Angesichts der hohen Inflation geraten Wertsicherungsvereinbarungen in Mietverträgen vermehrt ins Blickfeld von Verbraucherschutzverbänden und auch der OGH musste sich bereits im Rahmen mehrerer Verbandsverfahren mit der Frage der Zulässigkeit von Wertsicherungsvereinbarungen beschäftigen. Zwei kürzlich ergangene Klauselentscheidungen – in denen ua die jeweils verfahrensgegenständlichen Wertsicherungsvereinbarungen als unzulässig qualifiziert wurden – sorgen für Nervosität in der Immobilienbranche; die erste der beiden Entscheidungen wurde in den Medien gar als „Bombe“ bzw „Mietpreisbremse durch die Hintertür“ tituliert. Dies im Besonderen deshalb, weil der OGH in seiner Begründung auf eine Verbraucherschutzbestimmung Bezug nimmt, die wohl die wenigsten Mietvertragsverfasser bei der Formulierung der Wertsicherungsvereinbarungen mitberücksichtigt haben, nämlich § 6 Abs 2 Z 4 KSchG. Die Entscheidungen geben Anlass dazu, sich der Frage der Zulässigkeit von Wertsicherungsvereinbarungen in Verbraucher-Mietverträgen einerseits sowie den Folgen der jüngsten Klauselentscheidungen für die individuellen Verträge andererseits umfassend zu widmen.
- ISSN Online: 1613-7647
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Inhalt der Ausgabe
S. 311 - 316, Aufsatz
Der Lagezuschlag - Eine kritische Bestandaufnahme und Analyse der aktuellen Entwicklungen in der Rechtsprechung des OGH
Als der wohl prominenteste Zuschlag zum Richtwertmietzins ist der Lagezuschlag immer wieder Gegenstand höchstgerichtlicher Entscheidungen. In diesem Beitrag wird angesichts der jüngeren Entscheidungen des OGH einerseits ein kritischer Blick auf den Lagezuschlag als solches – insbesondere in Hinblick auf dessen Zulässigkeit – geworfen und andererseits werden zwei jüngere Entscheidungen des OGH ausführlich analysiert. Im Fazit dieses Beitrags werden die gesetzlichen Bestimmungen des Lagezuschlags, deren Auslegung durch den OGH und die Meinungen im Schrifttum, einem kritischen Blick unterzogen.
S. 317 - 320, Judikatur-Monitor
Lagequalität in Wien im Lichte der oberstgerichtlichen Rechtsprechung – eine kartographische Darstellung
S. 321 - 323, Veranstaltungsbericht
IWD – Vereinbarungen über die Beschaffenheit und die Erhaltung der Mietsache: Flucht aus der Mängelhaftung?
S. 324 - 327, Rechtsprechung
Kein Verbot der „Doppelverwertung“ von Lärmbeeinträchtigungen bei Ermittlung des Richtwertmietzinses
Ein Lagezuschlag ist nur dann zulässig, wenn die Liegenschaft, auf der sich die Wohnung befindet, eine überdurchschnittliche Lage aufweist. Für die Beurteilung der (Über-)Durchschnittlichkeit der Lage ist die Lärmbelastung der Liegenschaft an sich (nicht der konkreten Wohnung!) eines der relevanten Kriterien. Eine besondere (Grün-)Ruhelage ist ein positives Lagekriterium. Eine über das im innerstädtischen Gebiet zu erwartende Ausmaß hinausgehende Belastung mit Verkehr, Abgasen und Lärm ist hingegen ein negatives Beurteilungskriterium. Die Lärmbelastung ist sowohl beim Lagezuschlag als auch bei den individuellen Zu- und Abschlägen zu berücksichtigen. Ein Verbot, aufgrund eines individuellen Lärmabzugs beim Richtwertmietzins einer konkreten Wohnung den Lärm der Wohnumgebung des gesamten Hauses (auch) als lagezuschlagsrelevant zu berücksichtigen, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
Die mietrechtliche Normwohnung ist eine Wohnung in einem Althaus, die nach § 2 Abs 1 RichtWG über eine Küche verfügt. Dabei handelt es sich nicht um eine Küche, die bloß auf den Gang entlüftet werden kann. Für das Vorliegen einer Gangküche ist die mangelnde Belichtung und Belüftung maßgeblich. Die mangelnde Belüftung und Beleuchtung durch natürliches Licht rechtfertigt einen Abschlag vom Richtwertmietzins.
S. 328 - 329, Rechtsprechung
Richtwertmietzins: Zum Wertungs- und Ermessensspielraum bei der Beurteilung der Wohnumgebung
Dem Rechtsanwender steht bei der Beurteilung der Qualität der Wohnumgebung ein gewisser Wertungs- und Ermessensspielraum zu. Wird in der Gesamtschau und Gewichtung der einzelnen Lagecharakteristika dieser Wertungs- und Ermessensspielraum nicht verlassen, liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor, auch wenn das eine oder andere Argument nicht überzeugt.
