Der Beitrag behandelt die Entscheidung des VfGH zu § 1105 ABGB, in der die Verfassungskonformität der Differenzierung zwischen Miete und Pacht sowie ein- und mehrjährigen Pachtverträgen bestätigt wurde. Dabei werden die Argumente der Begründung kritisch untersucht und offenbleibende Fragen beleuchtet.
- ISSN Online: 1613-7647
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Inhalt der Ausgabe
S. 374 - 378, Aufsatz
Überlegungen zu zwei ausgewählten Rechtsfragen anlässlich von VfGH 30.06.2022, G 279/2021
Das Erkenntnis des VfGH, in dem der Gerichtshof den Bedenken des BG Meidling gegen die Verfassungskonformität der Sätze 2 und 3 von § 1105 ABGB nicht gefolgt ist, führt dazu, dass den mit der Anwendung dieser Normen verbundenen Rechtsfragen iZm mit den bestandrechtlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie erhöhte praktische Relevanz zukommt. Im Beitrag werden zwei dieser Rechtsfragen näher analysiert.
S. 379 - 382, Rechtsprechung
Duldungspflicht des Mieters bei Verkleinerung der Wohnung wegen Lifteinbaus
Bei einem geplanten Lifteinbau handelt es sich um eine Verbesserungsarbeit iSd § 8 Abs 2 Z 1 MRG. Ein Mieter hat für eine Verbesserungsarbeit eine vorgesehene Verkleinerung der Wohnung und die damit verbundene Grundrissumgestaltung zu dulden, wenn dieser Eingriff notwendig oder zweckmäßig ist. Ob eine noch vom Mieter zu duldende Veränderung oder bereits eine tiefgreifende Umgestaltung des Mietgegenstands vorliegt, ist objektiv ohne Berücksichtigung der tatsächlichen Nutzung durch den Mieter zu beurteilen. Eine Interessenabwägung findet dabei nicht statt. Das in § 8 Abs 3 MRG normierte Schonungsprinzip setzt voraus, dass eine für den Mieter schonendere Alternative besteht.
S. 382 - 384, Rechtsprechung
Obliegenheit des neuen Vermieters zur unaufgeforderten Bekanntgabe einer Bankverbindung
Hat der Mieter bereits den ehemaligen Vermieter eines Mietobjekts zur Bekanntgabe einer Bankverbindung aufgefordert, so ist er nicht dazu verpflichtet, beim Erwerber abermals die Übermittlung einer Bankverbindung zu fordern. Die Obliegenheit, eine Bankverbindung von sich aus bekanntzugeben, trifft hier den Erwerber des Mietobjekts bei sonstigem Annahmeverzug.
Wird vereinbart, dass das Mietverhältnis sich um drei Jahre zu den gleichen Bedingungen verlängert, wenn der Vermieter nicht sechs Monate vor Abschluss des Vertrages erklärt, diesen nicht zu verlängern, ist das Auslegungsergebnis vertretbar, dass diese Vereinbarung nicht den Anforderungen an einen unbedingten, ausreichend transparenten Endtermin iSd § 29 MRG entspricht.
Eine Aufkündigung wegen Nichtzahlung des Mietzinses setzt voraus, dass der Mietzins nach Eintritt der Fälligkeit eingemahnt wurde. Eine Teilmahnung ist zulässig. Diese hat für den Bestandnehmer sogar den Vorteil, eine Aufkündigung schon durch Zahlung eines Betrags in dieser Höhe abwenden zu können. Eine Aufschlüsselung des eingemahnten Teilbetrags nach Mietperioden ist nicht zwingend geboten, weil ohnehin gesetzliche Tilgungsregeln für Teilzahlungen bestehen.
S. 387 - 388, Rechtsprechung
Kündigung des Mietvertrages wegen strafbarer Handlung: Spendensammlerin zählt nicht zum geschützten Personenkreis
Der Kündigungsgrund der strafbaren Handlung gem § 30 Abs 2 Z 3 dritter Fall MRG ist nicht verwirklicht, wenn gegenüber einer Spendensammlerin eine Körperverletzung begangen wurde. Die strafbare Handlung erfolgte weder gegenüber dem Vermieter noch gegenüber einer im Haus wohnenden Person. Die Spendensammlerin hatte keinen Bezug zu diesem geschützten Personenkreis.
Eine nach der vorangegangenen, rechtswirksamen Vertragsaufhebungserklärung zugegangene Aufkündigung ist rechtsunwirksam.
WE wurde erstmals im Jahr 1999 einverleibt. Bereits vor Abschluss des Vertrags zur Begründung von WE hatte die Baubehörde aufgrund eines Einreichplans des Einzelrechtsvorgängers beider Parteien die später in deren WE-Objekten vorgenommenen baulichen Änderungen genehmigt. Dieser bauliche Zustand entspricht dem vertraglichen Konsens bei der Begründung von WE. Die beanstandete Baumaßnahme ist damit keine genehmigungspflichtige Änderung iS des § 16 Abs 2 WEG 2002.
