In Wohnungseigentumsanlagen schließt die Eigentümergemeinschaft üblicherweise für das Gebäude eine Bündelversicherung ab, die neben diversen Sachversicherungen (insbesondere einer Feuerversicherung und einer Leitungswasserversicherung) auch Haftpflichtversicherungskomponenten wie etwa eine Bauherrenhaftpflichtversicherung enthält. Daneben gibt es, meist in Form einer Haushaltsversicherung, auch Versicherungsverträge der einzelnen Wohnungseigentümer. Diese „Gemengelage“ kann zu Abgrenzungsproblemen führen. Bei den von der Eigentümergemeinschaft abgeschlossenen Versicherungsverträgen stellt sich überdies die Frage, inwieweit die individuellen Interessen der Wohnungseigentümer mitversichert sind und wer zur Geltendmachung der Ansprüche befugt ist. Der Beitrag beleuchtet diese für das WEG typischen Problemstellungen anhand von vier in der jüngeren Vergangenheit ergangenen Entscheidungen des OGH, die paradigmatisch aufzeigen, dass es für alle Beteiligten (Wohnungseigentümer, Hausverwalter, Versicherer und Versicherungsvermittler) ratsam ist, sich mit den Grundbegriffen des Versicherungsvertragsrechts vertraut zu machen.
- ISSN Online: 1613-7647
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Inhalt der Ausgabe
S. 144 - 145, Rechtsprechung
Benützung einer Wohnung bloß zum Schlafen stellt keinen Kündigungsgrund dar
Die Aufkündigung eines Wohnungsmietverhältnisses nach § 30 Abs 2 Z 6 MRG ist nicht gerechtfertigt, wenn der Mieter sich untertags praktisch nicht in der Wohnung aufhält, diese jedoch jede Nacht zum Schlafen benützt.
S. 145 - 148, Rechtsprechung
Grundsatz der Teilrechtskraft und seine Durchbrechungen im außerstreitigen Verfahren
Auch dem außerstreitigen Verfahren ist der Grundsatz der Wahrung der Teilrechtskraft nicht fremd. Dieser gilt nur dann nicht, wenn der unangefochten gebliebene Teil der Entscheidung in einem untrennbaren Sachzusammenhang mit dem angefochtenen Entscheidungsteil steht. Es gibt in der wohnrechtlichen Judikatur etliche Beispiele für die Ablehnung eines derartigen, dem Eintritt der Teilrechtskraft entgegenstehenden untrennbaren Sachzusammenhangs.
S. 148 - 149, Rechtsprechung
Ausnahme bei der Vorschaltung einer Schlichtungsstelle gem § 39 MRG
Die Vorschaltung einer Schlichtungsstelle vor Befassung der Gerichte in außerstreitigen Mietrechtssachen stellt eine zwingende Verfahrensvoraussetzung für das gerichtliche Verfahren bei sonstiger Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtsweges dar. Eine Ausnahme besteht, wenn ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung bei Gericht gestellt wird. Ab diesem Zeitpunkt kann ein Verfahren vor der Gemeinde nicht mehr anhängig gemacht werden. Der Antrag in der Hauptsache ist dann unmittelbar bei Gericht einzubringen.
Wenn ein innerer Zusammenhang mehrerer ins außerstreitige Verfahren verwiesener Begehren besteht, erübrigt sich in bereits gerichtsanhängigen Verfahren die Anrufung der Schlichtungsstelle. Ein solcher Zusammenhang mehrerer Begehren liegt vor, wenn sie der Gesetzgeber gemeinsam in eines der Verfahren nach § 37 Abs 1 MRG verweist oder die Verbindung verschiedener Verfahren anordnet.
S. 149 - 153, Rechtsprechung
Zur Passivlegitimation des Miteigentümers im Mischhaus bei vorhandener Benützungsregelung hinsichtlich der Negatorienklage
Werden Teile der Liegenschaft, seien es allgemeine Teile im herkömmlichen Sinn, seien es Objekte im Mischhaus, einem einzelnen Miteigentümer durch Benützungsregelung zur ausschließlichen Nutzung überlassen, liegt darin im Zweifel die Bevollmächtigung zum Abschluss eines Mietvertrags auf eigene Rechnung, aber namens sämtlicher Miteigentümer. Die Übertragung dieser Wertung, nach der keineswegs nur einzelne Miteigentümer berührt sind, sondern vielmehr die Gemeinschaft betroffen ist, auf die Regelung nach § 18 WEG 2002 ergibt, dass der Benützungsberechtigte im Anwendungsbereich dieser Bestimmung namens der Eigentümergemeinschaft vermietet.
