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OEBA

Heft 8, August 2016, Band 64

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Inhalt der Ausgabe

S. 551 - 561, Newsline

Franz Rudorfer

Newsline

S. 561 - 563, Neues in Kürze

Florian Studer

Aufsichtsrecht und Risikomanagement

S. 564 - 567, Abhandlung

Raphael Toman / Ernst Brandl

MiFID II und Telefonaufzeichnungen

Schon früh wurden im Zuge des Gesetzgebungsprozesses zur MiFID II Bedenken laut, ob die in der Richtlinie normierte Pflicht zum Aufzeichnen von Telefonaten durch Wertpapierfirmen aus datenschutzrechtlicher Perspektive zulässig ist. Die nunmehr von der Kommission erlassene delegierte Verordnung, mit der die Bestimmungen der MiFID II näher präzisiert werden, hat diese ursprünglich geäußerten Bedenken weiter bestärkt. Analysiert man nämlich die darin enthaltenen Normen näher, zeigt sich, dass diese den Vorschriften zur Vorratsdatenspeicherung erheblich ähneln. Es ist bekannt, dass diese vor dem EuGH kein gutes Ende gefunden haben.

S. 568 - 572, Abhandlung

Oliver Völkel

Unternehmensanleihen als notenbankfähige Sicherheiten

Die EZB hat im Juni 2016 den Beschluss gefasst, Anleihen von Unternehmen am Primär- und am Sekundärmarkt aufzukaufen. Neben diesem Beschluss hat die EZB mittlerweile technische Richtlinien sowie ein Q&A für das corporate sector purchase programme (CSPP) veröffentlicht. Ein wesentlicher Eckpunkt des CSPP ist die Beschränkung auf den Erwerb notenbankfähiger Sicherheiten. Ob eine Unternehmensanleihe als notenbankfähige Sicherheit gilt, richtet sich dabei nach der Leitlinie EZB/2014/60. Die EZB stellt jedoch noch weitere Anforderungen auf. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die allgemeinen Anforderungen an notenbankfähige Sicherheiten und geht konkret auf die ergänzenden Anforderungen der EZB beim Ankauf von Unternehmensanleihen ein.

S. 573 - 582, Berichte und Analysen

Rolf Majcen

UCITS-Richtlinie: „Sesam, öffne dich!“

Alternative Investment Funds (AIFs) können einen wertvollen Beitrag im UCITS-Portfolio darstellen. Doch das derzeitige UCITS-Regelwerk (UCITS = Undertaking for Collective Investments in Transferable Securities [Investmentfonds, Wertpapierfonds]) sieht keine Möglichkeit für diesbezügliche Investments vor. Wurde darauf vergessen? Jedenfalls ist es höchste Zeit, auch diese Asset-Klasse in das UCITS-Anlageuniversum aufzunehmen, jedoch mit Augenmaß: Schritt 1 sollte die Tür zu speziell normierten liquiden AIFs öffnen und durch ein „UCITS V.2“ umgesetzt werden.

S. 584 - 586, Berichte und Analysen

Michael Andreasch

Hohe Bedeutung der Haushalte für die Refinanzierung der monetären Finanzinstitute in Österreich

Die privaten Haushalte hatten zum Jahresende 2015 ein Finanzvermögen von rund 252 Mrd. EUR bei inländischen monetären Finanzinstituten (MFIs), wovon rund 220 Mrd. EUR auf Einlagen entfielen. Knapp die Hälfte davon war täglich fällig. Das Finanzvermögen bei Banken machte rund 42% des gesamten Geldvermögens der Haushalte (602 Mrd. EUR) aus. Gleichzeitig bedeutet dieses Volumen, dass gemäß den Daten der Gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsrechnung rund 31% der gesamten Verbindlichkeiten der MFIs (815 Mrd. EUR) gegenüber Haushalten bestanden. Die zwischen MFIs bestehenden innersektoralen Vermögenswerte machten zum gleichen Zeitpunkt rund 17%, jene gegenüber ausländischen Gläubigern rund 28% aus.

