Der Beitrag analysiert zunächst die mögliche zivilrechtliche Ausgestaltung der Verwaltung von Finanzinstrumenten auf Einzelkundenbasis und deren strittige aufsichtsrechtliche Einordnung. Daran anschließend beleuchtet der Beitrag die bis dato in Österreich noch wenig untersuchten kapitalmarktrechtlichen Verhaltensregeln, die ein Vermögensverwalter spezifisch bei Durchführung der Geschäfte zu berücksichtigen hat (Insiderrecht, Managers’ Transactions und Beteiligungsmeldungen). Aktuelle Fragen stellen sich für Vermögensverwalter aufgrund der neu eingeführten Transparenzpflichten durch die Umsetzung der Aktionärsrechte- RL II in das BörseG 2018.
Heft 6, Juni 2021, Band 69
40,00 €
inkl MwSt
Inhalt der Ausgabe
S. 382 - 393, Abhandlung
Kapitalmarktrechtliche Fragen der Vermögensverwaltung
S. 394 - 401, Abhandlung
Genussscheine bei Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages
Das Schicksal von Genussscheinen einer emittierenden Aktiengesellschaft, die durch Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages zu einer abführenden Gesellschaft wird, ist bisher in der Literatur zwar vereinzelt als unklar beschrieben, jedoch kaum näher untersucht worden. Der vorliegende Beitrag bemüht sich um eine Einordnung und geht der Frage nach, welche Schutzinstrumente Genussscheininhabern bei Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages durch die Emittentin zur Verfügung stehen.
S. 402 - 405, Berichte und Analysen
Kapitalmarktunion und Analytical Credit Datasets (AnaCredit)
Kleinst-, kleinen und mittleren Unternehmen kommt eine besondere Bedeutung für die Wirtschaft in der Europäischen Union zu. Zur Förderung dieses Unternehmersegments sehen es die Europäische Union und die Europäische Zentralbank mit als ihre Aufgabe, optimale Finanzierungsbedingungen für deren Wachstum und Innovation zu schaffen.
Eine weitere Priorität ist die Ausweitung der Beteiligung von Privatanlagern an den europäischen Kapitalmärkten. Die europäischen Sparpools und privaten Investitionsressourcen sollen dorthin gelenkt werden, wo diese am dringendsten benötigt werden.
Im Rahmen der Kapitalmarktunion (CMU) empfiehlt die Europäische Kommission die Schaffung eines EU-weiten „single access point“, um einen zentralen Zugang zu den Unternehmensangaben zu erhalten. Diese sind oft nur lückenhaft und nicht vollständig vergleichbar verfügbar.
Die Europäische Zentralbank schuf zusammen mit den nationalen Zentralbanken des Euroraums und einigen Zentralbanken aus Ländern, die nicht zum Euroraum gehören, eine Datenbank mit detaillierten Kreditinformationen von Banken im Euroraum. Diese "analytischen Kreditdatensätze" (Analytical Credit Datasets, oder kurz AnaCredit) unterstützen die Zentralbanken bei der Ausübung zahlreicher Funktionen, etwa bei geldpolitischen Entscheidungen oder der makroprudenziellen Aufsicht.
Vision: Beim Vorbringen eines Finanzierungswunsches über den „single access point“ könnte durch direkte Verlinkung zu einer Börseneinheit die Einholung von Finanzierungsangeboten erfolgen, bei gleichzeitiger Prüfung der Kreditwürdigkeit des Unternehmens unter Einbeziehung der AnaCredit-Daten. Unternehmen in der EU sollen dadurch in jeder Phase ihrer Entwicklungsstufe Zugang zu diversifizierten Finanzierungsquellen bekommen. Eine Branchen-Vergleichsrechnung liefert für den Unternehmer anonymisiert wertvolle Produktivitätskennzahlen von europäischen Mitbewerbern.
Wirkung: Das ESCB sieht eine gute Datenbasis, die AnaCredit bietet, als eine Voraussetzung für gute Entscheidungen. Gute Entscheidungen können nur in voller Kenntnis der Sachlage getroffen werden. Die bei der kürzlichen CEPS-Diskussion aufgezeigten Störungen („Die besten Regeln und Vorgaben für Unternehmensanleihen helfen nichts, wenn keine Emittenten, Investoren und Börsenmakler vorhanden sind“ ) ließen sich damit abbauen.
