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WBL

wirtschaftsrechtliche blätter

Heft 8, August 2023, Band 37

eJournal-Heft
  • ISSN Online: 1864-3434

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Inhalt der Ausgabe

S. 417 - 427, Aufsatz

Zelger , Bernadette

Zur Eingriffsprüfung in die EU-Warenverkehrsfreiheit 30 Jahre nach der Leitentscheidung des EuGH in Keck – Der Versuch einer Systematisierung vor dem Hintergrund der jüngsten Entscheidung in Booky.fi

Gegenständlicher Beitrag nimmt das sich heuer nähernde 30. Jubiläum der Leitentscheidung in Keck sowie die jüngst ergangene Entscheidung des EuGH in Booky.fi (C-662/21) zum Anlass, einen Versuch zu wagen, die diversen Rechtsprechungslinien zum Begriff der Maßnahme gleicher Wirkung zusammen zu führen. Dabei argumentiert die Autorin gegen die Übernahme eines „one-stop-shop“ Marktzugangstests für sämtliche Grundfreiheiten und plädiert im Kontext der Warenverkehrsfreiheit für eine Rückbesinnung auf die in Keck entwickelten Grundsätze. Dies nicht zuletzt, um dem vorherrschenden Verbot-Rechtfertigungs-Trend entgegenzuwirken. Eine in die Keck-Logik integrierte, konturierte Verwendung des Marktzugangskriteriums innerhalb unterschiedlicher Kategorien von Maßnahmen scheint nicht nur wünschenswert, sondern im Ergebnis zu einer regelbasierten, klaren und nachvollziehbaren Systematik der Eingriffsprüfung zu führen.

S. 428 - 433, Aufsatz

Kopetzki, Moriz

Europarecht: Das Neueste auf einen Blick

Diesmal: Nachhaltigkeit im Kartellrecht mit den neuen Gruppenfreistellungsverordnungen und Horizontal-Leitlinien, Neuerungen zum digitalen Euro sowie zur digitalen Identität und politische Einigungen beim Anti-Coercion-Instrument und bei der gemeinsamen Rüstungsbeschaffung. Außerdem: Ausgewählte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zum epidemierechtlichen Vergütungsanspruch für Grenzgänger und zur datenschutzrechtlichen Beurteilung von Log-Dateien.

S. 434 - 441, Rechtsprechung

Wettbewerbsrecht: Missbrauch einer beherrschenden Stellung – Offenlegung von Beweismitteln – Bei der Europäischen Kommission anhängiges Verfahren wegen einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln – Nationales Verfahren üb...

1. Art 5 Abs 1 der RL 2014/104/EU ist dahin auszulegen, dass er es einem nationalen Gericht nicht verwehrt, die Offenlegung von Beweismitteln für die Zwecke eines vor diesem Gericht eingeleiteten nationalen Verfahrens über eine Schadensersatzklage wegen einer Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht anzuordnen, obwohl bei der Europäischen Kommission ein Verfahren wegen derselben Zuwiderhandlung mit dem Ziel, einen Beschluss nach Kapitel III der VO (EG) Nr 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln zu erlassen, anhängig ist, das das nationale Gericht dazu veranlasst hat, das bei ihm anhängige Verfahren auszusetzen. Das nationale Gericht hat sich jedoch zu vergewissern, dass die in diesem Stadium des Verfahrens begehrte Offenlegung von Beweismitteln, die die in den Art 5 und 6 der RL 2014/104 genannten Voraussetzungen erfüllen muss, nicht über das hinausgeht, was im Hinblick auf den bei ihm gestellten Schadensersatzantrag erforderlich ist.

2. Art 6 Abs 5 der RL 2014/104 ist dahin auszulegen, dass die Aussetzung des von einer nationalen Wettbewerbsbehörde eingeleiteten Verwaltungsverfahrens durch diese Behörde aus dem Grund, dass die Europäische Kommission ein Verfahren nach Kapitel III der VO Nr 1/2003 eingeleitet hat, einer Beendigung dieses Verwaltungsverfahrens durch die Behörde „durch Erlass einer Entscheidung oder in anderer Weise“ iS dieser Bestimmung nicht gleichgestellt werden kann.

