Bei der OG und der KG ist umstritten, ob die Veräußerung des Unternehmens von der Vertretungsmacht der Gesellschafter gedeckt ist. Im Zentrum der Diskussion steht dabei die Frage einer analogen Anwendung des § 237 AktG, also ob ein Beschluss der Gesellschafter Voraussetzung für die Wirksamkeit des Veräußerungsvertrages im Außenverhältnis ist. Der vorliegende Beitrag untersucht, inwiefern sich die Antwort aus einer aktuellen E des OGH zum Recht der GmbH ergibt.
- ISSN Online: 1864-3434
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Inhalt der Ausgabe
S. 181 - 197, Aufsatz
Zur Gesellschafterzustimmung bei Veräußerung des Unternehmens einer OG/KG
S. 203 - 206, Rechtsprechung
Kartellrecht: Zur schadenersatzrechtlichen Haftung für Kartellverstöße nach Umstrukturierungen
Art 101 AEUV ist dahin auszulegen, dass in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens, in der alle Aktien der Gesellschaften, die an einem durch diesen Artikel verbotenen Kartell teilgenommen hatten, von anderen Gesellschaften erworben wurden, die die zuerst genannten Gesellschaften beendet und deren Geschäftstätigkeit fortgesetzt haben, die erwerbenden Gesellschaften für die durch dieses Kartell verursachten Schäden haftbar gemacht werden können.
Art 31 Abs 1 der RL 2002/22/EG in der durch die RL 2009/136/EG des EP und des Rates vom 25. November 2009 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass ein Unternehmen, das die Echtzeitübertragung (Live-Streaming) von Fernsehprogrammen im Internet anbietet, nicht allein aus diesem Grund als ein Unternehmen anzusehen ist, das ein für die öffentliche Verbreitung von Hör- und Fernsehrundfunkkanälen genutztes elektronisches Kommunikationsnetz betreibt.
Die Bestimmungen der RL 2002/22 in der durch die RL 2009/136 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass sie einen MS nicht daran hindern, in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens Unternehmen, die – ohne elektronische Kommunikationsnetze bereitzustellen – im Internet die Echtzeitübertragung (Live-Streaming) von Fernsehprogrammen anbieten, eine Übertragungspflicht aufzuerlegen.
Art 45 AEUV und Art 7 Abs 1 der VO (EU) Nr 492/2011 sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren streitigen nicht entgegenstehen, wonach bei der Feststellung, ob ein Arbeitnehmer, der insgesamt 25 Jahre Berufstätigkeit aufweist, Anspruch darauf hat, dass sich sein bezahlter Jahresurlaub von fünf auf sechs Wochen erhöht, von den Jahren, die er im Rahmen eines oder mehrerer Arbeitsverhältnisse zurückgelegt hat, die dem Arbeitsverhältnis mit seinem derzeitigen Arbeitgeber vorausgegangen sind, nur höchstens fünf Berufsjahre angerechnet werden, auch wenn ihre tatsächliche Zahl mehr als fünf beträgt.
Art 143 lit d der RL 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem und Art 143 Abs 1 lit d dieser RL in der durch die RL 2009/69/EG des Rates vom 25. Juni 2009 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass die darin normierte Einfuhrumsatzsteuerbefreiung dem gem Art 201 dieser RL als Steuerschuldner bestimmten oder anerkannten Importeur nicht zu versagen ist, wenn, wie im Fall des Ausgangsverfahrens, der Empfänger der im Anschluss an diese Einfuhr erfolgenden innergemeinschaftlichen Verbringung bei einem späteren Umsatz, der mit der Verbringung in keinem Zusammenhang steht, eine Steuerhinterziehung begeht und es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass der Importeur wusste oder hätte wissen müssen, dass dieser spätere Umsatz in eine vom Empfänger begangene Steuerhinterziehung einbezogen war.
