Seit der Einführung zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit in Österreich sind nun fast zwei Jahre vergangen. Dieser Vortrag im Rahmen des Forum Verwaltungsgerichtsbarkeit 2015 beschäftigt sich mit den wesentlichen Neuerungen aus Sicht der Landesverwaltungsgerichte.
- ISSN Online: 2309-5121
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Inhalt der Ausgabe
S. 667 - 672, Aufsatz
Erfahrungen der Landesverwaltungsgerichte mit der Verwaltungsgerichtsbarkeit
S. 673 - 678, Aufsatz
Die Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz aus der Sicht des Verfassungsgerichtshofes: eine Zwischenbilanz
Der VfGH entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte des Bundes und der Länder; er ist auch berufen, auf Antrag dieser Gerichte über Verfassungswidrigkeit genereller Normen zu erkennen. Beide Arten von Verfahren haben dem VfGH bereits mehrmals Gelegenheit gegeben, die reformierte Verwaltungsgerichtsbarkeit unter verschiedenen verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zu beleuchten.
Ausgehend von der Einrichtung der Verwaltungsgerichte (VwG) führt die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 zu einer beachtlichen Änderung im System des Verwaltungsrechtsschutzes und damit auch im Verfahren vor dem VwGH. Seit dem Umstellungstermin – dem 1. Jänner 2014 – sind nur rund 20 Monate vergangen. Ein Zeitraum, der für die Institutionalisierung eines neuen Rechtschutzsystems nicht ausreicht, um die erforderlichen juristischen Routinen umfassend zu entwickeln.
Dennoch wurden schon eine Reihe von judikativen Marksteinen gesetzt. Stand das Jahr 2014 eher im Zeichen der ersten Gehversuche, lässt sich heute schon zu einer Reihe von Fragen auf gefestigte Rechtsprechung aufbauen. In diesem Beitrag sollen einige dieser Linien skizziert werden.
Ist die häufig geäußerte Kritik an der Höhe der Gerichtsgebühren berechtigt? Bewirken diese vielleicht sogar eine Behinderung des effektiven Rechtsschutzes? Was hat es mit dem hohen Kostendeckungsgrad der österreichischen Justiz auf sich? Wie verhalten sich die Kostenfaktoren Gerichtsgebühren und anwaltliche Vertretungskosten zueinander?
Mit diesen aktuell diskutierten Fragen beschäftigt sich der folgende Beitrag, wobei der Fokus auf der Zivilgerichtsbarkeit liegt.
S. 692 - 699, Aufsatz
Was kostet Verwaltungsgerichtsbarkeit? Unions- und verfassungsrechtliche Überlegungen zur Weiterentwicklung des Gebühren- und Kostensystems
Das Kosten- und Gebührenrecht ist für die Funktionsfähigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit von entscheidender Bedeutung. Kostentragungsregelungen und Gebührenfolgen steuern den Zugang zum Gericht und können insofern entweder zu einem effektiven gerichtlichen Rechtsschutz beitragen oder aber aus wirtschaftlichen Gründen die Anrufung eines Gerichts verhindern. Der vorliegende Beitrag widmet sich den Kosten der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Bescheidbeschwerdeverfahrens aus der Perspektive des Rechts auf Zugang zu Gericht sowie des Gleichheitsgrundsatzes.
S. 700 - 703, Aufsatz
Erfahrungen des Bundesfinanzgerichtes mit der Verwaltungsgerichtsbarkeit
Auf Grund des Art 129 B-VG in der Fassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl I Nr 51/2012, trat ab dem 1. Jänner 2014 das Bundesfinanzgericht (BFG) an die Stelle des unabhängigen Finanzsenates (UFS).
Im Hinblick darauf, dass die wesentlichen organisatorischen und personellen Maßnahmen entsprechend der Übergangsbestimmung des § 28 Abs 2 BFGG bereits 2013 gesetzt wurden, verlief der Übergang vom UFS zum BFG effizient und friktionsfrei. In den nunmehr eindreiviertel Jahren seines Bestehens konnten die mit der Einrichtung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz verbundenen Zielsetzungen weitgehend erreicht werden.