S. 406 - 410, Berichte und Analysen
Pensionskassen und Betriebliche Vorsorgekassen in Österreich
Mit Ende 2020 verwalten acht Pensionskassen bereits ein Vermögen von knapp 25 Mrd. Euro für mittlerweile über 995.000 Personen. Damit sind die Pensionskassen der größte private Pensionszahler Österreichs. Im Jahr Corona 2020 erwirtschafteten die Pensionskassen ein Veranlagungs-Ergebnis von plus 2,49 Prozent. Das für die Pensionskassen-Kunden besonders wichtige langjährige durchschnittliche Jahresergebnis über 30 Jahre liegt inklusive dem Jahr 2020 bei plus 5,3 Prozent pro Jahr.
Kurzfristige Schwankungen auf den Finanz- und Kapitalmärkten kommen vor, sie haben aber für den Aufbau einer Pension über Jahrzehnte keine relevante Bedeutung. Selbst in den letzten zehn Jahren der nach wie vor anhaltenden Null-Zins-Phase, die eine klassische Veranlagungsstrategie erschwert, erwirtschafteten die Pensionskassen eine durchschnittliche Wertsteigerung von plus 4,01 Prozent - und das jedes Jahr.
S. 411 - 412, Berichte und Analysen
Was ist eigentlich … Real-Time Marketing?
S. 413 - 417, Rechtsprechung des OGH
Zur Berechnung der Verlustbeteiligung bei Ergänzungskapitalanleihen
§§ 23, 45, 103l BWG; § 231 UGB. Gesellschafterzuschüsse sind bei der Berechnung des während der Laufzeit von altem Ergänzungskapital nach § 23 Abs 7 BWG (idF von BGBl I 2009/152) eingetretenen Nettoverlusts nicht verlustmindernd zu berücksichtigen. Einer institutionellen Anlegerin, die wusste, dass die bestehende Ausfallshaftung eines Bundeslandes nur im Fall der Insolvenz schlagend geworden wäre, musste klar sein, dass sie nach den Anleihebedingungen (entsprechend § 23 Abs 7 Z 3 BWG aF) an einem wirtschaftlichen Misserfolg der emittierenden Bank, der nicht zur Insolvenz führt, teilnimmt.
S. 417 - 422, Rechtsprechung des OGH
Zum Ersatzanspruch des Leasingnehmers
§§ 354, 372, 921 ABGB; § 41 IO; § 26 KHVG. Wer für die Beschädigung einer geleasten oder gemieteten Sache haftet, die in einem Unternehmen genutzt wurde, hat auch den durch die Beschädigung verursachten Verdienstentgang des Unternehmens zu ersetzen. Das gilt auch dann, wenn die Nutzung aufgrund eines Unterbestandverhältnisses erfolgte. Der allfällige Wegfall der Verpflichtung zur Zahlung von Mietzins oder Leasingentgelt ist als Vorteil anzurechnen.
S. 422 - 424, Rechtsprechung des OGH
Up-Stream-Verschmelzung von Gesellschaften mit negativem Verkehrswert zulässig
§§ 226, 227, 228 AktG; § 5 UmwG; §§ 66, 67 IO. Eine up-stream-Verschmelzung ist auch dann zulässig, wenn das Vermögen der übertragenden Tochtergesellschaft negativ ist, sofern die Muttergesellschaft nach der Verschmelzung die (fälligen) Verbindlichkeiten sämtlicher Gläubiger (sowohl der übertragenden als auch der übernehmenden Gesellschaft) bedienen kann und durch die Übernahme des negativen Vermögens nicht selbst insolvenzreif wird.
S. 424 - 425, Rechtsprechung des OGH
Zur Verjährung von Ersatzansprüchen aus einer Garantie
§§ 1489, 880a ABGB; § 124a IO. Auf Ansprüche aus einer Garantie ist die Bestimmung des § 1489 ABGB anzuwenden.