S. 587 - 590, Berichte und Analysen

Fritz Janda

Pensionskassen und Betriebliche Vorsorgekassen in Österreich im Jahr 2015

Die österreichischen Pensionskassen haben im Jahr 2015 ein Veranlagungsergebnis von durchschnittlich plus 2,36% für ihre Kunden erwirtschaftet und veranlagen 20,2 Mrd. Euro. Die betrieblichen Vorsorgekassen mit ihrer konservativeren Veranlagung haben ein Veranlagungsergebnis von 1,22% erreicht und verwalten 8,3 Mrd. Euro. Wesentliche Faktoren für das schwierige Veranlagungsumfeld im Jahr 2015 waren vor allem die Schuldenkrise in Griechenland, zudem wirkten sich der Ukraine-Konflikt mit der Folge wirtschaftlicher Sanktionen der EU gegen Russland, aber auch die sehr hohen und teilweise noch steigenden Staatsschulden der EU-Staaten aus. Einfluss hatten aber auch die Niedrigzinspolitik der EZB mit historisch niedrigen Leitzinsen und damit der „Ausfall“ der meisten Anleihen als klassische Veranlagungsform. Nicht zu vergessen sind dabei die massiven Schwankungen des Ölpreises im Gesamtjahr und der starke Verfall der Ölpreise im 4. Quartal 2015. Auch die erwarteten hohen Kosten der Flüchtlingskrise und die Kursstürze bei den Aktien in China und im gesamten asiatischen Raum hatten Auswirkungen.

S. 592 - 592, Berichte und Analysen

Claudia Klausegger / Ewald Judt

Was ist eigentlich … Gold?

S. 593 - 599, Rechtsprechung des OGH

Markus Kellner / Olaf Riss / Raimund Bollenberger

Neue Primeo-Judikatur: Klarstellungen zu Rechtswidrigkeitszusammenhang und Konkurrenz von allgemeinem Zivilrecht und KMG.

§§ 870, 874, 1295, 1300 ABGB; § 26 Inv-FG 1993; §§ 8, 11 KMG. Der Prospektkontrollor haftet nicht für inhaltliche Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospekts selbst, sondern (nur) für unrichtige oder unvollständige Kontrollen. Auch wenn unter bestimmten Umständen eine stichprobenartige Kontrolle bestimmter Geschäftsvorgänge im Einzelfall angezeigt sein mag, ist er keinesfalls zur laufenden Gebarungskontrolle, insb nach der Prospektgenehmigung, verpflichtet.

Enthalten Emissionsprospekte keine irreführenden Anlegerinformationen über die faktischen Verhältnisse, kann eine Haftung des Kontrollors nicht daraus abgeleitet werden, dass das richtig beschriebene Finanzprodukt angeblich gesetzwidrig sein soll.

Unabhängig davon, ob der Anleger Naturalrestitution oder den rechnerischen Schaden ersetzt begehrt, macht die bloße Beeinträchtigung der „Willensfreiheit“ des Anlegers noch nicht für jeden dadurch verursachten Nachteil haftbar.

Ein Schaden, der durch ein „Ponzi-Scheme“ eines Fondsmanagers entsteht, steht in keinem Rechtswidrigkeitszusammenhang mit den Vorwürfen, die Bank hätte überhöhte Gebühren verrechnet, davon gewusst, dass der Manager illegales „Frontrunning“ betreibe, und ein Klumpenrisiko im Fondsportfolio toleriert.

Die gesetzliche Beschränkung der Haftung des Prospektkontrollors nach § 11 Abs 1 Z 2a KMG auf grobes Verschulden hätte keinen Sinn, wenn in Konkurrenz dazu zugleich stets ein Schadenersatzanspruch des Anlegers nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo auch bei leichtem Verschulden bestünde.

S. 599 - 601, Rechtsprechung des OGH

Markus Kellner / Bernhard Koch / Raimund Bollenberger

Abruf einer Deckungsrücklassgarantie wegen Haftrücklass?

§§ 880a, 914, 1295 ABGB. Der Begünstigte kann eine zur Besicherung des Deckungsrücklasses gegebene Garantie nicht zur Besicherung des Haftrücklasses abrufen. Tut er das dennoch, so handelt er rechtsmissbräuchlich.

Dem Garanten steht bei rechtsmissbräuchlichem Abruf ein eigener Rückabwicklungsanspruch gegen den Begünstigten zu.

S. 601 - 603, Rechtsprechung des OGH

Markus Kellner / Raimund Bollenberger

EV-Antrag in Österreich, um Zwangsvollstreckung im Ausland zu stoppen?

