Das Wohnrecht und speziell das WE ist eine interessante rechtswissenschaftliche Disziplin. Genau, präzise und bis ins letzte Detail läuft die wissenschaftliche Diskussion, aber auch die höchstgerichtliche Rsp. Trotzdem – viele Grundlagen sind trotz präzisester Beachtung aller Detailprobleme nach wie vor aufzuarbeiten – man sollte sie nicht aus den Augen lassen. Mein Freund Till Hausmann war aufgrund seiner Vielseitigkeit – Physiker, Rechtsanwalt und Rechtswissenschaftler – geradezu prädestiniert „über den Zaun“ zu schauen. In seiner bescheidenen, humorvollen, juristisch brillanten, vielgeachteten und kaum widerlegbaren Art war er nicht nur jener, der sich an der aktuellen Diskussion beteiligte, sondern auch durchaus geneigt, Grundsatzfragen, die weit über die dogmatische Diskussion im WE hinausgehen, zu erörtern. Es war immer ein Vergnügen, mit Till zwischen Wien und Schloss Rosenegg, wenn nicht gerade im Schlafwagen von oder nach Rom, dieses zu erörtern. Trotzdem – Till blieb pragmatisch. Es war ein Vergnügen, mit ihm das Problem zu erörtern, aber er wusste auch, wo die Grenzen des Machbaren sind. In diesem Sinne sind die nachstehenden Ausführungen zu verstehen. Nicht, um unser WE als solches infrage zu stellen, sondern um die Grenzen der derzeitigen Konstruktion aufzuzeigen.
- ISSN Online: 1613-7647
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Inhalt der Ausgabe
S. 242 - 247, Aufsatz
Der Einfluss des deutschen Mietrechts auf die jüngste Rechtsprechung und Lehre in Österreich
Obwohl Herr Kollege Dr. Hausmann und ich nicht nur denselben Beruf ausübten, sondern das auch im selben Fachbereich, hatten wir nur ganz selten berufliche Begegnungen. Ich kann mich aber noch sehr gut erinnern, als ich ihn zum ersten Mal traf. Es war anlässlich der Präsentation der 1. Auflage des Österreichischen Wohnrechts in der Wiener Wirtschaftskammer am Stubenring. Kollege Dr. Hausmann hat dabei nicht nur mühelos, sondern geradezu mit Leichtigkeit und Freude, dem Publikum die Unterschiede zwischen dem deutschen und dem österr WEG aufgezeigt. Das hat für mich ganz deutlich gezeigt, dass sein juristisches und auch wissenschaftliches Interesse keineswegs auf das innerösterreichische Recht beschränkt blieb. Ich hoffe, dass ihn der Beitrag und der Blick über die Grenzen des österr Mietrechts gefreut hätte. In den letzten Jahren kommt es in der Rsp des OGH und auch in der Lehre verstärkt zu einer Auseinandersetzung mit deutschem Mietrecht. Der Beitrag will die dafür maßgeblichen Ursachen aufzeigen und darlegen, in welchen Bereichen des Mietrechts und wodurch eine Einflussnahme erfolgt.
S. 248 - 255, Aufsatz
Umsatzabhängiger Bestandzins: Preisschutz und Anpassungssymmetrie
Till Hausmann verlieh seiner Begeisterung für die Wissenschaft vielfältigen Ausdruck: Literarisch va mit seinen Kommentierungen zum MRG und WEG, die er für sein großes Gemeinschaftswerk, den „Hausmann/Vonkilch“, verfasst hat, aber auch als Stammgast im traditionellen Privatissimum aus Privatrecht, das jedes Wintersemester an der Wirtschaftsuniversität stattfindet. Dort durfte ich ihn im Jahr 2013 das erste Mal persönlich kennenlernen. Unser Gespräch im Post-Kolloquium fiel bald auf die Rügeobliegenheit bei Geschäftsraummieten, mit der ich mich davor in einer meiner ersten Publikationen für die wobl beschäftigt hatte, und die Till Hausmann als Mitherausgeber nicht entgangen war. Er bewies mir sofort seinen juristischen Scharfsinn und ehe ich mich versah, diskutierten wir die Probleme bei umsatzabhängigen Mietzinsvereinbarungen. Mein Beitrag soll daher an mein erstes Treffen mit Till Hausmann erinnern, das für mich bereits in frühen Jahren meiner wissenschaftlichen Karriere prägend war.
S. 256 - 265, Aufsatz
Die rechtsfähige Eigentümergemeinschaft als Liegenschaftseigentümerin – zu den Grenzen der Verwaltungsangelegenheiten iSv § 18 Abs 1 WEG 2002
Die Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft ist gem § 18 Abs 1 WEG 2002 auf Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft beschränkt. Der folgende Beitrag untersucht, ob die Gemeinschaft in diesem Rahmen Liegenschaften zu Verwaltungszwecken erwerben kann. Bejaht man dies, muss beurteilt werden, welchem Bereich der Verwaltung der Erwerb zugeordnet werden kann, nicht zuletzt, um die Voraussetzungen für den zu fassenden Beschluss zu bestimmen.
