Trotz der historischen Entkriminalisierung des Kartellrechts kennen Straf- und Nebenstrafrecht weiterhin einzelne Tatbestände mit Kartellrelevanz. Ihre Praxisbedeutung ist derzeit enden wollend. Allerdings steckt in einigen Tatbeständen das Potenzial, auf digitalen Märkten und bei Vereinbarungen oder einseitigen Verhaltensweisen betreffend Daten eine potenziell wichtige Ergänzungsfunktion zur Kartellrechtskontrolle einzunehmen. Dies gilt gerade auch vor dem Hintergrund eines verschärften Sanktionenregimes nach der neuen DSGVO 2016/679 und einer aktuellen Rechtsprechung des EuGH, wonach Verwaltungsstrafen und Kriminalstrafen für dieselbe Tat unter bestimmten Voraussetzungen kumuliert werden dürfen. Der vorliegende Aufsatz lotet die Bedeutung dieser Rechtsprechung für das Kartell- und Missbrauchsrecht und dessen Antworten auf das Phänomen Big Data aus.
- ISSN Online: 1864-3434
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Inhalt der Ausgabe
Der Beitrag behandelt das Verhältnis von § 48 GmbHG zur gmbh-rechtlichen actio pro socio. Gegen die überwiegende Auffassung im Schrifttum wird dargelegt, dass diese Klage außerhalb des auf Schadenersatz zu beschränkenden § 48 (mit Einschränkungen) zulässig ist.
Art 7 Abs 1 der VO (EG) Nr 139/2004 ist dahin auszulegen, dass ein Zusammenschluss nur durch einen Vorgang vollzogen wird, der ganz oder teilweise, tatsächlich oder rechtlich zu einer Veränderung der Kontrolle über das Zielunternehmen beiträgt. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Kündigung eines Kooperationsvertrags unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens, die zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist, zum Vollzug eines Zusammenschlusses führt; dies gilt unabhängig davon, ob die Kündigung Auswirkungen auf den Markt hatte.
S. 443 - 445, Rechtsprechung
Warenverkehrsfreiheit: Zum Begriff der „Maßnahmen gleicher Wirkung wie mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen“
Die Art 34 und 35 AEUV sind dahin auszulegen, dass
Art 34 AEUV einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegensteht, nach der die Verkaufsbezeichnung „ibérico de cebo“ nur für Erzeugnisse verwendet werden darf, die bestimmte Voraussetzungen nach dieser Regelung erfüllen, sofern diese Regelung die Einfuhr und die Vermarktung von Erzeugnissen aus anderen MS als dem, der diese nationale Regelung erlassen hat, unter Bezeichnungen, die sie nach den Rechtsvorschriften des MS tragen, in dem sie ihren Ursprung haben, selbst dann gestattet, wenn sie den Bezeichnungen ähnlich, vergleichbar oder gleich sind, die nach der im Ausgangsverfahren fraglichen Regelung vorgesehen sind, und
Art 35 einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegensteht.
Art 3 Abs 1 lit a iVm Art 12 der RL 2008/120 des Rates vom 18. Dezember 2008 über Mindestanforderungen für den Schutz von Schweinen ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegensteht, die die Verwendung bestimmter Verkaufsbezeichnungen für in Spanien hergestellte oder vermarktete Erzeugnisse aus iberischem Schwein davon abhängig macht, dass die Erzeuger strengere Bedingungen für die Zucht von iberischen Schweinen als die in Art 3 Abs 1 lit a festgelegten und ein Mindestschlachtalter von zehn Monaten einhalten.
