Mit 6 Ob 181/17m ist die mittlerweile achte mietrechtliche „Klausel-E“ zur Zulässigkeit von sechs weit verbreiteten Mietvertragsklauseln ergangen. Der vorliegende Beitrag will die E kritisch analysieren und ihre Konsequenzen darstellen.
- ISSN Online: 1613-7647
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Inhalt der Ausgabe
In mehreren rezenten Entscheidungen, die großteils in konsumentenschutzrechtlichen Verbandsklageverfahren ergangen sind, hatte der OGH erneut gängige Mietvertragsklauseln zu prüfen. Einen Schwerpunkt bildete dabei auch diesmal wieder die Transparenzkontrolle nach § 6 Abs 3 KSchG. Dies ist Anlass, die einschlägige Rechtsprechung des OGH unter bestimmten Aspekten zu analysieren und einige weiterführende Überlegungen anzustellen.
S. 244 - 245, Aufsatz
IWD - Der Paukenschlag des OGH zur (Un-)Zulässigkeit der Verrechnung des Lagezuschlages beim Richtwertmietzins
Eine Klausel, nach der der Vermieter über die allgemeinen Teile des Hauses „in welcher Form auch immer“ verfügen und entscheiden kann, ist – nicht nur bei kundenfeindlichster Auslegung – dahingehend zu verstehen, dass er eine Mitbenützung der allgemeinen Teile durch den Mieter gerade nicht dulden muss, also Grünanlagen abzäunen, Gehwege sperren oder das ortsübliche Anbringen von Schildern verbieten kann und dabei nicht auf die Interessen der Mieter Bedacht nehmen muss. Eine derart einseitige und unbegründete Abweichung vom dispositiven Recht verstößt gegen § 879 Abs 3 ABGB.
Eine vorweggenommene Einverständniserklärung des Mieters zum „Abschluss, der Erneuerung oder der Änderung des Versicherungsvertrags“ iSd § 21 Abs 1 Z 6 MRG zu orts- und verkehrsüblichen Konditionen ist zulässig.
Eine Klausel, nach der geringfügige Mängel, die einer Nutzung zum vereinbarten Vertragszweck nicht entgegenstehen, den Mieter nicht zur Verweigerung der Übernahme berechtigen, ist gemäß § 879 Abs 3 ABGB unwirksam.
Eine Klausel, nach der der Mieter sämtliche Schäden, die er oder ihm zuzurechnende Personen (insb Mitbewohner, gebetene Gäste, Gehilfen, Angestellte, Kunden) schuldhaft verursacht haben, unverzüglich auf eigene Kosten von einem befugten Unternehmen beheben zu lassen hat, ist weder gröblich benachteiligend noch intransparent.
Eine Klausel, in der die Ersatzpflicht für nützliche Aufwendungen, deren Vornahme an sich überhaupt untersagt werden könnte, ausgeschlossen wird, bleibt hinter dieser ex lege eingeräumten Möglichkeit insoweit zurück, als sie die Aufwendungen gerade nicht untersagt, sondern bloß die Ersatzpflicht des Vermieters ausschließt; sie ist daher zulässig.
Eine Klausel, nach der der Mieter die mit der schriftlichen Errichtung verbundene gesetzliche Rechtsgeschäftsgebühr (Bestandsvertragsgebühr) trägt, ist nicht gröblich benachteiligend.
S. 251 - 257, Rechtsprechung
Verbandsklage gegen eine Bauvereinigung nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz
Es besteht kein Anwendungsvorrang des WGG vor § 6 Abs 3 KSchG, da das Transparenzgebot sich auch auf die Notwendigkeit der Verständlichkeit rechtsgeschäftlicher Erklärungen bezieht und seine Einhaltung nicht auf die inhaltliche Prüfung der Zulässigkeit einer Entgeltvereinbarung nach den Bestimmungen des WGG zu beschränken ist.
Der Verlust einer begünstigten Finanzierungsmöglichkeit ist ein bedeutender Nachteil für eine Bauvereinigung, weshalb ihr ein Interesse daran zuzubilligen ist, diesen Verlust verursachende Verhaltensweisen des Mieters als wichtigen Kündigungsgrund zu vereinbaren.
Die Wortfolge „entgeltlich oder unentgeltlich“, kann in Verbindung mit Untervermietung für Verwirrung sorgen, da ein Durchschnittsmieter den Begriff der Untervermietung idR mit Zahlungen verknüpft. Eine Gebrauchsüberlassung erfolgt nach der Rsp nicht entgeltlich, wenn der Berechtigte nur Kosten übernimmt, die ihrer Natur nach aus dem Gebrauch resultieren. Diese Abgrenzung muss einem Durchschnittsmieter nicht bekannt sein.