Art 22, 31, 66 EuGVVO. „Verfahren, welche die Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen zum Gegenstand haben“ iSv Art 22 Nr 5 EuGVVO, sind all jene, die einen unmittelbaren Bezug zur Zwangsvollstreckung aufweisen.

Ungeschriebene Voraussetzung für die Anordnung einstweiliger Maßnahmen nach Art 31 EuGVVO ist, dass zwischen dem Gerichtsstand der beantragten Maßnahmen und der gebietsbezogenen Zuständigkeit des Mitgliedstaats des angerufenen Gerichts eine „reale Verknüpfung“ besteht.

S. 603 - 605, Rechtsprechung des OGH

Markus Kellner / Raimund Bollenberger

Zur Behauptungs- und Beweislast für den Rechtswidrigkeitszusammenhang beim Anlegerschaden.

§§ 1293, 1295 ABGB. Nach einem Verkauf der Wertpapiere sind für die Höhe des Anlegerschadens der dadurch erzielte Erlös und der Kurs der Alternativanlage maßgeblich. Wenn der Anleger den Schaden solcherart berechnet, hat er ihn schlüssig dargestellt. Das Marktgeschehen und Elemente der (hypothetischen) Marktentwicklung sind für den Anleger nicht, jedenfalls aber wesentlich schwieriger als für Marktteilnehmer mit Expertenwissen, zu durchschauen. Sich daraus ergebende Umstände, die für eine „Minderung“ des Schadens sprechen, sind daher vom Schädiger zu behaupten und zu beweisen.

S. 605 - 607, Rechtsprechung des OGH

Markus Kellner / Raimund Bollenberger

Zur Rechtsstellung der OeKB als Emittentin von Austrian Depositary Certificates.

§ 1313a ABGB; §§ 48a, 48d, 66a, 81a BörseG. Die OeKB ist für Austrian Depositary Certificates nicht Normadressat des § 48d Abs 1 BörseG, weil der Emittent der Aktien auch als Emittent der Aktienzertifikate zu qualifizieren ist.

S. 607 - 608, Rechtsprechung des OGH

Markus Kellner / Raimund Bollenberger

Weitere Judikatur zum Primeo-Fonds.

§§ 870, 874, 1295, 1300 ABGB; § 26 InvFG 1993; §§ 8, 11 KMG. Der Prospektkontrollor haftet nicht für inhaltliche Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Prospekts selbst, sondern (nur) für unrichtige oder unvollständige Kontrollen. Auch wenn unter bestimmten Umständen eine stichprobenartige Kontrolle bestimmter Geschäftsvorgänge des Fonds angezeigt sein mag, ist er keinesfalls zur laufenden Gebarungskontrolle, insb nach Prospektgenehmigung, verpflichtet.

Enthalten Emissionsprospekte keine irreführenden Anlegerinformationen über die faktischen Verhältnisse, kann eine Haftung des Kontrollors nicht daraus abgeleitet werden, dass das richtig beschriebene Finanzprodukt angeblich gesetzwidrig sein soll.

Unabhängig davon, ob der Anleger Naturalrestitution oder den rechnerischen Schaden ersetzt begehrt, macht die bloße Beeinträchtigung der „Willensfreiheit“ des Anlegers noch nicht für jeden dadurch verursachten Nachteil haftbar.

Ein Schaden, der entsteht, indem der Fondsmanager rechtswidrig auf das Anlagevermögen zugreift, steht in keinem Rechtswidrigkeitszusammenhang mit den Vorwürfen, die Bank hätte überhöhte Gebühren verrechnet, davon gewusst, dass der Manager illegales „Frontrunning“ betreibe, und ein Klumpenrisiko im Fondsportfolio toleriert.

S. 608 - 609, Rechtsprechung des OGH

Markus Kellner / Raimund Bollenberger

Zur Beweislast für Schadenersatzansprüche wegen Insolvenzverschleppung.

§§ 1293, 1295, 1296, 1298, 1311 ABGB; § 69 IO; §§ 226, 266 ZPO. Der durch Insolvenzverschleppung geschädigte Kläger hat den Nachweis der objektiven Verletzung des Schutzgesetzes zu erbringen, also dass der Schuldner zum relevanten Zeitpunkt mehr als 5% aller fälligen Schulden nicht zahlen konnte, und der Beklagte ist mit dem Gegenbeweis der bloßen Zahlungsstockung belastet.

