Von Mitte Jänner bis Mitte März 2023 gab es unter anderem folgende Bundesgesetze bzw Verordnungen und Kundmachungen. Einige davon betreffen nach wie vor Maßnahmen gegen die COVID-19-Pandemie und ihre Folgen. Auch der russische Angriff auf die Ukraine schlägt sich in der Rechtsetzung nieder, mit dem Ziel der Sicherung der Gasversorgung und als Reaktion auf gestiegene Energiepreise. Daneben finden sich Bundesgesetze und Verordnungen zu Themen des Arbeitsrechts, des Wirtschaftsrechts und des Sozialrechts.
- ISSN Online: 2309-5121
40,00 €
inkl MwSt
Inhalt der Ausgabe
S. 79 - 81, News-Radar
Aktuelle Ereignisse und Entwicklungen in der Gesetzgebung
S. 82 - 96, Aufsatz
Absehen von einer Anzeige nach § 25 Abs 3 VStG – zugleich ein Beitrag zum Absehen von der Strafverfolgung nach §§ 33a und 45 Abs 1 Z 4 VStG
Der vorliegende Beitrag widmet sich zunächst der Frage nach einer Pflicht für Verwaltungsbehörden zur Anzeige von Verwaltungsübertretungen. Anschließend werden die Voraussetzungen für das Absehen von einer Anzeige nach § 25 Abs 3 VStG, nämlich die Geringfügigkeit einerseits der „Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes“ und andererseits der „Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat“ untersucht. Diese Ausführungen lassen sich auf § 33a und § 45 Abs 1 Z 4 VStG übertragen.
S. 97 - 98, Aufsatz
Österreichische Akademie der Verwaltungsgerichtsbarkeit (ÖAVG): Bilanz und Ausblick
Seit ihrer Gründung gewährleistet die ÖAVG einen regelmäßigen Wissensaustausch im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Im Jahr 2022 stieß die Akademie erneut auf großen Zuspruch und konnte ihre Teilnehmer:innenzahl mehr als verdoppeln. Diesen positiven Trend gilt es in Zukunft fortzuführen.
Wie das innerstaatliche Recht unterliegt auch das Europarecht stetiger Veränderung. Die enge Verzahnung zwischen diesen beiden Rechtsordnungen kann vor allem bei nationalen Verweisungen auf unionsrechtliche Bestimmungen zu Problemen führen, wenn letztere vom Unionsgesetzgeber ersetzt werden, ohne dass die innerstaatlichen Verweise entsprechend adaptiert werden. Es drängen sich rechtstechnische, kompetenzrechtliche sowie grundrechtliche Fragen auf, denen im vorliegenden Beitrag nachgegangen werden soll.
S. 107 - 112, Verfahrensrecht
Zusammenfassung mehrerer Bescheide unterschiedlicher Behörden in einer Ausfertigung
Es ist zulässig, dass mehrere Behörden, die in verschiedenen Vollzugsbereichen tätig werden, über einen Antrag mit zwei Bescheiden absprechen, die in einer gemeinsamen Ausfertigung enthalten sind, solange sich daraus eindeutig ergibt, welcher Bescheid von welcher Behörde erlassen wurde. Sofern einzelne der in einer Ausfertigung zusammengefassten Bescheide formelle Besonderheiten aufweisen (etwa unterschiedlicher Kreis von Parteien, unterschiedlicher Rechtszug und damit Rechtsmittelbelehrung etc), so wäre dies entsprechend zum Ausdruck zu bringen. Die Bescheide verlieren durch ihre Zusammenfassung in einer Bescheidausfertigung nicht ihre rechtliche Selbstständigkeit und sind daher insbesondere hinsichtlich einer zulässigen bzw wirksamen Zustellung gesondert zu betrachten. Es besteht keine gesetzliche Grundlage dafür, durch Zusammenfassung von mehreren Bescheiden in einer Ausfertigung die anzuwendenden Zustellbestimmungen zu verändern.
