Am 1.4.2021 ist das in BGBl I 2021/61 kundgemachte arbeitsrechtliche „Home-Office-Gesetzespaket“ in Kraft getreten, nachdem einige steuerrechtliche Vorkehrungen bereits mit dem 2. COVID-19-Steuermaßnahmengesetz (BGBl I 2021/52) – zum Teil sogar rückwirkend für das Jahr 2020 – in Geltung gesetzt wurden. Das Arbeitsrecht betreffen lediglich vier Bestimmungen, die um die Prolongierung von zwei bestehenden Vorschriften im Unfallversicherungsrecht ergänzt werden. Damit werden etliche Fragen offengelassen und nicht wenige neue aufgeworfen. Einigen davon soll in diesem Beitrag nachgegangen werden.
- ISSN Online: 1864-3434
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Inhalt der Ausgabe
S. 361 - 368, Aufsatz
Die neuen Homeoffice-Regelungen – wenig Substanz, aber viele Fragen
Auch wenn der OGH in seiner „Neutronics“-Entscheidung das Erfordernis des positiven übertragenen Vermögens bei einer down-stream Verschmelzung im Detail erörtert und dargelegt hat, war der Entscheidung keine abschließende Aussage zu entnehmen, ob daraus ein allgemeiner Grundsatz abgeleitet werden könne und generell bei allen Verschmelzungsvorgängen und -richtungen das übertragene Vermögen einen positiven Verkehrswert aufweisen müsse. Diese Rechtsfrage hat der OGH auch in seinen weiteren (jüngeren) Entscheidungen – in denen er sich mit verschiedenen Konzernverschmelzungskonstellationen auseinandergesetzt hat – offengelassen und erst jetzt eine klare Aussage zum (Nicht)Erfordernis des positiven übertragenen Vermögens bei einer Konzernverschmelzung up-stream getroffen.
Die Art 7 und 15 der RL 2000/43/EG iVm Art 47 der Charta der Grundrechte der EU sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Rechtsvorschrift entgegenstehen, die ein Gericht, das mit einer Klage auf Schadensersatz wegen des Vorwurfs einer gem dieser RL verbotenen Diskriminierung befasst ist, daran hindert, den Antrag auf Feststellung des Vorliegens dieser Diskriminierung zu prüfen, wenn der Bekl sich zur Zahlung des geforderten Schadensersatzes bereit erklärt, ohne jedoch das Vorliegen der Diskriminierung einzuräumen. Es ist Sache des mit einem Rechtsstreit zwischen Privatpersonen befassten nationalen Gerichts, im Rahmen seiner Befugnisse den Rechtsschutz zu gewährleisten, der den Einzelnen aus Art 47 der Charta der Grundrechte erwächst, indem es erforderlichenfalls jede entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts unangewendet lässt.
1. Der Effektivitätsgrundsatz ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der die Klage eines Verbrauchers auf Rückzahlung von Beträgen, die er aufgrund von Klauseln, die iS der RL 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen missbräuchlich sind oder gegen die Anforderungen der RL 2008/48/EG verstoßen, im Rahmen der Durchführung eines Kreditvertrags zu Unrecht gezahlt hat, einer Verjährungsfrist von drei Jahren unterliegt, die ab dem Tag, an dem die ungerechtfertigte Bereicherung eingetreten ist, zu laufen beginnt.
2. Art 10 Abs 2 und Art 22 Abs 1 der RL 2008/48 in ihrer Auslegung durch das Urteil vom 9. November 2016, Home Credit Slovakia (C-42/15, EU:C:2016:842), sind auf einen Kreditvertrag anwendbar, der vor Verkündung dieses Urteils und vor einer Änderung der nationalen Regelung zur Anpassung an die in diesem Urteil vorgenommene Auslegung geschlossen wurde.
Art 2 Nr 2 der RL 2003/4/EG ist dahin auszulegen, dass er nicht den Zugang zu in Gerichtsakten enthaltenen Umweltinformationen regelt, da Gerichte sowie Gremien oder Einrichtungen, die unter ihrer Kontrolle und somit in enger Verbindung zu ihnen stehen, keine „Behörden“ iS dieser Bestimmung sind und deshalb nicht in den Anwendungsbereich der RL fallen.
Art 17 Abs 1 des Übereinkommens von Montreal ist dahin auszulegen, dass der in dieser Bestimmung enthaltene Begriff „Unfall“ keine Landung erfasst, die im Einklang mit den für das betreffende Flugzeug geltenden Verfahren und Betriebsgrenzen – einschließlich der Toleranzen und Spannen in Bezug auf Leistungsfaktoren, die einen erheblichen Einfluss auf die Landung haben – und unter Berücksichtigung der Regeln der Technik und der bewährten Praktiken auf dem Gebiet des Betriebs von Luftfahrzeugen durchgeführt wird, auch wenn der betroffene Fluggast diese Landung als ein unvorhergesehenes Ereignis wahrnehmen sollte.