Die Überwälzung der Rechtsgeschäftsgebühr auf den Mieter ist in jenen Fällen als gerechtfertigt anzusehen, in denen die schriftliche Ausfertigung des Mietvertrags eine Voraussetzung dafür ist, dass der Mieter in den Genuss einer Wohnung im Rahmen des geförderten Wohnbaus oder einer Wohnbeihilfe kommt. Da auch die in Wohnbauförderungsvorschriften vorgesehenen Kaufoptionen im überwiegenden Interesse des Mieters liegen, ist in so einem Fall auch von keiner gröblichen Benachteiligung auszugehen, für dieses Ergebnis muss auch nicht auf das Kostendeckungsprinzip zurückgegriffen werden.
Der Verweis einer Klausel, zur näheren Determinierung der “fehlenden Förderungswürdigkeit“ als Kündigungsgrund, auf das Gesetz als solches und auf die entsprechende Förderungsrichtlinie ist intransparent und daher unzulässig, da einem juristisch ungebildeten Mieter nicht einmal der Auffindungsort, der hinsichtlich ihrer Normenqualität nicht näher beschriebenen „Förderungsrichtlinien“, bekannt sein wird.
Die Überwälzung der Rechtsgeschäftsgebühr auf den Mieter ist in den §§ 13 ff WGG zwar nicht geregelt, deren Regelungsgegenstand ist aber nur die Gestaltung des vom Mieter periodisch zu erbringenden Entgelts für die Überlassung eines Mietgegenstands. Die aus Anlass der Errichtung eines schriftlichen Mietvertrags entstehende einmalige Rechtsgeschäftsgebühr ist von diesen Bestimmungen daher gar nicht erfasst. Die bei Abschluss eines schriftlichen Mietvertrags anfallende Rechtsgeschäftsgebühr dient auch nicht der Abgeltung der Verwaltungstätigkeit der Bauvereinigung, weshalb sie von der Verwaltungskostenpauschale nach § 14 Abs 1 Z 6 WGG nicht gedeckt ist. Bei gebotener Rücksichtnahme auf das dem WGG inhärente Kostendeckungsprinzip und auf die der § 23 Abs 4c lit d WGG zugrunde liegende und analog zu berücksichtigende Wertung ist die Überbindung der gesamten Mietvertragsgebühren auf den Mieter mit den Entgeltbestimmungen des WGG vereinbar. Das Kostendeckungsprinzip ist zugleich auch iSd § 879 Abs 3 ABGB die sachliche Rechtfertigung dafür, den Mieter zur Tragung der gesamten Mietvertragskosten zu verpflichten.
Der Maßstab für die Transparenz ist das Verständnis des für die jeweilige Vertragsart typischen „Durchschnittskunden“. Zu beachten ist, dass sich der von den Parteien vereinbarte Nutzungsvertrag im Anlassfall gerade nicht im pauschalen Hinweis auf die Anwendung eines bestimmten Gesetzes beschränkt. Vielmehr wird in den Vertragspunkten 1. bis 3. das monatliche Nutzungsentgelt in allen seinen Nutzungsentgeltkomponenten, darunter der „Baurechtszins“, ausdrücklich und übersichtlich aufgegliedert, es wird dabei auf § 14 WGG verwiesen und ausdrücklich angeführt, dass „ein Nutzungsentgelt (vereinbart wird), welches den Bestimmungen des WGG nach dem Kostendeckungsprinzip entspricht“. In der damit klar verwiesenen Bestimmung des § 14 WGG ist betreffend die ausgewiesene Nutzungsentgeltkomponente „Baurechtszins“ (Z 4) für den evident hier vorliegenden Fall der Einräumung eines Baurechtes, „der jeweils zu entrichtende Bauzins“ ausgewiesen. Dass damit eine der Änderung des Bauzinses entsprechende Entgeltsadaptierung gemeint ist, liegt im Zusammenhang mit dem ebenfalls angesprochenen Kostendeckungsprinzip auf der Hand. Für jeden vernünftig denkenden „Durchschnittskunden“ folgt aus dem weithin bekannten gemeinnützigkeitsrechtlichen Kostendeckungsprinzip als Grundsatz, dass das von der GBV von ihren Nutzungsberechtigten vorzuschreibende Entgelt jeweils ihren eigenen Aufwendungen für die Bewirtschaftung ihrer Baulichkeiten entsprechen muss. Genau dieser selbstverständliche Grundsatz wird mit der hier getroffenen vertraglichen Regelung transparent vermittelt. Ein Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG liegt daher nicht vor.
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