Die Generalversammlung ist das oberste Organ der GmbH. Die Klageerhebung der Gesellschaft gegen ein Organmitglied stellt eine bedeutsame und heikle Lage dar. Die Gesellschaft tritt mit ihren internen Schwierigkeiten an die Öffentlichkeit. Der Gedanke, dass die Entscheidung darüber, ob dieser Schritt zu setzen oder zu unterlassen ist, dem obersten Organ, also der Generalversammlung, vorbehalten sein muss, scheint plausibel. Die Rechtsverfolgung gegen Geschäftsführer und Mitglieder des Aufsichtsrats bedarf nach § 35 Abs 1 Z 6 GmbHG eines Gesellschafterbeschlusses. Von Ansprüchen gegen Gesellschafter ist – jedenfalls in dieser Norm – nicht die Rede. Bei Klagen auf Rückzahlung von Vermögensauskehrungen und bei Klagen auf Abberufung des Geschäftsführers hält der OGH die Befassung der Generalversammlung für verzichtbar. Der nachstehende Beitrag bietet einen kritischen Überblick.
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- ISSN Online: 2309-7450
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S. 227 - 234, Aufsatz
Sonderrechte hinsichtlich der Bestellung von Geschäftsführern
Es kommt in der Praxis nicht selten vor, dass im Gesellschaftsvertrag der GmbH einzelnen Gesellschaftern Rechte hinsichtlich der Bestellung von Geschäftsführern eingeräumt werden, sei es, dass sie selbst Recht auf diese Position haben oder dass sie die Person bestimmen können sollen. Die Zulässigkeit solcher Rechte ist fraglich, seitdem der OGH einen gesellschaftsvertraglichen Kompetenztransfer an den Aufsichtsrat als unzulässig ansieht, weil die Kompetenz der Generalversammlung zur Bestellung der Geschäftsführer zwingend sei. Auch hat der OGH jüngst wieder Beschlüsse, die in Sonderrechte ohne Zustimmung des Sonderrechtsinhabers eingreifen, (nur) als anfechtbar und nicht als schwebend unwirksam angesehen, was erst jüngst in der Literatur von einer Seite kritisiert, von andere Seite aber auch bestätigt wurde. Das ist Anlass genug, diese Fragen zu diskutieren, und dabei auch auf eine Kritik in einem jüngst in dieser Zeitschrift erschienen Aufsatz einzugehen, eine unter anderen von mir im Zusammenhang mit Entsendungsrechten vertretene Position sei nicht begründet.
Ein gesellschaftsvertragliches Aufgriffsrecht bei Insolvenz oder Exekution eines Gesellschafters kann eine Beschränkung des Abtretungspreises vorsehen.
Diese Abfindungsbeschränkung ist jedoch nur zulässig, wenn sie für jede Konstellation des freiwilligen und des unfreiwilligen Ausscheidens vereinbart wird.
Die Abfindungsbeschränkung muss dabei auch für jeden Fall des freiwilligen Anteilsverkaufs gesellschaftsvertraglich vereinbart sein.
Ein aufgrund eines Entsendungsrechts bestellter Geschäftsführer hat nicht automatisch Einzelvertretungsbefugnis.
Ein Gesellschafterbeschluss über die Abberufung eines Geschäftsführers ohne die Zustimmung eines gemäß § 50 Abs 4 GmbHG entsendungsberechtigten Gesellschafters ist sofort wirksam. Der Beschluss ist lediglich anfechtbar.
S. 239 - 242, Judikatur
Auslegung des Gesellschaftsvertrages einer Personengesellschaft – Abfindung ausscheidender Gesellschafter
Gesellschaftsverträge von Personengesellschaften sind grundsätzlich nach § 914 ABGB subjektiv auszulegen.
Eine objektive Auslegung erfolgt jedoch
nach einem Wechsel im Mitgliederbestand der Gesellschaft, um die Neugesellschafter zu schützen, die auf eine schriftlich festgelegte Gesellschaftsstruktur vertraut hatten;
bei Publikumsgesellschaften;
auch bei einer (sonstigen) außerordentlichen großen Anzahl von Gesellschaftern, wenn keine Feststellungen über allen Gesellschaftern gemeinsame Vorstellungen oder Absichten getroffen werden können.