S. 390 - 393, Rechtsprechung
Anmerkung der Einräumung von Wohnungseigentum: Löschung von (belastenden) Zwischeneintragungen
Mit Verbücherung des Mit- und Wohnungseigentumsrechts im Rang der Anmerkung kann der Berechtigte die Löschung von Zwischeneintragungen beantragen. Einer Löschung zugänglich sind jedoch nur solche Eintragungen, die den Wohnungseigentümer in seinen dinglichen Rechten beschneiden. Eine geeignete Rechtsgrundlage für die Löschung von Rechten an anderen Mit- und Wohnungseigentumsanteilen bildet dies nicht.
S. 393 - 394, Rechtsprechung
Dingliches Wohnungsrecht kann nur bei schwerwiegendem Grund aufgelöst werden
Dingliche und obligatorische Wohnungsrechte können aus wichtigem Grund aufgelöst werden. Wegen der stärkeren dinglichen Bindung kann jedoch ein dingliches Wohnungsrecht nur beendet werden, wenn die Auflösungsgründe ein größeres Gewicht haben als jene, die für die Auflösung von rein obligatorischen Dauerschuldverhältnissen genügen.
Der wirtschaftliche Gehalt von Miete und Pacht unterscheidet sich maßgeblich voneinander, weswegen ua die durch die angefochtene Bestimmung bewirkte Differenzierung zwischen Miete und Pacht im Grundsatz sachlich gerechtfertigt ist. Auch die bloße Tatsache, dass diese Rechtsinstitute in Einzelfällen schwierig voneinander abzugrenzen sein können, vermag eine Verfassungswidrigkeit von § 1105 ABGB nicht zu begründen.
Der Gesetzgeber geht in der angefochtenen Bestimmung in verfassungsrechtlich zulässiger Weise von der (nachvollziehbaren) Durchschnittsbetrachtung aus, dass sich gute und schlechte Wirtschaftsperioden bei längerfristigen Pachtverträgen ausgleichen können, während dies bei kurzfristigen Pachtverträgen nicht oder nur eingeschränkt der Fall sein wird.
S. 397 - 404, Rechtsprechung
Kein Verwendungsanspruch des Scheinzessionars bei Doppelzession
Der Scheinzessionar ist nicht Anspruchsberechtigter iSd § 1041 ABGB. Bei der Doppelzession einer erst künftig entstehenden Forderung erwirbt der zweite Zessionar keine Rechte an der bereits wirksam abgetretenen Forderung. Er ist bloßer Scheinzessionar, weil der Zedent die Rechtszuständigkeit über die Forderung mit der ersten Zession verloren hat. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Entstehung der Forderung aufschiebend bedingt ist. War einem Erwerber die Abtretung bekannt, weil er sich das Tatsachenwissen seines Geschäftsführers zurechnen lassen muss, müsste er sich die Abtretung selbst bei analoger Anwendung des § 1102 ABGB entgegenhalten lassen, da er nicht „gutgläubig“ ist.
Ist eine zu verkaufende Wohnung nur nahezu fertiggestellt, so kommen die zwingenden Bestimmungen des BTVG zur Anwendung. Als „eigentlicher Vertragsgegenstand“ des Bauträgervertrags ist dann nicht nur die Wohnung anzusehen, sondern die Wohnung samt Zugehör. Wird außerdem eine bezugsfertige Wohnung geschuldet, so hat auch eine baubehördliche Benutzungserlaubnis vorzuliegen.
Zahlt der Treuhänder vor Vorliegen der Benutzungserlaubnis oder vor Fertigstellung des Zugehörs aus, ist die Schadenersatzklage grundsätzlich auf Wiederauffüllung des Treuhandkontos zu richten, wobei der Schaden in der Verminderung des Treuhanderlags liegt.
Das BTVG sieht keine Verjährungsfrist für die (Straf-)Zinsen nach § 14 Abs 1 BTVG vor. Allerdings gilt § 1480 ABGB, wonach Forderungen von rückständigen jährlichen Leistungen wie insb Zinsen in drei Jahren erlöschen, nicht nur für vertragliche, sondern auch für gesetzliche Zinsen. Dass der Anspruch auf (Straf-)Zinsen – wie der Rückforderungsanspruch selbst (§ 14 Abs 2 BTVG) – binnen drei Jahren verjährt, entspricht somit der eindeutigen Gesetzeslage.
S. 410 - 414, Rechtsprechung
Veräußerung von Mietobjekten vor Beginn der Vermietung
Die vom VwGH entwickelte Rsp zur vorzeitigen Beendigung einer Vermietung aufgrund konkreter Unwägbarkeiten muss in gleicher Weise gelten, wenn eine sanierungsbedürftige Liegenschaft zum Zwecke der Vermietung angeschafft und aufgrund konkreter Unwägbarkeiten vor Beginn der Vermietung wieder veräußert wird.
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