S. 445 - 448, Rechtsprechung
Warenverkehrsfreiheit: Zum Begriff der Abgaben gleicher Wirkung wie Zölle
Die Art 28 und 30 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer Regelung eines MS nicht entgegenstehen, die vorsieht, dass die Bemessungsgrundlage von Beiträgen, die ab einer bestimmten Höhe des Jahresumsatzes der Gesellschaften auf diesen Umsatz erhoben werden, unter Berücksichtigung des Wertes der von einem Steuerpflichtigen oder für seine Rechnung für die Zwecke seines Unternehmens aus diesem MS in einen anderen MS der EU verbrachten Gegenstände berechnet wird, wobei dieser Wert bereits ab der Verbringung berücksichtigt wird, während bei einer von dem Steuerpflichtigen oder für seine Rechnung für die Zwecke seines Unternehmens vorgenommenen Verbringung derselben Gegenstände innerhalb des betreffenden MS ihr Wert erst bei ihrem späteren Verkauf in der Bemessungsgrundlage berücksichtigt wird, sofern
erstens der Wert dieser Gegenstände bei ihrem späteren Verkauf in diesem MS nicht erneut in der Bemessungsgrundlage berücksichtigt wird,
zweitens ihr Wert von der Bemessungsgrundlage abgezogen wird, wenn diese Gegenstände nicht zum Verkauf in dem anderen MS bestimmt sind oder in den HerkunftsMS zurückgebracht worden sind, ohne verkauft worden zu sein, und
drittens die Vorteile, die sich aus dem Aufkommen aus diesen Beiträgen ergeben, die Belastung des auf dem Inlandsmarkt in den Verkehr gebrachten inländischen Erzeugnisses bei seinem Inverkehrbringen nicht vollständig ausgleichen, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat.
Art 2 lit d der RL 95/46/EG ist dahin auszulegen, dass der Begriff des „für die Verarbeitung Verantwortlichen“ iS dieser Bestimmung den Betreiber einer bei einem sozialen Netzwerk unterhaltenen Fanpage umfasst.
Die Art 4 und 28 der RL 95/46 sind dahin auszulegen, dass dann, wenn ein außerhalb der EU ansässiges Unternehmen mehrere Niederlassungen in verschiedenen MS unterhält, die Kontrollstelle eines MS zur Ausübung der ihr durch Art 28 Abs 3 dieser RL übertragenen Befugnisse gegenüber einer im Hoheitsgebiet dieses MS gelegenen Niederlassung dieses Unternehmens auch dann befugt ist, wenn nach der konzerninternen Aufgabenverteilung zum einen diese Niederlassung allein für den Verkauf von Werbeflächen und sonstige Marketingtätigkeiten im Hoheitsgebiet dieses MS zuständig ist und zum anderen die ausschließliche Verantwortung für die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten für das gesamte Gebiet der EU einer in einem anderen Mitgliedstaat gelegenen Niederlassung obliegt.
Art 4 Abs 1 lit a und Art 28 Abs 3 und 6 der RL 95/46 sind dahin auszulegen, dass die Kontrollstelle eines MS, wenn sie beabsichtigt, gegenüber einer im Hoheitsgebiet dieses MS ansässigen Stelle wegen Verstößen gegen die Vorschriften über den Schutz personenbezogener Daten, die von einem Dritten begangen wurden, der für die Verarbeitung dieser Daten verantwortlich ist und seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat, die Einwirkungsbefugnisse nach Art 28 Abs 3 dieser RL auszuüben, zuständig ist, die Rechtmäßigkeit einer solchen Datenverarbeitung unabhängig von der Kontrollstelle des letztgenannten MS zu beurteilen und ihre Einwirkungsbefugnisse gegenüber der in ihrem Hoheitsgebiet ansässigen Stelle auszuüben, ohne zuvor die Kontrollstelle des anderen MS um ein Eingreifen zu ersuchen.
Art 3 Abs 1 lit a der VO (EG) Nr 261/2004 ist dahin auszulegen, dass diese VO für eine Fluggastbeförderung gilt, die aufgrund einer einzigen Buchung erfolgt und zwischen dem Abflug von einem Flughafen im Gebiet eines MS und der Ankunft auf einem Flughafen im Gebiet eines Drittstaats eine planmäßige Zwischenlandung außerhalb der EU mit einem Wechsel des Fluggeräts umfasst.
Das Gericht hat nur die in der Wahlanfechtungsklage behaupteten Rechtswidrigkeiten zu prüfen. Nach dem Ende der Anfechtungsfrist können keine zusätzlichen Anfechtungsgründe mehr vorgebracht werden.
Auch wenn ein einheitlicher Stimmzettel aufgelegt wurde, ist die Verwendung anderer Stimmzettel (Fraktionsstimmzettel) zulässig. Die Verteilung solcher Stimmzettel vor dem Wahllokal verletzt nicht leitende Grundsätze des Wahlrechts.