Mehrere Exekutionen, auch eines Sozialversicherungsträgers, die Säumigkeit der Gesellschaft bei Offenlegung des Jahresabschlusses und auch die Uneinbringlichkeit fälliger Schulden bei späterem Zusammenbruch der Gesellschaft sind kein Primafacie-Nachweis der Zahlungsunfähigkeit.

S. 609 - 610, Rechtsprechung des OGH

Markus Kellner / Raimund Bollenberger

Haustürrücktrittsrecht bei Vertragsabschluss im Fernabsatz?

§ 5 ABGB; §§ 1, 3 KSchG. Eine teleologische Reduktion des Haustürrücktrittsrechts nach Maßgabe der konkreten Überrumpelungsgefahr kommt grundsätzlich nicht in Frage. Wenn überhaupt, kommt eine teleologische Reduktion der Verbraucherrechte nach dem KSchG nur bei Anwendung konkreter, aber zweifelhafter Einzelvorschriften auf atypische Situationen in Betracht.

Ein Haustürrücktrittsrecht kann auch bei Vertragsabschluss im Korrespondenzweg bestehen.

S. 610 - 611, Rechtsprechung des OGH

Markus Kellner / Raimund Bollenberger

Anlegerschaden: Auswirkung von Beschwichtigungen.

§§ 1293, 1295, 1304, 1489 ABGB; § 502 ZPO. Beschwichtigungsversuche können auf Tatsachenebene die Erkennbarkeit des Schadenseintritts und damit den Beginn der Verjährungsfrist hinausschieben oder rechtlich dazu führen, dass der Anleger dem Verjährungseinwand die Replik der Arglist entgegenhalten kann. Welche Auswirkungen Beschwichtigungsversuche haben, ist im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen und wirft regelmäßig keine revisible Rechtsfrage auf.

S. 611 - 612, Rechtsprechung des OGH

Markus Kellner / Raimund Bollenberger

Wechselzahlungsauftrag gegen ausländischen Beklagten.

Art 1 EuMahnVO 1896/2006/EG; §§ 244, 556 ZPO. Der im Ausland domizilierte Beklagte muss binnen 14 Tagen Einwendungen gegen einen Wechselzahlungsauftrag erheben, der in Verletzung von § 556 Abs 2 ZPO gegen ihn erlassen worden ist, widrigenfalls der Auftrag in Rechtskraft und Vollstreckbarkeit erwächst. Diese Rechtslage ist nicht unionsrechtswidrig.

Das europäische Mahnverfahren gelangt nicht obligatorisch zur Anwendung, sondern stellt eine fakultative Alternative zum normalen gerichtlichen Verfahren dar.

S. 612 - 613, Rechtsprechung des OGH

Markus Kellner / Raimund Bollenberger

Zur Aufklärungspflicht gemäß § 25c KSchG.

§§ 25c, 25d KSchG. Die Behauptungsund Beweislast für die eigene Rolle als bloßer Interzedent trifft denjenigen, der mangelhafte Aufklärung behauptet. Aus der Bestimmung des § 25c KSchG folgt keine Aufklärungspflicht hinsichtlich „des Umfangs des Geschäfts“.

S. 613 - 614, Rechtsprechung des OGH

Markus Kellner / Raimund Bollenberger

(K)ein Klumpenrisiko?

§§ 1293, 1299 ABGB. Bei der Investition von rund 15% des zu veranlagenden Vermögens in einen Titel liegt kein Klumpenrisiko vor.

S. 614 - 614, Erkenntnisse des VwGH

Karl Stöger

VwGH zur Auslegung von § 18 Abs 2 Z 2 InvFG 2011.

§ 18 Abs 1 Z 1, § 18 Abs 2 Z 2 InvFG 2011; Art 133 Abs 4 B-VG

Der klare und eindeutige Wortlaut des § 18 Abs 2 Z 2 InvFG 2011 gebietet es, dass die Verwaltungsgesellschaft - ohne Rücksicht auf die nur für § 18 Abs 1 Z 1 InvFG 2011 maßgeblichen Voraussetzungen - von jedem einzelnen persönlichen Geschäft einer relevanten Person zu unterrichten ist.

