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WBL

Heft 4, April 2020, Band 34

eJournal-Heft
  • ISSN Online: 1864-3434

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Inhalt der Ausgabe

S. 181 - 193, Aufsatz

Dominik Stadler / Shivam Subhash

Die Emission von Wertrechten auf Basis verteilter elektronischer Register – Distributed Ledger Technology

Die technologische Grundlage für Bitcoin & Co, Initial Coin oder Token offerings, nämlich die Blockchain-Technologie, weist enormes Potenzial auch für Emissionen von Wertrechten am Kapitalmarkt auf. Insbesondere der Einsatz der Blockchain-Technologie und das dahinterstehende Konzept eines verteilten Registers – die Distributed Ledger Technology (DLT) zur Digitalisierung von Wertpapieren wird als einer der wichtigsten Anwendungsbereiche erachtet. Dabei soll eine gänzliche Transformation von Wertpapieren zu den durch eine Registereintragung geschaffenen und übertragbaren Wertrechten stattfinden. Das Vertrauen in zentrale Akteure wird durch das Vertrauen in ein Netzwerk ersetzt, das auf gemeinsame Regeln und Konsens basiert („Code of Law“). Auf diese Weise werden Transaktionen zwischen Individuen ermöglicht, welche nicht durch Dritte beeinflusst, aber trotzdem je nach der jeweiligen Konzipierung von Dritten im gewünschten Maß kontrolliert werden. Im gegenständlichen Aufsatz wird das Hauptaugenmerk auf die rechtlichen und technischen Anforderungen an ein solches Wertrechteregister und an die registerführende Stelle gelegt sowie die integrierten Bestandteile einer Blockchain, wie etwa Hashwerte, die Verteilung des Registers auf mehrere Teilnehmer und die Mechanismen zur Authentifizierung von Transaktionen erörtert.

Die Schaffung von gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Digitalisierung des Kapitalmarkts ist ein europaweites Phänomen. Dabei nehmen Liechtenstein und die Schweiz eine Vorreiterrolle ein und haben bereits Gesetzesvorhaben veröffentlicht, wobei das liechtensteinische Blockchain-Gesetz umfassende Rahmenbedingungen für Blockchain-Produkte vorsieht. Auch der deutsche Gesetzgeber hat seine Absichten zur Schaffung einer elektronischen Schuldverschreibung in einem Eckpunktepapier des BMJV und des BMF dargelegt. Darüber hinaus verabschiedete der Deutsche Bundestag am 29.11.2019 mit dem geplanten Gesetz zur Umsetzung der neuen EU-Geldwäscherichtlinie einen Gesetzentwurf, der Banken das Angebot und die Verwahrung von Kryptowährungen erlauben soll. Auch das französische Parlament hat am 11.04.2019 den Aktionsplan PACTE verabschiedet, der eine freiwillige Zertifizierung sowohl für die Herausgabe als auch für den Handel mit Kryptowährungen durch die französische Marktaufsichtsbehörde vorsieht. Zuletzt gehen die Bemühungen des österreichischen Gesetzgebers durch die Einsetzung einer Untergruppe des FinTech Beirats in die gänzliche Transformation von Wertpapieren zu Wertrechten.

Ziel dieses Aufsatzes ist nicht die Entwicklung des Wertpapierrechts iSd Dematerialisierung von Wertpapieren darzustellen oder für einen gänzlichen Umstieg auf Wertrechten zu plädieren; vielmehr werden Wertrechte vorausgesetzt und deren digitale Emission behandelt. In dem Aufsatz über „die Schaffung und übertragung von Wertrechten via Blockchain-Technologie“ wurde bereits das Erfordernis einer positivrechtlichen Verankerung als Sache iSd § 285 ABGB von Wertrechten thematisiert, damit die sachenrechtlichen Grundsätze auch bei Wertrechten angewendet werden können.