S. 214 - 216, Rechtsprechung
Umweltschutz: Ungültigkeit einer Bestimmung der VO über die Überwachung von Treibhausgasemissionen
Art 49 Abs 1 UnterAbs 2 und Anhang IV Abschnitt 20 Unterabschnitt B der VO (EU) Nr 601/2012 sind insoweit ungültig, als sie das zum Zweck der Herstellung von gefälltem Kalziumkarbonat an eine andere Anlage weitergeleitete Kohlendioxid (CO2) unabhängig davon, ob es in die Atmosphäre freigesetzt wird oder nicht, systematisch in die Emissionen der Anlage zur Herstellung von Soda einbeziehen.
S. 221 - 223, Rechtsprechung
Insolvenz-Entgelt auch für Zinsen bei Entfall des Abfertigungsanspruches gegen den Arbeitgeber aus Billigkeit
Gemäß § 1a IESG gebührt Insolvenz-Entgelt für jenen Teil der Abfertigung, von dessen Zahlung der (ehemalige) Arbeitgeber im Fall der Auflösung des Unternehmens iS des § 23 Abs 2 AngG befreit ist.
Für diesen Anspruch steht auch Insolvenz-Entgelt für die gesetzlichen Zinsen von 4% zu, und zwar weiterhin bis zur Erlassung des Urteiles über den Entfall der Abfertigung gemäß § 23 Abs 2 AngG, § 22 Abs 2 Gutsangestelltengesetz oder einer vergleichbaren Rechtsvorschrift. Das Vorhandensein eines derartigen Urteils stellt nämlich den den Anspruch auf Insolvenz-Entgelt begründenden Tatbestand dar.
Krankenstände des Arbeitnehmers können einen personenbezogenen Kündigungsgrund bilden. Entscheidend ist, ob ein verständiger und sorgfältiger Arbeitgeber davon ausgehen kann, dass Krankenstände in erhöhtem Ausmaß mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft zu erwarten sind.
Der Arbeitgeber muss im Rahmen seiner sozialen Gestaltungspflicht versuchen, den Arbeitnehmer auf einem seiner geminderten Arbeitskraft entsprechenden Arbeitsplatz zu verwenden.
Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Übermittlung der Arbeitszeitaufzeichnungen iSd § 26 Abs 8 AZG ist privatrechtlicher Natur.
§ 26 Abs 8 AZG findet auch auf Arbeitsverhältnisse Anwendung, die vor dessen Inkrafttreten am 1.1.2015 abgeschlossen wurden, allerdings nur für Abrechnungsperioden ab dem Inkrafttreten.
Der Arbeitgeber ist nur zur Übermittlung von formell vollständigen Aufzeichnungen verpflichtet. Im Verfahren zur Übermittlung von Aufzeichnungen ist ihre inhaltliche Richtigkeit nicht zu prüfen.
Nicht jede Funktionsbeeinträchtigung ist eine Behinderung. Es ist zusätzlich erforderlich, dass die Auswirkung der Beeinträchtigung die Teilhabe des Betroffenen am allgemeinen Arbeitsmarkt erschweren kann. Bei dieser Beurteilung ist nicht nur auf die konkrete Arbeitsplatzsituation, sondern auf den abstrakten Arbeitsmarkt abzustellen.
Das Verbot der Einlagenrückgewähr ist auch auf ehemalige Gesellschafter unmittelbar anzuwenden, wenn die Leistung im Hinblick auf ihre ehemalige Gesellschafterstellung erbracht wird. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass zwischen der Beendigung der Gesellschafterstellung und dem dem Verbot unterliegenden Rechtsgeschäft eine lange Zeitspanne liegt, wenn der Rechtsnachfolger des ausgeschiedenen Gesellschafters eine von diesem beherrschte Privatstiftung ist.
Das Verbot der Einlagenrückgewähr ist auch auf einen Dritten anwendbar, der dem die Zuwendung veranlassenden Gesellschafter persönlich nahesteht. Das gilt jedenfalls für den Ehegatten des Gesellschafters.
