 3 EGVG nicht.
S. 329 - 330, Materienrecht
Absonderungsbescheide nach dem Epidemiegesetz – Unzuständigkeit der Verwaltungsgerichte
Nachdem die angehaltene Person beim Bezirksgericht, in dessen Sprengel der Anhaltungsort liegt, die Überprüfung der Zulässigkeit und Aufhebung der Freiheitsbeschränkung nach § 7 Abs 1a Epidemiegesetz beantragen kann und der Rechtszug gegen den Absonderungsbescheid der Bezirksverwaltungsbehörde an das Landesverwaltungsgericht seit 2016 im Epidemiegesetz nicht mehr vorgesehen ist, ist das Landesverwaltungsgericht für gegen solche Bescheide erhobene Beschwerden unzuständig.
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