S. 194 - 198, Aufsatz

Luca Caramanica

Zur Haftung von Kartellbeteiligten auch gegenüber nicht am betroffenen Markt als Nachfrager oder Anbieter tätigen Personen

Der EuGH hat entschieden, dass das Recht auf Kartellschadenersatz nicht von vornherein nur auf Anbieter oder Nachfrager auf dem vom Kartell betroffenen Markt beschränkt ist. Des Weiteren müsse, so der EuGH, „jeder“ in einem ursächlichen Zusammenhang mit einer Zuwiderhandlung gegen Art 101 AEUV stehende Schaden ersatzfähig sein. Dabei sei nicht erforderlich, dass der erlittene Schaden zudem einen spezifischen Zusammenhang mit dem Schutzzweck von Art 101 AEUV aufweist. Im vorliegenden Beitrag werden der Anlassfall und die Entscheidungsgründe dargestellt sowie die Bedeutung der gegenständlichen Entscheidung untersucht. Wenngleich die Entscheidung vermeintlich eine absolute Absage des haftungsbegrenzenden Elements „Rechtswidrigkeitszusammenhang“ nahelegt, wird aufgezeigt, dass der EuGH diesbezüglich in Zukunft wohl auch auf die Umstände des konkreten Falls abstellt oder zumindest die Formulierung „jeder“ Schaden nicht streng wörtlich versteht. Es wird vertreten, dass der Effektivitätsgrundsatz und die „Jedermann-Rspr“ kein streng wörtliches Verständnis von „jedermann“ iSd „Jedermann-Formel“ verlangen.

S. 199 - 201, Aufsatz

Michael Gruber

Sind Unternehmensanleihen PRIPs?

Die europäischen Aufsichtsagenturen (ESAs) – also ESMA, EBA und EIOPA – gehen davon aus, dass Unternehmensanleihen (corporate bonds) unter bestimmten Voraussetzungen ein PRIP (packaged retail investment product) i.S. der PRIIP-Verordnung sind. Die Brisanz für den Anleihenmarkt besteht darin, dass alle Anleihen und nicht nur (wovon man bisher ausging) jene von Emittenten aus der Finanzdienstleistungsbranche (also v.a. Banken und Versicherungen) erfasst sein sollen.

Ist die Anleihe ein PRIP und soll sie auch an Kleinanleger verkauft werden, muss der Emittent der Anleihe nach der PRIIP-Verordnung ein Basisinformationsblatt (BIB) erstellen, das exakt den Vorgaben der Verordnung entspricht. Das BIB muss veröffentlicht und dem Kleinanleger beim Vertrieb zur Verfügung gestellt werden.

S. 202 - 206, Aufsatz

Franz W. Urlesberger

Europarecht: Das Neueste auf einen Blick

S. 207 - 209, Rechtsprechung

Sozialpolitik: Soziale Sicherheit der Wandererwerbstätigen – Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit – Rehabilitationsgeld (Österreich)

Eine Leistung wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Rehabilitationsgeld stellt eine Leistung bei Krankheit iS von Art 3 Abs 1 lit a der VO (EG) Nr 883/2004 in der durch die VO (EU) Nr 465/2012 des EP und des Rates vom 22. Mai 2012 geänderten Fassung dar.

Die VO Nr 883/2004 in der durch die VO Nr 465/2012 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass sie einer Situation nicht entgegensteht, in der einer Person, die in ihrem HerkunftsMS nicht mehr sozialversichert ist, nachdem sie dort ihre Erwerbstätigkeit aufgegeben und ihren Wohnsitz in einen anderen MS verlegt hat, in dem sie gearbeitet und den größten Teil ihrer Versicherungszeiten zurückgelegt hat, von der zuständigen Stelle ihres HerkunftsMS die Gewährung einer Leistung wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Rehabilitationsgelds versagt wird, da diese Person nicht den Rechtsvorschriften ihres HerkunftsMS unterliegt, sondern den Rechtsvorschriften des MS, in dem sie ihren Wohnsitz hat.