Dennoch war mit der Gründung des BFG nicht, wie ursprünglich angenommen, lediglich eine „Weiterführung“ des UFS unter gerichtlichen Rahmenbedingungen ("Auswechseln der Eingangstafel") verbunden, sondern es galt und gilt einige zunächst vor Gründung des Bundesfinanzgerichtes nicht absehbare und auch seitens des Gerichtes nicht beeinflussbare Herausforderungen zu bewältigen.
S. 704 - 705, Aufsatz
Mögliche Entwicklungen in der Verwaltungsgerichtsbarkeit
Interview mit Sektionschef Dr. Gerhard Hesse, Leiter der Sektion Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt
Dr. Patrick Segalla, Präsident des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich, führte beim Forum Verwaltungsgerichtsbarkeit im September 2015 in Wien ein Interview mit Sektionschef Dr. Gerhard Hesse. Dieses wird im Folgenden zusammengefasst wiedergegeben.
S. 706 - 708, Aufsatz
Leistbarer Rechtsschutz – Leistbarkeit durch Gerichte, Richterinnen und Richter
Ein Bericht des Dachverbandes der Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter im Forum Verwaltungsgerichtsbarkeit 2015.
S. 710 - 711, Judikatur - Verfahrensrecht
Behördliche Zurückweisung einer Beschwerde durch einen nicht als Beschwerdevorentscheidung zu wertenden Bescheid ist nicht zulässig
Die Zurückweisung einer Beschwerde darf von der Behörde ausschließlich im Wege des Rechtsinstituts der Beschwerdevorentscheidung erfolgen. Für eine Zurückweisung der Beschwerde mittels Bescheid fehlt der belangten Behörde jedoch die Zuständigkeit, weshalb dieser vom VwG gemäß § 27 VwGVG von Amts wegen aufzuheben war.
S. 712 - 713, Judikatur - Verfahrensrecht
Mitwirkung fachkundiger Laienrichter und Unparteilichkeit des Verwaltungs-gerichts
Dass ein fachkundiger Laienrichter Verwaltungsbeamter und als solcher in seiner sonstigen Tätigkeit weisungsgebunden ist, stellt für sich allein keinen Grund dar, an der Unabhängigkeit des Verwaltungsgerichts zu zweifeln, es sei denn, der Laienrichter befindet sich im Verhältnis zu einer der Parteien in untergeordneter Stellung.
S. 713 - 715, Judikatur - Verfahrensrecht
Rechtspfleger: Übertragung von Beschwerdeverfahren betreffend Wohnbeihilfe verfassungskonform
Beschwerdeverfahren betreffend die Gewährung von Wohnbeihilfe sind ihrem Wesen nach geeignet, zur Gänze durch Rechtspfleger geführt zu werden.
S. 715 - 716, Judikatur - Verfahrensrecht
Nichtzulassung eines Steuerberaters als Vertreter in Verwaltungsstrafverfahren nach dem ASVG
Die Bevollmächtigung einer nicht zuzulassenden Person ist nicht von vornherein „nichtig“. Die Bevollmächtigung wird vielmehr erst durch eine entsprechende Verfügung des Verwaltungsgerichts über die Nichtzulassung unwirksam.
S. 717 - 718, Judikatur - Verfahrensrecht
Die Amtssignatur eines Bescheides ersetzt niemals den Namen des Genehmigenden
Gemäß § 18 Abs 4 AVG hat jede schriftliche Ausfertigung, also auch eine solche eines durch eigenhändige Unterschrift genehmigten Originals, die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Im gegenständlichen Fall fehlte auf der als Bescheid bezeichneten Ausfertigung, welche dem Bf übermittelt wurde, der Name der genehmigenden Organwalterin G., da nur der Name des Bearbeiters H. in der Fertigungsklausel angeführt war. Zwar ist es durch die Anbringung einer Amtssignatur nicht mehr notwendig, dass der Genehmigende die Ausfertigung eigenhändig unterfertigt bzw die Kanzlei einen Bestätigungsvermerk über die Fertigung des Genehmigenden anbringt. Jedoch ersetzt die Amtssignatur nicht das Erfordernis, auf der Parteiausfertigung den Namen des Genehmigenden anzuführen.