Für die Berechnung der Abfindung eines ausscheidenden Gesellschafters sind die wahren Werte, nicht die Buchwerte heranzuziehen. Bei einem lebensfähigen Unternehmen ist vom Wert des lebenden Unternehmens, nicht hingegen vom Zerschlagungswert auszugehen.
S. 243 - 244, Judikatur
Unvorhersehbare oder unabwendbare Hindernisse an der Offenlegung des Jahresabschlusses
Folgende Fälle bilden für sich allein noch kein unvorhersehbares oder unabwendbares Hindernis an der Offenlegung des Jahresabschlusses:
ausstehende Abklärung vertraglicher Aspekte
Unsicherheit bei einzelnen Bilanzpositionen
interne Unstimmigkeiten zwischen den Geschäftsführern
fehlender Feststellungsbeschluss
Betriebsprüfung
Erkrankung/Alter des Geschäftsführers
Fehlen von Steuerformularen
Beschlagnahme von Unterlagen in einem Strafverfahren
Unauffindbarkeit von Buchhaltungsunterlagen
In allen Fällen muss der Geschäftsführer vielmehr nachweislich alles unternommen haben, um die rechtzeitige Offenlegung zu gewährleisten.
Die in das Firmenbuch einzutragende Anschrift eines Gesellschafters richtet sich nach den Kriterien des Zustellgesetzes.
Auf die im Zentralen Melderegister aufscheinenden Daten eines Gesellschafters kommt es daher nicht maßgeblich an.
Der Einwand der rechtsmissbräuchlichen Ausübung des Bucheinsichtsrechts bedarf konkreter Behauptungen
zur Gefährdung (des Unternehmens) und
zur Relevanz der strittigen Geschäftsunterlagen.
Ob die Gesellschaft eine Vertraulichkeitserklärung verlangen kann, bleibt offen. Eine verschuldensunabhängige Haftung mit Mindestvertragsstrafe wäre jedenfalls überschließend.
Die Überprüfung der Angemessenheit der Barabfindung erfolgt im Außerstreitverfahren; die individuelle Durchsetzung im streitigen Verfahren.
Das Gericht hat die Unternehmensbewertung bzw. die Angemessenheit der Barabfindung lediglich einer Plausibilitätskontrolle zu unterziehen.
Die Barabfindung ist zwei Monate nach dem Tag fällig, an dem die Eintragung des Ausschusses gemäß § 10 UGB als bekannt gemacht gilt.
Die Barabfindung ist ab dem der Beschlussfassung durch die Generalversammlung folgenden Tag bis zur Fälligkeit mit 2% über dem Basiszinssatz pa zu verzinsen. Ein Ausspruch über diese Zinsen im Überprüfungsverfahren ist nicht erforderlich.
Nach Fälligkeit kommt einheitlich der Verzugszinssatz des § 1000 Abs 1 ABGB zur Anwendung.
Die Verjährungsfrist für die aus der baren Zuzahlung geschuldete Verzinsung sowie für Verzugszinsen beginnt erst mit Rechtskraft der Entscheidung im Überprüfungsverfahren zu laufen.
S. 250 - 252, Firmenbuch-Praxis
Gesellschafteränderung nach exekutivem Verkauf des Geschäftsanteils an den Aufgriffsberechtigten
Am 1. Juli 2021 ist das Bundesgesetz, Gesamtreform des Exekutionsrechts – GREx, BGBl I 2021/86 in Kraft getreten (§ 502 Abs 1 leg cit). Diese Reform hat auch Auswirkungen auf die Pfändungen und Verwertungen von Geschäftsanteilen einer GmbH. Das folgende Muster behandelt den exekutiven Verkauf an einen laut Gesellschaftsvertrag aufgriffsberechtigten Gesellschafter.
Zivilgerichtliche Verfahren können für die Verfahrensparteien mit hohen Kostenbelastungen verbunden sein. Von entsprechender praktischer Relevanz ist daher die Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe von bilanzierenden Unternehmern Rückstellungen für zu erwartende Prozesskosten zu bilden sind. Unter Prozesskosten sind im gegenständlichen Kontext jegliche Aufwendungen zu verstehen, die im Zusammenhang mit zivilgerichtlichen Verfahren stehen, wie insbesondere Gerichtsgebühren, Rechtsanwaltshonorare, Kosten der Beweisaufnahme (zB Gebühren für Sachverständigengutachten) sowie potenzielle Kostenersatzansprüche der Gegenpartei aufgrund zivilprozessualer Kostentragungsregeln (insbesondere nach den §§ 41 und 43 ZPO bzw § 78 AußStrG). Vom gegenständlichen Prozesskostenbegriff nicht umfasst ist hingegen der verfahrensgegenständliche Anspruch selbst (der beispielsweise auf Kaufpreiszahlung oder Schadenersatz lauten kann).