S. 209 - 212, Rechtsprechung

Verbraucherschutz: Zur Verpflichtung zur Überprüfung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers durch den Kreditgeber

Die Art 8 und 23 der RL 2008/48/EG sind dahin auszulegen, dass sie einem innerstaatlichen Gericht vorschreiben, das Vorliegen eines Verstoßes gegen die in Art 8 der RL vorgesehene vorvertragliche Verpflichtung des Kreditgebers zur Bewertung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers von Amts wegen zu prüfen und die im nationalen Recht festgelegten Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen diese Verpflichtung anzuordnen, sofern die Sanktionen den Anforderungen von Art 23 genügen. Ferner sind die Art 8 und 23 der RL 2008/48 dahin auszulegen, dass sie einer innerstaatlichen Regelung entgegenstehen, wonach ein Verstoß des Kreditgebers gegen seine vorvertragliche Verpflichtung zur Bewertung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers nur dann zur Nichtigkeit des Kreditvertrags, verbunden mit der Verpflichtung des Verbrauchers, in einem ihm zumutbaren Zeitraum dem Kreditgeber den Kapitalbetrag zurückzuzahlen, führt, wenn dieser Verbraucher die Nichtigkeit geltend macht, was innerhalb einer dreijährigen Verjährungsfrist zu erfolgen hat.

S. 213 - 215, Rechtsprechung

Verbraucherschutz/Verfahrensrecht: Zur gerichtlichen Zuständigkeit bei Klagen nach der FluggastrechteVO – Begriff des „Erfüllungsortes“

Art 7 Nr 1 lit b zweiter Gedankenstrich der VO (EU) Nr 1215/2012 ist dahin auszulegen, dass bei einem Flug, der durch eine bestätigte einheitliche Buchung für die gesamte Reise gekennzeichnet und in mehrere Teilflüge unterteilt ist, der „Erfüllungsort“ iS dieser Vorschrift der Abflugort des ersten Teilflugs sein kann, wenn die Beförderung auf diesen Teilflügen von zwei verschiedenen Luftfahrtunternehmen durchgeführt wird und die auf der Grundlage der VO (EG) Nr 261/2004 des EP und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der VO (EWG) Nr 295/91 erhobene Klage auf Ausgleichszahlungen durch die Annullierung des letzten Teilflugs veranlasst wurde und sich gegen das mit dem letzten Teilflug beauftragte Luftfahrtunternehmen richtet.

S. 215 - 218, Rechtsprechung

Arbeitsrecht: Zur Auslegung der Betriebsübergangs-RL

Art 1 Abs 1 der RL 2001/23/EG ist dahin auszulegen, dass bei der Übernahme einer Tätigkeit, deren Ausübung nennenswerte Betriebsmittel erfordert, durch eine wirtschaftliche Einheit aufgrund eines Verfahrens zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags der Umstand, dass diese Mittel, die Eigentum der die Tätigkeit zuvor ausübenden wirtschaftlichen Einheit sind, von der erstgenannten Einheit wegen rechtlicher, umweltrelevanter und technischer Vorgaben des öffentlichen Auftraggebers nicht übernommen werden, der Qualifizierung der Übernahme der Tätigkeit als Unternehmensübergang nicht notwendigerweise entgegenstehen muss, wenn andere Tatsachen, wie die Übernahme eines wesentlichen Teils der Belegschaft und die Fortsetzung der Tätigkeit ohne Unterbrechung, die Feststellung zulassen, dass die betreffende wirtschaftliche Einheit ihre Identität bewahrt, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

S. 218 - 222, Rechtsprechung

Verbraucherschutz: Vertragsklausel-RL – Zur Berücksichtigung aller anderen Klauseln des Vertrags für die Beurteilung der Missbräuchlichkeit der angefochtenen Klausel