Ein Geschäft, das gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstößt, ist nach § 879 Abs 1 ABGB absolut nichtig. Ob damit gänzliche oder lediglich Teilnichtigkeit gemeint ist, richtet sich nach dem Verbotszweck der verletzten Norm. Dabei ist zu beachten, dass der Normzweck der §§ 82f GmbHG immer auf Erhaltung und Wiederherstellung des Gesellschaftsvermögens gerichtet ist. Bei einer gewollt unentgeltlichen Zuwendung ist nicht einmal nach dem hypothetischen Parteiwillen auf ein wertäquivalentes Austauschverhältnis zu schließen. Ein Recht des begünstigten Gesellschafters, allenfalls gegen den Willen der Gesellschaft auf einen angemessenen Preis „aufzuzahlen“ und damit das Grundgeschäft zu retten, ist (schon deshalb) nicht anzuerkennen.
Der Vertrag über die Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann ausdrücklich oder stillschweigend geschlossen werden. Für den schlüssigen Abschluss eines Gesellschaftsvertrags müssen nach § 863 ABGB Umstände vorliegen, die keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass sich die Beteiligten über den Abschluss eines Gesellschaftsvertrags einig gewesen sind. Dabei hängt die rechtliche Qualifikation eines Vertrags nicht vom Willen der vertragsschließenden Parteien und der von ihnen allenfalls gewählten Bezeichnung ab, sondern in erster Linie vom Inhalt ihrer – ausdrücklich oder schlüssig getroffenen – Vereinbarungen. Es kommt auch nicht darauf an, ob sie sich der rechtlichen Tragweite ihres Verhaltens bewusst waren, solange ihre Absicht auf die für den Vertragstyp charakteristischen Elemente gerichtet ist.
Gesellschaftsverträge sind Verträge der wirtschaftlichen Organisation. Für das Zustandekommen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts genügt daher nicht, dass mehrere Personen am Eintritt eines bestimmten Erfolgs interessiert sind oder dass sie in einfacher Rechtsgemeinschaft stehen. Es muss vielmehr eine, wenn auch lose, Gemeinschaftsorganisation zwischen den Beteiligten vereinbart sein, die jedem Partner gewisse Einwirkungs- oder Mitwirkungsrechte gibt.
Die Frage, ob aufgrund des Zusammenwirkens zweier oder mehrerer Personen schlüssig eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts errichtet wurde, kann immer nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden.
Unter dem Begriff „Mogelpackung“ wird eine Fertigverpackung verstanden, die durch ihre äußere Aufmachung über Anzahl, Maß, Volumen oder Gewicht der tatsächlich darin enthaltenen Waren irreführt. Auch die Produktverpackung selbst kann als Form der kommerziellen Kommunikation über die wesentlichen Merkmale eines Produkts (§ 2 Abs 1 Z 2 UWG) täuschen, zu denen die genannten Kriterien (Anzahl, Maß, Volumen und Gewicht) zweifelsfrei zählen.
Eine derartige Irreführung kann insb durch die Überdimensionierung der Verpackung erzielt werden. Maßgebend ist, ob ein angemessen gut unterrichteter und kritischer Durchschnittsverbraucher, der eine der Bedeutung der Ware angemessene Aufmerksamkeit an den Tag legt, einen Eindruck vom Packungsinhalt gewinnt, der nicht den Tatsachen entspricht und geeignet ist, ihn zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte. Macht sich ein derartiger Adressat über bestimmte Beschaffenheiten eines Produkts allerdings ohnehin keine Vorstellungen, kann er auch insoweit nicht in die Irre geführt werden.
