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wirtschaftsrechtliche blätter

Heft 2, Februar 2020, Band 34

eJournal-Heft
  • ISSN Online: 1864-3434

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Inhalt der Ausgabe

S. 53 - 65, Aufsatz

Haybäck, Gerwin

Aktuelle Rechtsentwicklung zum Bildnisschutz nach § 78 UrhG

§ 78 ist eine persönlichkeitsrechtliche Bestimmung im UrhG, die im Einzelfall (arbiträr) gerichtlich auszudifferenzieren und daher seit langem heftig umstritten ist. Der Beitrag untersucht anhand der Rechtspraxis die Abwägung des Abgebildeten- mit dem (medialen) Veröffentlichungsinteresse. Über „Ausstrahlungswirkungen“ dieser Norm (wie Anlass zur Missdeutung, Zustimmung und Verhalten des Abgebildeten in der Öffentlichkeit) werden Entscheidungskriterien überprüft. Die Beispiele reichen von Bildmanipulation und abträglichem Begleittext über postmortalen Persönlichkeitsschutz bis zu Hasspostings in Sozialen Medien (wie zB in der jüngsten EuGH-E „miese Volksverräterin“), sodass für Spannung gesorgt ist.

S. 66 - 72, Aufsatz

Rohmann, Stephanie

Die nachträgliche Aufnahme einer statutarischen Schiedsklausel durch qualifizierten Mehrheitsbeschluss im Lichte des Art 6 EMRK

Der Beitrag geht der Frage nach, ob eine nachträgliche Aufnahme einer statutarischen Schiedsanordnung durch qualifizierten Mehrheitsbeschluss Art 6 EMRK-konform ist. Die bereits vielfach und umfassend dargelegten gesellschaftsrechtlichen Pro- und Kontrameinungen zur Zulässigkeit solch einer nachträglichen Aufnahme einer Schiedsklausel werden nicht thematisiert. Es wird vielmehr von der Prämisse einer solchen Zulässigkeit aus gesellschaftsrechtlicher Sicht ausgegangen und somit auf verfassungsrechtlicher Ebene angesetzt, um unter Einbeziehung der EGMR-Rsp zu untersuchen, ob eine nachträgliche Aufnahme einer Schiedsklausel durch qualifizierten Mehrheitsentscheid überhaupt Art 6 EMRK-konform ist.

S. 73 - 76, Aufsatz

Urlesberger, Franz W.

Europarecht: Das Neueste auf einen Blick

S. 77 - 80, Rechtsprechung

Dienstleistungsfreiheit: Erbringung von Dienstleistungen an Bord internationaler Züge fällt nicht unter EntsendeRL (Österreich)

Art 1 Abs 3 lit a der RL 96/71/EG ist dahin auszulegen, dass er die Erbringung von Dienstleistungen wie Bordservice, Reinigungsleistungen oder die Verpflegung der Fahrgäste im Rahmen eines Vertrags zwischen einem Unternehmen mit Sitz in einem MS und einem Unternehmen mit Sitz in einem anderen MS, das vertraglich an ein Schienenverkehrsunternehmen mit Sitz in demselben MS gebunden ist, durch Arbeitnehmer des erstgenannten Unternehmens oder durch diesem von einem ebenfalls im erstgenannten MS ansässigen Unternehmen überlassene Arbeitnehmer in internationalen Zügen, die durch den zweitgenannten MS fahren, nicht erfasst, wenn diese Arbeitnehmer einen wesentlichen Teil der mit den betreffenden Dienstleistungen verbundenen Arbeit im Hoheitsgebiet des erstgenannten MS leisten und ihren Dienst dort antreten bzw beenden.

S. 80 - 82, Rechtsprechung

Dienstleistungsfreiheit, Arbeitsrecht: Unzulässige österr Regelung, die für den Fall der Nichteinhaltung arbeitsrechtlicher Vorschriften Geldstrafen mit im Vorhinein festgelegtem Mindestsatz sowie deren Kumulierung ohne Höchstg...

