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WBL

Heft 9, September 2021, Band 35

eJournal-Heft
  • ISSN Online: 1864-3434

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Inhalt der Ausgabe

S. 481 - 493, Aufsatz

Josef Aicher

Besonderer Schutz der Gemeinden bei Rechtsgeschäften zur aktiven Schuldenbewirtschaftung?

Der Beitrag beschäftigt sich mit der von der hL zu Recht kritisierten, auf § 867 ABGB gestützten Judikatur, wonach ein vom Bürgermeister ohne entsprechender gemeindeinterner Willensbildung abgeschlossenes Geschäft bis zu einer allfälligen Genehmigung durch das zuständige Innenorgan unwirksam ist. Dabei wird gezeigt, dass jene Ansätze, die der OGH entwickelt hat, um diese verwaltungsfreundliche Grundtendenz im Einzelfall im Interesse eines Vertrauensschutzes des Geschäftspartners abzuschwächen, durchaus ausbaufähig sind.

S. 494 - 498, Aufsatz

Elias Felten

Werkvertragskonstruktionen und Arbeitskräfteüberlassung

Der OGH hat mit seiner Entscheidung 8 ObA 63/20b (in diesem Heft S 528) Klarheit in der Frage geschaffen, wie bei Werkvertragskonstruktionen das Vorliegen einer Arbeitskräfteüberlassung zu beurteilen ist. Er hat sich dabei weder von der Lehre noch vom EuGH beirren lassen, sondern an seiner bisherigen Rechtsprechungslinie festgehalten. Diese Konsequenz ist nicht nur bemerkenswert, sie ist im konkreten Fall auch überzeugend. Gleichzeitig macht diese Entscheidung aber auch deutlich, welch schwierigem Spannungsverhältnis (Höchst)Gerichte zum Teil ausgesetzt sind, wenn der nationale und der europäische Gesetzgeber in einer Angelegenheit unterschiedliche Ziele verfolgen. Dem Unionsrecht in solchen Fällen unreflektiert Vorrang einzuräumen, ist zwar eine einfache, aber nicht immer die richtige Lösung dieses Problems. Das hat der OGH mit seinem vorliegenden Urteil eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

S. 499 - 503, Aufsatz

Franz W. Urlesberger

Europarecht: Das Neueste auf einen Blick

S. 504 - 508, Rechtsprechung

Warenverkehrsfreiheit: In einem ersten MS zugelassene Arzneimittel – Einstufung als nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel – Verkauf in Apotheken eines zweiten MS ohne Genehmigung für das Inverkehrbringen in diesem MS

1. Die Art 70 bis 73 iVm Art 5 Abs 1 und Art 6 Abs 1 der RL 2001/83/EG in der durch die in der durch die RL 2012/26/EU des EP und des Rates vom 25. Oktober 2012 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass sie, vorbehaltlich der Anwendung der in Art 5 Abs 1 vorgesehenen Ausnahme, dem entgegenstehen, dass ein Arzneimittel, das in einem MS ohne ärztliche Verschreibung abgegeben werden darf, auch in einem anderen MS als ein Arzneimittel anzusehen ist, das ohne ärztliche Verschreibung abgegeben werden darf, wenn dieses Arzneimittel in dem letztgenannten MS über keine Genehmigung für das Inverkehrbringen verfügt und nicht eingestuft worden ist.

2. Eine nationale Maßnahme zur Umsetzung von Art 5 Abs 1 der RL 2001/83 in der durch die RL 2012/26 geänderten Fassung, die für die Abgabe eines Arzneimittels, das über keine Genehmigung für das Inverkehrbringen verfügt, eine ärztliche Verschreibung und eine Stellungnahme der für die Gesundheit zuständigen Behörde vorschreibt, um die Erfüllung der in dieser Bestimmung festgelegten Voraussetzungen sicherzustellen, stellt weder eine mengenmäßige Beschränkung noch eine Maßnahme gleicher Wirkung iS von Art 34 AEUV dar.