S. 329 - 330, Rechtsprechung
Richtwertmietzins: Indizwirkung von Lärmkarten bei der Beurteilung der überdurchschnittlichen Lage von Wohnungen
Auch bei einer von einer öffentlichen Stelle errichteten Lärmkarte, auf die sich ein Mieter beruft, ist zu berücksichtigen, ob dieser Karte nach den Feststellungen nur Indizwirkung zukommt und die darin ausgewiesenen Werte nicht unbedingt auf eine bestimmte Liegenschaft zutreffen müssen. Ob die konkrete Liegenschaft über das in vergleichbaren innerstädtischen Lagen zu erwartende Ausmaß mit Lärm belastet ist, steht damit nicht fest.
Bei der Lagebeurteilung einer Wohnung macht es einen Unterschied, ob sich diese in unmittelbarer Gürtelnähe oder in bloßer Nähe zum Gürtel befindet.
In der gebotenen Gesamtschau und Gewichtung der einzelnen Lagecharakteristika kann dem Standortimage die ausschlaggebende Bedeutung beigemessen werden.
Randlagen, die durch eine nicht geschlossene und nur geringgeschossige Bauweise sowie einen großen Grünanteil gekennzeichnet sind und an das dicht verbaute innerstädtische Gebiet zum Stadtrand hin anschließen, weisen zwangsläufig nicht das Lagekriterium Zentrumsnähe auf. Im Allgemeinen ist in diesen Lagen auch keine Verkehrsanbindung (öffentlicher Verkehr und Individualverkehr), Versorgung mit Geschäften des täglichen Bedarfs, Bildungs- und Fürsorgeeinrichtungen, Gesundheitsversorgung und kulturelles Angebot wie in dicht verbauten innerstädtischen Gebieten zu erwarten. Die hier zu beurteilende Lage zeichnet sich dadurch aus, dass trotz der Lage am Stadtrand und des kleinstädtischen, fast dörflichen Charakters die für innerstädtische Lagen typische Erreichbarkeit von Geschäften des täglichen Bedarfs und Ärzten gegeben ist.
S. 332 - 336, Rechtsprechung
Schriftlichkeitsgebot beim Beitritt einer Vereinbarung über gesonderte Abrechnungseinheiten
Die beiden vom Wohnungseigentümer der Hausverwaltung übermittelten schriftlichen Vereinbarungen aus den Jahren 1987 und 1993, in denen die Wohnungseigentümer des Geschäftstrakts nähere Einzelheiten über die gesonderte Verrechnung der Betriebs- und Instandhaltungskosten für den Geschäftstrakt festlegten, genügen dem Schriftlichkeitsgebot und sind daher als Beitritt zur bestehenden Vereinbarung über die gesonderten Verrechnungseinheiten zu werten. Da eine allgemein formulierte Übernahme der „bestehenden Rechte und Lasten“ im schriftlichen Vertrag des Rechtsnachfolgers eines Wohnungseigentumsobjekts ausreichte, um der Schriftform nach § 19 Abs 2 WEG 1975 idF 3. WÄG zu genügen, lässt sich dies auch auf die schriftlichen Erklärungen in Bezug auf die gesonderte Verrechnung der Betriebs- und Instandhaltungskosten für die einzelnen Gebäude der Anlage übertragen.
Die Klausel genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht, weil ihr keinerlei nähere Aussagen dazu zu entnehmen sind, nach welchen Kriterien zu beurteilen ist, welcher Index dem Verbraucherpreisindex „am meisten entspricht“ und wer dies beurteilt. Es bleibt daher letztlich vollkommen unklar, welcher Wertmesser für die Preisanpassung bei Wegfall des vom österr Statistischen Zentralamt verlautbarten Index der Verbraucherpreise 1976 maßgeblich sein soll. Entgegen der in 6 Ob 226/18f zu beurteilenden Wertsicherungsklausel wird als „Ersatzindex“ hier auch nicht bereits ex ante, unabhängig vom Willen des Unternehmers auf jenen abgestellt, der an dessen Stelle tritt, sondern bloß auf einen nicht näher definierten, dem Verbraucherpreisindex am meisten entsprechenden Index Bezug genommen, ohne die näheren Kriterien dafür vorweg offenzulegen. Im Übrigen verstößt die Klausel auch gegen § 6 Abs 2 Z 4 KSchG, weil bei kundenfeindlichster Auslegung schon in den ersten beiden Monaten nach Vertragsabschluss eine Entgeltänderung eintreten könnte.
S. 339 - 342, Rechtsprechung
Neue mietrechtliche Klauselentscheidung ua zu Wertsicherungsvereinbarungen
Die Auslagerung der Verpflichtung zur Abrechnung von Wärme- und Kaltwasserkosten auf einen Dritten, wie dies in Klausel 7 vorgesehen ist, hätte zur Folge, dass der Mieter seine Ansprüche nicht mehr gegenüber dem Vermieter durchsetzen könnte, sondern eine Klage gegen ein „Abrechnungsunternehmen“ anstreben müsste, sodass die Klausel 7 gegen zwingende gesetzliche Vorschriften des MRG und HeizKG verstößt.