Betrifft die Störungshandlung nicht die von der Verwaltungsbefugnis des Miteigentümers umfassten Objekte, sondern den die äußere Erscheinung des Gebäudes beeinträchtigenden Fassadenanstrich, also einen allgemeinen Teil des Hauses, ist dieser Miteigentümer hinsichtlich der actio negatoria nicht passiv legitimiert.
S. 153 - 156, Rechtsprechung
Eigentümergemeinschaft als Versicherungsnehmerin beiden vom Hausverwalter abgeschlossenen Versicherungsverträgen
Der Abschluss von Versicherungsverträgen gehört zu den Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung.
Wird der Gebäudebündelversicherungsvertrag vom Verwalter abgeschlossen, der allein die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vertritt, wird die Eigentümergemeinschaft Versicherungsnehmerin und die Eigentümer Versicherte.
Nach dem Vertragszweck sind damit Schadenersatzverpflichtungen aus der Bauherrentätigkeit der Eigentümergemeinschaft, die diese im gemeinschaftlichen Interesse in Bezug auf das Gemeinschaftsgut setzt, versichert. Den (einzelnen) Wohnungseigentümern kommt hingegen das Interesse zu, gleichfalls mit Ersatzforderungen aus einer Bauführung der Eigentümergemeinschaft nicht belastet zu werden, weil die Wohnungseigentümer über ihre Beitragsleistungen die Angelegenheiten der Liegenschaftsverwaltung finanzieren. In diesem Umfang sind sie mitversichert. Kein Versicherungsschutz besteht jedoch für Schadenersatzverpflichtungen einzelner Wohnungseigentümer aus ihrer individuellen Bauführung.
Die Abtretung des Befreiungsanspruchs an den geschädigten Dritten, in dessen Hand dann Haftpflicht- und Deckungsanspruch vereinigt sind, wird als zulässig erachtet, sofern kein Abtretungsverbot besteht, da trotz Trennungsgrundsatz nicht einzusehen ist, warum der Haftpflichtgläubiger, dem nach Abtretung beide Ansprüche zustehen, den Versicherer nicht unmittelbar auf Zahlung in Anspruch nehmen und in diesem Verfahren die Haftpflichtfrage zur Vorfrage machen sollte. Der Befreiungsanspruch verwandelt sich nunmehr in einen Leistungsanspruch.
Liegen zwei Haftpflichtversicherungsverträge vor, bemüht sich die Rechtsprechung bei der Auslegung der Versicherungsbedingungen zwar darum, den Deckungsschutz der einzelnen Arten der Haftpflichtversicherung so abzugrenzen, dass sie nahtlos ineinandergreifen, also sich weder überschneiden noch eine Deckungslücke lassen. Es muss durch die Auslegung aber nicht jedenfalls verhindert werden, sowohl ein Überschneiden der Versicherungsbereiche als auch Deckungslücken zuzulassen.
Der von einem Mit- und Wohnungseigentümer abgeschlossene Werkvertrag löst Schutzwirkungen zu Gunsten der übrigen Miteigentümer aus, die das Gebäude und den jeweiligen Wohnungsinhalt erfassen, womit im Falle einer Schädigung dieser Dritten insb auch eine Haftung gem § 1313a ABGB in Betracht kommt.
Ziel des § 67 Abs 1 VersVG ist es, dass ersatzpflichtige Dritte vom Bestehen eines Versicherungsvertrags, aufgrund dessen der eingetretene Schaden vom Versicherer ersetzt wird, nicht iS einer Haftungsfreistellung oder Haftungsminderung profitieren sollen. Aus der klaren Zielrichtung des § 67 Abs 1 VersVG ergibt sich über den Gesetzeswortlaut hinaus, dass nicht nur Ersatzansprüche des Versicherungsnehmers (im vorliegenden Fall die Eigentümergemeinschaft) bei Zahlung auf den Versicherer übergehen, sondern konsequenterweise auch Ersatzansprüche des oder der Versicherten (im vorliegenden Fall sämtliche Mit- und Wohnungseigentümer), weil es für den Schädiger keinen Unterschied machen darf, ob eigenes oder fremdes Risiko versichert ist; als Dritter iSd § 67 Abs 1 VersVG kommt daher nur eine Person in Betracht, die weder Versicherungsnehmer noch Versicherter ist.