S. 508 - 511, Rechtsprechung

Internationales Privatrecht: Rom I-VO – Individualarbeitsverträge – Arbeitnehmer, die ihre Arbeit in mehreren MS verrichten – Bestehen einer engeren Verbindung zu einem anderen Staat als demjenigen, in dem oder von dem aus der...

1. Art 8 Abs 1 der VO (EG) Nr 593/2008 ist dahin auszulegen, dass, wenn das für den Individualarbeitsvertrag geltende Recht von den Vertragsparteien gewählt wurde und es sich von dem nach Art 8 Abs 2, 3 oder 4 anzuwendenden Recht unterscheidet, letzteres Recht unanwendbar ist, mit Ausnahme der „Bestimmungen ..., von denen [nach letzterem Recht] nicht durch Vereinbarung abgewichen werden darf“, iS von Art 8 Abs 1 dieser VO, zu denen Mindestlohnvorschriften grundsätzlich gehören können.

2. Art 8 der VO Nr 593/2008 ist dahin auszulegen, dass

die Parteien eines Individualarbeitsvertrags zum einen auch dann als frei in der Wahl des diesen Vertrag anzuwendenden Rechts anzusehen sind, wenn die Vertragsbestimmungen aufgrund einer nationalen Vorschrift durch das nationale Arbeitsrecht ergänzt werden, sofern die fragliche nationale Vorschrift die Parteien nicht dazu verpflichtet, das nationale Recht als das auf den Vertrag anzuwendende Recht zu wählen, und

die Parteien eines Individualarbeitsvertrags zum anderen grundsätzlich auch dann als frei in der Wahl des auf diesen Vertrag anzuwendenden Rechts anzusehen sind, wenn die Vertragsklausel über diese Wahl vom Arbeitgeber abgefasst wird und sich der Arbeitnehmer darauf beschränkt, sie zu akzeptieren.

S. 511 - 514, Rechtsprechung

Kapitalmarktrecht: Prospekt beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel – Angebot, das sich sowohl an Kleinanleger als auch an qualifizierte Anleger richtet – Inhalt der im Prospekt enthaltene...

1. Art 6 iVm Art 3 Abs 2 lit a der RL 2003/71/EG in der durch die RL 2008/11/EG des EP und des Rates vom 11. März 2008 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Haftungsklage wegen der im Prospekt enthaltenen Angaben im Fall eines öffentlichen Angebots zur Zeichnung von Aktien, das sich sowohl an Kleinanleger als auch an qualifizierte Anleger richtet, nicht nur von den Kleinanlegern, sondern auch von den qualifizierten Anlegern erhoben werden kann.

2. Art 6 Abs 2 der RL 2003/71 in der durch die RL 2008/11 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er Bestimmungen des nationalen Rechts, die es im Zusammenhang mit einer von einem qualifizierten Anleger wegen der im Prospekt enthaltenen Angaben erhobenen Haftungsklage dem Gericht erlauben oder sogar vorschreiben, zu berücksichtigen, dass dieser Anleger aufgrund seiner Beziehungen zum Emittenten des öffentlichen Angebots zur Zeichnung von Wertpapieren unabhängig vom Prospekt Kenntnis von der wirtschaftlichen Situation des Emittenten hatte oder haben musste, dann nicht entgegenstehen, wenn diese Bestimmungen nicht ungünstiger sind als diejenigen für im nationalen Recht vorgesehene gleichartige Klagen und nicht in der Praxis bewirken, dass die Erhebung dieser Haftungsklage unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird.

S. 514 - 517, Rechtsprechung

Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen: Europäisches Nachlasszeugnis – Gültigkeit einer beglaubigten Abschrift des Zeugnisses, die kein Ablaufdatum enthält (Österreich)

1. Art 70 Abs 3 der VO (EU) Nr 650/2012 ist dahin auszulegen, dass die beglaubigte Abschrift eines Europäischen Nachlasszeugnisses, die mit dem Vermerk „unbefristet“ versehen ist, für die Dauer von sechs Monaten ab dem Ausstellungsdatum gültig ist und ihre Wirkungen iS von Art 69 dieser VO entfaltet, wenn sie bei ihrer erstmaligen Vorlage gültig war.