3. Art 5 Abs 8, Art 6 Abs 5 lit a und Art 6 Abs 9 der RL 2014/104 sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die nach Art 6 Abs 5 dieser RL vorübergehend nicht nur die Offenlegung von Informationen beschränkt, die eigens für das wettbewerbsbehördliche Verfahren „erstellt“ wurden, sondern auch die Offenlegung aller hierfür „vorgelegten“ Informationen.

4. Art 5 Abs 1 der RL 2014/104 iVm Art 6 Abs 5 lit a dieser RL ist dahin auszulegen, dass diese Bestimmungen es einem nationalen Gericht nicht verwehren, in Anwendung eines Verfahrensinstruments nach nationalem Recht über die Offenlegung von Beweismitteln zu entscheiden, ihre Aufbewahrung bei Gericht anzuordnen und die Prüfung der Frage, ob die Beweismittel „Informationen, die von einer natürlichen oder juristischen Person eigens für das wettbewerbsbehördliche Verfahren erstellt wurden“, iS der zuletzt genannten Bestimmung enthalten, auf den Zeitpunkt zu verschieben, zu dem das Gericht Zugang zu diesen Beweismitteln erhält. Der Rückgriff auf ein solches Instrument muss jedoch den Anforderungen genügen, die sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergeben, wie sie in Art 5 Abs 3 und Art 6 Abs 4 der RL 2014/104 präzisiert werden.

5. Art 6 Abs 5 lit a der RL 2014/104 ist dahin auszulegen, dass ein nationales Gericht, wenn es in Anwendung eines Verfahrensinstruments nach nationalem Recht die Prüfung der Frage aufschiebt, ob die Beweismittel, deren Offenlegung beantragt wird, „Informationen [enthalten], die von einer natürlichen oder juristischen Person eigens für das wettbewerbsbehördliche Verfahren erstellt wurden“, darauf achten muss, dass der Antragsteller oder andere Verfahrensbeteiligte sowie ihre Vertreter vor dem Abschluss dieser Überprüfung – wenn die Beweismittel zur weißen Liste gehören – bzw vor der Beendigung des wettbewerbsbehördlichen Verfahrens durch die Wettbewerbsbehörde – wenn die betreffenden Beweismittel zur grauen Liste gehören – keinen Zugang zu diesen Beweismitteln haben.

S. 441 - 448, Rechtsprechung

Freier Dienstleistungsverkehr – Freier Kapitalverkehr: Nationale Maßnahme, nach der ein Kreditinstitut Geschäftsbeziehungen mit Ausländern beenden muss bzw nicht mehr begründen darf – Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems...

1. Darlehen und Finanzkredite sowie Kontokorrent- und Termingeschäfte mit Finanzinstitutionen, insb Kreditinstituten, sind als Kapitalverkehr iS von Art 63 Abs 1 AEUV anzusehen.

2. Art 56 Abs 1 und Art 63 Abs 1 AEUV sind dahin auszulegen, dass eine Verwaltungsmaßnahme der zuständigen Behörde eines MS, nach der ein Kreditinstitut mit natürlichen oder juristischen Personen, die keine Verbindung zu dem MS, in dem es ansässig ist, haben und deren monatliches Habenumsatzvolumen einen bestimmten Betrag übersteigt, keine Geschäftsbeziehungen begründen darf und entsprechende nach dem Erlass der Verwaltungsmaßnahme begründete Geschäftsbeziehungen beenden muss, eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs iS der erstgenannten Bestimmung sowie eine Beschränkung des freien Kapitalverkehrs iS der zweitgenannten Bestimmung darstellt.

3. Art 56 Abs 1 und Art 63 Abs 1 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer Verwaltungsmaßnahme der zuständigen Behörde eines MS, nach der ein Kreditinstitut mit natürlichen Personen, die keine Verbindung zu dem MS, in dem es ansässig ist, haben und deren monatliches Habenumsatzvolumen 15 000 Euro übersteigt, oder juristischen Personen, deren wirtschaftliche Tätigkeit keine Verbindung zu diesem MS aufweist und deren monatliches Habenumsatzvolumen 50 000 Euro übersteigt, keine Geschäftsbeziehungen begründen darf und entsprechende nach dem Erlass der Verwaltungsmaßnahme begründete Geschäftsbeziehungen beenden muss, nicht entgegenstehen, sofern diese Verwaltungsmaßnahme erstens gerechtfertigt ist – und zwar durch das Ziel der Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung oder wegen Unerlässlichkeit zur Verhinderung von Zuwiderhandlungen gegen innerstaatliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf dem Gebiet der Aufsicht über Finanzinstitute oder aber aus Gründen der öffentlichen Ordnung nach Art 65 Abs 1 lit b AEUV –, zweitens zur Erreichung dieser Ziele geeignet ist, drittens nicht über das hinausgeht, was hierzu erforderlich ist, und viertens die gemäß den Art 56 und 63 AEUV geschützten Rechte und Interessen des betroffenen Kreditinstituts und seiner Kunden nicht übermäßig beeinträchtigt.