Art 6 Abs 1 der RL 93/13/EWG ist dahin auszulegen, dass ein nationales Gericht, das über die Klage eines Verbrauchers auf Feststellung der Missbräuchlichkeit bestimmter Klauseln in einem Vertrag zu entscheiden hat, den dieser Verbraucher mit einem Gewerbetreibenden geschlossen hat, nicht verpflichtet ist, alle anderen Vertragsklauseln, die von diesem Verbraucher nicht angefochten worden sind, von Amts wegen gesondert darauf zu prüfen, ob sie als missbräuchlich angesehen werden können, sondern nur diejenigen Klauseln prüfen muss, die mit dem Streitgegenstand zusammenhängen, wie er von den Parteien abgegrenzt wurde, sobald es über die hierfür erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen, gegebenenfalls ergänzt durch Untersuchungsmaßnahmen, verfügt.

Art 4 Abs 1 und Art 6 Abs 1 der RL 93/13 sind dahin auszulegen, dass zwar für die Beurteilung der Missbräuchlichkeit der Vertragsklausel, die als Grundlage für die Ansprüche eines Verbrauchers dient, alle anderen Klauseln des Vertrags zwischen einem Gewerbetreibenden und diesem Verbraucher berücksichtigt werden müssen, diese Berücksichtigung jedoch als solche für das mit der Sache befasste nationale Gericht keine Pflicht beinhaltet, von Amts wegen alle diese Klauseln auf ihre etwaige Missbräuchlichkeit zu prüfen.

S. 222 - 224, Rechtsprechung

Geistiges Eigentum – Marken

S. 224 - 227, Rechtsprechung

Zur Sozialwidrigkeit einer Kündigung von älteren Arbeitnehmern

Bei der Prüfung der Sozialwidrigkeit einer Kündigung von Arbeitnehmern, die zum Zeitpunkt ihrer Einstellung das 50. Lebensjahr vollendet haben, ist das Lebensalter zwar nicht in besonderem Ausmaß, aber doch wie auch sonst bei Kündigungen zu berücksichtigen.

S. 227 - 228, Rechtsprechung

Sittenwidriger Einwand des Verfalls

Ein Verfallseinwand des Arbeitgebers ist sittenwidrig, wenn dem Arbeitnehmer durch das kollektivvertragswidrige Verhalten des Arbeitgebers die Geltendmachung seiner Ansprüche erschwert wird. Das trifft zu, wenn ein Arbeitgeber entgegen seiner kollektivvertraglichen Verpflichtung kein Zeitkonto führt, aus dem der Arbeitnehmer das Ausmaß des gebührenden Zeitguthabens ablesen kann.

S. 228 - 230, Rechtsprechung

Kein Verfall von Zeitguthaben

Eine Vereinbarung, wonach ein Zeitguthaben verfallen soll, das ein bestimmtes Höchstmaß überschreitet und vom Arbeitnehmer in der nächsten Gleitzeitperiode nicht verbraucht wird, verstößt gegen die gesetzliche Pflicht zur Vergütung von Überstunden und ist unwirksam.

Sollen nur ausdrücklich angeordnete Überstunden bezahlt werden, schließt eine solche Vereinbarung die Vergütung von Überstunden nicht aus, wenn deren Leistung zur Bewältigung der aufgetragenen Arbeitsmenge notwendig war.

S. 230 - 231, Rechtsprechung

Voraussetzungen für Ruhepausen

Sind in einem Schichtplan keine fixen Pausen festgelegt, können aber die Arbeitnehmer unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Produktionsschritte ihre Pausenzeiten nach Absprache mit Arbeitskollegen frei wählen, entspricht dies den Anforderungen des § 11 Abs 1 AZG.

S. 231 - 232, Rechtsprechung

Kündigungsschutz bei Väterkarenz

Bei einer Teilung der Karenz zwischen Vater und Mutter beginnt die Karenz des Vaters im unmittelbaren Anschluss an die Karenz der Mutter. Unmittelbarer Anschluss bedeutet, dass die Karenz des Vaters mit dem auf das Ende der Karenz des anderen Elternteils folgenden Kalendertag, beginnen muss.