Nach der Auffassung des Verwaltungsgerichtes Wien bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich § 15a Abs 7 letzter Satz DO 1994, wonach die Entscheidungsfrist gemäß § 73 Abs 1 AVG betreffend die den anhängigen Verfahren zugrundeliegenden Anträge bis zur rechtskräftigen Entscheidung gemäß Abs 4 leg cit unterbrochen ist. § 73 Abs 1 AVG normiert selbst, dass die Frist von sechs Monaten nur gilt, insofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen. Gegenständlich wird aber in den Verwaltungsvorschriften anderes bestimmt (§ 15a Abs 7 letzter Satz DO 1994). Dass damit jeglicher Säumnisschutz ausgehebelt wird, sieht das Verwaltungsgericht nicht.
S. 115 - 117, Verfahrensrecht
Aufhebung eines Bescheides, mit dem eine Ordnungsstrafe verhängt wurde
Wäre die bloße Behauptung, eine Behörde handle rechtswidrig – ungeachtet dessen, ob diese Behauptung zutrifft oder nicht – schon als beleidigend iSd § 34 Abs 3 AVG anzusehen, wäre es Parteien eines Verwaltungsverfahrens kaum möglich, jemals ihren Rechtsstandpunkt gegenüber der Behörde oder einem Verwaltungsgericht zu vertreten.
S. 117 - 120, Verfahrensrecht
Verpflichtung der Behörde zur Einholung eines Gutachtens der Österreichischen Apothekerkammer
Die Verpflichtung, zur Frage des Bedarfs an einer neuen öffentlichen Apotheke ein Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer einzuholen, enthebt die Behörde nicht von ihrer Verpflichtung, über den Konzessionsantrag in angemessener Zeit zu entscheiden. Die Behörde hat daher der Kammer zur Erstattung des Gutachtens eine angemessene Frist zu setzen; ist diese Frist ungenützt verstrichen, so obliegt es der Behörde, erforderlichenfalls die Entscheidungsgrundlagen auf andere geeignete Weise zu ermitteln.
Die Frage, welches der Unternehmen welche Tätigkeiten durchgeführt hat und wer damit gegebenenfalls die Verantwortlichkeit für eine bestimmte Beeinträchtigung des Baumes trägt, stellt allerdings entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Sichtweise keine Vorfrage dar, sondern ist zum einen vielmehr Gegenstand ein- und desselben Ermittlungsverfahrens, in dem die jeweiligen Verantwortlichkeiten zu eruieren sind. Zum anderen schließt selbst die Verantwortlichkeit des einen, aufgrund der Struktur des österreichischen Verwaltungsstrafrechts, welche in § 7 VStG auch eine Mehrheit von Tätern durch Beihilfe und Anstiftung zulässt, noch nicht jene des anderen endgültig aus.
S. 121 - 123, Verfahrensrecht
Unterlassene Ermittlungen der Behörde als Grund für eine Wiederaufnahme
Im Hinblick auf den Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit hätte die belangte Behörde in concreto jedenfalls vor Bescheiderlassung ermitteln müssen, wie lange sich der Mitarbeiter der bP tatsächlich in Quarantäne befunden hat. Bei Zweifel über den tatsächlichen Absonderungszeitraum bzw im Fall, dass die im Vergütungsantrag angegebene Absonderungsdauer nicht mit den der Behörde vorliegenden Informationen hinsichtlich Quarantäne bzw Freitestung übereinstimmt, hätte die belangte Behörde der bP zumindest die Möglichkeit geben müssen, eine entsprechende Stellungnahme einzubringen bzw den Sachverhalt intern aufzuklären.