Gibt ein Arbeitnehmer von sich aus dem Arbeitgeber die voraussichtliche Dauer eines Krankenstandes oder den letzten Tag des Krankenstandes bekannt, treffen ihn keine neuen Mitteilungs- und Nachweispflichten, wenn der Krankenstand fortdauert. Kündigt der Arbeitnehmer allerdings an, dass er am nächsten Tag die Arbeit wieder antreten wird und erscheint er nicht zur Arbeit, trifft ihn eine neuerliche Meldepflicht, deren Verletzung den Entfall des Entgeltanspruches bewirkt.
Überlassene Arbeitnehmer werden von einem Betriebsübergang nicht erfasst, wenn der Betrieb des Beschäftigers und nicht der Betrieb des Überlassers übergeht. Nur wenn eine ständige Überlassung an den Beschäftigerbetrieb vorliegt, kann ein Betriebsübergang auch den Übergang der Arbeitsverhältnisse dieser Arbeitnehmer bewirken. Das Vorliegen einer Arbeitskräfteüberlassung innerhalb eines Konzerns genügt allein nicht für den Übergang von Arbeitsverhältnissen überlassener Arbeitnehmer.
Eine Ruhepause muss für den Arbeitnehmer ihrer Lage nach vorhersehbar sein oder vom Arbeitnehmer innerhalb eines vorgesehenen Zeitraums frei gewählt werden können. Pausen müssen auch umfangmäßig im Voraus feststehen.
Da die Gesellschaft grundsätzlich durch § 78 Abs 1 GmbHG ausreichend geschützt ist, ist ihr in der Regel kein rechtliches Interesse zuzugestehen, mit Feststellungsklage gegen den Alt- und den möglichen Neugesellschafter vorzugehen. Das kann in Ausnahmefällen anders sein. Ein schutzwürdiges Interesse der Gesellschaft (und ihres Geschäftsführers) an der Klärung der Gesellschafterstellung kann vorliegen, wenn der Streit um die Gesellschafterstellung bereits zu einer Lähmung der internen Willensbildung der Gesellschaft geführt hat und der (Not-)Geschäftsführer mit divergierenden Ansprüchen konfrontiert wurde. Aber auch dann muss die Klage der Gesellschaft auf die Feststellung der Gesellschaftereigenschaft und nicht auf die Unwirksamkeit des Notariatsaktes, mit dem der Geschäftsanteil übertragen werden sollte, gerichtet sein.
§ 1 Abs 1 Z 1 UWG; § 1295 Abs 2 ABGB: ; Die private (das heißt ohne gerichtliche Ermächtigung vorgenommene) Veröffentlichung einer E ist nicht grundsätzlich unzulässig oder rechtswidrig. Verboten werden kann die Veröffentlichung nur unter bestimmten, die Unlauterkeit begründenden, Umständen oder im Fall des § 1295 Abs 2 ABGB, nicht aber generell. Diese Grundsätze gelten auch bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Mitteilung des Inhalts einer gerichtlichen E.
§ 1 Abs 1 Z 1 UWG: ; Eine unzulässige Anschwärzung liegt nicht erst dann vor, wenn unwahre Behauptungen verbreitet werden; ein solches Verhalten wird bereits von § 7 UWG erfasst. Vielmehr können auch wahrheitsgemäße geschäftsschädigende Behauptungen unlauter sein, wenn kein hinreichender Anlass besteht, den eigenen Wettbewerb mit der Herabsetzung des Konkurrenten zu verbinden. Dabei kommt es auf eine Interessenabwägung an. Diese Erwägungen gelten dem Sinne nach auch bei der gerichtlich angeordneten Urteilsveröffentlichung zu länger zurückliegenden Lauterkeitsverstößen: Sie ist nur dann anzuordnen, wenn noch künftige Vorteile des Bekl oder nachteilige Auswirkungen für den Kl zu besorgen sind.
Aus der Rsp zur Anwendung des Verbots der Einlagenrückgewähr der GmbH auf eine GmbH & Co KG ohne natürliche Person als Vollhafterin kann nicht abgeleitet werden, dass aus Gläubigerschutzgründen auch die Einbringung von Einlagen in eine GmbH & Co KG zwingend schriftlich vereinbart werden muss. Der KG-Gesellschaftsvertrag für eine GmbH & Co KG kann (weiterhin) formfrei und konkludent abgeschlossen werden.