2. Art 65 Abs 1 iVm Art 69 Abs 3 der VO Nr 650/2012 ist dahin auszulegen, dass sich die Wirkungen des Europäischen Nachlasszeugnisses gegenüber allen dort namentlich genannten Personen entfalten, auch wenn sie seine Ausstellung nicht selbst beantragt haben.

S. 517 - 527, Rechtsprechung

Verbraucherschutz: Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen – Hypothekendarlehensverträge, die auf eine Fremdwährung (Schweizer Franken) lauten

1. Art 6 Abs 1 und Art 7 Abs 1 der RL 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen sind im Licht des Effektivitätsgrundsatzes dahin auszulegen, dass sie einer innerstaatlichen Regelung entgegenstehen, wonach die Stellung eines Antrags durch einen Verbraucher

auf Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Klausel eines Vertrags zwischen einem Gewerbetreibenden und diesem Verbraucher einer Verjährungsfrist unterliegt;

auf Rückerstattung von aufgrund solcher missbräuchlicher Klauseln rechtsgrundlos gezahlten Beträgen einer fünfjährigen Verjährungsfrist unterliegt, wenn diese Frist zum Zeitpunkt der Annahme des Darlehensangebots zu laufen beginnt und es somit möglich ist, dass der Verbraucher zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnis von sämtlichen Rechten hatte, die ihm aus dieser RL erwachsen.

2. Art 4 Abs 2 der RL 93/13 ist dahin auszulegen, dass die Klauseln des Darlehensvertrags, die vorsehen, dass die Fremdwährung die Verrechnungswährung und der Euro die Zahlungswährung ist, und die bewirken, dass der Darlehensnehmer das Wechselkursrisiko trägt, von dieser Bestimmung erfasst sind, wenn diese Klauseln einen Hauptbestandteil festlegen, der diesen Vertrag kennzeichnet.

3. Art 4 Abs 2 der RL 93/13 ist dahin auszulegen, dass im Rahmen eines auf eine Fremdwährung lautenden Darlehensvertrags das Erfordernis der Transparenz von Klauseln dieses Vertrags, die vorsehen, dass die Fremdwährung die Verrechnungswährung und der Euro die Zahlungswährung ist, und die bewirken, dass der Darlehensnehmer das Wechselkursrisiko trägt, erfüllt ist, wenn der Gewerbetreibende dem Verbraucher hinreichende und genaue Informationen bereitgestellt hat, die es einem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher ermöglichen, die konkrete Funktionsweise des fraglichen Finanzmechanismus zu verstehen und somit die Gefahr möglicherweise beträchtlicher negativer wirtschaftlicher Folgen solcher Klauseln für seine finanziellen Verpflichtungen über die gesamte Laufzeit dieses Vertrags zu bewerten.

4. Die RL 93/13 ist dahin auszulegen, dass sie dem entgegensteht, dass der Verbraucher die Beweislast dafür trägt, dass eine vertragliche Klausel klar und verständlich iS von Art 4 Abs 2 dieser RL ist.

5. Art 3 Abs 1 der RL 93/13 ist dahin auszulegen, dass Klauseln eines Darlehensvertrags, die vorsehen, dass die Fremdwährung die Verrechnungswährung und der Euro die Zahlungswährung ist, und die bewirken, dass der Darlehensnehmer das Wechselkursrisiko trägt, ohne dass dieses Risiko gedeckelt ist, geeignet sind, zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien zu verursachen, wenn der Gewerbetreibende bei Beachtung des Transparenzgebots gegenüber dem Verbraucher vernünftigerweise nicht erwarten konnte, dass eine individuelle Aushandlung dazu führen würde, dass der Verbraucher sich auf ein unverhältnismäßiges Wechselkursrisiko, das aus derartigen Klauseln resultiert, einlässt.

