Seit über 30 Jahren vertritt der sechste Senat in stRsp die Sichtweise, dass vor der gerichtlichen Abberufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers eine Beschlussfassung in der Generalversammlung nicht erforderlich ist. In einer rezenten Entscheidung kommt der erste Senat zu dem auf den ersten Blick gegenteiligen Ergebnis, dass die Gesellschafter bei der Abberufung des Fremdgeschäftsführers einzubinden sind. Der vorliegende Beitrag geht der Frage nach, ob im Lichte dieser Entscheidung für eine Differenzierung zwischen Gesellschafter-Geschäftsführer und Fremdgeschäftsführer im Vorfeld der gerichtlichen Abberufung noch Raum bleibt, oder ob auch die Rechtsprechung zur Einbindung der Generalversammlung vor der gerichtlichen Abberufung von Gesellschafter-Geschäftsführern (erneut) zu überdenken ist.
- ISSN Online: 2309-7450
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Inhalt der Ausgabe
S. 284 - 289, Aufsatz
Neues zur gerichtlichen Abberufung von Geschäftsführern und zur Generalversammlung – Überlegungen aus Anlass von OGH 1 Ob 15/21v
Wer als Dritter einen Gesellschafter arglistig zum Verkauf seines Geschäftsanteils an einen „Scheinkäufer“ verleitet, der in Wahrheit nur als verdeckter Treuhänder für den Dritten (und andere) auftritt, ist dem Verkäufer schadenersatzpflichtig, wenn der Gesellschafter bei Kenntnis des wahren Sachverhaltes seinen Geschäftsanteil nicht an den Dritten (und andere) veräußert hätte.
In einem solchen Fall ist auch der weitere Schaden, der durch einen zu niedrigen Kaufpreis aufgrund eines eingeholten, jedoch unrichtigen Bewertungsgutachtens, das der Kaufpreisermittlung zugrunde gelegt wurde, entsteht, adäquat verursacht. Der Schaden ist nach der Differenzmethode zu berechnen.
Bei der Übertragung eines GmbH-Anteils ist zwischen dem schuldrechtlichen Verpflichtungs- und dem Verfügungsgeschäft zu differenzieren.
Kollisionsrechtlich ist das Verpflichtungsgeschäft dem Vertragsstatut unterworfen. Das Verfügungsgeschäft, also die Frage, unter welchen Voraussetzungen es zum dinglichen Rechtsübergang an verkauften Geschäftsanteilen kommt, unterliegt dem Personalstatut der juristischen Person (deren Anteile übertragen werden).
S. 297 - 297, Judikatur
Gesellschafterbeschlüsse: Nur im Firmenbuch eingetragene Gesellschafter stimmberechtigt
Zur Stimmabgabe zugelassen sind nur Gesellschafter, die im Firmenbuch eingetragen sind.
Eine am Tag der Beschlussfassung erfolgte Abtretung reicht für sich allein nicht aus, um eine aus der Gesellschafterstellung abgeleitete Stimmberechtigung zu bewirken.
Auch bei einer offenen Treuhand kann nur der Treuhänder und nicht der Treugeber das Stimmrecht ausüben.
Ein Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr wirkt gegenüber Dritten, die nicht Gesellschafter sind
bei Kollusion, aber auch
in jenen Fällen, in denen der Gesellschafter bewusst zum Nachteil der Gesellschaft handelt und der Dritte davon gewusst hat oder sich der Missbrauch ihm gerade aufdrängen musste.
Das Prozessvorbringen der Gesellschaft bloß dahingehend, dass eine unzulässige Einlagenrückgewähr vorliegt, reicht daher nicht aus, um eine Rückgabepflicht des Dritten bzw. ein Leistungsverweigerungsrecht diesem gegenüber schlüssig zu begründen.
Bei der Verschmelzung zweier Genossenschaften durch Aufnahme geht ein der übertragenen Genossenschaft eingeräumtes Vorkaufsrecht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die übernehmende Genossenschaft über.
Der Revisionsverband haftet als Ausfallsbürge für Ersatzansprüche gegen einen Revisor aus der Revision, der Abschlussprüfung und der Bankprüfung.
Darüber hinaus haftet der Revisionsverband auch direkt aus der Verletzung ihn selbst treffender Pflichten, etwa der Verletzung der Sorgfalt bei der Auswahl des Revisors.
Die Tätigkeit des Revisionsverbandes ist keine hoheitliche. Erfolgt daher die Revisorenbestellung durch eine einem Revisionsverband gleichgestellte Einrichtung (hier: eine Landesregierung), scheidet die Amtshaftung für diese Einrichtung aus.
S. 306 - 308, Firmenbuch-Praxis
Gesellschafteränderung bei strittigem Anteilserwerb
Eine GmbH ist grundsätzlich durch § 78 Abs 1 GmbHG ausreichend geschützt, sodass diese in der Regel kein rechtliches Interesse an einer Feststellung hat, ob eine bestimmte Person ihr Gesellschafter ist oder nicht. Nur in Ausnahmefällen kann der Gesellschaft ein rechtliches Interesse zukommen. Bei einem Streit um die Gesellschafterstellung, der schon zu einer Lähmung der Gesellschaft geführt hat, dass ein Notgeschäftsführer bestellt wurde, liegt eine solche Ausnahme vor (OGH 28.02.2018, 6 Ob 167/17b; RIS-Justiz RS0131956 [T1]).
S. 309 - 319, Angrenzendes Steuerrecht
Zur Ausschüttungssperre des § 235 Abs 1 UGB bei Zwischengesellschaften von Umgründungen
Im Zuge von Umgründungen im Konzern kommt es zu mittelbaren Vermögensübertragungen, die auch bei den jeweiligen Zwischengesellschaften bilanziell zu erfassen sind. Die Frage der Bewertung dieser Umgründungen auf Ebene der Zwischengesellschaften im Rahmen des § 202 UGB sind weitgehend ungeklärt. Unabhängig davon stellt sich die Frage auf welche Weise die Ausschüttungssperren des § 235 Abs 1 UGB auch auf Ebene dieser Zwischengesellschaften zu berücksichtigen sind.
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