Art 7 Nr 2 der VO (EU) Nr 1215/2012 ist dahin auszulegen, dass der unmittelbare Eintritt eines reinen Vermögensschadens auf einem Anlagekonto infolge von Anlageentscheidungen, die aufgrund von weltweit problemlos zugänglichen, aber unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Informationen eines internationalen börsennotierten Unternehmens getroffen wurden, es dann nicht erlaubt, in Anknüpfung an die Verwirklichung des Schadenserfolgs die internationale Zuständigkeit eines Gerichts des MS zu bejahen, in dem die Bank oder die Investmentgesellschaft, bei der das Konto geführt wird, ihren Sitz hat, wenn für das betreffende Unternehmen in diesem MS keine gesetzlichen Offenlegungspflichten gelten.
Eine Befristungsvereinbarung „bis zum Ende der Wintersaison“ ist rechtswirksam. Dabei macht es keinen Unterschied, ob dieses Ereignis auf Witterungsverhältnisse oder auf behördliche Anordnung zurückzuführen ist.
Der Arbeitgeber hat Anspruch auf Ersatz von Detektivkosten, wenn der Arbeitnehmer ausreichende Anhaltspunkte für ein vertragswidriges Verhalten gegeben hat und der Einsatz von Detektiven notwendig war.
Es gibt keinen Grundsatz, Detektivkosten automatisch dann als überhöht anzusehen, wenn sie das monatliche Einkommen erheblich übersteigen. Bei Nachforschungen im Zusammenhang mit einem Krankenstand kann auch eine Überwachung für drei Tage gerechtfertigt sein.
Ein Anspruch auf Urlaubsentschädigung besteht auch bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch Fristablauf und vorangehender Dienstfreistellung. Der Umstand, dass ein Urlaubsverbrauch im Hinblick auf die Jahreszeit zumutbar wäre, die Dienstfreistellung knapp fünf Monate gedauert hat und ein Resturlaub von 14 Tagen vorliegt, lässt keine Schlüsse auf ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Arbeitnehmers zu.
S. 400 - 409, Rechtsprechung
Zur Beschlussanfechtung wegen Verstoßes gegen einen Syndikatsvertrag
Ein Stimmrechtsbindungsvertrag bindet grundsätzlich nur die Gesellschafter, nicht die GmbH selbst. Eine Beschlussanfechtung wegen Verletzung des Stimmbindungsvertrags scheidet daher grundsätzlich aus, sofern sich die Stimmbindung nicht darauf beschränkt, die – auch ohne Syndikatsvertrag gegebene – Treuepflicht zu konkretisieren. Daher geht es im Kern um die Ermittlung der Inhalte von Treuepflichten.
Ein späterer Beschluss der Hauptversammlung einer AG ist nichtig, wenn er sachlich an den früheren anschließt und seinem Inhalt nach die Gültigkeit des früheren voraussetzt, mag das ausdrücklich ausgesprochen sein oder sich nur aus dem Zusammenhang ergeben. In diesen Fällen hat die Nichtigerklärung des ersten Beschlusses auch die Nichtigkeit des zweiten zur Folge, weil mit dem ersten Beschluss eine notwendige Voraussetzung für das Bestehen des zweiten fortfällt. Dies gilt nicht nur Folgebeschlüsse, die durch die Nichtigkeit des vorangehenden Beschlusses „sachlich widersprüchlich“ oder perplex (also inhaltlich so ausgestaltet, dass sich durch Auslegung kein durchführbarer Sinn ermitteln lässt) sind. Die Nichtigkeit des Folgebeschlusses erfasst etwa auch die Erteilung der Zustimmung zum Geschäftsbericht des Aufsichtsrats, wenn bereits die Beschlüsse auf Wahl der Aufsichtsratsmitglieder nichtig waren. Im Sinn dieser Ausführungen folgt aus der treuwidrigen Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds durch einen Gesellschafter die Treuwidrigkeit der Wahl eines anderen Aufsichtsratsmitglieds anstelle des Abberufenen durch den Gesellschafter.
Erstattet eine Arbeitnehmerin auf Ersuchen des Arbeitgebers diesem nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Ausbildungskosten in der Annahme, dazu verpflichtet zu sein, kann sie den geleisteten Betrag zurückverlangen.
S. 409 - 411, Rechtsprechung
Höchstpersönliches Entsendungsrecht in den Aufsichtsrat; Erlöschen; Entsendungsdauer
Ein im Gesellschaftsvertrag namentlich genannten Gesellschaftern eingeräumtes Entsendungsrecht ist höchstpersönlich und damit unübertragbar. Es erlischt mit dem Verlust der Gesellschafterstellung und zwar auch dann, wenn der Anteilserwerber zu demselben Konzern gehört.