S. 527 - 528, Rechtsprechung

Beihilfen für die Bankenabwicklung

S. 528 - 533, Rechtsprechung

Werkvertrag und Arbeitskräfteüberlassung

Eine Arbeitskräfteüberlassung liegt stets dann vor, wenn auch nur einer der in § 4 Abs 2 AÜG genannten Tatbestände erfüllt ist. Wenn kein von den Produkten, Dienstleistungen oder Zwischenergebnissen des Werkbestellers/Beschäftigers abweichendes Werk vorliegt, handelt es sich um Arbeitskräfteüberlassung. Eine Gesamtbetrachtung der Umstände ist in diesen Fällen nicht anzustellen.

Für eine Änderung der bisherigen Judikatur besteht kein Anlass. Der eindeutige Wortlaut des § 2 Abs 2 AÜG steht einer richtlinienkonformen oder verfassungskonformen Auslegung entgegen. Überdies wird eine Inländerdiskriminierung durch diese Auslegung nicht bewirkt.

S. 533 - 534, Rechtsprechung

Kein Recht auf Beschäftigung

Ein Recht des Arbeitnehmers auf Beschäftigung besteht nur ausnahmsweise.

Ein Wissenschaftler hat kein Recht auf Beschäftigung, solange das Publizieren, Forschen und Halten von Vorträgen auch außerhalb des Arbeitsplatzes möglich ist.

Mobbing erfordert ein systematisches, ausgrenzendes Geschehen über einen längeren Zeitraum.

S. 534 - 536, Rechtsprechung

Betriebsratswahl durch Wahlkarten

Der Wahlvorstand hat die Abhaltung der Betriebsratswahl so zu organisieren, dass alle Wahlberechtigten die reale Möglichkeit haben, ihr Wahlrecht auszuüben. Für Wahlberechtigte, die auf Grund ihres ständigen auswärtigen Arbeitsortes oder ihres vorübergehenden auswärtigen Arbeitseinsatzes nicht am Wahlort anwesend sein werden und deshalb an der persönlichen Stimmabgabe verhindert sind, ist auch ohne entsprechenden Antrag eine Wahlkarte auszustellen.

Eine Wahlanfechtung setzt voraus, dass der Fehler im Wahlverfahren objektiv geeignet war, das Wahlergebnis zu beeinflussen.

S. 536 - 538, Rechtsprechung

Kündigungsverbot im Frühwarnsystem

Die Nichtigkeitssanktion des § 45a Abs 5 AMFG bezieht sich dem klaren Wortlaut nach nur auf Kündigungen. Es liegt weder eine ungewollte Gesetzeslücke vor noch gibt es ein europarechtliches Gebot, das eine analoge Anwendung dieses Verbots auf einvernehmliche Auflösungen von Arbeitsverhältnissen erfordert.

S. 538 - 539, Rechtsprechung

Deliktischer Schutz von Mitgliedschaftsrechten; Auskunftserteilung

Ein Anspruch auf Auskunft eines Gesellschafters gegen einen Geschäftsführer muss jedenfalls dann scheitern, wenn er ohnehin bereits von der Gesellschaft Auskunft und dies noch dazu gerade durch jenen Geschäftsführer, den er nunmehr in Anspruch nehmen will, erhalten hat.

S. 539 - 540, Rechtsprechung

Rechtsmittellegitimation im Firmenbuchverfahren eines vorläufig wirksam abberufenen Geschäftsführers im eigenen und im Namen der Gesellschaft

Der vorläufig wirksam abberufene Geschäftsführer ist weder im eigenen noch im Namen der Gesellschaft zur Bekämpfung des Beschlusses des Firmenbuchgerichts auf Löschung seiner Funktion legitimiert.

S. 540 - 541, Rechtsprechung

Aufgriffsrechte; Zulässigkeit von Abtretungspreisbeschränkungen

Unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes müssen freiwilliges Ausscheiden und das Ableben eines Gesellschafters einerseits sowie Exekution bzw Insolvenz andererseits als Fälle des gesellschaftsvertraglichen Aufgriffsrechts gleich behandelt werden.