Art 20 der RL 2014/67/EU ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die für den Fall der Nichteinhaltung arbeitsrechtlicher Verpflichtungen in Bezug auf die Meldung von Arbeitnehmern und die Bereithaltung von Lohnunterlagen die Verhängung hoher Geldstrafen vorsieht,

die einen im Vorhinein festgelegten Betrag nicht unterschreiten dürfen,

die je betroffenem Arbeitnehmer kumulativ und ohne Beschränkung verhängt werden und

zu denen im Fall der Abweisung einer gegen das Straferkenntnis erhobenen Beschwerde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 20 % der verhängten Strafe hinzutritt.

S. 82 - 85, Rechtsprechung

Geistiges Eigentum: Rechtsschutz von Computerprogrammen – Gegen den Lizenzvertrag verstoßende unerlaubte Änderung des Quellcodes durch einen Lizenznehmer

Die RL 2004/48/EG und die RL 2009/24/EG sind dahin auszulegen, dass die Verletzung einer Klausel eines Lizenzvertrags für ein Computerprogramm, die die gewerblichen Schutzrechte des Inhabers der Urheberrechte an diesem Programm betrifft, unter den Begriff „gewerbliche Schutzrechte ... verletzen“ iS der RL 2004/48 fällt und folglich der Inhaber die in dieser RL vorgesehenen Garantien unabhängig von der nach nationalem Recht anwendbaren Haftungsregelung in Anspruch nehmen darf.

S. 85 - 87, Rechtsprechung

Luftfahrtrecht: Zum Begriff „Unfall“ iS des Übereinkommens von Montreal; Umkippen eines auf dem Abstellbrett eines Sitzes abgestellten Kaffeebechers

Art 17 Abs 1 des Übereinkommens von Montreal ist dahin auszulegen, dass der Begriff „Unfall“ iS dieser Bestimmung jeden an Bord eines Luftfahrzeugs vorfallenden Sachverhalt erfasst, in dem ein bei der Fluggastbetreuung eingesetzter Gegenstand eine körperliche Verletzung eines Reisenden verursacht hat, ohne dass ermittelt werden müsste, ob der Sachverhalt auf ein luftfahrtspezifisches Risiko zurückgeht.

S. 87 - 89, Rechtsprechung

Verbraucherschutz: Unzulässigkeit des in Form einer Marge von 21,5 % bis 22,4 % ausgedrückten Zinssatzes

Art 10 Abs 2 lit g der RL 2008/48/EG in der durch die RL 2011/90/EU der Kom vom 14. November 2011 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er es verwehrt, dass der effektive Jahreszins in einem Verbraucherkreditvertrag nicht durch einen einheitlichen Satz, sondern durch eine Marge zwischen einem Mindest- und einem Höchstsatz ausgedrückt wird.

S. 89 - 91, Rechtsprechung

Verbraucherschutz: Zum Begriff des „außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Vertrages“ – Verkaufsstand einer Messe

Art 2 Nr 8 der RL 2011/83/EU iVm Art 2 Nr 9 dieser RL ist dahin auszulegen, dass es sich bei einem Vertrag, der an einem von einem Unternehmer anlässlich einer Messe betriebenen Verkaufsstand zwischen dem Unternehmer und einem Verbraucher geschlossen wurde, unmittelbar nachdem der Verbraucher, der sich auf dem verschiedenen in der Ausstellungshalle einer Messe vertretenen Verkaufsständen gemeinsam zur Verfügung stehenden Gang befand, von diesem Unternehmer angesprochen worden war, um einen „außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossene[n] Vertrag“ iS dieser Bestimmung handelt.

S. 91 - 95, Rechtsprechung

Arbeitsrecht: Zum Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers

Art 8 der RL 2008/94/EG ist dahin auszulegen, dass er auf eine Situation anwendbar ist, in der ein Arbeitgeber, der Leistungen der betrieblichen Altersversorgung über eine überbetriebliche Einrichtung gewährt, wegen seiner Zahlungsunfähigkeit nicht für den Ausgleich der Verluste einstehen kann, die sich aus der Kürzung der von dieser überbetrieblichen Einrichtung erbrachten Leistungen ergeben, wobei diese Kürzung von der diese Einrichtung überwachenden staatlichen Finanzdienstleistungsaufsicht genehmigt wurde.