S. 448 - 451, Rechtsprechung

Lebensmittelrecht: Lebensmittelsicherheit – Neuartige Lebensmittel (Österreich)

Art 3 Abs 2 lit a Ziff iv der VO (EU) 2015/2283 ist dahin auszulegen, dass ein Lebensmittel wie Buchweizenkeimlingsmehl mit hohem Spermidingehalt, das in der EU vor dem 15. Mai 1997 nicht in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet wurde, ein „neuartiges Lebensmittel“ iS dieser Bestimmung darstellt, da es erstens aus einer Pflanze gewonnen wird, zweitens nicht ersichtlich ist, dass seine Sicherheit durch Daten über seine Zusammensetzung und durch Erfahrungen mit seiner fortgesetzten Verwendung über mindestens 25 Jahre hinweg als Bestandteil der üblichen Ernährung einer signifikanten Anzahl an Personen in mindestens einem Unionsland belegt worden wäre und es drittens jedenfalls nicht mit Hilfe eines Vermehrungsverfahrens iS dieser Bestimmung gewonnen wird.

S. 451 - 454, Rechtsprechung

Verbraucherschutz: Fluggastrechte-VO – Begriff ‚anderweitige Beförderung‘ – Ausgleichsleistungen für Fluggäste bei Annullierung von Flügen – Covid-19-Pandemie – Repatriierungsflug, der von einem MS im Rahmen der konsularischen...

1. Art 5 Abs 1 lit a und Art 8 Abs 1 lit b der VO (EG) Nr 261/2004 sind dahin auszulegen, dass ein Repatriierungsflug, der von einem MS im Zusammenhang mit einer konsularischen Unterstützungsmaßnahme im Anschluss an die Annullierung eines Fluges organisiert wird, keine „anderweitige Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Reisebedingungen“ iS von Art 8 Abs 1 lit b dieser VO darstellt, die das ausführende Luftfahrtunternehmen einem Fluggast, dessen Flug annulliert wurde, anbieten muss.

2. Art 8 Abs 1 der VO Nr 261/2004 ist dahin auszulegen, dass einem Fluggast, der sich im Anschluss an die Annullierung seines Rückflugs selbst für einen von einem MS im Zusammenhang mit einer konsularischen Unterstützungsmaßnahme organisierten Repatriierungsflug anmeldet und dafür einen verpflichtenden Unkostenbeitrag an diesen Staat leisten muss, gegenüber dem Luftfahrtunternehmen kein Anspruch auf Erstattung dieser Kosten auf der Grundlage dieser VO zusteht.

Um von dem ausführenden Luftfahrtunternehmen die Kosten erstattet zu bekommen, kann sich dieser Fluggast vor einem nationalen Gericht aber darauf berufen, dass das ausführende Luftfahrtunternehmen zum einen seiner Verpflichtung zur vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten zu dem Preis, zu dem der Flugschein erworben wurde, für nicht zurückgelegte Reiseabschnitte sowie für im Hinblick auf den ursprünglichen Reiseplan zwecklos gewordene Reiseabschnitte und zum anderen seiner Unterstützungsverpflichtung nach Art 8 Abs 1 dieser VO, einschließlich seiner Verpflichtung, die Fluggäste zu informieren, nicht nachgekommen ist. Dieser Kostenersatz muss jedoch auf das begrenzt sein, was sich unter den Umständen jedes einzelnen Falls als notwendig, angemessen und zumutbar erweist, um das Versäumnis des ausführenden Luftfahrtunternehmens auszugleichen.

S. 454 - 458, Rechtsprechung

Verbraucherschutz: Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen – Vertrag über die Aufnahme in ein Treuesystem, durch das beim Erwerb von Waren und Dienstleistungen bei Drittanbietern bestimmte finanzielle Vorteile erlangt...