Die Mitteilung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber über Beginn und Dauer der Karenz ist nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen. Eine offensichtlich falsche Datumsangabe über den Beginn der Karenz ist ohne Bedeutung und bewirkt nicht den Verlust des Kündigungsschutzes bei Karenz.

S. 232 - 233, Rechtsprechung

Klage auf Bruttolohn-Verfallfrist

Der Arbeitnehmer ist berechtigt, den Bruttolohn einzuklagen. Der Einwand, dass Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge bereits bezahlt wurden, erfordert eine ziffernmäßige Aufgliederung dieser Beträge.

Zu den Unstimmigkeiten hinsichtlich der Einstufung, die eine kollektivvertragliche Verfallsfrist von einem Jahr zur Folge haben, gehören alle Unstimmigkeiten über das kollektivvertragliche Entgelt, das sich aus der Einstufung ergibt.

S. 233 - 233, Rechtsprechung

Zur Abberufung von Vorstandsmitgliedern einer Privatstiftung wegen grober Pflichtverletzung

Ein wichtiger Grund für eine Abberufung nach § 27 Abs 2 PSG liegt jedenfalls bei grober Pflichtverletzung vor. Eine grobe Pflichtverletzung setzt grobes Verschulden voraus. Dabei ist auch das Schadenspotential der Fehlentwicklung sowie ihr vorübergehender oder dauerhafter Charakter zu würdigen.

Die Frage, ob ein wichtiger Grund für die Abberufung eines Mitglieds eines Stiftungsvorstandes gegeben ist, insbesondere ob eine Pflichtverletzung vorliegt bzw diese grob ist, hängt so sehr von den Umständen des Einzelfalls ab, dass sie regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 AußStrG bildet.

Daher kann auch die gegenständliche Streitfrage, ob der gegen ein zwischen den Beteiligten ergangenes OGH-Urteil (6 Ob 122/16h) verstoßende Ausschluss der Antragstellerin von der Begünstigtenstellung eine grobe Pflichtverletzung des Stiftungsvorstandes darstellt, nur einzelfallbezogen beurteilt werden. Schon begrifflich kann es sich dabei nicht um eine Rechtsfrage handeln, der eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt.

S. 233 - 233, Rechtsprechung

Zur gerichtlichen Ernennung eines Liquidators für eine GmbH

Nach ständiger Rspr des OGH wirkt die Abberufung von Vorstandsmitgliedern einer Privatstiftung sofort, ohne dass der Ausspruch einer vorläufigen Verbindlichkeit und Vollstreckbarkeit iSd § 44 AußStrG erforderlich wäre. Auch nach § 75 Abs 4 AktG ist die Abberufung von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft sofort wirksam.

Nach § 89 Abs 2 GmbHG kann das Gericht – wie im vorliegenden Fall – aus wichtigen Gründen neben oder anstelle der geborenen Liquidatoren (ehemalige Geschäftsführer) andere Liquidatoren ernennen. Gegen diese Entscheidung kann zwar Rekurs erhoben werden. Die in der Entscheidung 6 Ob 244/11t breit erörterten Erwägungen zum sofortigen Verlust der Funktion von abberufenen Vorstandsmitgliedern einer Privatstiftung bereits mit Zustellung des Abberufungsbeschlusses sind aber auch in dieser Konstellation beachtlich. Eine Differenzierung zwischen Privatstiftung, Aktiengesellschaft und Gesellschaft mit beschränkter Haftung ließe sich insoweit nicht argumentieren.

S. 233 - 236, Rechtsprechung

Zur lauterkeitsrechtlichen Verfolgbarkeit von Verstößen gegen Datenschutzrecht; zum Verstoß gegen Standesrecht und zur Täuschung über den Werbecharakter einer Mitteilung

Zur Durchsetzung von Ansprüchen nach der DSGVO ist in Österreich keine Verbandsklage vorgesehen.