S. 425 - 427, Rechtsprechung des OGH
Keine Pflicht zur Einsichtnahme in die Insolvenzdatei für Nichtunternehmer
§ 3 IO. Eine Verpflichtung für Nichtunternehmer zur regelmäßigen Kontrolle ihrer Vertragspartner auf deren mögliche Insolvenz vor einer Zahlung ist grundsätzlich abzulehnen. Eine Sorgfaltspflichtverletzung kann vielmehr nur angenommen werden, wenn im Einzelfall konkrete Umstände hinzutreten, die auch für einen Nichtunternehmer die Annahme der Insolvenz des Vertragspartners nahelegen, und wenn dessen ungeachtet zumutbare Nachforschungen unterlassen werden.
S. 427 - 428, Rechtsprechung des OGH
Zur Anwendbarkeit des FernFinG bei persönlichem Kontakt mit Makler
§§ 1, 3, 8 FernFinG; § 27 MaklerG. Da durch das persönliche Gespräch und die fachmännische Beratung des eigenen Vertragspflichten unterworfenen Versicherungsmaklers das angestrebte Verbraucherschutzniveau gewährleistet ist, besteht kein Rücktrittsrecht nach § 8 FernFinG, wenn zwischen dem Verbraucher und dem Versicherer kein persönlicher Kontakt besteht.
S. 428 - 429, Rechtsprechung des OGH
Zur Verjährung bei fehlerhafter Finanzierungsberatung
§§ 1293, 1295, 1298, 1438, 1439, 1489 ABGB. Für die Verjährung von Ansprüchen aus Beratungsfehlern bei Veranlagungs- und/oder Finanzierungskonzepten, die eine Kombination von FX-Krediten mit Tilgungsträgern vorsehen, ist entscheidend, zu welchem Zeitpunkt der Geschädigte erkennt, dass das Gesamtkonzept entgegen den Zusicherungen nicht oder nicht im zugesagten Ausmaß risikolos ist. Die spezifischen Gefahren, die diese Risikoträchtigkeit bedingen (Wechselkurs, Zinsentwicklung, Entwicklung des Tilgungsträgers), stehen nach der Interessenlage des durchschnittlichen Kunden in einem derart engen Zusammenhang, dass die unterbliebene oder fehlerhafte Aufklärung über einzelne Teilaspekte verjährungsrechtlich jeweils als unselbständiger Bestandteil eines einheitlichen Beratungsfehlers zu qualifizieren ist.
Damit eine Aufrechnung statthaft ist, muss die Schadenersatzforderung des Kunden vor Eintritt ihrer Verjährung der Darlehensforderung der Beklagten fällig gegenübergestanden sein. Schadenersatzforderungen werden erst dann fällig, wenn sie der Geschädigte zahlenmäßig bestimmt einmahnt.
S. 429 - 431, Rechtsprechung des OGH
Zur Verständigung von Anlegern durch Entschädigungseinrichtungen
§§ 75, 76 WAG 2007. Gemäß Art 9 Abs 1 Anlegerentschädigungs-RL muss ein Entschädigungssystem „geeignete Maßnahmen“ umfassen, um Anleger über Insolvenzeröffnungen zu unterrichten. Keine vom OGH aufzugreifende Fehlbeurteilung ist die Ansicht, die Veröffentlichung der Konkurseröffnung in der Ediktsdatei und Einschaltungen auf der Homepage der Entschädigungseinrichtungen seien „geeignete Maßnahmen“. Eine Pflicht zur individuellen Verständigung der Anleger ist weder in der RL noch im österreichischen Recht festgelegt.
S. 431 - 433, Rechtsprechung des VwGH
VwGH verneint bei mehreren Auslegungsfragen des BaSAG das Vorliegen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung
§ 86 Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (BaSAG); § 117 Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (BaSAG); Art 133 Abs 4 B-VG; Art 1 RL 2014/59/EU (BRRD).
Bei der Anwendung von Abwicklungsinstrumenten, -befugnissen und -mechanismen gehen die Bestimmungen des BaSAG gemäß dem klaren Wortlaut des § 117 entgegenstehenden gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen vor. Die Abwicklungsbehörde hat gesellschaftsrechtliche Vorschriften nur insoweit einzuhalten, als dies mit dem BaSAG vereinbar ist. Zur Beantwortung abstrakter Rechtsfragen ist der VwGH aufgrund von Revisionen gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zuständig.
Weitere Hefte aus dieser Zeitschrift