Wenn die gesetzliche Rechtslage eindeutig ist, liegt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG vor, und zwar selbst dann nicht, wenn dazu noch keine Rechtsprechung des VwGH ergangen ist.

S. 614 - 615, Erkenntnisse des VwGH

Karl Stöger

VwGH zu den Informationspflichten bei der „Beimischung“ bestimmter Finanzprodukte in ein Kundenportfolio.

§§ 17, 38, 40, 41, 44 WAG 2007; § 9 Abs 1 VStG

Die Kunden müssen Informationen über das Ausmaß der „Beimischung“ in bestimmten Risikokategorien erhalten, bevor sie die Risikokategorie wählen und das Anlegerprofil ausfüllen.

Die Tatsache, dass Berater eines Kreditinstituts zur konkreten Beratung im Einzelfall vor Abschluss der Geschäfte angehalten waren, ändert nichts an der Rechtswidrigkeit der Unterlassung einer genauen Information über das Ausmaß der „Beimischung“ in bestimmten Risikokategorien. Wenn den Beratern vom Kreditinstitut Grenzen hinsichtlich der „Beimischung“ nicht ausreichend kommuniziert werden, ist es nicht von Nutzen, dass den Beratern nach den internen Richtlinien auferlegt wird, bei Überschreiten der Grenzen eine konkrete Information hinsichtlich des höheren Risikos zu geben.

Die Verpflichtung, dass das Geschäft, das im Rahmen der Anlageberatung dem Kunden empfohlen oder das im Rahmen einer Portfolioverwaltungsdienstleistung getätigt werden soll, den Anlagezielen des Kunden zu entsprechen habe, bedeutet nicht, dass das Kreditinstitut im Einzelfall nicht auch über ausdrücklichen Auftrag des Kunden von der ursprünglich erklärten Risikopräferenz abweichende Geschäfte ausführen darf.

S. 615 - 619, Erkenntnisse des VwGH

Florian Dollenz / Karl Stöger

VwGH erneut zum Verständnis von gestreckten Vorgängen im Umgang mit Insider-Informationen (Zwischenschritt „Memorandum of Understanding“-Fall „Verbund/Türkei“).

§ 48d Abs 1 iVm § 48 Abs 1 Z 2 BörseG; § 82 Abs 7 BörseG

Ein Zwischenschritt kann in einem zeitlich gestreckten Sachverhalt nicht nur im Hinblick auf das Endergebnis (hier: Erfolg der Transaktion) von Bedeutung sein, sondern auch als eigenständige Reihe von Tatsachen und Ereignissen bzw als eigenständiges Ereignis.

Ein Memorandum of Understanding, das nicht nur auf eine (interne) Prüfung gerichtet ist, sondern derart konkret ist, dass darin nicht nur die beabsichtigten Transaktionsgegenstände sowie grobe Leitlinien für die Ermittlung der Kaufpreise und teilweise sogar vorläufig bezifferte Kaufpreise benannt wurden, sondern auch Zahlungen und Assets, die im Fall der Unmöglichkeit eines Teils der Transaktion mindestens bzw ersatzweise geleistet werden sollten, kann nicht bloß als „Ausgangsbasis“ für weitere Schritte angesehen werden. Damit jedoch erweist sich die Information über den Abschluss dieses Memorandum of Understanding als genau, weil sie einerseits ein bereits eingetretenes, die drittmitbeteiligte Partei betreffendes Ereignis erfasst und andererseits auch spezifisch genug ist, um einen Schluss auf mögliche Auswirkungen auf den Kurs der Finanzinstrumente der drittmitbeteiligten Partei zuzulassen (Betonung des Unterschiedes zum Sachverhalt des Erkenntnis vom 29.4.2014, Zlen 2012/17/0554 und 0555 [ÖBA 2014/151 mit Anmerkung Zahradnik]).

Die Eignung zur erheblichen Kursbeeinflussung ist ex ante aus der Sicht eines verständigen Anlegers anhand des Inhalts und des Kontextes der Information im Marktgeschehen zu überprüfen, wobei der verständige Anleger eine Maßfigur ist, der aus unionsrechtlicher Perspektive zu unterstellen ist, dass sie alle bereits öffentlich bekannten Informationen kennt. Ein verständiger Anleger kann daher eine Information auch dann als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidung nutzen, wenn sie es ihm nicht erlaubt, die Änderung des Kurses in eine bestimmte Richtung vorherzusehen.