Art 8 der RL 2008/94 ist dahin auszulegen, dass eine wegen der Zahlungsunfähigkeit seiner ehemaligen Arbeitgeberin erfolgte Kürzung der einem ehemaligen Arbeitnehmer gezahlten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung als offensichtlich unverhältnismäßig angesehen wird, obwohl der Betroffene mindestens die Hälfte der sich aus seinen erworbenen Rechten ergebenden Leistungen erhält, wenn dieser ehemalige Arbeitnehmer wegen dieser Kürzung bereits unterhalb der von Eurostat für betreffenden MS ermittelten Armutsgefährdungsschwelle lebt oder künftig leben müsste.

Der eine Mindestschutzpflicht vorsehende Art 8 der RL 2008/94 kann unmittelbare Wirkung entfalten, so dass er gegenüber einer privatrechtlichen Einrichtung geltend gemacht werden kann, die vom Staat als Träger der Arbeitgeberinsolvenzsicherung im Bereich der betrieblichen Altersversorgung bestimmt worden ist, wenn diese Einrichtung in Anbetracht der Aufgabe, mit der sie betraut ist, und der Bedingungen, unter denen sie sie erfüllt, dem Staat gleichgestellt werden kann, sofern sich die Aufgabe der Sicherung, mit der sie betraut ist, tatsächlich auf die Arten von Leistungen bei Alter erstreckt, für die der in Art 8 dieser RL vorgesehene Mindestschutz verlangt wird.

S. 95 - 97, Rechtsprechung

Anerkennung und Vollstreckung

S. 97 - 99, Rechtsprechung

Urlaubsersatzleistung bei Scheinselbständigkeit

Einem Arbeitnehmer, der als Scheinselbständiger beschäftigt wird, steht mit der Feststellungklage gem § 228 ZPO ein effizienter Rechtsbehelf zur Verfügung, der die gerichtliche Klärung ermöglicht, ob sein Vertragsverhältnis dem Arbeitsrecht, insbesondere dem UrlG unterliegt. Durch die Geltendmachung des Urlaubsanspruches innerhalb der Verjährungsfrist des § 4 Abs 5 UrlG wird die Verjährung unterbrochen. Insgesamt stehen dem Arbeitnehmer drei Jahre zum Verbrauch eines jeden Jahresurlaubs zur Verfügung.

Diese Rechtslage entspricht dem Art 7 Arbeitszeit-RL und der Rechtsprechung des EUGH in der Rs C-214/16, King.

Die Übertragung eines nicht verbrauchten Urlaubs auf das Folgejahr erfolgt ohne weiteres Zutun, es wird daher automatisch zunächst der alte Urlaub vor dem neuen verbraucht.

S. 99 - 101, Rechtsprechung

Gesicherte Entgeltansprüche bei neuerlicher Insolvenz

Entgeltansprüche eines Arbeitnehmers, die während eines Insolvenzverfahrens entstanden sind, aber wegen ihrer erst späteren Fälligkeit nicht mehr gesichert waren, können bei einem neuerlichen Insolvenzverfahren des ehemaligen Arbeitgebers gesichert sein.

S. 101 - 102, Rechtsprechung

Nachtschwerarbeit von Krankenpflegepersonal

Der Anspruch auf Zeitguthaben für Nachtschwerarbeit von Krankenpflegepersonal setzt keine bestimmte Ausbildung dieser Arbeitnehmer voraus, sondern steht allen Arbeitnehmern zu, die diese Arbeit unmittelbar für Patienten iSd Art V § 2 Abs 1 NSchG-Nov 1992 leisten.

S. 102 - 102, Rechtsprechung

Austritt wegen Gesundheitsgefährdung

Die Gefährdung der Gesundheit bei Fortsetzung einer bestimmten Tätigkeit ist ein Dauerzustand, auf den sich der Arbeitnehmer jederzeit zur Rechtfertigung einer vorzeitigen Beendigung berufen kann.

S. 103 - 105, Rechtsprechung

Zum Cash Pooling als verbotene Einlagenrückgewähr

Cash Pooling zielt darauf ab, das konsolidierte Finanzergebnis der Gruppe zu optimieren und/oder die Liquiditätsplanung und -steuerung zu erleichtern. Zu diesem Zweck werden die einzelnen Konten der Konzerngesellschaften über ein zentrales Konto (Master Account) auf Null ausgeglichen. Im Gegensatz zum effektiven Cash Pooling wird dieser Vorgang beim fiktiven Cash Pooling von der Bank nur rechnerisch ohne tatsächliche Transferierung des Geldes vorgenommen.