Art 2 lit b der RL 93/13/EWG ist dahin auszulegen, dass eine natürliche Person, die Mitglied in einem von einem Handelsunternehmen eingerichteten System wird, das es ua erlaubt, im Rahmen des Erwerbs von Waren und Dienstleistungen bei den Handelspartnern dieses Unternehmens durch sie selbst oder durch andere auf ihre Empfehlung hin am System teilnehmende Personen in den Genuss bestimmter finanzieller Vorteile zu kommen, unter den Begriff „Verbraucher“ iS dieser Vorschrift fällt, wenn diese natürliche Person zu einem Zweck handelt, der nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.

S. 458 - 458, Rechtsprechung

All-in-Entgelt während Elternteilzeit

Bei einer All-in-Vereinbarung ruht während einer Elternteilzeit jener Teil des Entgelts, der über das Grundentgelt hinaus für die Leistung von Mehr- oder Überstunden bezahlt wird. Eine derartige Kürzung des Gehalts bewirkt keine unsachliche Diskriminierung wegen des Geschlechts oder von Teilzeitarbeitskräften.

S. 459 - 459, Rechtsprechung

Heimliche Gesprächsaufnahme – Entlassungsgrund

Das heimliche Aufzeichnen eines Gespräches zwischen Vorgesetzten und Arbeitgeber durch einen Arbeitnehmer bildet den Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit.

S. 459 - 459, Rechtsprechung

Befristung einer Entlassung

Spricht ein Arbeitgeber eine Entlassung mit einem späteren Wirksamkeitsbeginn aus, kommt es für die Zulässigkeit dieser Erklärung auf die dafür maßgebenden Gründe des Arbeitgebers an. Die Befristung ist zulässig, wenn sie überwiegend den Interessen des Arbeitnehmers entspricht.

S. 460 - 461, Rechtsprechung

Aufseher im Betrieb

Für die Qualifikation als Aufseher im Betrieb bei der Beförderung von Arbeitskollegen ist maßgeblich, dass die Beförderung nicht aus persönlicher Gefälligkeit, sondern im Interesse des Betriebes und im Rahmen einer vom Arbeitgeber übertragenen Aufgabe erfolgt. Der Lenker eines Skidoos, der im Auftrag des Arbeitgebers eine Arbeitskollegin zu deren Arbeitsstätte befördert, ist als Aufseher im Betrieb zu qualifizieren.

S. 461 - 462, Rechtsprechung

Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters

Der Ausgleichsanspruch kann im Voraus, dh vor Ende des Vertragsverhältnisses, durch Vertrag weder aufgehoben noch beschränkt werden. Ein aus Anlass der Vertragsbeendigung geschlossener Vergleich kann auch unverzichtbare Ansprüche betreffen, sofern diese Einbuße durch andere Vorteile, insbesondere durch Klärung einer strittigen Sach- und Rechtslage aufgewogen, wird.

S. 462 - 469, Rechtsprechung

Kraus, Sixtus-​Ferdinand

Auslegung von Personengesellschaftsverträgen; Gesellschafterwechsel; ausgeprägte familiäre Struktur; Pflicht zur Änderung des Gesellschaftsvertrages aus Treuepflicht

Zwischen den Gründungsmitgliedern einer Personengesellschaft ist der übereinstimmende Parteiwille selbst dann maßgebend, wenn er in den ausdrücklichen Erklärungen keinen Niederschlag gefunden hat. Kommt es zu einem Gesellschafterwechsel, kann auf den subjektiven Parteiwillen der Gründungsgesellschafter nur mehr zurückgegriffen werden, wenn dieser den neu eintretenden Mitgliedern bekannt war und sie diesem subjektiven Parteiwillen zumindest konkludent zugestimmt haben.

Bei Personengesellschaften kann unter Umständen die gegenseitige Treuepflicht der Gesellschafter die Zustimmung zu einer Änderung des Gesellschaftsvertrags gebieten. Eine derartige Verpflichtung wird bejaht, sofern dies die wohlverstandenen Interessen der Gesellschaft erfordern.

S. 469 - 469, Rechtsprechung

Abgrenzung Geschäftsraummiete und Unternehmenspacht

Bei erst zu gründenden Betrieben kann nur dann Pacht angenommen werden, wenn der Bestandgeber alle wesentlichen Grundlagen des künftigen Unternehmens zur Verfügung stellt und der Bestandnehmer auch zur Rückstellung eines lebenden Unternehmens verpflichtet ist.