S. 266 - 272, Aufsatz
Schriftformgebot und konkludente Widmungsänderung im Wohnungseigentum
Die Widmung eines WE-Objekts bestimmt die Grenzen dessen rechtlich zulässiger Nutzung und damit auch die daraus resultierende Belastung der übrigen Wohnungseigentümer. Widmungsänderungen sind ein typischer WE-rechtlicher Streitfall, wobei häufig die Rechtswirksamkeit konkludenter Änderungen strittig ist. Dieser Frage sei unter dem Aspekt der für den WE-Vertrag geltenden Schriftform im Gedenken an Till Hausmann nachgegangen, hat dieser dazu doch einen von der Rsp markant abweichenden Standpunkt vertreten.
S. 273 - 278, Aufsatz
Vorsitz und Protokollführung in der (Wohnungs-)Eigentümerversammlung
Die intensive Beschäftigung mit dem Thema dieses Beitrages verdanke ich einer Betreuung einer Eigentümergemeinschaft zusammen mit meinem Kollegen und Freund Till Hausmann, der als RA die Interessen der Mehrheit einer Hausgemeinschaft gegen die Wünsche meines Klienten an der Widmungsänderung seiner Geschäftsräumlichkeiten gem § 16 WEG 2002 zu vertreten hatte. Nicht nur, dass Till das Kunststück gelungen ist, quasi die Interessen meines Mandanten mitzuvertreten, indem er der Gemeinschaft im Rahmen mehrerer Hausversammlungen mit überzeugender Brillanz die Vorteile dieser Umwidmung für alle Miteigentümer verdeutlichte, war er es auch, der neben dieser entscheidenden Vorsitzführung dann die wenigen Miteigentümer, die die Vorteilhaftigkeit der Änderungsmaßnahme für die Hausgemeinschaft nicht erkannt hatten vor der entscheidenden Außerstreittagsatzung, die ich für meinen Mandanten nach § 16 iVm § 52 WEG 2002 angestrengt hatte (um die letzten Zustimmungen zur geplanten Änderung durch das Gericht ersetzen zu lassen) überzeugen konnte, ihre Einwände zurückzuziehen, um die mehrheitlich angestrebte Zustimmung zur Widmungsänderung meiner Mandantin zu finalisieren. Ich bewunderte dabei seinen sehr bestimmten, aber immer freundlichen, sachlichen und trotz der gegenläufigen Interessen äußerst kollegialen Einsatz mit viel Humor. Als Till der Richterin mitteilte, dass er noch kurz am Gang vor dem Verhandlungssaal die „widerspenstigen Miteigentümer“ verjagen müsse, um die Einigung nicht zu gefährden, die ich der Richterin als Antragstellervertreter mit seiner Zustimmung im Detail darlegen sollte, wusste diese nicht, ob es als Scherz gedacht war oder ob er tatsächlich unter Aufbietung all seiner Überzeugungskraft tatsächlich kritische Miteigentümer „vertrieb“.
S. 279 - 285, Aufsatz
Das Mehrheitsprinzip bei der Ausübung des Ausschließungsanspruchs nach § 36 WEG 2002
Die hier im Licht einer Antwort von Till Hausmann und einer neueren OGH-E untersuchte Rechtsfrage ist gewiss eine, deren Diskussion ihm und mir Freude gemacht hätte. Sie berührt die Grundlagen der Eigentümergemeinschaft des WEG 2002 als Verband und schließt den Blick auf die im ABGB liegenden Wurzeln ein.
Ich stelle mir vor, ich könnte Till noch anrufen, um von seiner profunden Kenntnis und seinem Nachdruck zu profitieren – und von einem Bonmot, das mich wie immer zum Lachen brächte. Und ich sehe ihn vor mir wie bei unserer letzten, zufälligen Begegnung, als er bequem gekleidet und gut gelaunt, gleich einem Urlaubsgast, das Aida in der Wollzeile, ganz in der Nähe seiner Wohnung und ehemaligen Kanzlei, betrat, um wie ich einen raschen Kaffee zu trinken. Wovon ich immer beeindruckt war, dass er nämlich in seinem Leben zwei hochwertige Berufe – der Anwaltei war die Atomphysik vorausgegangen – ausgeübt hatte, Familienmensch, Großvater vieler Enkel war, mochte man ihm nicht ansehen, hatte ihm seinen jugendlichen Elan wohl erst bewahrt.
S. 286 - 296, Aufsatz
Überlegungen zur Sachgerechtigkeit der Entgeltbildung im Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht
Die Arbeit am vorliegenden Beitrag hat das Bestürzende seines Anlasses immer wieder in Erinnerung gerufen – Till Hausmann fehlt; wie gerne hätte der Erstverfasser diese Fragen mit ihm bei einem unserer Telefonate und Mittagessen diskutiert! Das Folgende widmet sich einem prima vista spröden Thema, der Entgeltbildung im WGG im Rahmen des Kostendeckungsprinzips und seiner zahlreichen Ausnahmen. Die Materie ist nicht nur teilweise schwer zu durchblicken, die einzelnen Regelungen lassen auch in verschiedener Hinsicht Sachgerechtigkeit vermissen. Hier werden zunächst diese Regelungen und ihre Entwicklung skizziert, dann werden sie einer kritischen Würdigung unterzogen. Das Thema hat in den letzten Jahren aufgrund der politischen Diskussion in einzelnen Aspekten immer wieder auch öffentliche Aufmerksamkeit erfahren.
