Die unlängst ergangene Entscheidung 6 Ob 194/17y befasst sich mit der Einforderung von Nachschüssen. Dabei wendet sich der 6. Senat von seiner älteren Rechtsprechung ab und nimmt überdies Stellung zur Rechtslage bei der gründungsprivilegierten GmbH (s § 10b GmbHG), mit der sich das Schrifttum bis dato – soweit ersichtlich – noch nicht beschäftigt hat. Gründe genug, um der Entscheidung vertiefende Aufmerksamkeit zu schenken.
- ISSN Online: 1864-3434
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Inhalt der Ausgabe
S. 237 - 248, Aufsatz
Zur Einforderung von Nachschüssen bei der gründungsprivilegierten GmbH - Ein Beitrag zu OGH 6 Ob 194/17y
S. 249 - 256, Aufsatz
Das neue europäische private Altersvorsorgeprodukt PEPP (Pan-European Personal Pension Product) und seine Marktgängigkeit im Binnenmarkt
Das Unionsrecht, insb Art 30 AEUV, ist dahin auszulegen, dass der Abgabenpflichtige, der eine Abgabe zollgleicher Wirkung, die mit dieser Vorschrift unvereinbar ist, tatsächlich getragen hat, selbst dann die Möglichkeit haben muss, die Erstattung der von ihm in diesem Zusammenhang entrichteten Beträge zu erlangen, wenn der Zahlungsmechanismus für die Abgabe im nationalen Recht so gestaltet war, dass diese Abgabe auf den Verbraucher abgewälzt werden sollte.
Art 2 Abs 2 lit b Ziff i der RL 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf steht einer nationalen Regelung entgegen, nach der ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer aufgrund gerechtfertigter, aber wiederkehrender Abwesenheiten vom Arbeitsplatz auch dann entlassen darf, wenn die Fehlzeiten die Folge von Krankheiten sind, die auf eine Behinderung des Arbeitnehmers zurückzuführen sind, es sei denn, diese Regelung geht unter Verfolgung des legitimen Ziels der Bekämpfung von Absentismus nicht über das zu dessen Erreichung Erforderliche hinaus; dies zu prüfen, ist Sache des vorlegenden Gerichts.
Art 2 lit a der RL 95/46/EG ist dahin auszulegen, dass unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens die schriftlichen Antworten eines Prüflings in einer berufsbezogenen Prüfung und etwaige Anmerkungen des Prüfers zu diesen Antworten „personenbezogene Daten“ iS dieser Bestimmung darstellen.
1. Unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens ist Art 32 Abs 1 der RL 2006/112/EG dahin auszulegen, dass er auf die zweite von zwei aufeinanderfolgenden Lieferungen derselben Ware anzuwenden ist, die zu nur einer innergemeinschaftlichen Beförderung geführt haben.
2. Wenn die zweite Lieferung einer Kette zweier aufeinanderfolgender Lieferungen, die zu einer einzigen innergemeinschaftlichen Beförderung geführt haben, eine innergemeinschaftliche Lieferung ist, ist der Grundsatz des Vertrauensschutzes dahin auszulegen, dass der Enderwerber, der zu Unrecht einen Vorsteuerabzug in Anspruch genommen hat, die von ihm nur auf der Grundlage der vom Zwischenhändler, der seine Lieferung falsch eingestuft hat, übermittelten Rechnungen an den Lieferanten gezahlte Mehrwertsteuer nicht als Vorsteuer abziehen kann.
Art 1 Abs 1 lit a der RL 2010/13/EU ist dahin auszulegen, dass die Definition des Begriffs „audiovisueller Mediendienst“ weder einen Videokanal wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, auf dem die Internetnutzer kurze Werbevideos für Modelle neuer Personenkraftwagen abrufen können, noch eines dieser Videos für sich genommen erfasst.
Die Sonderregelung des Betriebsbegriffes für Luftverkehrsunternehmen in § 134 Abs 3 ArbVG kommt nur zur Anwendung, wenn das Unternehmen ihren Hauptgeschäftssitz im Inland hat.
Das betriebsverfassungsrechtliche Vorverfahren bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber setzt sowohl nach deutschem wie nach österreichischem Recht die Existenz eines Betriebsrates voraus.
Die Anfechtung einer Kündigung durch den Arbeitnehmer gem § 107 ArbVG setzt das Vorliegen eines betriebsratspflichtigen Betriebes voraus. Die Qualität einer Arbeitsstätte als Betrieb geht nicht allein dadurch verloren, dass in einem Betrieb infolge von Personalreduktion weniger als fünf Arbeitnehmer beschäftigt werden.
Im Allgemeinen ist eine Berechtigung zur einseitigen Änderung eines Vertrages durch den wirtschaftlich typischerweise stärkeren Vertragspartner eine ungewöhnliche, in der Regel den schwächeren Vertragsteil gröblich benachteiligenden Vereinbarung. Für ihre Zulässigkeit bedarf es entweder einer ausdrücklich gesetzlichen Anordnung oder eines ausdrücklichen Vorbehalts, dem der Arbeitnehmer frei von Willensmängeln zugestimmt hat und der auch seine Interessen angemessen wahrt.
Eine Formulierung im Dienstvertrag eines Musikschullehrers, wonach das Stundenausmaß jährlich einer Neufestsetzung unterliegt, begründet keine Berechtigung des Dienstgebers zur einseitigen Festlegung des geschuldeten Stundenausmaßes.