Der Wegfall des Entsendungsrechts tangiert für sich allein die Stellung des entsendeten Aufsichtsratsmitglieds nicht.
§ 30c GmbHG sieht eine zeitlich befristete Entsendung eines entsandten Aufsichtsratsmitglieds nicht vor. Der Entsandte bleibt so lange Aufsichtsratsmitglied, bis er entweder nach § 30c Abs 3 oder 4 GmbHG abberufen wird.
Eine Geschäftsordnung des Aufsichtsrats kann die Funktionsperiode von Aufsichtsratsmitgliedern nicht wirksam verkürzen.
Mit der Ermöglichung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft in der Rechtsform der GmbH wollte der Gesetzgeber die persönliche Haftung des für eine Rechtsanwalts-GmbH einschreitenden Rechtsanwalts gerade nicht implementieren.
S. 411 - 411, Rechtsprechung
Anteilsübertragung GmbH; vereinfachte Anmeldung; eingeschränkte Prüfpflicht Firmenbuchgericht
Bei einem Übergang von Geschäftsanteilen aufgrund eines Abtretungsvertrags muss dieser im Zug der vereinfachten Anmeldung durch den Geschäftsführer gemäß § 11 FBG grundsätzlich nicht vorgelegt werden, es sei denn, das Firmenbuchgericht hätte Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Gesuch zugrundeliegenden Tatsachen. Die Prüfpflicht des Firmenbuchgerichts kann sich in diesem Fall grundsätzlich darauf beschränken, ob der angezeigte Vorgang dem Gesetz und der Satzung entspricht.
Unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes müssen freiwilliges Ausscheiden und das Ableben eines Gesellschafters einerseits sowie Exekution bzw Insolvenz andererseits als Fälle des gesellschaftsvertraglichen Aufgriffsrechts gleichbehandelt werden.
Eine Abfindungsbeschränkung unter den Verkehrswert (Schätzwert) des Geschäftsanteils in den Fällen der Exekution und Insolvenz des Gesellschafters ist darüber hinaus nur zulässig, wenn sie nicht nur in diesen Fällen greift, sondern eine entsprechende Reduktion des Abfindungsanspruchs für jede Konstellation des freiwilligen (insb der Anteilsübertragung) und des unfreiwilligen Ausscheidens des Gesellschafters vereinbart wird.
S. 412 - 414, Rechtsprechung
Zum Begründungsmangel im patentrechtlichen Verfahren; zur Neuheit einer Erfindung
Das AußStrG (auf das das PatG in den §§ 139, 140 verweist) kennt keine Nichtigkeitsgründe, sondern nur (wesentliche) Verfahrensmängel. Ein solcher liegt vor, wenn die E des RekursG mit sich selbst in Widerspruch steht (§ 57 Z 1 AußStrG iVm § 66 Abs 1 Z 1 AußStrG). § 57 Z 1 AußStrG entspricht im Wesentlichen § 477 Abs 1 Z 9 ZPO. Ein Mangel nach dieser Bestimmung liegt nur bei einem Widerspruch im Spruch selbst vor, nicht aber bei einem Widerspruch zwischen dem Spruch und den Gründen.
Ein Begründungsmangel iSd § 57 Abs 1 AußStrG liegt nur dann vor, wenn die E gar nicht oder so unzureichend begründet ist, dass sie sich nicht überprüfen lässt. Eine allenfalls mangelhafte Begründung erfüllt den Tatbestand nicht, ebenso wenig, dass eine bestimmte Erwägung nicht angestellt wurde, die angestellt hätte werden können.
Eine europäisch einheitliche Beurteilung der materiellen Bestimmungen des PatG im Lichte des EPÜ trägt dem Ziel einer harmonisierten Schutzrechtsausübung Rechnung.
Diese Grundsätze gelten allerdings nicht für Bestimmungen des Verfahrensrechts.
Zwischen mangelnder Neuheit und Erfindungshöhe besteht ein enger sachlicher Zusammenhang. Die mangelnde Neuheit wird als der Spezialfall einer „Erfindungshöhe von Null“ angesehen. Bei mangelnder Neuheit kommt es auf eine Erfindungshöhe (Erfindungseigenschaft, erfinderische Tätigkeit, Nichtnaheliegen) nicht mehr weiter an, weil Erfindungshöhe Neuheit zur Voraussetzung hat. Der Einwand der mangelnden Neuheit muss daher – bei gegebenem sachlichen Zusammenhang – in einer zweiten Stufe (nachdem die Neuheit bejaht wurde) zur Prüfung (auch) der Erfindungshöhe führen.