S. 231 - 235, Rechtsprechung
Zur internationalen Zuständigkeit für Verbandsklagen bei einer „Internet-Tat“ (hier: Rechtsbruch)
Bei einem Verstoß gegen das nationale Lauterkeitsrecht ist die internationale (örtliche) Zuständigkeit für eine Deliktsklage nach Maßgabe des Erfolgsorts im Verletzungsstaat gegeben. Der Verletzungsstaat ist jener Staat, in dem sich die Verletzungshandlung auswirkt (beeinträchtigter Markt) und daher gegen das nationale Lauterkeitsrecht verstößt. Bei einer „Internet-Tat“ kommt es allein auf die Abrufbarkeit der rechtsverletzenden Website im Verletzungsstaat an.
Art 5 Nr 3 LGVÜ II regelt nicht nur die internationale, sondern zugleich die (internationale) örtliche Zuständigkeit. Kann auf die beanstandete Website in ganz Österreich zugegriffen werden und kann sich die behauptete unlautere Handlung daher in ganz Österreich nachteilig auswirken, so hat der Kl die Wahl, seine Klage bei einem der in Betracht kommenden sachlich zuständigen Gerichte in Österreich einzubringen.
Auch Verbandsklagen sind sowohl nach dem Verbraucherschutzrecht als auch nach dem Lauterkeitsrecht von Art 5 Nr 3 LGVÜ II (bzw EuGVVO 2001) erfasst. Der Begriff des „schädigenden Ereignisses“ ist weit auszulegen und erfasst nicht nur Sachverhalte, in denen ein Einzelner einen individuellen Schaden (oder Rechtsnachteil) erleidet, sondern auch „Angriffe auf die Rechtsordnung“ (wie zB die Verwendung missbräuchlicher Vertragsklauseln oder durch lauterkeitswidriges Verhalten), die mittels Verbandsklage im kollektiven Verbraucherinteresse oder im Allgemeininteresse abgestellt werden sollen.
Der im Immaterialgüterrecht normierte Anspruch des Verletzergewinns ist als Bereicherungsanspruch nach dem Vorbild der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag konzipiert, der – abweichend von den bereicherungsrechtlichen Grundsätzen – ein Verschulden des Bereicherten voraussetzt.
Herauszugeben ist nur jener Gewinn, den der Verletzer gerade aufgrund der Verletzung erlangt hat. Dem Verletzer hat daher jener Anteil des Gewinns zu verbleiben, der nicht darauf zurückzuführen ist, dass er das fremde Immaterialgüterrecht (hier: Geschmacksmuster) verletzt hat.
Da im Unionsrecht keine spezifische Bestimmung in Bezug auf einen Verstoß gegen Art 7 Abs 2 der VO Nr 1370/2007 vorgesehen ist, ist eine entsprechende Regelung Angelegenheit des nationalen Rechts, wobei die derart normierten Verfahrensmodalitäten nicht weniger günstig ausgestaltet sein dürfen als die entsprechenden innerstaatlichen Rechtsbehelfe (Äquivalenzgrundsatz), und sie die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen (Effektivitätsgrundsatz).
Nach Ziff 11 Anh UWG genügt es, dass der Kunde die (tatsächliche oder vermeintliche) Aussicht hat, eine Vergütung zu erzielen. Eine eigene Rückabwicklungsanordnung zu dieser Bestimmung ist von Gesetzes wegen nicht vorgesehen. Der erkennende Senat ist jedoch der Auffassung, dass die Wertung des § 27 Abs 4 UWG auch bei der Rückabwicklung der wechselseitigen Leistungen der Systembeteiligten zum Tragen kommen muss, weil insoweit die gleiche Interessenlage gegeben ist.
Das Wesen der Vollstreckung besteht in der zwangsweisen Umsetzung einer in einem bestimmten Vollstreckungstitel ausgesprochenen Verpflichtung ins Tatsächliche. Diese Umsetzung kann nur einmal stattfinden. Daraus folgt, dass die Vollstreckung eine Einheit sein muss. Es kommt daher auch in dem Fall, dass eine konkrete Vollstreckung sowohl auf Antrag als auch amtswegig eingeleitet werden kann, nur ein einziges, einheitliches Vollstreckungsverfahren in Frage.
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