Eine Abfindungsbeschränkung unter den Verkehrswert des Geschäftsanteils in den Fällen der Exekution und Insolvenz des Gesellschafters ist darüber hinaus nur zulässig, wenn sie nicht nur in diesen Fällen greift, sondern eine entsprechende Reduktion des Abfindungsanspruchs für jede Konstellation des freiwilligen (insb der Anteilsübertragung) und des unfreiwilligen Ausscheidens des Gesellschafters vereinbart wird.

S. 541 - 541, Rechtsprechung

Nachtragsliquidationsgesellschaft

Die Eintragung der Nachtragsliquidationsgesellschaft ist nicht ausgeschlossen und kann erfolgen, wenn es das Firmenbuchgericht für zweckmäßig erachtet.

S. 541 - 541, Rechtsprechung

Vertretungsbefugnis entsandter Geschäftsführer

Mangels anderer Bestimmung im Gesellschaftsvertrag sind entsandte Geschäftsführer gesamtvertretungsbefugt.

S. 542 - 544, Rechtsprechung

Zum Wettbewerbsverhältnis; zum Boykott; zur Herabsetzung

Für die Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses genügt, dass die vertriebenen Waren oder gewerblichen Leistungen ihrer Art nach miteinander in Konkurrenz treten und einander daher nach der Verkehrsauffassung im Wettbewerb behindern können. Im Rahmen des § 14 UWG bedarf es keiner eigenen Beeinträchtigung des kl Mitbewerbers durch den Wettbewerbsverstoß (kein konkretes Wettbewerbsverhältnis), sondern es reicht wegen des auch öffentlichen Interesses an der Ausschaltung unlauterer Wettbewerbshandlungen aus, dass abstrakt eine Beeinträchtigung theoretisch möglich erscheint. Es genügt zur Begründung einer Mitbewerbereigenschaft, wenn sich der Kundenkreis auch nur zum Teil oder lediglich vorübergehend überschneidet. Ein Wettbewerb findet auch zwischen Marktteilnehmern unterschiedlicher Absatzstufen statt, hängt doch etwa die Absatzmöglichkeit eines Generalimporteurs (oder Herstellers) letztlich vom Erfolg der nachgelagerten Absatzstufen ab.

Ein Boykott ist die von einer oder mehreren Personen ausgehende, durch dritte Personen ausgeübte planmäßige Absperrung eines Gegners vom Geschäftsverkehr. Boykott verlangt eine Willensbeeinflussung durch den Boykottierer. Eine reine Anregung, die keinerlei Einfluss auf die Entscheidungsfreiheit nimmt, reicht nicht aus.

Auch dann, wenn eine geschäftsschädigende Behauptung wahr ist, ist der Wettbewerber nicht ohne weiteres berechtigt, seinen Mitbewerber herabzusetzen und ihn geschäftlich zu schädigen. Eine unnötige und unsachliche Herabsetzung, auch wenn sie einen wahren Kern enthalten mag, ist lauterkeitswidrig. Eine solche Herabsetzung kann durch Tatsachenbehauptungen wie durch Werturteile erfolgen.

S. 544 - 544, Rechtsprechung

Urheberrecht: Vorlagefrage des OGH an den EuGH

1. Ist eine nationale Vorschrift mit dem Unionsrecht vereinbar, die auf Grundlage des Art 5 Abs 2 lit b RL 2001/29/EG des EP und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl L 167, S 10) den Betrieb eines von einem kommerziellen Anbieter bereitgestellten Online-Videorecorders erlaubt, der

aufgrund des technisch angewandten De-Duplizierungsverfahrens nicht bei jeder von einem Nutzer initiierten Aufzeichnung eine eigenständige Kopie des programmierten Sendungsinhalts erstellt, sondern, soweit der betreffende Inhalt bereits auf Initiative eines erstaufzeichnenden anderen Nutzers gespeichert wurde, bloß – zur Vermeidung redundanter Daten – eine Referenzierung vornimmt, die es dem nachfolgenden Nutzer erlaubt, auf den bereits gespeicherten Inhalt zuzugreifen;

eine Replay-Funktion hat, in deren Rahmen das gesamte Fernsehprogramm aller ausgewählten Sender rund um die Uhr aufgenommen und über sieben Tage hinweg zum Abruf bereitgestellt wird, soweit der Nutzer einmalig im Menü des Online-Videorecorders bei den jeweiligen Sendern durch Anklicken eines Kästchens eine entsprechende Auswahl trifft; und

dem Nutzer (entweder eingebettet in einen Cloud-Dienst des Anbieters oder im Rahmen der vom Anbieter bereitgestellten on premises IPTV-Komplettlösung) auch Zugang zu geschützten Sendungsinhalten ohne Zustimmung der Rechteinhaber vermittelt?