S. 124 - 126, Materienrecht
Tätigkeit als Sammler oder Behandler von gefährlichen Abfällen ohne Erlaubnis ist ein fortgesetztes Delikt
Der Tatbestand des § 79 Abs 1 Z 7 AWG erfordert nicht, jede einzelne Übergabe oder Übernahme als selbständige Tat zu bestrafen, sondern lässt mit seiner „pauschalierenden“ Tatbildformulierung auch den Schluss zu, dass für die Annahme einer tatbestandlichen Handlungseinheit mehrere vorsätzlich oder fahrlässig begangene Einzeltaten nur als ein Delikt anzusehen sind; dieses Ergebnis steht im Einklang mit der vom Gesetzgeber vergleichsweise sehr hoch angesetzten Höchststrafe für das hier begangene Delikt von 41.200 Euro.
Fahrer von Klein- und Minirollern mit elektrischem Antrieb sind – im Gegensatz zu den Benutzern von vorwiegend zur Verwendung außerhalb der Fahrbahn bestimmten Kleinfahrzeugen oder fahrzeugähnlichen Spielzeugen (§ 2 Abs 1 Z 19 StVO) – nicht den Regeln für Fußgänger, sondern jenen für Radfahrer unterworfen. Die Fahrer von Klein- und Minirollern mit einer höchsten zulässigen Leistung von nicht mehr als 600 Watt und einer Bauartgeschwindigkeit von nicht mehr als 25 km/h lenken Fahrzeuge iSd § 2 Abs 1 Z 19 StVO und müssen § 5 StVO unmittelbar beachten.
Wird das Asylverfahren ohne Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten abgeschlossen oder eingestellt und erlangt der Fremde keine Aufenthaltserlaubnis, so ist die Gewerbeberechtigung grundsätzlich nach § 88 Abs 1 GewO zu entziehen. Ist aber das Asylverfahren nicht abgeschlossen und trotz eines Verlusts des Aufenthaltsrechts nach § 13 Abs 2 AsylG der Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 12 Abs 1 AsylG zulässig, so kann die Gewerbeberechtigung nicht mit der Begründung entzogen werden, dass sich der Bf nicht mehr zulässigerweise in Österreich aufhalte.
S. 131 - 133, Materienrecht
Verhängung eines Einreiseverbotes wegen Mittellosigkeit verfassungswidrig
Es ist sachlich nicht gerechtfertigt, über einen Fremden, gegen den eine Rückkehrentscheidung erlassen wird, allein aus dem Grund der Mittellosigkeit auch ein Einreiseverbot zu verhängen. Eine spätere neuerliche Einreise ist nämlich bereits nach den fremden- und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen davon abhängig, dass der Fremde über ausreichende finanzielle Mittel verfügt.
S. 133 - 135, Materienrecht
Besonders berücksichtigungswürdige Gründe iSd § 27 Abs 3 NAG iZm einer Aufenthaltsehe
§ 27 Abs 3 NAG, da in Umsetzung des Art 15 RL 2003/86/EG ergangen, wird richtlinienkonform dahingehend zu interpretieren sein, dass das Erteilungshindernis des § 11 Abs 1 Z 4 NAG nur dann einer Erteilung aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen nicht entgegensteht, wenn zwischen der Ankerperson und dem Familienangehörigen eine Ehe zum Zweck der Erlangung eines Aufenthaltstitels geschlossen wurde, ohne dass ein Familienleben im Sinne des Art 8 EMRK bestanden hätte, es sich bei dieser Ehe jedoch um eine Zwangsehe gehandelt hat, da in diesem Fall der Familienangehörige durch das Erteilungshindernis des § 11 Abs 1 Z 4 NAG, obwohl er selbst die Ehe nie schließen wollte, unbillig hart getroffen werden würde.
