Die Entscheidung des OGH in der Rechtssache 6 Ob 48/12w (GES 2013,241 [„Kneisz I“]) hat Transaktionsjuristen, Banken und Literatur zum Teil etwas ratlos zurückgelassen. Bisher übliche Transaktionsstrukturen standen plötzlich auf dem Prüfstand. Und in der Tat ließ die Entscheidung Raum für Spekulationen, welchen Teil der Gestaltung der 6. Senat nun als entscheidend für seine Betrachtung als unzulässige Einlagenrückgewähr ansah. Mit der aktuellen Entscheidung zu 1 Ob 28/15x („Kneisz II“) hat der 1. Senat nun (wenig überraschend) 6 Ob 48/12w im Ergebnis bestätigt, zugleich aber auch eine Präzisierung der Entscheidung vorgenommen. Alle Fragen beantworten konnte er allerdings nicht.
- ISSN Online: 2309-7450
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Inhalt der Ausgabe
S. 150 - 157, Aufsatz
Management-Buy-Out und Verbot der Einlagenrückgewähr, die Zweite
Liegt eine unternehmerische Entscheidung vor, müssen folgende 4 Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein:
Der Geschäftsleiter darf sich nicht von sachfremden Interessen leiten lassen.
Die Entscheidung muss auf Grundlage angemessener Information getroffen werden.
Die Entscheidung muss ex ante betrachtet offenkundig dem Wohl der juristischen Person dienen.
Der Geschäftsleiter muss (vernünftigerweise) annehmen dürfen, dass er zum Wohle der juristischen Person handelt, dh er muss hinsichtlich der übrigen Kriterien gutgläubig sein.
Kein haftungsfreier unternehmerischer Ermessenspielraum besteht, wenn die Pflichtverletzung bereit aus einer Kompetenzüberschreitung abzuleiten ist; ebenso wenig besteht ein solcher bei Vorliegen eines In-Sich-Geschäfts, weil die Pflichtverletzung schon aus der Verletzung der Genehmigungspflicht folgt.
Unter eine unternehmerische Entscheidung kann auch eine bewusste Nichtentscheidung (ein Unterlassen) in Bezug auf unternehmerische Belange subsumiert werden.
Die Verletzung zwingender rechtlicher Vorgaben, etwa im Stiftungsrecht eine Missachtung der Ausschüttungssperre gem § 17 Abs 2 S 2 PSG, begründen eine Pflichtwidrigkeit.
Weicht der Stiftungsvorstand von den Vorgaben der Stiftungserklärung ab, trifft ihn – bei Vorliegen der übrigen Schadenersatzvoraussetzungen – eine Haftung; dies auch dann, wenn der Vorstand in der Absicht gehandelt hat, das Wohl der Stiftung zu fördern.
Desgleichen sind eine allfällige Geschäftsordnung und davon abgeleitete Richtlinien zu berücksichtigen.
Bei der Bestimmung von Ermessensbegünstigten handelt es sich zwar nicht um eine unternehmerische Entscheidung im eigentlichen Sinn, sehr wohl aber um eine Ermessensentscheidung, für die derselbe haftungsfreie Beurteilungsspielraum besteht.
Der Tatbestand der verbotenen Einlagenrückgewähr enthält keine subjektiven Tatbestandsmerkmale. Entscheidend ist (lediglich) das objektive Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung.
Gewinnanteile können nur dann gutgläubig erworben werden, wenn sie aufgrund eines regulären Gewinnverwendungsbeschlusses in Form einer Dividende empfangen werden.
Ein belangter Gesellschafter kann gegen Rückersatzansprüche der Gesellschaft aus verbotener Einlagenrückgewähr nicht mit Gegenforderungen aufrechnen.
Die Geltendmachung der Rückforderungsansprüche nach § 83 GmbHG bedarf keines Gesellschafterbeschlusses.
Gesellschafterbeschlüsse, die sich gegen die Geltendmachung des Rückforderungsanspruches gesetzwidrig geleisteter Zahlungen richten, sind nichtig.
Eine gesellschaftsvertragliche Klausel, die den Abfindungsanspruch eines Gesellschafters im Wesentlichen nur für den Fall seines durch Konkurseröffnung bedingten Ausscheidens, nicht aber in einem vergleichbaren Fall auf weniger als den Verkehrswert beschränkt, ist sittenwidrig.
Die Kündigung der Gesellschaft durch den Gesellschafter ist kein in diesem Sinne „vergleichbarer“ Fall.
Die Befriedigung der Gläubiger des insolventen Gesellschafters geht den Interessen der Gesellschaft vor. Die Gläubiger des Gesellschafters sollen jedenfalls den Schätzwert des Anteils erhalten.
Ob Aufgriffsrechte für den Fall der Insolvenz eines Gesellschafters überhaupt vereinbart werden können oder ob einer solchen Regelung in der Satzung § 26 Abs 3 IO entgegensteht, bleibt offen.