Die Amtssignatur verfolgt den Zweck, durch ihre Verwendung die Wirkung einer Beglaubigung durch die Kanzlei bzw die Vermutung der Echtheit von Ausdrucken zu entfalten. Nicht Sinn der Amtssignatur ist es aber, dass dem Empfänger der Erledigung der Genehmigende verborgen bleibt, indem etwa auf der Erledigungsausfertigung (nur) ein Bearbeiter angeführt wird, der die Erledigung nicht genehmigt hat. Das Fehlen des Namens der tatsächlich Genehmigenden auf der Bescheidausfertigung führte daher zur absoluten Nichtigkeit ders Erledigung.
Bei Beschwerden gegen Erkenntnisse und Beschlüsse der VwG (Art 144 B-VG) sind zur Entscheidung der Frage, ob das VwG seine Zuständigkeit zu Recht in Anspruch genommen oder abgelehnt hat, spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht anzustellen.
Bei Aussagen wie bspw „Machen Sie das zu Hause nicht nach. Kann ich schwer sagen, morgen wird’s angeboten, auf Ö3.“, „Morgen im Ö3-Wecker, es zahlt sich aus zuzuhören, einzuschalten. Die Ski-Challenge, Hobbyfahrer über den Kurs des zweiten Durchgangs.“ kann nicht davon gesprochen werden, dass bei ihnen nicht der bewerbende sondern der informative, redaktionelle Inhalt im Vordergrund gestanden ist.
S. 722 - 723, Judikatur - Materienrecht
Nach Ablauf der Frist gemäß § 56a Abs 3 GSpG kann kein Bescheid über die mündlich verfügte Betriebsschließung mehr erlassen werden
Wird ein Bescheid gemäß § 56a Abs 3 GSpG, mit welchem über eine mündlich verfügte Betriebsschließung gemäß § 56a Abs 1 GSpG abgesprochen wird, nicht innerhalb der vom Gesetz vorgesehenen dreitägigen Frist zugestellt, fehlt diesem mangels rechtzeitiger Erlassung der Rechtsgrund.
S. 723 - 725, Judikatur - Materienrecht
Öffentliche Auftragsvergaben und deren Verhältnis zur Besorgung behördlicher Aufgaben durch „Beliehene“ am Beispiel der Lieferung von Kfz-Kennzeichen
Mangels vertraglicher Beauftragung unterfällt die Bestimmung des Leistungserbringers durch Gesetz, sohin durch einen Hoheitsakt, nicht dem BVergG. Es liegt kein Vergabeverfahren iSd § 1 Abs 1 BVergG vor, womit eine Zuständigkeit des BVwG gemäß § 312 Abs 3 Z 3 und 4 BVergG nicht gegeben ist.
§ 101 Abs 5 WRG findet keine Anwendung, wenn in einem (nun zur Gänze angefochtenen) Bescheid die Änderung mehrerer, sich in zwei Bundesländern befindenden Wasserkraftanlagen (für die jeweils eigene Wasserbenutzungsrechte vorliegen) bewilligt wurde. Dass mit dem Begriff „Angelegenheit“ im § 101 Abs 5 WRG etwas anderes gemeint sein könnte als die – nach § 59 Abs 1 AVG – notwendigerweise in einem Spruch zu erledigende Verwaltungssache, verbietet schon die verfassungskonforme Interpretation. Wenn nämlich die Zusammenfassung mehrerer selbständiger Verwaltungssachen in einem Bescheid diese zu einer Angelegenheit machte, hätte es die Verwaltungsbehörde in der Hand, auf die Zuständigkeit der VwG Einfluss zu nehmen, je nachdem, ob sie über mehrere Wasserbenutzungsrechte in einem Bescheid oder in gesonderten Bescheiden abspricht.