Die Erhöhung des Richtwerts kann auch darauf zurückzuführen sein, dass es schon in der Zeit vor Abschluss des Mietvertrags zu einem Anstieg des Preisniveaus gekommen ist, sodass eine nachträgliche Anhebung des auf dieser Grundlage vereinbarten Mietzinses insoweit auch sachlich nicht gerechtfertigt ist. Die Klausel ist damit auch benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB und damit jedenfalls unzulässig.
S. 342 - 344, Rechtsprechung
Gewährleistung und Schadenersatz beim Liegenschaftskauf infolge geheimer Mängel
Die konkrete Vertragsbestimmung schließt nur die Gewährleistung für solche Mängel aus, die für den Käufer bei einer sorgfältigen Besichtigung erkennbar gewesen wären. Dies folgt daraus, dass der Haftungsausschluss jeweils mit dem Hinweis auf den dem Käufer bekannten Zustand der Liegenschaft und der ihm eingeräumten Gelegenheit zur Informationsbeschaffung durch deren Besichtigung in Verbindung stand.
S. 344 - 348, Rechtsprechung
Pflicht zur Mietzinszahlung trotz Ausübung einer Kaufoption
In dem hier zu beurteilenden Fall liegt kein „echtes Optionsrecht“ des Mieters vor. Ein solches würde voraussetzen, dass bereits bei Mietvertragsabschluss das Recht des Mieters vereinbart worden wäre, nach Ablauf von zehn Jahren – durch Ausübung des Optionsrechts – zu einem festgelegten Preis WE an der gemieteten Wohnung zu erwerben. Es ist im Mietvertrag festgehalten, dass der Mieter mit Leistung des Grundkostenanteils Anspruch auf nachträglichen Erwerb hat; er ist demnach aber nicht berechtigt, die Rechtslage durch ein Gestaltungsrecht einseitig zu verändern. Nach der Rsp endet das Bestandverhältnis infolge Konfusion, wenn das Eigentumsrecht des Mieters sachenrechtlich übergeht, etwa durch bücherliche Einverleibung des Eigentumsrechts. Daher besteht, solange es zu keiner Vereinigung von Vermieter- und Mieterstellung kommt, auch die Pflicht zur Mietzinszahlung – trotz der „Optionsausübung“ – weiter.
S. 348 - 351, Rechtsprechung
Anspruch auf Rückforderung des Finanzierungsbeitrags gemäß § 17 WGG: Insolvenz- oder Masseforderung?
Da der Anspruch nach § 17 Abs 1 WGG erst durch die hier nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgte Auflösung des Bestandvertrags entstand, ist das BerufungsG zutreffend vom Vorliegen einer Masseforderung ausgegangen. Der Gesetzgeber hat sein mit der Novellierung des § 17 Abs 1 WGG verfolgtes Ziel in den Materialien eindeutig zum Ausdruck gebracht; diese Absicht hat auch im geänderten Wortlaut der Bestimmung ihren Niederschlag gefunden, indem nunmehr das Entstehen des Anspruchs an die Auflösung des Bestandvertrags angeknüpft wird. Damit wird der Rsp zu § 17 Abs 1 WGG aF, die auf der Annahme einer bereits vor Insolvenzeröffnung entstandenen, aber aufschiebend bedingten Forderung beruht, die Grundlage entzogen.
Nach der Rsp des VwGH sind Planungskosten als Teil der Herstellungskosten des fertiggestellten Wirtschaftsguts zu aktivieren (vgl VwGH 19.4.2007, 2005/15/0071; sowie 25.2.2003, 99/14/0316). Selbst vergebliche Planungskosten zählen zu den Herstellungskosten des schlussendlich auf demselben Grundstück errichteten Gebäudes, wenn davon auszugehen ist, dass die ursprüngliche Planung der – wenn auch wesentlich – geänderten Bauausführung in baurechtlicher, statistischer und architektonischer Hinsicht gedient hat (vgl Mayr in Doralt et al, EStG13, § 6 Tz 112). Dieser einheitliche Herstellungszeitraum, der mit der konkreten Planung des Bauvorhabens beginnt, kann nicht in eine (bloß ein immaterielles Wirtschaftsgut hervorbringende) vorgelagerte Planungsphase und eine daran anknüpfende faktische Ausführungsphase unterteilt werden.
Unterbleibt hingegen die Errichtung des zunächst geplanten Gebäudes gänzlich, sind die – somit vergeblichen – Planungskosten mangels Vorliegens eines Herstellungsvorganges keine Herstellungskosten. Sie fallen damit nicht unter die gemäß § 30 Abs 3 EStG 1988 bei Ermittlung der Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen die Anschaffungskosten des Grundstücks erhöhenden Herstellungsaufwendungen.
In der bloßen Aufrechterhaltung eines bestehenden langfristigen Mietvertrages liegt keine unternehmerische Initiative des Fruchtgenussberechtigten, die für eine relevante Änderung der bisherigen steuerlichen Verhältnisse und damit eine veränderte Einkünftezurechnung spricht.
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