Es ist geklärt, dass bei einer allein dem Bestandgeber zuzurechnenden Gebrauchsbeeinträchtigung dessen Erhaltungspflicht ausgelöst wird, die Bestandzinsminderung eingreift und der Bestandnehmer zur außerordentlichen Kündigung des Bestandverhältnisses berechtigt sein kann. Ebenso sind jene Fälle noch vergleichsweise unproblematisch zu lösen, in denen die Gebrauchsbeeinträchtigung ausschließlich dem Bestandnehmer selbst zuzurechnen ist. Der folgende Beitrag behandelt Konstellationen, die gewissermaßen zwischen diesen beiden „Extrempolen“ liegen. Es wird untersucht, welche Konsequenzen eine sowohl dem Bestandgeber als auch dem Bestandnehmer zuzurechnende Gebrauchsbeeinträchtigung für die Erhaltungspflicht, die Bestandzinsminderung und das außerordentliche Kündigungsrecht hat.
S. 312 - 320, Aufsatz
Erhaltung, Verbesserung und das Recht des MRG-Mieters auf zeitgemäßes Wohnen – für eine dynamische Auslegung des § 9 MRG
Eines der vielen juristischen Steckenpferde unseres viel zu früh verstorbenen Freundes Till Hausmann war das MRG-Erhaltungsrecht. Im Gedenken an Till soll im Folgenden ausgehend von der im MRG dynamischen Erhaltungspflicht des Vermieters der Bogen zu Verbesserungsmaßnahmen des Mieters nach § 9 MRG gespannt und der Frage nachgegangen werden, ob das MRG ein Recht des Mieters auf zeitgemäßes Wohnen kennt und was daraus für die Auslegung des § 9 MRG gewonnen werden kann.
Lieber Till! Ich hatte das Glück, Vieles von Dir lernen zu dürfen. Viel Juristisches, in erster Linie aber über das Leben und den richtigen Umgang mit Menschen – gerade das ist ja wegen der in unserem Metier vorprogrammierten Interessenkonflikte bisweilen nicht ganz einfach. Ausgewogene Lösungen und Sachlichkeit waren immer Dein Credo – sowohl fachlich als auch zwischenmenschlich. Für diese wertvollen und lehrreichen Lektionen bin ich Dir aufrichtig dankbar.
Der fünfte Senat musste sich in der E 5 Ob 72/18a – soweit ersichtlich – erstmals mit der Frage befassen, ob das Überlassen von Wohnraum im Rahmen eines Heimbetriebs im Geltungsbereich des WGG der Überlassung einer Wohnung gleichzustellen ist. Der folgende Beitrag nimmt diese Entscheidung zum Anlass und beleuchtet in Gedenken an Till Hausmann einige wichtige Zweifelsfragen zum Thema „Heime und das WGG“.
S. 345 - 352, Aufsatz
Die Novelle 2018 zur Gebarungsrichtlinienverordnung im literarischen Spiegel von Lehrer Lämpel, Struwwelpeter und Paulinchen
Der gegenständliche Beitrag befasst sich mit der am 22.12.2018 in Kraft getretenen Novelle zur Gebarungsrichtlinienverordnung (GRVO). Auf Basis der WGG-Novelle 2016 sowie des laufenden Regierungsprogramms 2017-2022 erfolgten dabei eine Reihe für die gemeinnützige Wohnungswirtschaft in Österreich bedeutsamer Änderungen va der öffentlich-rechtlichen Rahmenbedingungen. Inhaltlich gliedert sich die Novelle in drei Hauptaspekte, die sich mit I. Corporate Governance, II. Fit & Proper sowie III. Compliance betiteln lassen. Mit etwas Fantasie kann man schon in Kinderbüchern des 19. Jahrhunderts einen literarischen Niederschlag mehr oder minder vergleichbarer Sachverhalte finden.
§ 2 Abs 5 S 2 WEG 2002 bezeichnet die Eigentümergemeinschaft als „eine juristische Person“. Ob diese Einschätzung des Gesetzgebers tatsächlich zutrifft, welche Kriterien ganz allgemein für die Zuerkennung von Rechtsträgerschaft gelten und wieweit die Eigentümergemeinschaft diesen Kriterien zu entsprechen vermag, soll der vorliegende Beitrag untersuchen.
In Weiterführung von grundlegenden Überlegungen, die Till Hausmann zum Verhältnis von MRG und Superädifikatsflächenmietvertrag angestellt hat, wird im folgenden Beitrag die Judikatur zur (analogen) Anwendung des Vollausnahmetatbestandes gem § 1 Abs 2 Z 5 MRG im Bereich der Superädifikatsflächenmietverträge einer kritischen Reflexion unterworfen.
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