Der Regelung des § 9 Abs 1 WRG betreffend die Begründung der Bewilligungspflicht für die Änderung von Wasserbenutzungsanlagen ist immanent, dass nur der Inhaber des zugrundeliegenden Wasserrechtes zur Antragstellung in Bezug auf dessen Abänderung legitimiert ist. Dritten (also vom Wasserberechtigten verschiedene Personen) kommt in Bezug auf Umfang und Inhalt eines wasserrechtlichen Bewilligungsantrages kein Mitwirkungsrecht zu; die vom Vorhaben Betroffenen können unter Berufung auf ihre im Verfahren zu schützenden Rechte lediglich verlangen, dass der Antrag ganz oder teilweise abgewiesen wird bzw die Bewilligung durch Bedingungen oder Auflagen so eingeschränkt wird, dass ihre Rechte nicht verletzt werden.
Da die Frage der Parteistellung des Bf jeder „Sache“ immanent ist, ist das VwG auch ohne diesbezügliches Vorbringen berechtigt, diese zu prüfen und deren Fehlen oder Verlust wahrzunehmen.
Bei der Beurteilung, ob ein Antrag auf Genehmigung einer Pflanzenkläranlage im öffentlichen Interesse unzulässig ist (§ 105 Abs 1 WRG), kann für die Bewertung des öffentlichen Interesses auch das Stmk KanalG herangezogen werden. § 2a Stmk KanalG hat die Gemeinden nämlich verpflichtet, eine flächendeckende, dem Stand der Technik entsprechende Abwasserentsorgung herzustellen. Dabei ist gemäß § 2b Abs 4 leg cit die ökologisch, volks- und betriebswirtschaftlich optimierte Lösung zu ermitteln und in einen Entwurf eines Abwasserplanes umzusetzen. Damit ist das öffentliche Interesse der jeweiligen Gemeinde an der wirtschaftlich effizientesten Abwasserbeseitigung hinreichend definiert. Somit widerspricht die wasserrechtliche Genehmigung einer Einzelkläranlage für eine Liegenschaft, die im Anschlussverpflichtungsbereich einer wasserrechtlich bereits genehmigten und in Kürze hergestellten öffentlichen Kanalanlage liegt, zumindest den öffentlichen Interessen der örtlichen Gemeinde an einer gesetzlich geforderten Abwasserentsorgung.
Ein Motorrad mit Beiwagen gemäß § 2 Abs 1 Z 16 und § 3 Abs 1 Z 1.3. KFG (Klasse L4e) ist auch beim Fehlen der Angabe „Mehrspurigkeit“ im Typenschein bzw in der Einzelgenehmigung in der Gesamtbetrachtung der gesetzlichen Vorschriften kein einspuriges, sondern ein mehrspuriges Kraftfahrzeug iSd § 2 Stmk ParkgebührenG. Daher ist bei Beginn des Abstellens eines Motorrades, das gemäß § 2 Abs 1 Z 16 KFG an der Seite mit einem zur Beförderung von Personen oder Gütern bestimmten Beiwagen fest verbunden ist, in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone eine Parkgebühr zu entrichten.