S. 467 - 468, Rechtsprechung
Zur Unterscheidungskraft von Firmenbestandteilen; zur Verwechslungsgefahr
Bestandteile einer Firma sind als Firmenschlagwort aufgrund ihrer Namensfunktion nach § 9 Abs 1 UWG geschützt, wenn sie Unterscheidungs- bzw Kennzeichnungskraft besitzen. Sie müssen etwas Besonderes, Individuelles an sich haben, das sich schon seiner Art nach dazu eignet, ihren Träger von anderen Personen oder Unternehmen zu unterscheiden. Keine Unterscheidungskraft besitzen rein beschreibende Zeichen, deren Begriffsinhalt von den beteiligten Verkehrskreisen zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschlossen werden kann und die als beschreibender Hinweis auf die Art der Tätigkeit des betreffenden Unternehmens verstanden werden. Enthält das Zeichen nur Andeutungen einer bestimmten Beschaffenheit, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht rein beschreibend.
Wenn Aussprache und Phantasiecharakter der Zeichen den Sinngehalt des übereinstimmenden Zeichenbestandteils in den Hintergrund treten lassen und dieser daher nicht beschreibend wirkt, ist die Verwechslungsgefahr zu bejahen, weil letztlich zwei Phantasiebezeichnungen vorliegen, die in dem am Wortanfang stehenden und den Gesamteindruck prägenden Zeichenbestandteil übereinstimmen.
Um von einem fortgesetzten Delikt sprechen zu können, müssen die Einzelakte von einem vorgefassten einheitlichen Willensentschluss, vom sogenannten Gesamtvorsatz getragen sein. Von einem solchen Gesamtvorsatz kann daher nur dann gesprochen werden, wenn der Täter den angestrebten Enderfolg von Anfang an in seinen wesentlichen Umrissen erfasst hat, sodass sich die einzelnen Akte zu dessen Erreichung nur als Teilhandlungen eines (von vornherein gewollt vorhandenen) Gesamtkonzeptes darstellen. Erst dieser innere Zusammenhang lässt die Einzelakte nur als sukzessive Verwirklichung des einheitlich gewollten Ganzen erscheinen.
Ein Verbotsirrtum iSd § 5 Abs 2 VStG setzt voraus, dass demjenigen, der sich auf diesen beruft, das Unerlaubte seines Verhaltens trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Auch eine irrige Gesetzesauslegung entschuldigt den Betroffenen nur dann, wenn sie unverschuldet war. Erhält der Betroffene von der zuständigen Behörde trotz ausführlicher Darlegung des maßgebenden Sachverhaltes eine ausdrückliche Auskunft in eine bestimmte Richtung und geht er danach vor, so liegt trotz einer objektiven Unrichtigkeit keine Sorgfaltspflichtverletzung vor. Gleiches muss gelten, wenn sich der Betroffene an die Auffassung einer Rechtsmittelinstanz hält, die in einer hoheitlichen Erledigung geäußert wurde.
Die Anwendung des § 20 VStG (außerordentliche Milderung der Strafe) setzt voraus, dass die vorliegenden Milderungsgründe – und zwar nicht der Zahl nach, sondern – dem Gewicht nach die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.
Im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren bestimmt sich der Parteienkreis nach § 102 Abs 1 lit a und lit b WRG 1959. Auch wenn dieser Aufzählung kein abschließender Charakter zukommt, kommt eine darauf gründende Parteistellung für Umweltorganisationen, denen keine subjektiv öffentlichen Rechte zukommen, nicht in Betracht. Auch kann das österreichische Recht nicht dahingehend ausgelegt werden, dass sich aus § 8 AVG iVm § 102 WRG 1959 eine Parteistellung für Umweltorganisationen ergibt. Daraus ergibt sich, dass eine Umweltorganisation weder damit rechnen konnte, dass ihr im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren gem § 102 Abs 1 iVm Abs 3 WRG 1959 Parteistellung zukomme, noch, dass sie faktisch als Partei behandelt werden würde. Es kann ihr daher auch nicht vorgehalten werden, das nur mit der Parteistellung verbundene (und diese aufrecht erhaltende) Recht der Erhebung von wasserrechtlich relevanten Einwendungen nicht wahrgenommen zu haben.
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