S. 257 - 264, Angrenzendes Steuerrecht
Besteuerung von Geschäftsführern einer österreichischen GmbH nach dem DBA Russland
Art 15 Abs 1 DBA Russland ordnet dem Ansässigkeitsstaat das ausschließliche Besteuerungsrecht von Vergütungen für unselbständige Arbeit zu. Diese Zuordnung des Besteuerungsrechts wird jedoch durchbrochen, wenn die unselbständige Tätigkeit im anderen Staat „ausgeübt“ wird, wobei Art 15 Abs 2 DBA Russland Ausnahmen für diese Durchbrechung vorsieht. So verbleibt gem Art 15 Abs 2 DBA Russland das Besteuerungsrecht beim Ansässigkeitsstaat, wenn (neben anderen Voraussetzungen) der Empfänger der Einkünfte sich im anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten aufhält (183-Tage-Regel).
Auch bei Geschäftsführern einer Kapitalgesellschaft ist hinsichtlich des Tätigkeitsorts auf den Ort ihrer tatsächlichen physischen Arbeitsausübung abzustellen, der nicht zwingend mit dem Sitz der Kapitalgesellschaft übereinstimmen muss. Auch bei Anwendung des Art 15 Abs 1 DBA Russland ist für die Frage, welchem Staat das DBA das Besteuerungsrecht belässt, hinsichtlich der Bezüge von organschaftlichen Vertretern einer Kapitalgesellschaft nicht auf den Sitz der Kapitalgesellschaft abzustellen. Art 15 DBA Russland stellt – abgesehen von der Ansässigkeit – nur darauf ab, in welchem Staat die Tätigkeit physisch ausgeübt wird. In Bezug auf die Ausnahme des Art 15 Abs 2 DBA Russland kommt es ua entscheidend darauf an, ob sich der Empfänger der Bezüge innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten länger als 183 Tage nicht im Ansässigkeitsstaat gelegenen Tätigkeitsort aufgehalten hat.
Sollte das Besteuerungsrecht an den unbeschränkt steuerpflichtigen Geschäftsführern der österreichischen GmbH Österreich durch das DBA Russland entzogen sein, käme eine auf § 82 EStG gestützte Haftung der GmbH für die – in diesem Fall nicht bestehende – Einkommensteuerschuld ihrer Geschäftsführer nicht in Betracht. Die GmbH hätte das Doppelbesteuerungsabkommen bei der Auszahlung unmittelbar anwenden können und wäre insbesondere nicht verpflichtet gewesen, die Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen. Die in der DBA-Entlastungsverordnung vorgesehene Vorgangsweise greift nur bei Empfängern von Einkünften, die im Ausland ansässig sind, wovon das BFG im angefochtenen Erkenntnis nicht ausgegangen ist.
Im fortzusetzenden Verfahren wird das BFG auch zu prüfen haben, ob dem russischen Text des Art 16 DBA Russland das gleiche Verständnis beizulegen ist wie dem deutschen Text dieses Artikels („Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsvergütungen“). Im Falle von entsprechenden Unterschieden wäre im Hinblick auf die angeführte Schlussklausel entscheidend auf den englischen Text des Art 16 abzustellen.
S. 265 - 269, Angrenzendes Steuerrecht
Weiterlaufen der FW-Afa für bis zum 28.2.2014 erworbene EU-Auslandsbeteiligungen in Perioden 2014 ff
Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts (BFG) betrifft die Fortführung der Firmenwertabschreibung (FW-Afa) für bis zum 28.2.2014 erworbene EU-Auslandsbeteiligungen in den Perioden 2014 ff. Das BFG hat die FW-Afa im vorliegenden Fall entgegen der Verwaltungspraxis auch bei bloß abstrakter Kaufpreisrelevanz der FW-Afa gewährt.
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