S. 470 - 471, Rechtsprechung

Gesellschafterstreit GesBR („Bauherrenmodell“); Rechtsweg

Gesellschafterstreitigkeiten über die Wirksamkeit von Beschlüssen sind bei der GesBR im streitigen Verfahren zu erledigen.

S. 470 - 470, Rechtsprechung

Beginn der Verjährung Schadenersatzanspruch der Gesellschaft; Wissensvertreter der geschädigten Gesellschaft

Die Kenntnis, der für die Alleingesellschafterin handelnden natürlichen Personen von Schaden und Schädiger kann den Beginn der Verjährungsfrist auslösen. Auf das Wissen des schädigenden Organmitglieds kommt es nicht an. Vielmehr ist die Kenntniserlangung durch andere Organmitglieder oder „Wissensvertreter“ maßgeblich.

S. 471 - 476, Rechtsprechung

Zum Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch „Leveraging“

Missbräuchliches Verhalten eines Unternehmens auf einem anderen Markt als dem, den es beherrscht, verstößt gegen das kartellrechtliche Missbrauchsverbot, wenn beide Märkte so eng miteinander verbunden sind, dass Kunden des einen Markts zugleich auch als potentielle Kunden auf dem anderen Markt in Frage kommen.

Bei der Hebelwirkung (Leveraging) handelt es sich um einen Sammelbegriff, der sich auf die Auswirkungen bezieht, die eine auf einem Markt angewandte Praxis auf einem anderen Markt entfalten kann. Nach der europäischen Rsp kann im Einsatz einer Hebelwirkung im Sinn eines Marktmachttransfers ein Marktmissbrauch liegen. In der nationalen und europäischen Rsp wurde ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch Marktmachttransfer (Leveraging) insb in Fällen der Kopplung von komplementäre Gütern oder Dienstleistungen erkannt. Dies betraf eng verbundene Märkte, die so strukturiert waren, dass die Bedarfsmarktträger des einen Markts notwendigerweise als potentielle Kunden des anderen Markts in Frage kamen.

S. 476 - 477, Rechtsprechung

Zur irreführenden Spitzenstellungswerbung

Bedient sich ein Unternehmer zu Werbezwecken so allgemeiner Superlative wie „der Größte“, „der Führende“, „der Meistgekaufte“ oder „der absolute Marktführer“, dann muss das betreffende Unternehmen oder Produkt seiner Konkurrenz offenkundig und beträchtlich überlegen sein.

Die Spitzenstellungswerbung „Nr. 1 empfohlen“, „... die von führenden Geschirrspülmaschinenherstellern am häufigsten empfohlene Marke“ suggeriert dem angesprochenen Käuferpublikum, dass die damit beworbenen Produkte tatsächlich „besser“ seien als vergleichbare andere, zumal sie von den „führenden“ Geräteherstellern „am häufigsten“ empfohlen werden. Der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher erwartet sich aufgrund dieser Aussage tatsächlich einen Qualitätsvorsprung des so beworbenen Produkts. Dass die „Empfehlung“ allenfalls nur aus Gründen der Konzernverbundenheit oder einer Marketingkooperation erfolgt und sie daher nicht ernst zu nehmen ist, liegt für den Durchschnittsverbraucher nicht auf der Hand.

S. 477 - 479, Rechtsprechung

Datenschutzrechtliche Ansprüche gegen eine Kreditauskunftei

Durch eine über ein partielles Löschungsbegehren hinausgehende gänzliche Löschung kann weder das Recht auf Löschung noch das Recht auf Geheimhaltung verletzt werden. Das Nicht(mehr)aufscheinen in einer Bonitätsdatenbank lässt keine zwingenden Rückschlüsse auf die Bonität des Betroffenen zu und ist daher kein personenbezogenes Datum.

Hat die Entscheidung in einem Spruchpunkt maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidung in einem anderen Spruchpunkt desselben Bescheides, liegt keine Trennbarkeit von Absprüchen vor.

S. 479 - 480, Rechtsprechung

Parteistellung in einem Verfahren gem § 70 Abs 1 BWG

Ein (ehemaliger) Vorsitzender des Aufsichtsrats einer Bank hat keine Parteistellung in einem Verfahren gem § 70 Abs 1 BWG, auch wenn sein Verhalten Gegenstand der von der FMA vom Kreditinstitut geforderten Auskunft war und er selbst in diesem Verfahren zur Auskunft aufgefordert wurde.