Explizite Rechtsprechung des OGH zum Cash Pooling aus kapitalerhaltungsrechtlicher Sicht fehlt. Es liegt jedoch nahe, die allgemeinen kapitalerhaltungsrechtlichen Grundsätze für konzerninterne Darlehen bzw Sicherheitenbestellungen heranzuziehen.

Ein Fremdvergleich wird allerdings bei fiktivem Cash Pooling kein entscheidendes Kriterium sein, weil derartige Vereinbarungen mit Konzernfremden wohl kaum geschlossen werden.

Im Vordergrund der Prüfung wird daher zu stehen haben, ob die Vereinbarung betrieblich gerechtfertigt ist. Fiktives Cash Pooling ist zwar aus kapitalerhaltungsrechtlicher Sicht weniger problematisch als effektives Cash Pooling, jedoch kann unter bestimmten Umständen trotz fehlenden Zahlungszuflusses, etwa wegen nachteiliger (Zins-)Konditionen, ein Verstoß gegen § 82 GmbHG vorliegen.

Problematisch ist aber jedenfalls die Übernahme eines Ausfallsrisikos.

S. 105 - 108, Rechtsprechung

Zum Stimmverbot bei Beteiligung einer juristischen Person, wenn deren Gesellschafter oder Vertreter befangen ist

§ 39 Abs 4 GmbHG ist auch dann anzuwenden, wenn eine juristische Person Gesellschafter der GmbH ist und einer oder mehrere ihrer Gesellschafter oder Vertreter befangen sind. Unbestritten ist, dass das Stimmverbot eingreift, wenn ein Gesellschafter alle Anteile einer (befangenen) Drittgesellschaft hält oder dort persönlich haftet.

Eine bloße Minderheitsbeteiligung reicht in der Regel nicht für die Vermutung aus, der Gesellschafter werde allein aufgrund seiner Beteiligung an der Drittgesellschaft sein Interesse an der Drittgesellschaft über das jenige der GmbH stellen.

Bei höheren Beteiligungen ist ein bloßes Abstellen auf einen Quotenvergleich der Beteiligungsverhältnisse bei der Gesellschaft und der Drittgesellschaft nicht ausreichend. Die Gefahr einer von gesellschaftsfremden Interessen geleiteten Stimmabgabe besteht umso eher, je höher die Beteiligung des Gesellschafters an der Drittgesellschaft ist, indiziert dies doch die Bedeutung, die die Beteiligung für ihn hat. Zusätzlich kann die Ausübung von Organfunktionen in der Drittgesellschaft oder ein sonstiges unternehmerisches Interesse an der Drittgesellschaft die Gefahr einer Interessenkollision nahelegen.

Sind mehrere Gesellschafter der GmbH auch an der Drittgesellschaft beteiligt, bilden sie innerhalb der GmbH eine besondere Gruppe, die sich durch ihre einheitliche Ausrichtung auf die Drittgesellschaft von den übrigen Gesellschaftern abhebt und sie interessenmäßig als Einheit erscheinen lässt. Das rechtfertigt es, jeden einzelnen von ihnen hinsichtlich seines Stimmrechts ebenso zu behandeln, wie einen Alleingesellschafter der Drittgesellschaft.

Ein erheblicher Interessenwiderstreit ist nicht erst dann zu befürchten, wenn die Gesellschafter der Drittgesellschaft sich rechtlich zu einem einheitlichen Vorgehen innerhalb der GmbH verständigt haben.

S. 108 - 109, Rechtsprechung

Zur Aufschiebung der Durchführung des angefochtenen Generalversammlungsbeschlusses durch einstweilige Verfügung

Gemäß § 42 Abs 4 GmbHG kann das Gericht die Ausführung eines gemäß § 41 GmbHG angefochtenen Beschlusses aufschieben, wenn ein der Gesellschaft drohender unwiederbringlicher Schaden glaubhaft gemacht wird. § 42 Abs 4 GmbHG ist auch auf nichtige Beschlüsse anwendbar. Die Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 42 Abs 4 GmbHG dient der Absicherung des künftigen Prozesserfolgs im Verfahren auf Beschlussanfechtung bzw Feststellung der Beschlussnichtigkeit.

Zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 42 Abs 4 GmbHG ist die Bescheinigung eines drohenden unwiederbringlichen Nachteils erforderlich. Diese Voraussetzung entspricht dem drohenden unwiederbringlichen Schaden gemäß § 381 Z 2 EO. Dabei wird zwar die Ausführung des angefochtenen Beschlusses vermutet und braucht daher nicht gesondert glaubhaft gemacht zu werden. Es bedarf aber insofern der Bescheinigung eines unwiederbringlichen Nachteils für die Gesellschaft, als es auf den Inhalt des angefochtenen Beschlusses, sein Schadenspotenzial ankommt.

Der Beschluss auf Auflösung der Gesellschaft ist zur Dartuung eines drohenden unwiederbringlichen Schadens geeignet.

Zusätzlich bedarf die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 42 Abs 4 GmbHG der Bescheinigung des zu sichernden Anspruchs, sohin der Bescheinigung der Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage. Die Ansicht, dass nur die Erhebung der Anfechtungsklage bzw das Vorliegen der Voraussetzungen der Klagserhebung bescheinigt werden müssten, greift zu kurz, kommt es doch nicht bloß auf die Zulässigkeit, sondern auf die Berechtigung der Anfechtungsklage bzw Klage auf Feststellung der Beschlussnichtigkeit an.

S. 109 - 109, Rechtsprechung

Zum Bucheinsichtsrecht von Gesellschaftsgläubigern nach Beendigung der Liquidation

Nach § 93 Abs 4 GmbHG behalten die Gesellschafter und deren Rechtsnachfolger das Recht auf Einsicht und Benutzung der Bücher und Schriften der gelöschten Gesellschaft. Gläubiger der Gesellschaft können vom Gericht zur Einsicht ermächtigt werden.

Das Bucheinsichtsrecht ist grundsätzlich, auch in zeitlicher Hinsicht, unbeschränkt. Auch aus der siebenjährigen Aufbewahrungspflicht nach § 93 Abs 3 Satz 1 kann nicht gefolgert werden, dass nicht auch in ältere vorhandene Unterlagen Einsicht genommen werden kann.

Zweck des Einsichtsrechts eines Gläubigers der gelöschten Gesellschaft nach § 93 Abs 4 Satz 2 GmbHG ist es, ihm Informationen über trotz Liquidation und Löschung unter Umständen doch noch vorhandenes Vermögen der gelöschten Gesellschaft und somit über einen (teilweisen) Befriedigungsfonds zu verschaffen. Solche Informationen müssen sich aber nicht zwangsläufig nur aus jüngeren Unterlagen, sondern können sich – trotz des Verjährungsrechts – auch aus älteren Belegen ergeben.

S. 109 - 114, Rechtsprechung

Zum Wettbewerbsverhältnis; zum Verstoß gegen das FAGG als Rechtsbruch; zum Verstoß gegen Art 18 Anh UWG; zur Unterscheidungskraft einer Marke

Ein Wettbewerbsverhältnis ist immer dann anzunehmen, wenn sich die beteiligten Unternehmer an einen im Wesentlichen gleichartigen Abnehmerkreis wenden, also um denselben Kundenkreis bemühen. Gewerbetreibende verschiedener Branchen können auch durch eine Wettbewerbshandlung in eine wettbewerbliche Beziehung zueinander treten; in einem solchen Fall wird zugleich mit der Wettbewerbshandlung ein konkretes Wettbewerbsverhältnis begründet (Ad-hoc-Wettbewerbsverhältnis). Dafür genügt es, dass sich der Verletzer etwa durch die Übernahme eines fremden Zeichens oder eine sonstige Behinderung im Absatz in Wettbewerb zum Betroffenen stellt.

Ein Verstoß gegen das Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz (FAGG) stellt einen Rechtsbruch nach § 1 UWG dar.

