In seiner Entscheidung vom 12. 6. 2012, 5 Ob 71/12w, hatte sich der OGH erstmals mit der zweiten Variante der „Abtretungslösung“ des § 18 Abs 2 WEG 2002 idF der WRN 2006 zu befassen, mit der Abtretungslösung für Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche (§ 18 Abs 2 S 1, 2. Fall). Die vorliegende Entscheidung, die grundlegende Fragen der Abtretungslösung im Allgemeinen ebenso anspricht wie Probleme der Übertragung gewährleistungsrechtlicher Rechtspositionen im Besonderen, ist von so grundlegender Bedeutung, dass es einer einlässlichen Auseinandersetzung mit ihren Ergebnissen bedarf. Dabei sollen auch rezente Entscheidungen in ihrem unmittelbaren Umfeld, wie insbesondere jene vom 17. 10. 2012, 3 Ob 179/12p, zur Abtretungslösung für aus dem Miteigentum erfließende Unterlassungsansprüche (§ 18 Abs 2 S 1, 1. Fall) und jene vom 24. 1. 2013, 5 Ob 126/12h, zur Geltendmachung nicht abgetretener Gewährleistungsansprüche Beachtung finden.
- ISSN Online: 1613-7647
60,00 €
inkl MwSt
Inhalt der Ausgabe
S. 161 - 168, Aufsatz
Praxis und Probleme der Abtretungslösung des § 18 Abs 2 WEG 2002
S. 169 - 171, Rechtsprechung
Vereinbarungen über die Erhaltungspflicht betreffend Gemeinschaftsanlagen
Mit Inkrafttreten des MRG am 1. 1. 1982 wurde zufolge § 43 Abs 1 MRG auch für Altverträge – ohne Rücksicht auf entgegengesetzte Vereinbarungen – die Erhaltungspflicht des Vermieters für Gemeinschaftsanlagen in § 3 Abs 2 Z 3 MRG geregelt. Die Kosten dafür sind aus den Mietzinsreserven, aus künftigen Mietzinseinnahmen bzw der Einhebung eines erhöhten Hauptmietzinses zu tragen (§ 3 Abs 3 MRG). Zufolge § 24 Abs 1 MRG sind Aufwendungen für den Betrieb einer Gemeinschaftsanlage nach den Grundsätzen des § 17 MRG zu verteilen. Die Regelung des § 3 Abs 2 Z 3 MRG gilt allerdings dort nicht, wo Instandhaltungsvereinbarungen zu Lasten des Mieters zulässigerweise als Mietzinsvereinbarungen zu qualifizieren und daher den für die Mietzinsvereinbarung maßgeblichen Normen zu unterstellen waren.
S. 171 - 172, Rechtsprechung
Zum Maßstab bei der Prüfung des groben Verschuldens am Mietzinsrückstand bei anwaltlich vertretenem Mieter
Für die Beurteilung der Frage, ob den Mieter an der verspäteten Zahlung des Mietzinses ein grobes Verschulden trifft, ist seine Willensrichtung, die zur Zahlungssäumnis führte, entscheidend. Grobes Verschulden setzt ein besonderes Maß an Sorglosigkeit voraus, sodass der Vorwurf berechtigt erscheint, der Mieter habe die Interessen des Vermieters aus Rechthaberei, Willkür, Leichtsinn oder Streitsucht verletzt. Der Beurteilungsmaßstab ist dabei dem Verkehrskreis und der Stellung des Schuldners zu entnehmen. Selbst wenn man also den anwaltlichen Vertreter des Mieters als Erfüllungsgehilfen bei der Erfüllung der Mieterpflichten ansehen wollte, kommt es nur darauf an, ob das Verhalten des Gehilfen den Schuldner ersatzpflichtig gemacht hätte, wäre es von diesem selbst gesetzt worden.
Für die Verwirklichung des Kündigungsgrundes des erheblich nachteiligen Gebrauchs ist erforderlich, dass sich der Mieter der erheblichen Nachteiligkeit des Gebrauchs bewusst bzw diese ihm erkennbar ist und er den Gebrauch dennoch fortsetzt; dabei ist bei der unsachgemäßen Installation von Badewannen oder Duschen durch nicht befugte Gewerbsleute davon auszugehen, dass es einen erheblich nachteiligen Gebrauch darstellt, wenn bei Auftreten von Schäden nicht sofort Abhilfe geschaffen wird.
Für die Inanspruchnahme des Kündigungsgrundes des § 30 Abs 2 Z 10 MRG muss tatsächlich die ursprüngliche Widmung des aufgekündigten Bestandobjekts als Dienstwohnung bestanden haben. Ein Abgehen von dieser Zweckwidmung ist dann anzunehmen, wenn das Objekt einer betriebsfremden Person in der ausdrücklich geäußerten oder schlüssigen Absicht vermietet wird, die Wohnung künftig nicht mehr zur Unterbringung von Angehörigen seines Betriebs zu verwenden. Eine schlüssige Widmungsänderung kommt dabei auch während des Mietverhältnisses mit der betriebsfremden Person in Betracht. Wurde das aufgekündigte Mietobjekt bis zur Aufkündigung mehr als 35 Jahre lang nicht mehr als Betriebswohnung verwendet, so sprechen die Umstände im Allgemeinen für eine Widmungsänderung von Betriebswohnung auf Mietwohnung.
