Die technologische Grundlage für Bitcoin & Co, Initial Coin oder Token offerings, nämlich die Blockchain-Technologie, weist enormes Potenzial auch für Emissionen von Wertrechten am Kapitalmarkt auf. Insbesondere der Einsatz der Blockchain-Technologie und das dahinterstehende Konzept eines verteilten Registers – die Distributed Ledger Technology (DLT) zur Digitalisierung von Wertpapieren wird als einer der wichtigsten Anwendungsbereiche erachtet. Dabei soll eine gänzliche Transformation von Wertpapieren zu den durch eine Registereintragung geschaffenen und übertragbaren Wertrechten stattfinden. Das Vertrauen in zentrale Akteure wird durch das Vertrauen in ein Netzwerk ersetzt, das auf gemeinsame Regeln und Konsens basiert („Code of Law“). Auf diese Weise werden Transaktionen zwischen Individuen ermöglicht, welche nicht durch Dritte beeinflusst, aber trotzdem je nach der jeweiligen Konzipierung von Dritten im gewünschten Maß kontrolliert werden. Im gegenständlichen Aufsatz wird das Hauptaugenmerk auf die rechtlichen und technischen Anforderungen an ein solches Wertrechteregister und an die registerführende Stelle gelegt sowie die integrierten Bestandteile einer Blockchain, wie etwa Hashwerte, die Verteilung des Registers auf mehrere Teilnehmer und die Mechanismen zur Authentifizierung von Transaktionen erörtert.
Die Schaffung von gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Digitalisierung des Kapitalmarkts ist ein europaweites Phänomen. Dabei nehmen Liechtenstein und die Schweiz eine Vorreiterrolle ein und haben bereits Gesetzesvorhaben veröffentlicht, wobei das liechtensteinische Blockchain-Gesetz umfassende Rahmenbedingungen für Blockchain-Produkte vorsieht. Auch der deutsche Gesetzgeber hat seine Absichten zur Schaffung einer elektronischen Schuldverschreibung in einem Eckpunktepapier des BMJV und des BMF dargelegt. Darüber hinaus verabschiedete der Deutsche Bundestag am 29.11.2019 mit dem geplanten Gesetz zur Umsetzung der neuen EU-Geldwäscherichtlinie einen Gesetzentwurf, der Banken das Angebot und die Verwahrung von Kryptowährungen erlauben soll. Auch das französische Parlament hat am 11.04.2019 den Aktionsplan PACTE verabschiedet, der eine freiwillige Zertifizierung sowohl für die Herausgabe als auch für den Handel mit Kryptowährungen durch die französische Marktaufsichtsbehörde vorsieht. Zuletzt gehen die Bemühungen des österreichischen Gesetzgebers durch die Einsetzung einer Untergruppe des FinTech Beirats in die gänzliche Transformation von Wertpapieren zu Wertrechten.
Ziel dieses Aufsatzes ist nicht die Entwicklung des Wertpapierrechts iSd Dematerialisierung von Wertpapieren darzustellen oder für einen gänzlichen Umstieg auf Wertrechten zu plädieren; vielmehr werden Wertrechte vorausgesetzt und deren digitale Emission behandelt. In dem Aufsatz über „die Schaffung und übertragung von Wertrechten via Blockchain-Technologie“ wurde bereits das Erfordernis einer positivrechtlichen Verankerung als Sache iSd § 285 ABGB von Wertrechten thematisiert, damit die sachenrechtlichen Grundsätze auch bei Wertrechten angewendet werden können.