Auch wenn das BTVG selbst dazu keine ausdrückliche Regelung enthält, ergibt sich schon aus dem klaren Regelungszweck der dem Schutz des Erwerbers dienenden Bestimmungen, dass seine Rechtsposition nicht gegenüber allgemeinen privatrechtlichen Vorschriften verschlechtert werden soll. Im Rahmen des BTVG steht dem Erwerber daher auch das Leistungsverweigerungsrecht nach § 1052 Satz 2 ABGB zu, wenn zwar der letzte „Bauabschnitt“ bzw Fertigstellungsgrad erreicht ist, aber Mängel vorliegen, die nach allgemeinen Regeln die Zurückbehaltung des noch offenen Entgelts rechtfertigen.
Der Verlust der Sicherheit eines Gläubigers ist ein realer ersatzfähiger Schaden, der bereits mit dem Verlust der Sicherheit und nicht erst in dem Zeitpunkt entsteht, in dem endgültig feststeht, dass die Forderung uneinbringlich ist.
Ein Sachverständiger, der zwecks einer Ratenplanmethode nach Bauabschnitten (§ 10 BTVG) beigezogen wird, hat dafür zu sorgen, dass die gewünschte Wertrelation zwischen dem Sicherungserfordernis des Erwerbers und seinen jeweiligen Baufortschritten gewahrt bleibt. Die Haftung des sachverständigen Baufortschrittprüfers bezieht sich auf die Sicherung des Erfüllungsanspruchs des Erwerbers gegen den Bauträger in der Bauphase.
Ob einer, durch den Sachverständigen bewirkten, vorzeitigen Zahlung ohnehin ein ausreichender Gegenwert in Form bisher erreichter Bauleistungen gegenüberstand, ist im Abwicklungsstadium unerheblich, solange nicht feststeht, dass der Bauträgervertrag endgültig nicht mehr erfüllt werden kann.
S. 170 - 172, Rechtsprechung
Zur Frage der Bindung des GrundbuchsG an den Bewilligungsbeschluss im Hinblick auf § 55a EO
§ 94 Abs 2 GBG ordnet an, dass sich das GrundbuchsG bei grundbücherlichen Eintragungen, die nicht vom GrundbuchsG, sondern von einem anderen Gericht bewilligt werden, darauf zu beschränken hat, über die Zulässigkeit der Eintragung mit Rücksicht auf den Grundbuchsstand zu entscheiden. Hinsichtlich der übrigen Erfordernisse steht die Entscheidung dem bewilligenden Gericht zu.
Ob bei Bestehen einer Eigentümerpartnerschaft ungeachtet des gesetzlichen Verbots einer unterschiedlichen Belastung (§ 13 Abs 3 WEG) ein richterliches Belastungs- und Veräußerungsverbot angemerkt werden kann, berührt ausschließlich eine Frage des materiellen (WE-)Rechts und damit die Richtigkeit der Entscheidung des BewilligungsG in materiell-rechtlicher Hinsicht, die das VollzugsG eben nicht zu überprüfen hat. Ein Vollzugshindernis ist nicht gegeben.
Erfolgt eine Betriebsübergabe an den Hälfteeigentümer der Liegenschaft, auf der das Unternehmen betrieben wird, liegt hinsichtlich dieses Hälfteeigentums keine Vermietung mehr vor. Bezüglich des Hälfteeigentums der zweiten Miteigentümerin bestehen hingegen die Mietverhältnisse weiter. Eine Erfassung der Mieterinvestitionen als Einnahme kann daher nur soweit erfolgen, als keine Vermietung mehr vorliegt.
S. 175 - 177, Rechtsprechung
Fremdüblichkeit eines Mietvertrages zwischen Mutter und Sohn
Gegenstand des Berufungsverfahrens waren die Einkünfte der Beschwerdeführerin aus der Vermietung von Räumlichkeiten an ihren Sohn sowie die in diesem Zusammenhang erklärten Umsätze und geltend gemachten Vorsteuern. Von der belangten Behörde wäre demnach zu prüfen gewesen, ob der zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Sohn abgeschlossene Mietvertrag nach außen ausreichend zum Ausdruck gekommen ist, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt hatte und auch zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wäre.
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