Dieser Tatbestand erfasst Sachverhalte, bei denen ein Unternehmer durch unrichtige Informationen ein falsches Bild über die Marktverhältnisse oder die Verfügbarkeit eines Produkts zeichnet, um es schließlich zu für den Kunden nachteiligen Konditionen zu verkaufen. Unter den Begriff „Produkt“ fallen nicht nur Waren, sondern auch Dienstleistungen (§ 1 Abs 4 Z 1 UWG). „Marktbedingungen“ meint alles, was für das betreffende Produkt charakteristisch oder für den Kunden relevant ist, daher auch unrichtige und unvollständige Informationen über den Inhalt und Geltungsbereich des gesetzlichen Rücktrittsrechts.

Eine Marke besitzt Unterscheidungskraft, wenn sie in der Lage ist, ihre Hauptfunktion zu erfüllen, nämlich dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung zu garantieren, indem sie ihm ermöglicht, diese Ware oder Dienstleistung ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden und somit die Erfahrung zu wiederholen, falls sie positiv war, oder zu vermeiden, falls sie negativ war. Fehlt die Unterscheidungskraft, kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen.

Bei Prüfung des Eintragungshindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft wird ein großzügiger Maßstab angelegt: Jede noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden.

S. 114 - 117, Rechtsprechung

Zur internationalen Zuständigkeit bei (behaupteter) unerlaubter Vervielfältigung und Verbreitung eines Lichtbildwerkes

Der Gerichtsstand nach Art 7 Nr 2 EuGVVO 2012 ist verordnungsautonom und eng auszulegen. Darunter fallen neben Ansprüchen wegen der Verletzung von Persönlichkeitsrechten in Printmedien und im Internet auch Ansprüche aus dem Kartellrecht, aus unlauterem Wettbewerb und Immaterialgüterrechten (Marken-, Muster-, Patent- und Urheberrechte).

Hingegen können Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung nicht beim Gerichtsstand für Deliktsklagen geltend gemacht werden.

Für urheberrechtliche Unterlassungsansprüche ist der durch EuGH C-170/12, Pinckney, und C-441/13, Hejduk, definierte (beschränkte) Erfolgsort als zuständigkeitsbegründend nach Art 7 Nr 2 EuGVVO 2012 zuzulassen, zumal es insoweit keine Gerichte mit umfassender Kognitionsbefugnis über Unterlassungsbegehren mit weltumspannender Tragweite gibt.

Bei einem auf Österreich beschränkten Unterlassungsanspruch hat es somit bei der Regel zu bleiben, dass die Zuständigkeit hierfür auch einem Gericht mit eingeschränkter Kognitionsbefugnis zukommen kann, das nach dem Territorialitätsgrundsatz den im Hoheitsgebiet des MS, in dem es liegt, verursachten Schaden am besten beurteilen kann.

S. 117 - 119, Rechtsprechung

Lohn- und Sozialdumping

Nationales Recht, das im Widerspruch zu unmittelbar anwendbarem Unionsrecht steht, ist verdrängt. Die Verdrängungswirkung des Unionsrechts hat zur Folge, dass die nationale Regelung in jener Gestalt anwendbar bleibt, in der sie nicht mehr im Widerspruch zum Unionsrecht steht. Nationales Recht bleibt insoweit unangewendet, als ein Verstoß gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht gegeben ist. Die Verdrängung darf also bloß jenes Ausmaß umfassen, das gerade noch hinreicht, um einen unionsrechtskonformen Zustand herbeizuführen. Dabei sind die unionsrechtlichen Erfordernisse in das nationale Gesetz „hineinzulesen“.

§ 7i Abs 4 AVRAG 1993 enthält zwar Strafhöchstgrenzen, die nach ihrem Wortlaut für die Bemessung der jeweiligen Geldstrafe („für jede/n Arbeitnehmer/in“) gelten, nicht aber für die Summe der Geldstrafen bei Verletzung der Bereitstellungspflicht bezüglich mehrerer Arbeitnehmer. Eine unionsrechtskonforme Rechtslage mithilfe der Verdrängung von nationalem Recht (eine andere Methode steht im Rahmen der Vollziehung der Gesetze nicht zur Verfügung) kann ggst am ehesten dadurch hergestellt werden, dass die Wortfolge „für jede/n Arbeitnehmer/in“ in § 7i Abs 4 AVRAG 1993 unangewendet bleibt, weil damit im Ergebnis dem sich aus Rn 42 und 47 des Urteils des EuGH vom 12.9.2019, Maksimovic, C-64/18, C 140/18, C-146/18 und C-148/18, ergebenden Erfordernis einer Höchstgrenze für die Summe aller Geldstrafen bei Verstößen gegen die Bereitstellungspflicht betr mehrere Arbeitnehmer Rechnung getragen wird.