2. Ist der Begriff der „öffentlichen Wiedergabe“ in Art 3 Abs 1 RL 2001/29/EG des EP und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl L 167, S 10) dahin auszulegen, dass diese von einem kommerziellen Anbieter einer (on premises) IPTV-Komplettlösung vorgenommen wird, in deren Rahmen er neben Soft- und Hardware zum Empfang von TV-Programmen über das Internet auch technischen Support leistet sowie laufende Anpassungen des Dienstes vornimmt, der Dienst aber zur Gänze auf der Infrastruktur des Kunden betrieben wird, wenn der Dienst dem Nutzer Zugriff nicht nur auf Sendungsinhalte vermittelt, deren Online-Nutzung die jeweiligen Rechtsinhaber zugestimmt haben, sondern auch auf solche geschützten Inhalte, bei denen eine entsprechende Rechteklärung unterblieben ist, und der Anbieter

Einfluss darauf nehmen kann, welche TV-Programme vom Endnutzer über den Dienst empfangen werden können,

weiß, dass sein Dienst auch den Empfang von geschützten Sendungsinhalten ohne Zustimmung der Rechteinhaber ermöglicht, allerdings

nicht mit dieser Möglichkeit zur unerlaubten Nutzung seines Dienstes wirbt und dadurch einen wesentlichen Anreiz zum Erwerb des Produkts schafft, sondern vielmehr seine Kunden bei Vertragsabschluss hinweist, dass sie sich eigenverantwortlich um die Rechteeinräumung kümmern müssen, und

durch seine Tätigkeit keinen speziellen Zugang zu Sendungsinhalten schafft, die ohne sein Zutun nicht oder nur schwer empfangen werden könnten?

S. 544 - 545, Rechtsprechung

Urheberrecht: ergänzende Vorlagefrage des OGH an den EuGH

I. Ist der Begriff der „öffentlichen Wiedergabe“ in Art 3 Abs 1 RL 2001/29/EG des EP und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl L 167, S 10) dahin auszulegen, dass diese vom (hier nicht in der Union ansässigen) unmittelbaren Betreiber einer Streamingplattform vorgenommen wird, der

allein über den Inhalt und die Abdunkelung von von ihm verbreiteten TV-Sendungen entscheidet und diese technisch durchführt,

die alleinigen Administratorenrechte für die Streamingplattform hat,

Einfluss darauf nehmen kann, welche TV-Programme vom Endnutzer über den Dienst empfangen werden können, jedoch ohne Einfluss auf den Inhalt der Programme nehmen zu können,

und alleiniger Kontrollpunkt dafür ist, welche Programme und Inhalte wann auf welchen Territorien zu sehen sind,

wenn dabei jeweils

dem Nutzer Zugriff nicht nur auf Sendungsinhalte vermittelt wird, deren Online-Nutzung die jeweiligen Rechtsinhaber erlaubt haben, sondern auch auf solche geschützte Inhalte, bei denen eine entsprechende Rechteklärung unterblieben ist, und

der unmittelbare Betreiber der Streamingplattform weiß, dass sein Dienst auch den Empfang von geschützten Sendungsinhalten ohne Zustimmung der Rechteinhaber ermöglicht, indem die Endkunden VPN-Dienste verwenden, die suggerieren, die IP-Adresse und Gerät der Endkunden befinde sich in Gebieten, für die eine Zustimmung des Rechteinhabers vorliegt, jedoch

der Empfang von geschützten Sendungsinhalten über die Streamingplattform ohne Zustimmung der Rechteinhaber auch ohne VPN-Tunnelung für mehrere Wochen tatsächlich möglich war?