Eine Verletzung standesrechtlicher Werberegeln ist nur dann unlauter, wenn sie auf einer unvertretbaren Rechtsansicht beruht. Für die Beurteilung dieser Frage sind der Wortlaut der jeweiligen Bestimmung und die Praxis der für deren Auslegung primär zuständigen Organe maßgebend. Die Marktteilnehmer müssen auch im Zusammenhang mit standesrechtlichen Werberegelungen ihr Verhalten nicht von vornherein an der strengsten Auslegung der maßgebenden Regelungen orientieren.

Die Täuschung über den Werbecharakter fällt unter den Irreführungstatbestand des § 2 Abs 4 Z 2 UWG, sofern sich der kommerzielle Zweck nicht unmittelbar aus den Umständen selbst ergibt.

Für den durchschnittlichen Nutzer eines kostenlos zugänglichen, über Werbung finanzierten, Verzeichnisses ist durch den Umstand, dass sich vorgereihte Einträge durch Fotos und inhaltlich aufwendigere Gestaltung von den nachgereihten unterscheiden und die Vorreihung sodann abgewählt werden kann, ausreichend erkennbar, dass es sich um kostenpflichtige Einträge handelt.

S. 236 - 237, Rechtsprechung

Zum Werkcharakter von Lichtbildern; zum Auseinanderfallen von Urheberrecht und Leistungsschutzrecht an Lichtbildern

Zu den Werken der bildenden Künste gehören nach § 3 Abs 1 UrhG auch die Werke der Lichtbildkunst (Lichtbildwerke). Lichtbilder sind dann als Lichtbildwerke zu beurteilen, wenn die eingesetzten Gestaltungsmittel eine Unterscheidbarkeit bewirken. Dieses Kriterium der Unterscheidbarkeit ist immer schon dann erfüllt, wenn gesagt werden kann, ein anderer Fotograf hätte das Lichtbild möglicherweise anders gestaltet. Es bedarf keines besonderen Maßes an Originalität bzw Individualität. Entscheidend ist vielmehr, dass eine individuelle Zuordnung zwischen Lichtbild und Fotograf insofern möglich ist, als dessen Persönlichkeit aufgrund der von ihm gewählten Gestaltungsmittel (zB Motiv, Beleuchtung, Perspektive bzw Blickwinkel, Bildausschnitt) zum Ausdruck gelangt. Als einfache Lichtbilder sind im Allgemeinen nur noch solche Fotografien anzusehen, bei denen es allein auf die einwandfreie Wiedergabe des Motivs ankommt und die jeder Fotograf im Großen und Ganzen gleich aufnehmen würde. Besteht für die Aufgabe einer möglichst naturgetreuen Aufnahme eines Objekts ein ausreichender Spielraum für eine individuelle Gestaltung, so ist dem Lichtbild im Allgemeinen urheberrechtlicher Werkcharakter zuzubilligen. Eine generelle Aussage darüber, ob der Abbildung von Maschinen Werkcharakter zukommt, ist nicht möglich.

Lichtbildwerke iSd § 3 Abs 1 UrhG sind gleichzeitig auch Lichtbilder iSd § 73 UrhG; sie genießen daher parallel zum urheberrechtlichen Schutz auch Leistungsschutz. Dies bedeutet, dass sich der Urheber eines Lichtbildwerks auch auf die Leistungsschutzrechte des § 74 UrhG berufen kann.

Der Urheberrechtsschutz steht dem Urheber, das Leistungsschutzrecht grundsätzlich ebenfalls dem Hersteller zu (§ 74 Abs 1 S 1 UrhG); bei gewerbsmäßig, also zu wirtschaftlichen Zwecken hergestellten Lichtbildern gilt jedoch der Inhaber des Unternehmens als Hersteller (§ 74 Abs 1 S 2 UrhG).

Fallen Urheberrecht und Leistungsschutzrecht auseinander, kollidieren sie (als Ausschließlichkeitsrechte) miteinander.