S. 119 - 120, Rechtsprechung

Nachträglicher Betriebsschließungsbescheid

Wird ein Bescheid über die faktische Amtshandlung erlassen, dann wird die in der faktischen Amtshandlung liegende individuelle Norm Bestandteil des Bescheides.

Auch dann, wenn ein Betriebsschließungsbescheid nach Ablauf der Monatsfrist des § 56a Abs 3 GSpG erlassen wird, wird die faktische Amtshandlung vom Spruch dieses Bescheides erfasst. Auch ein solcher Betriebsschließungsbescheid, mag er auch rechtswidrig sein, wird rechtlich existent. Die Rechtswidrigkeit des Bescheides kann im Wege der Bescheidbeschwerde geltend gemacht werden. Auch wenn dieser Bescheid vom Landesverwaltungsgericht als rechtswidrig aufgehoben wurde, wäre das Maßnahmenbeschwerdeverfahren (soweit die Beschwerde nicht zurückgewiesen wurde) einzustellen gewesen.

S. 120 - 120, Rechtsprechung

Begründung der Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe

Nach der stRsp des VwGH ist jedenfalls dann, wenn zwischen der Höhe der verhängten Geldstrafe und der verhängten Ersatzfreiheitsstrafe ein erheblicher, nach dem Verhältnis zur Höchststrafe zu bemessender Unterschied besteht, dafür eine Begründung erforderlich.

Durch die Bestätigung des angefochtenen Erk hat das Landesverwaltungsgericht pro Glücksspielgerät eine Geldstrafe von 3.000 EUR und eine Ersatzfreiheitsstrafe von je zwei Wochen verhängt. Das Landesverwaltungsgericht begründete lediglich die Bestätigung der Geldstrafen. Die verhängten Ersatzfreiheitsstrafen stehen jedoch – da ihr Höchstausmaß zu 100% ausgeschöpft wurde – in einem auffallenden Missverhältnis zur Höhe der verhängten Geldstrafen, die entweder mit der Mindeststrafe (beim 3. Strafsatz) oder mit 30% des gesetzlichen Rahmens (beim 1. Strafsatz) bemessen wurde. Eine Begründung für die Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe in dieser Höhe ist dem angefochtenen Erkenntnis nicht zu entnehmen. Dies belastet den Strafausspruch mit Rechtswidrigkeit.

Ist der Ausspruch bezüglich der Ersatzfreiheitsstrafe rechtswidrig, so ist der Strafausspruch nach der Rsp des VwGH zur Gänze aufzuheben.

S. 120 - 120, Rechtsprechung

Widerspruch zwischen Spruch und Begründung

Stehen Spruch und Begründung einer E zueinander im Widerspruch, erweist sich eine solche E als mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet, sofern sich der vorliegende Widerspruch nicht als bloß terminologische Abweichung darstellt, deren Wirkung sich im Sprachlichen erschöpft.

Das VwG führt in den Entscheidungsgründen aus, die erstrevisionswerbende Partei habe die Geräte auf eigene Rechnung und Gefahr betrieben und sei somit Veranstalterin der verbotenen Ausspielungen. Dem Drittrevisionswerber sei als nach außen Vertretungsbefugtem eine Übertretung des § 52 Abs 1 Z 1 1. Fall GSpG anzulasten. In dem vom VwG bestätigten Spruch des Straferkenntnisses wurde der Drittrevisionswerber allerdings als handelsrechtlicher Geschäftsführer der erstrevisionswerbenden Partei wegen des 4. Falls (unternehmerisch beteiligen) bestraft, wodurch sich insoweit ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung des angefochtenen Erkenntnisses ergibt.

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