S. 480 - 480, Rechtsprechung

Konkrete und abstrakte Ausgliederungsvorschriften

Die Verordnung der Regulierungskommission der E-Control, mit der nähere Kostenarten gem § 79 Abs 6 Z 4 GWG 2011 bestimmt werden (GAS-NBK-VO), BGBl II Nr 39/2012, normiert in ihrem § 2, dass Personalkosten und Finanzierungskosten zu den Kostenarten der nicht beeinflussbaren Kosten zählen.

Wie der VwGH zuletzt in einem Verfahren gem § 48 ElWOG 2010 und der Frage der Anerkennung bestimmter Personalkosten in Zusammenhang mit einer Ausgliederung als unbeeinflussbare Kosten zum insoweit gleichlautenden § 59 Abs 6 Z 6 ElWOG 2010 ausgesprochen hat, ist mit „gesetzlichen Vorschriften“ iS dieser Bestimmung nicht ausschließlich das betreffende Ausgliederungsgesetz, also ein die Ausgliederung regelndes Maßnahmengesetz, gemeint.

Ein bloßes Abstellen auf jene Vorschriften, die aus Anlass einer konkreten Ausgliederung erlassen wurden und dem Ausgliederungsvorgang zu Grunde liegen, ergibt sich weder aus dem Wortlaut des § 59 Abs 6 Z 6 ElWOG 2010 (arg: „aufgrund gesetzlicher Vorschriften im Zuge von Ausgliederungen, welche dem Grunde nach zum Zeitpunkt der Vollliberalisierung des Elektrizitätsmarktes mit 1. Oktober 2001 bestanden haben“) noch aus den Gesetzesmaterialien (vgl RV 994 BlgNR 24. GP 23). Vielmehr sprechen dem Regulierungssystem zu Grunde liegende Sachlichkeitserwägungen, wonach Produktivitätsabschläge nur Kosten betreffen dürfen, die die regulierten Unternehmen auch tatsächlich beeinflussen können, und somit hinsichtlich der nicht beeinflussbaren Kosten keine Zielvorgaben festgelegt werden dürfen, dafür, dass mit § 59 Abs 6 Z 6 ElWOG 2010 auch (generell-abstrakte) Vorschriften angesprochen sind, die im Zuge einer Ausgliederung berücksichtigt werden müssen und damit zu Kostenpositionen führen können, die vom Netzbetreiber nicht beeinflussbar sind (vgl VwGH 18. 3. 2022, Ro 2018/04/0021).

Der VwGH hat im Erkenntnis vom 3. Juni 2022, Ro 2019/04/0005 auch ausgesprochen, dass dies in gleicher Weise für Verfahren gem § 69 GWG 2011 und die hier zur Anwendung kommende, idente Parallelbestimmung des § 79 Abs 6 Z 4 GWG 2011 gilt.

S. 480 - 480, Rechtsprechung

Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen die Suspendierung als Bilanzbuchhalter

Der VfGH hat wiederholt ausgesprochen, dass vom VwGVG abweichende Regelungen nur dann getroffen werden dürfen, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes „unerlässlich“ sind (vgl VfSlg 19.921/2014, 19.922/2014). Die für abweichende Regelungen in einem Materiengesetz erforderliche „Unerlässlichkeit“ kann sich aus besonderen Umständen oder aus dem Regelungszusammenhang mit den materiellen Vorschriften ergeben (VfSlg 19.969/2015, 20.216/2017).

Der Gesetzgeber hat mit den Bestimmungen in §§ 53, 54 BiBuG 2014, die eine Suspendierung nur bei Vorliegen einzelner, im Gesetz abschließend genannter Voraussetzungen vorsehen, welche eine ordnungsgemäße Berufsausübung gefährdet erscheinen lassen, einen verfassungskonformen Ausgleich zwischen der Effektivität der im öffentlichen Interesse liegenden vorläufigen Untersagung der Berufsausübung und dem Rechtsschutzinteresse des Betroffenen vorgenommen. Angesichts des Zwecks und Wesens einer Suspendierung als sofortige und vorübergehende Sicherungsmaßnahme ist der in § 53 Abs 3 BiBuG 2014 normierte Ausschluss der aufschiebenden Wirkung gegen einen Suspendierungsbescheid „unerlässlich“ iSd Rsp des VfGH zu Art 136 Abs 2 B-VG.

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