S. 732 - 737, Judikatur - Materienrecht
Stattgabe der Beschwerde und Bescheidbehebung im Zulassungsverfahren nach § 5 AslyG aufgrund mangelnder Sachverhaltsermittlungen
Im Zuge der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, die größtenteils am 1. Jänner 2014 in Kraft trat, wurde auch das BFA-VG in Geltung gesetzt. Im ersten Teil dieses Gesetzes (Allgemeiner Teil) befinden sich im 5. Hauptstück die Bestimmungen über das Beschwerdeverfahren. Unter diese fällt auch der § 21 Abs 3 BFA-VG, der Beschwerden gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren regelt. So ist unter anderem einer Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Diese Norm findet ihren Hauptanwendungsbereich – neben den Verfahren nach § 68 AVG (Prozesshindernis der entschiedenen Sache) – vor allem in den Zulassungsverfahren nach § 5 AslyG. Dieser besagt, dass ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a AsylG erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen ist, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin–Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Gemäß § 21 Abs 3 BFA-VG ist einer Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren nach § 5 AsylG stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt mangelhaft ermittelt wurde.
Die Rsp des VwGH, dass die Zurücklegung einer Anzeige nach § 90 StPO (alt) noch nicht dazu führt, dass eine Verfolgung einer Verwaltungsübertretung aus dem Grund des Art 4 Abs 1 des 7. ZPEMRK ausgeschlossen ist, kann nicht ohne weiteres auf § 190 StPO (neu) übertragen werden. Vielmehr ist die Frage der Bindungswirkung anhand des Prüfungsumfangs der wesentlichen Elemente des tatbeständlichen Sachverhalts im Einzelfall zu beurteilen.
S. 741 - 743, Judikatur - Materienrecht
Betteln mit normaler Lautstärke und Ausstrecken der Hände – kein aggressives Betteln
Die an Kunden der Tiefgarage gerichtete Aufforderung der am Boden sitzenden Beschuldigten zur Abgabe von Almosen erfolgte mit normaler Lautstärke, wobei sie sich der Wortwahl „bitte, bitte“ bediente. Auch das gleichzeitige Ausstrecken der Hände der Beschuldigten – mit dieser Geste wurde der verbalen Aufforderung zur Abgabe von Almosen Nachdruck verliehen – hat offensichtlich nicht dazu geführt, dass Kunden veranlasst waren, den von der Sitzposition der Beschuldigten etwas weiter entfernten (zweiten) Kassenautomaten zum Bezahlen des Tickets aufzusuchen.
Im Hinblick auf die im Gesetz beispielhaft aufgezählte aufdringliche oder aggressive Art des Bettelns, wie etwa durch „Anfassen, unaufgefordertes Begleiten, Nachgehen oder Beschimpfen“ kann im konkreten Fall nicht von einem Betteln in aufdringlicher oder aggressiver Weise gesprochen werden.
Vor dem Hintergrund des klaren Wortlautes der Bestimmung des § 5 Abs 5 lit c BauG kann ein Vordach mit einer Ausladung bis zu 1,30 m nicht generell ohne Rücksichtnahme auf seine dimensionalen Verhältnisse zum restlichen Bauwerk als „untergeordnetes Bauteil“ angesehen werden. Unter Bedachtnahme auf den Schutzzweck des § 5 BauG können nur Bauteile ausnahmsweise als untergeordnet verstanden werden, welche auf dem Nachbargrundstück keine bedeutsame Schattenbildung bzw Abstandsfläche nach sich ziehen.
S. 747 - 748, Judikatur - Materienrecht
Kostenersatzpflicht gegenüber Sozialhilfeverband besteht mangels nachgewiesener Mehrkosten für eine behindertengerechte Ausstattung zu Recht
Davon ausgehend, dass der Bf nicht überzeugend darlegen konnte, dass die Mehrkosten einer Fahrzeuganschaffung speziell dadurch bedingt waren, dass dieses eine für den Transport seiner Mutter erforderliche behindertengerechte Ausstattung aufweist, ist es ihm nicht gelungen, eine der Geldschenkung adäquate Gegenleistung nachzuweisen, weshalb die Ersatzpflicht gegenüber dem Sozialhilfeverband dem Grunde nach jedenfalls zu Recht besteht.