Für den Verfall einer Unionsmarke nach Art 58 Abs 1 lit c UMV ist entscheidend, ob eine Unionsmarke allein durch ihre Benutzung als solche zu einer Irreführung des Publikums insb über die Art, die Beschaffenheit oder die geografische Herkunft der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen führen kann. Die Irreführungseignung muss sich auf die Merkmale und die Eigenschaften des gekennzeichneten Produkts beziehen. Dies gilt etwa auch für eine Traditionsangabe in der Unionsmarke, die nachträglich zu Fehlvorstellungen über Qualitätsmerkmale des gekennzeichneten Produkts führt. Auch in einem solchen Fall wird die Irreführungseignung allein durch die Benutzung der Marke als solche herbeigeführt.
S. 416 - 419, Rechtsprechung
Einschränkung der Einsicht in das Register der wirtschaftlichen Eigentümer
Eine Beschränkung der Einsicht nach Art 30 Abs 9 der RL (in der Fassung der RL 2018/843) soll – in Übereinstimmung mit der Überschrift des § 10a WiEReG – nur bei Vorliegen von „außergewöhnlichen“ Umständen vorgenommen werden. In die Beurteilung, ob derart außergewöhnliche Umstände vorliegen und damit die Eintrittswahrscheinlichkeit deutlich erhöht ist (das Risiko also unverhältnismäßig ist), können zwar auch andere Straftaten als die in § 10a Abs 2 Unterabsatz 1 WiEReG explizit aufgezählten einbezogen werden. Wesentlich ist aber jeweils, ob daraus geschlossen werden könnte, dass der wirtschaftliche Eigentümer mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Opfer einer der explizit aufgezählten Straftaten werde.
Führt man sich den Zweck der Einschränkungen nach § 13 Abs 3 Wr Wettengesetz bei der Benutzung von Wettterminals in Betriebsstätten, in denen sich kein Wettannahmeschalter befindet, vor Augen (Schutz der Wettkunden vor einer Senkung der Hemmschwelle zur Wettteilnahme mangels persönlichen Kontakts), kann dieser Schutzzweck nur dann erreicht werden, wenn das Spielgeschehen vom Wettunternehmer beaufsichtigt werden kann. Das ist dann der Fall, wenn in den Räumen der Betriebsstätte, in der sich die Wettterminals befinden, ein Wettannahmeschalter eingerichtet ist, von dem aus die Wettkunden und das Wettgeschehen beobachtet werden können.
Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht – soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist – ungeachtet eines Parteienantrages von der Durchführung einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 EMRK noch Art 47 GRC entgegenstehen. Eine Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ist daher durchzuführen, wenn es um „civil rights“ oder „strafrechtliche Anklagen“ im Sinn des Art 6 EMRK oder um die Möglichkeit der Verletzung einer Person eingeräumter Unionsrechte (Art 47 GRC) geht und eine inhaltliche Entscheidung in der Sache selbst getroffen wird (vgl etwa VwGH 22. 2. 2018, Ra 2017/09/0006, mwN).
Bei einem rechtswidrigen Unterlassen einer nach Art 6 EMRK oder nach Art 47 GRC erforderlichen mündlichen Verhandlung ist keine Relevanzprüfung hinsichtlich des Verfahrensmangels vorzunehmen (vgl etwa VwGH 25. 9. 2019, Ra 2018/09/0211, mit Verweis auf VwGH 27. 5. 2015, Ra 2014/12/0021, ua).
Eine Entscheidung, mit welcher wie hier über die Berechtigung zur Berufsausübung entschieden wird, betrifft das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Erwerbsfreiheit (Art 6 StGG), mithin ein „civil right“ im Sinne des Art 6 MRK (vgl VwGH 16. 6. 2020, Ra 2018/04/0151, mwN).
Gemäß § 44 Abs 5 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. Durch die Wortfolge „wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten“ wurde vom Gesetzgeber klargestellt, dass es hierbei auf eine ausdrückliche Willenserklärung der Parteien ankommt.
Im Hinblick auf die vom Gesetzgeber in § 44 Abs 5 VwGVG verwendete Wortfolge hat der VwGH etwa ausgesprochen, dass der Entfall der mündlichen Verhandlung nicht damit begründet werden könne, dass sich die Parteien auf Nachfrage des Verwaltungsgerichts nicht zu einem Verzicht auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung geäußert hätten (VwGH 19.3.2018, Ra 2017/17/0871, und 30.8.2018, Ra 2017/17/0724).
Aus der gesetzlichen Regelung, dass die Parteien auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung überhaupt verzichten können, ist der Schluss zu ziehen, dass eine Partei, der gegenüber die Frist des § 44 Abs 6 VwGVG für den Zeitraum zwischen Ladung und mündlicher Verhandlung nicht eingehalten worden ist, ausdrücklich auf die Ausschöpfung dieser in § 44 Abs 6 VwGVG vorgesehenen Vorbereitungszeit von zwei Wochen verzichten kann.
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