S. 136 - 138, Materienrecht
Verhaltensbeschwerde nach § 88 Abs 2 SPG: sechswöchige Beschwerdefrist nicht verfassungswidrig
Die in § 88 Abs 4 SPG normierte sechswöchige Frist zur Erhebung einer Beschwerde wegen Verletzung in Rechten durch Besorgung der Sicherheitsverwaltung auf andere Weise als durch Ausübung unmittelbarer sicherheitsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt entspricht dem Anliegen, gegen Akte der Sicherheitsverwaltung einen einheitlichen Rechtsschutz zu eröffnen, ohne den Betroffenen mit der Frage zu belasten, wie der angefochtene Akt rechtlich einzuordnen ist. Diese von § 7 Abs 4 S 2 VwGVG abweichende Bestimmung erweist sich daher aus Gründen der Effektivität des Rechtsschutzes als zur Regelung des Gegenstands erforderlich iSd Art 136 Abs 2 B-VG.
Der belangten Behörde ist daher insgesamt zuzustimmen, dass die „Haushaltsausnahme“ Art 2 Abs 2 lit c DSGVO auch auf § 1 Abs 1 DSG anzuwenden ist.
Aber die belangte Behörde legt den Sachverhalt insoweit falsch aus, als dass im vorliegenden Fall keine ausschließlich familiäre Tätigkeit vorliegt. Die im gegenständlichen Fall an den beschränkten Kreis offengelegten personenbezogenen Daten sind nicht von der Haushaltsausnahme gedeckt:
Die mitbeteiligte Partei ging nämlich davon aus, dass sie eine mutmaßlich geheime sexuelle Orientierung des Beschwerdeführers – die offensichtlich nach Anschauung der mitbeteiligten Partei abzulehnen sei – in seinem engeren Kreis offenlegt und ihn dadurch bloßstellen würde.
Der Beschwerde war daher stattzugeben und spruchgemäß A) zu entscheiden.
Das Grundrecht auf Datenschutz erlaubt es nicht, dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit kategorisch den Vorrang vor dem Recht auf Schutz personenbezogener Daten einzuräumen. Der Gesetzgeber ist vielmehr gehalten, differenzierte Regelungen zu schaffen, die einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Anspruch des Einzelnen auf Schutz personenbezogener Daten auch gegenüber Medien und den durch Art 10 EMRK geschützten Anforderungen journalistischer Tätigkeit vorsehen.
S. 149 - 153, Materienrecht
Verfahrensverzögerung wegen fehlender Prioritätensetzung als Dienstvergehen
Beim Vorwurf einer punktuellen Verzögerung geht es im Wesentlichen um die Prüfung und Beurteilung, ob die Gesamtauslastung des Richters unter Berücksichtigung seiner strukturellen Unabhängigkeit beim Ablauf und Ansetzen seiner (richterlichen) Amtsgeschäfte und der angesichts einer Vielzahl anderer Verfahren notwendigen Prioritätenreihung derart hoch war, dass der Verpflichtung einer Erledigung des inkriminierten Verfahrens in angemessener Zeit nicht entsprochen werden konnte; dabei ist ein strenger, objektiver Maßstab anzulegen, der sich einerseits an sachverhaltsmäßigen und rechtlichen Schwierigkeiten der Akten zu orientieren hat.
Ausschlaggebend für die Abwägung der Dringlichkeit einer Erledigung muss neben der Einschätzung des Richters an Hand des Einzelfalles grundsätzlich immer auch die Wertung sein, die sich aus dem Gesetz selbst ergibt (hier: gesetzlich vorgesehene kürzere Entscheidungsfrist).
S. 154 - 157, Materienrecht
Verstoß gegen das werberechtliche Trennungs- und Erkennbarkeitsgebot des AMD-G
Das gesetzliche Gebot, Fernsehwerbung in audiovisuellen Medien von anderen (redaktionellen) Inhalten eindeutig zu trennen, dient ebenso wie das Verbot der Schleichwerbung dem Schutz der Rechte anderer iSd Art 10 Abs 2 EMRK. Die Ansicht, dass diese Regelungen (schon) dann anwendbar seien, wenn eine Erwähnung oder Darstellung vorliege, für die üblicherweise nach dem Verkehrsgebrauch ein Entgelt zu leisten wäre, unterstellt dem Gesetz keinen gegen Art 10 EMRK verstoßenden Inhalt.