II. Im Fall der Bejahung der Frage I.:

Ist der Begriff der „öffentlichen Wiedergabe“ in Art 3 Abs 1 RL 2001/29/EG dahin auszulegen, dass diese auch von mit dem in Frage I. beschriebenen Betreiber einer Plattform vertraglich und/oder gesellschaftsrechtlich verbundenen Dritten (hier mit Sitz in der Union) vorgenommen wird, die, ohne selbst Einfluss auf die Abdunkelungen und auf die Programme und Inhalte der auf der Streamingplattform gebrachten Sendungen zu haben,

die Streamingplattform des Betreibers und deren Dienstleistungen bewerben, und/oder

mit den Kunden nach 15 Tagen automatisch endende Testabonnements abschließen, und/oder

die Kunden der Streamingplattform als Kundendienst betreuen, und/oder

auf ihrer Website kostenpflichtige Abonnements für die Streamingplattform des unmittelbaren Betreibers anbieten und dann als Vertragspartner der Kunden und als Zahlungsempfänger agieren, wobei die kostenpflichtigen Abonnements derart erstellt werden, dass ein ausdrücklicher Hinweis darauf, dass gewisse Programme nicht zur Verfügung stehen, nur dann erfolgt, wenn ein Kunde bei Vertragsabschluss explizit angibt, diese Programme sehen zu wollen, jedoch dann, wenn solches von Kunden nicht angegeben bzw konkret nachgefragt wird, die Kunden nicht im Vorhinein darauf hingewiesen werden?

III. Sind Art 2 lit a und lit e sowie Art 3 Abs 1 der RL 2001/29/EG iVm Art 7 Nr 2 der VO (EU) Nr 1215/2012 des EP und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von E in Zivil- und Handelssachen (ABl L 351, S 1) dahin auszulegen, dass im Fall der Geltendmachung einer Verletzung von Urheber- und verwandten Schutzrechten, die vom MS des angerufenen Gerichts gewährleistet werden, dieses Gericht – weil das Territorialitätsprinzip der Kognitionsbefugnis inländischer Gerichte in Bezug auf ausländische Verletzungshandlungen entgegensteht – nur für die Entscheidung über den Schaden zuständig ist, der im Hoheitsgebiet des MS verursacht worden ist, zu dem es gehört, oder kann oder muss dieses Gericht auch über nach den Behauptungen des verletzten Urhebers außerhalb dieses Hoheitsgebiets (weltweit) begangene Tathandlungen absprechen?

S. 545 - 547, Rechtsprechung

Projektänderung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren

Projektänderungen sind grds auch im Berufungsverfahren zulässig. In Hinblick auf § 17 VwGVG iVm § 13 Abs 8 AVG und die vergleichbare Funktion der Bescheidbeschwerde gem Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG gilt dies auch für Änderungen während des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht. Modifikationen des Projektes sind allerdings nur so weit möglich, als nicht der Prozessgegenstand, der den Inhalt des Spruches des verwaltungsbehördlichen Bescheids dargestellt hat, ausgewechselt wird. Das Verwaltungsgericht hat also über die Angelegenheit abzusprechen, die von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war.

Eine von der Behörde gem § 39 Abs 3 AVG verfügte Schließung des Ermittlungsverfahrens wirkt nicht auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren fort. Die in § 13 Abs 8 AVG normierte Begrenzung der Möglichkeit, den Antrag zu ändern, erstreckt sich in einem solchen Fall nur auf das verwaltungsbehördliche Verfahren.

S. 547 - 548, Rechtsprechung

Vorlageantrag und Zurückweisung durch das Verwaltungsgericht

Die Rsp des VwGH zu § 64a Abs 3 dritter Satz AVG betreffend Vorlageanträge gegen Berufungsvorentscheidungen, wonach allein die Behörde, die die Berufungsvorentscheidung erlassen hat, zur Zurückweisung des Vorlageantrages zuständig sei, lässt sich auf Vorlageanträge gegen Beschwerdevorentscheidungen gem § 15 Abs 3 VwGVG nicht übertragen.