S. 174 - 177, Rechtsprechung
Bauliche Abgeschlossenheit von Stellplätzen als Erfordernis der WE-Tauglichkeit; offensichtliche Schreibfehler im WE-Vertrag sind verbesserungsfähig
Der WE-Begründung steht nicht entgegen, dass ein Abstellplatz den Zugang zur dahinter liegenden Wohnung ermöglicht: Das Argument der Notwendigkeit der baulichen Abgeschlossenheit der WE-Objekte ist in Ansehung des Abstellplatzes nicht tragfähig, weil dieser nach der klaren gesetzlichen Regelung gerade keiner „baulichen Abgeschlossenheit“ bedarf, sondern nur einer – hier vorhandenen – deutlich abgegrenzten Bodenfläche. Aber auch eine Wohnung verliert durch die direkte Zugangsmöglichkeit zu bestimmten Stellplätzen ihre WE-Tauglichkeit nicht: Zwar müssen Wohnungen und sonstige selbstständige Räumlichkeiten nach allen Seiten baulich abgeschlossen sein, dies ist aber nach der Verkehrsauffassung zu beurteilen.
Lässt der Inhalt des WE-Vertrags keinen Zweifel daran, dass die Miteigentumsanteile ausgehend von einem bestimmten Gesamtnutzwert ermittelt werden, so dass die unrichtige Bezeichnung eines der Miteigentumsanteile auf einen völlig offenkundigen Schreibfehler zurückzuführen sein muss, liegt somit kein nicht verbesserbarer Inhaltsmangel vor, sondern ein offenkundiger Schreibfehler.
Die klagsweise Geltendmachung von Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen durch die Eigentümergemeinschaft iSd § 18 Abs 2 Satz 1 WEG 2002 erfordert eine wirksame Abtretung dieser Ansprüche vom Wohnungseigentümer an die Eigentümergemeinschaft. Die – auch schlüssig mögliche – Annahme der Abtretung hat durch den Vertreter der Eigentümergemeinschaft zu erfolgen. Die wirksam zustandegekommene Zession bewirkt bereits im Außenverhältnis die Aktivlegitimation der Eigentümergemeinschaft, ohne dass das Prozessgericht die über die Geltendmachung der abgetretenen Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche gegebenenfalls erfolgte interne Willensbildung der Eigentümergemeinschaft überprüfen müsste.
S. 180 - 181, Rechtsprechung
Stillschweigende Abtretung eines Unterlassungsanspruchs an die Eigentümergemeinschaft
Die Geltendmachung von Ansprüchen eines Wohnungseigentümers durch die Eigentümergemeinschaft erfordert eine wirksame Abtretung; die interne Willensbildung ist hingegen keine Gültigkeitsvoraussetzung. Stimmt ein einzelner Wohnungseigentümer im Umlaufbeschlussverfahren für einen Rechtsstreit ab, kann dies nicht als gleichzeitig gestelltes (konkludentes) Abtretungsanbot iSd § 18 Abs 2 WEG gewertet werden.
S. 181 - 184, Rechtsprechung
Beschlusserfordernisse bei Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen betreffend allgemeine Teile der Liegenschaft durch einen Wohnungseigentümer
Die Wahl des Gewährleistungsbehelfs betreffend allgemeine Teile steht grundsätzlich nicht dem einzelnen Wohnungseigentümer allein zu, sondern es ist darüber ein Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeinschaft oder eine substituierende Entscheidung des Außerstreitrichters erforderlich. Entbehrlich ist dies allerdings dann, wenn bei der Geltendmachung von solchen Gewährleistungs- und/oder Schadenersatzansprüchen durch einen einzelnen Mit- und Wohnungseigentümer Gemeinschaftsinteressen nicht beeinträchtigt werden können, also kein Interessenkonflikt möglich ist. Dies ist dann gegeben, wenn mit dem primär auf Verbesserung gestützten Begehren ein Geldbetrag (Deckungskapital) angesprochen wird, der die gesamthafte Sanierung des Mangels ermöglichen soll und der klagende Wohnungseigentümer im Fall seines Prozesserfolgs auch tatsächlich sanierungswillig ist. Diese Sanierung liegt grundsätzlich im Interesse aller Mit- und Wohnungseigentümer.
S. 184 - 185, Rechtsprechung
Aufklärungspflicht des Bestandgebers hinsichtlich einer Unterversicherung des Bestandobjekts
Ein Verpächter muss den Pächter unter gewissen Umständen – insb bei Überbindung der Prämienzahlung – auf eine ihm bekannte Unterversicherung hinweisen.
S. 185 - 186, Rechtsprechung
Zur Haftung des selbständigen Unternehmers, der die Aufgaben des Wegehalters besorgt
Derjenige, der als selbständiger Unternehmer die Aufgaben des Wegehalters besorgt, gehört nicht mehr zu den „Leuten“ des Wegehalters iSd § 1319a ABGB. Es besteht kein Anlass, davon abzugehen und den selbständigen Unternehmer in analoger Anwendung des § 1319a ABGB dem Wegehalter gleichzuhalten.
Kein Missbrauch iSd § 22 BAO bei wechselseitiger Vermietung von Eigentumswohnungen an die jeweiligen Kinder des anderen Eigentümers
Weitere Hefte aus dieser Zeitschrift