S. 172 - 174, Firmenbuch-Praxis
Bestellung eines GmbH-Geschäftsführers mittels beglaubigten Gesellschafterbeschlusses
Der Anmeldung der Geschäftsführerbestellung ist der Nachweis der Bestellung in beglaubigter Form beizufügen (§ 17 Abs 1 S 2 GmbHG). In der Firmenbuchpraxis stellt sich die Frage, ob in diesem Fall die Schriftlichkeit einer Stimmrechtsvollmacht ausreicht (§ 39 Abs 3 GmbHG), oder ob in diesem Fall auch die beglaubigte Unterfertigung der Stimmrechtsvollmacht notwendig ist. Die Geschäftsführer müssen auch ohne die Beteiligung eines Prokuristen vertreten können.
S. 175 - 180, Angrenzendes Steuerrecht
§ 2 Abs 4a EStG: Einkünftezurechnung bei „zwischengeschalteten“ Kapitalgesellschaften nach dem AbgÄG 2015
Mit dem AbgÄG 2015 wurde die bisher höchst umstrittene Verwaltungspraxis zur Einkünftezurechnung bei „zwischengeschalteten“ Kapitalgesellschaften (EStR 2000 Rz 104) weitgehend ausdrücklich im EStG verankert. Ausweislich der Gesetzesmaterialien sollten damit Unsicherheiten in Folge der jüngeren (offenbar zuwiderlaufenden) Rechtsprechung beseitigt werden.
S. 181 - 190, Angrenzendes Steuerrecht
Zur Abzugsfähigkeit von Teilwertabschreibungen im Körperschaftsteuerrecht
Gemäß § 9 Abs 7 Satz 1 KStG sind Teilwertabschreibungen bei Beteiligungen an Gruppenmitgliedern „nicht abzugsfähig“. Nach hA soll eine Wertminderung daher zwar gemäß § 6 Z 2 lit a EStG zum Ansatz des niedrigeren Teilwerts führen. Die Teilwertabschreibung wirke sich steuerlich aber nicht gewinnmindernd aus. Entgegen dieser Rechtsauffassung hat der VwGH kürzlich die Überlegung in den Raum gestellt, „ob § 9 Abs. 7 erster Satz KStG 1988 nicht auch dahin-gehend zu interpretieren ist, dass – aus steuerlicher Sicht – der Ansatz des niedrigeren Teilwertes ausgeschlossen ist“. Welche Argumente für und gegen ein solches Verständnis sprechen, ob es sich allenfalls auch auf andere Bestimmungen übertragen lässt und welche praktischen Folgen damit verbunden sind, ist Gegenstand dieses Beitrags.
S. 191 - 193, Angrenzendes Steuerrecht
Keine rückbezogene Einlagebewertung bei zusammenschlussbedingter Übertragung von nicht begünstigtem Vermögen
Beim UmgrStG handelt es sich um ein Sondersteuergesetz, das zum allgemeinen Ertragsteuerrecht hinzutritt und nicht alles eigenständig regelt. Das Ertragsteuerrecht ist im Allgemeinen rückwirkungsfeindlich. Soweit das UmgrStG Rückwirkungsfiktionen enthält, sind diese als Ausnahmebestimmungen eng auszulegen.
Das UmgrStG enthält keine gesetzliche Anordnung für den maßgeblichen Bewertungszeitpunkt von nicht begünstigtem Vermögen iSd § 23 Abs 2 UmgrStG. Damit kommt das allgemeine Ertragsteuerrecht zum Tragen. Nach der Grundregel in § 6 Z 5 EStG sind eingelegte Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert anzusetzen, und zwar mit dem Teilwert im Zeitpunkt der (tatsächlichen) Zuführung zum Betriebsvermögen.
S. 194 - 198, Angrenzendes Steuerrecht
Zum Spannungsfeld zwischen § 9 Abs 7 Satz 1 und § 12 Abs 3 Z 3 KStG bei der Veräußerungsverlustverwertung in Unternehmensgruppen
Wenn § 12 Abs 3 Z 3 KStG verhindert, dass der Wertverlust an der Zuschuss empfangenden Gesellschaft in das Gruppenergebnis Eingang findet, steht § 9 Abs 7 Satz 1 KStG in systematischer Interpretation der steuerlichen Berücksichtigung des Wertverlustes ihrer Beteiligung bei der zuschussgewährenden Obergesellschaft nicht zur Gänze entgegen. In einem solchen Fall kann der zuschussgewährende Gruppenträger (Großmuttergesellschaft) die Wertminderung seiner Beteiligung an der gruppenzugehörigen Untergesellschaft (Mutter) insoweit steuerlich geltend machen, als der Nachweis erbracht wird, dass diese Wertminderung aus dem Umstand resultiert, dass jene Gesellschaftsanteile, welche die gruppenzugehörige Untergesellschaft (Mutter) ihrerseits an der nicht gruppenzugehörigen Zielgesellschaft hält, eine Wertminderung erfahren haben. Dabei muss die Wertminderung jenen Teil der von der Untergesellschaft (Mutter) aktivierten Anschaffungskosten betreffen, der im durchgeleiteten (Großmutter)Zuschuss besteht.
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