S. 238 - 239, Rechtsprechung

Einzugsgebiet und Wartezeiterhebung bei der Bedarfsprüfung

Eine Wartezeitenerhebung lediglich mittels Befragung bestehender, mit der zu bewilligenden Krankenanstalt in wirtschaftlicher Konkurrenz stehender Einrichtungen, die die Behörde ihrer Entscheidung uneingeschränkt zu Grunde legt, ist nicht geeignet, eine objektive und unparteiliche Ermittlung der Wartezeiten zu gewährleisten.

S. 239 - 239, Rechtsprechung

Handelsrechtliche Geschäftsführerin als verantwortliche Beauftragte

Die in § 28a Abs 3 AuslBG für eine wirksame Bestellung aufgestellten Formalanforderungen beziehen sich ausschließlich auf den Fall einer nach § 9 Abs 2 letzter Satz VStG zum verantwortlichen Beauftragten bestellten „anderen Person“.

S. 240 - 240, Rechtsprechung

Jahresfrist bei gewerberechtlichen Bescheiden

Gem § 360 Abs 5 GewO 1994 sind Bescheide gem § 360 Abs 4 GewO 1994 sofort vollstreckbar und treten mit Ablauf eines Jahres, vom Beginn der Vollstreckbarkeit an gerechnet, außer Wirksamkeit. Wie der VwGH bereits ausgesprochen hat, beginnt diese Jahresfrist auch dann bereits mit der Erlassung des die Maßnahme verfügenden Bescheides zu laufen, wenn durch das VwG eine teilweise Abänderung dieses Bescheides erfolgt.

Gem § 52 Abs 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist. Allerdings führt der Erfolg einer Beschwerde hinsichtlich einer von mehreren in einem Straferkenntnis geahndeten Verwaltungsübertretungen nach der Rsp des VwGH nicht zur Anwendung des § 52 Abs 8 VwGVG auch hinsichtlich der übrigen Verwaltungsübertretungen.

S. 240 - 240, Rechtsprechung

Subsidiarität des Verwaltungsstrafrechts

§ 22 Abs 1 VStG sieht vor, dass eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar ist, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Nach der Rsp des VwGH stellt § 22 Abs 1 VStG ausschließlich auf die „Tat“ ab. Dass die Verwaltungsstrafnorm gegebenenfalls eine andere Schutzrichtung aufweist als die gerichtliche Strafnorm, ändert an der Subsidiarität nichts. § 22 Abs 1 VStG stellt nur darauf ab, dass die Tat auch den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet; auf die tatsächliche Einleitung (oder gar den Abschluss) eines Strafverfahrens kommt es daher nicht an. Auch die Frage, ob der Beschuldigte die Tat verschuldet hat oder ein Entschuldigungsgrund in Betracht zu ziehen ist, ist für die Subsidiarität der Verwaltungsstrafdrohung nicht entscheidend.

S. 240 - 240, Rechtsprechung

Wiederholungstat gem § 52 Abs 2 GSpG

Wie der VwGH in stRsp judiziert, kann von einer „Wiederholung“ iSd Gesetzesbestimmungen nur dann gesprochen werden, wenn zumindest eine einschlägige Vorstrafe vorliegt. Nach dem systematischen Aufbau des Gesetzestextes bestimmt die Einordnung der Vortat, ob ein „Wiederholungsfall“ iSd zweiten Strafsatzes (bei einer Vorstrafe wegen höchstens drei Übertretungen) bzw vierten Strafsatzes (bei einer Vorstrafe wegen mehr als drei Übertretungen) vorliegt. Der im Fall „der erstmaligen und weiteren Wiederholung“ vorgesehene zweite Strafsatz des § 52 Abs 2 GSpG setzt nach dem systematischen Aufbau des Gesetzestextes die Bestrafung wegen einer Vortat nach dem ersten Strafsatz des § 52 Abs 2 GSpG voraus, bezieht sich das strafsatzbestimmende Kriterium der Wiederholung in diesem Fall doch auf die Übertretung des Abs 1 Z 1 leg cit mit bis zu drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen. Maßgeblich sind Vortaten, die im Tatzeitraum bereits formell rechtskräftig waren.