S. 619 - 628, Erkenntnisse des EuGH

Brigitta Lurger

Nach der Geldwäsche-RL ist eine nationale Regelung zulässig, die zum einen gegenüber Kunden, die Finanzinstitute sind und als solche hinsichtlich der Einhaltung ihrer Sorgfaltspflichten einer Aufsicht unterliegen, die Anwendung...

Vorlage zur Vorabentscheidung - Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zweck der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung - Richtlinie 2005/60/EG - Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden - Richtlinie 2007/64/EG - Zahlungsdienste im Binnenmarkt

1. Art 5, Art 7, Art 11 Abs 1 und Art 13 der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.10.2005 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung in der durch die Richtlinie 2010/78/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.11.2010 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass sie nicht einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, die zum einen gegenüber Kunden, die Finanzinstitute sind und als solche hinsichtlich der Einhaltung ihrer Sorgfaltspflichten einer Aufsicht unterliegen, die Anwendung von Standardsorgfaltspflichten zulässt, wenn ein Verdacht auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung iS von Art 7 Buchst c dieser Richtlinie besteht, und zum anderen dieser Richtlinie unterliegende Institute und Personen verpflichtet, auf risikoorientierter Grundlage verstärkte Sorgfaltspflichten in Fällen anzuwenden, in denen bereits ihrem Wesen nach ein erhöhtes Risiko der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung iS von Art 13 Abs 1 dieser Richtlinie besteht, wie etwa bei der Überweisung von Geldern

Ferner erlaubt es Art 5 der Richtlinie 2005/60 in der durch die Richtlinie 2010/78 geänderten Fassung den Mitgliedstaaten selbst dann, wenn ein solcher Verdacht oder ein solches Risiko nicht besteht, strengere Vorschriften zu erlassen oder beizubehalten, wenn diese der Verstärkung der Bekämpfung der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung dienen.

2. Die Richtlinie 2005/60 in der durch die Richtlinie 2010/78 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die dieser Richtlinie unterliegenden Institute und Personen die Führung der Aufsicht über Zahlungsinstitute, mit der nach Art 21 der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.11.2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG in der durch die Richtlinie 2009/111/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.9.2009 die zuständigen Behörden betraut sind, nicht beeinträchtigen dürfen und sich nicht an die Stelle dieser Behörden setzen dürfen. Die Richtlinie 2005/60 in der durch die Richtlinie 2010/78 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass ein Finanzinstitut im Rahmen der ihm gegenüber seinen Kunden obliegenden Überwachungspflicht zwar die Sorgfaltspflichten berücksichtigen darf, die ein Zahlungsinstitut gegenüber seinen eigenen Kunden anwendet, dass aber alle von ihm angewandten Sorgfaltspflichten dem Risiko der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung angemessen sein müssen.

3. Die Art 5 und 13 der Richtlinie 2005/60 in der durch die Richtlinie 2010/78 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren fragliche, die aufgrund des den Mitgliedstaaten in Art 13 der Richtlinie eingeräumten Ermessens oder der in Art 5 der Richtlinie vorgesehenen Befugnis erlassen wurde, mit dem Unionsrecht, insb mit den durch die Verträge garantierten Grundfreiheiten, vereinbar sein muss. Auch wenn eine solche nationale Regelung, die der Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung dienen soll, ein legitimes Ziel verfolgt, das eine Beschränkung der Grundfreiheiten rechtfertigen kann, und die Aufstellung der Vermutung, dass Überweisungen von Geldern durch ein dieser Richtlinie unterliegendes Institut in andere Mitgliedstaaten als seinen Sitzstaat stets ein erhöhtes Risiko der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung aufweisen, die Erreichung dieses Ziels zu gewährleisten vermag, geht diese Regelung doch über das zur Erreichung des mit ihr verfolgten Ziels Erforderliche hinaus, da die durch sie aufgestellte Vermutung für jede Überweisung von Geldern gilt, ohne dass die Möglichkeit vorgesehen wäre, diese Vermutung für Überweisungen von Geldern zu widerlegen, die ein solches Risiko objektiv nicht aufweisen.

S. 628 - 628, Weiterbildung

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