S. 748 - 751, Judikatur - Materienrecht
Aussetzung des Verfahrens aufgrund der bestehenden Möglichkeit einer Doppelbestrafung
Art 4 des 7. ZProt EMRK verbietet eine doppelte Strafverfolgung, soweit sich diese auf dieselben oder im Wesentlichen dieselben Fakten bezieht. Im gegenständlichen Fall wird die Ansicht vertreten, dass sowohl § 111 ASVG als auch § 113 ASVG auf den Tatbestand des Meldeverstoßes abstellen. Um eine mögliche Doppelbestrafung im Sinne der Judikatur des EGMR zu Art 4 7. ZProt EMRK zu vermeiden, muss die Beurteilung der Strafbarkeit der Bf im Verfahren nach § 111 ASVG durch die zuständigen Behörden und Gerichte abgewartet werden. Nur so kann die vom VwGH im Erk vom 10.9.2014, Ra 2014/08/0005 geforderte Zusammenschau der Verfahren vollumfänglich berücksichtigt werden. Dementsprechend stellt sich das Verfahren nach § 111 ASVG als Vorfrage dar, aufgrund derer das Verfahren auszusetzen war.
S. 751 - 753, Judikatur - Materienrecht
Antrag eines österreichischen Rechtsanwaltes, ihm die Beglaubigung privater Urkunden von ausländischen (hier: tschechischer) Staatsbürgen zu genehmigen
Befugnisse und Berechtigungen österreichischer Rechtsanwälte ergeben sich unmittelbar aus der RAO und sind nicht jeweils einzeln durch einen behördlichen Akt zuzuerkennen. Eine Rechtsgrundlage dafür, einem Rechtsanwalt die Befugnis zur Beglaubigung von Unterschriften ausländischer (hier: tschechischer) Staatsbürger auf Privaturkunden im grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr zu erteilen, existiert nicht.
S. 753 - 755, Judikatur - Materienrecht
Kein Vorliegen eines (anschlusspflichtigen) Objekts iSd OÖ AEG 2001 bei Vermeidung jeglichen Anfalls von häuslichen Abwässern
Den Hauptanknüpfungspunkt für die Anschlusspflicht bildet der in § 2 Abs 1 Z 13 oö AEG 2001 legal definierte Objektsbegriff. Bei der Beurteilung, ob bei bestimmungsgemäßer (konsensgemäßer) Nutzung häusliches Abwasser anfällt, ist kein abstrakter Maßstab anzulegen, sondern konkret festzustellen, ob häusliches Abwasser anfällt. Der Bf vermeidet – soweit die vorgelegten Unterlagen vermuten lassen – durch ein durchdachtes und technisch ausgefeiltes System den Anfall jeglichen häuslichen Abwassers. Damit läge kein Objekt iSd § 2 Abs 1 Z 3 oö AEG 2001 vor. Die Anschlusspflicht gemäß § 12 Abs 1 bestünde damit nicht. Die belangte Behörde hat durch das Abstellen auf eine abstrakte Betrachtungsweise bei der Beurteilung der bestimmungsgemäßen (konsensgemäßen) Nutzung eines Objektes maßgebliche Ermittlungsschritte unterlassen, die zur Beurteilung der Anschlusspflicht des Wohngebäudes des Bf notwendig gewesen wären.
Ein Automatikgetriebe ist als behindertengerechte Ausstattung von Kraftfahrzeugen unter § 24a Abs 1 (iVm § 3 Z 14) BehindertenG Stmk 2014 subsumierbar. Der betreffende Kostenzuschuss ist gemäß § 6 BehindertenG Leistungs-EntgelteV Stmk 2015 mit € 2.600,00 begrenzt. Dass ein Anspruch auf diesen Zuschuss nur durch eine Auflage im Führerschein, wonach das Lenken von Kraftfahrzeugen nur mit Automatikgetriebe möglich sei, begründet werde, trifft nicht zu. Nach den Grundsätzen der Unbeschränktheit der Beweismittel und der freien Beweiswürdigung kann sich die Notwendigkeit eines Automatikgetriebes auch aus anderen tauglichen Beweismitteln, wie einem medizinischen Gutachten, ergeben.