Ist ein Kollegialorgan zur Entscheidung über die Kündigung oder Entlassung von Arbeitnehmern zuständig, dann ist für eine Beschlussfassung erforderlich, dass die Mitglieder des Organs rechtzeitig von der geplanten Beschlussfassung verständigt und über deren wesentlichen Inhalt informiert werden. Bei einem Beschluss über die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gehört dazu auch die Art der Beendigung (Kündigung oder Entlassung).
Ein generelles Vertretungsrecht kann die persönliche Abhängigkeit und damit die Eigenschaft als Dienstnehmer nur ausschließen, wenn diese Befugnis bei der Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses auch tatsächlich gelebt wurde oder wenn die Parteien bei Abschluss des Vertrages ernsthaft damit rechnen konnten, dass von der Vertretungsbefugnis auch tatsächlich Gebrauch gemacht wird. Dass eine ärztliche Leiterin und Fachärztin ihre Aufgaben an einen von ihr freigewählten Arzt auf eigene Kosten delegieren könnte, ergibt weder aus ärztlicher noch aus betriebswirtschaftlicher Sicht einen Sinn.
Das Verbot der Einlagenrückgewähr gem §§ 82, 83 GmbHG ist auf die KG analog anzuwenden, wenn bei einer KG kein unbeschränkt haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist. Es erfasst grundsätzlich jede vermögensmindernde Leistung der GmbH an ihre Gesellschafter, ausgenommen solche in Erfüllung des Dividendenanspruchs, Leistungen auf Grundlage fremdüblicher Austauschgeschäfte und sonstiger gesetzlich zugelassener Ausnahmefälle. Zu letzteren zählen Abfindungsansprüche ausscheidender Gesellschafter, wenn sie durch alineare Gewinnausschüttungen oder durch Kapitalherabsetzungen in analoger Anwendung der §§ 54 ff GmbHG von der Gesellschaft befriedigt werden können. Dies gewährleistet ausreichenden Gläubigerschutz. Obwohl für den Sonderfall der GmbH u Co KG die Liquidationsbestimmungen nicht dispositiv sind, ist deshalb die im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses mit den Restgesellschaftern weder unzulässig noch ein Verstoß gegen Treu und Glauben.
Der gesellschaftsrechtliche und eigenständige Rückforderungsanspruch gem § 82 f GmbH konkurriert mit der Rückforderung von verbotswidrigen Leistungen nach allgemeinem Bereicherungsrecht. Demnach kommt neben der fünfjährigen Verjährungsfrist des § 83 Abs 5 GmbHG, die im Zeitpunkt der rechtswidrigen Zahlungen zu laufen beginnt, auch die allgemeine (lange) Verjährungsfrist zum Tragen. Das zu § 83 Abs 1 GmbHG entwickelte Aufrechnungsverbot kann auf einen auf allgemeines Bereicherungsrecht gestützten Rückforderungsanspruch nicht übertragen werden.
I. Dem Gerichtshof der EU werden gem Art 267 AEUV folgende Fragen zur VorabE vorgelegt:
1. Steht Art 15 Abs 1 der RL 2000/31/EG allgemein einer der nachstehend angeführten Verpflichtungen eines Host-Providers, der rechtswidrige Informationen nicht unverzüglich entfernt hat, entgegen, und zwar nicht nur diese rechtswidrige Information iS des Art 14 Abs 1 litera a) der RL zu entfernen, sondern auch andere wortgleiche Informationen:
a.a. weltweit?
a.b. im jeweiligen MS?
a.c. des jeweiligen Nutzers weltweit?
a.d. des jeweiligen Nutzers im jeweiligen MS?
2. Soweit Frage 1 verneint wurde: Gilt dies jeweils auch für sinngleiche Informationen?
3. Gilt dies auch für sinngleiche Informationen, sobald dem Betreiber dieser Umstand zur Kenntnis gelangt ist?
II. Das RevRekursverfahren wird bis zum Einlangen der VorabE des Gerichtshofs der EU gem § 90a Abs 1 Gerichtsorganisationsgesetz ausgesetzt.
Sowohl die Schutzfähigkeit als auch der Eingriff in ein Geschmacksmuster sind nach dem Gesamteindruck des informierten Benutzers zu beurteilen. Dieser Benutzer unterscheidet sich durch ein gewisses Maß an Kenntnissen und Aufgeschlossenheit für Designfragen vom „durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher“, wenn auch nicht Wissen und Fähigkeiten eines Fachmanns anzulegen sind. Ein hohes Maß an Eigenart gibt dabei Raum für einen großen Schutzumfang, umgekehrt führt geringe Eigenart auch nur zu einem kleinen Schutzumfang. Ist der informierte Benutzer des Geschmacksmusters bereit, trotz geringer Unterschiede zwischen Formenschatz und Geschmacksmuster die Eigenart zu bejahen, muss er gleichermaßen im Verletzungsstreit bei derartigen Unterschieden zwischen dem Geschmacksmuster und der angegriffenen Ausführungsform die Verletzung verneinen.
Allfällige Mängel eines Verwaltungsverfahrens vor einer Verwaltungsbehörde können grundsätzlich durch ein mängelfreies Verfahren vor dem VwG saniert werden. Eine im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde erfolgte Verletzung des Parteiengehörs kann zudem durch die mit der Beschwerde an das VwG verbundene Möglichkeit einer Stellungnahme saniert werden, wenn der damit bekämpfte Bescheid die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vollständig wiedergegeben hat.
Während zur Verwaltung einer Liegenschaft alles gehört, was gemeinschaftliche Interessen bei der Nutzung und Erhaltung des Gemeinschaftsguts berühren könnte, greift eine Verfügung in die Substanz der Gemeinschaftsrechte oder Anteilsrechte ein. Dem korrespondiert die Bestimmung des § 18 Abs 2 WEG, wonach es jedem Wohnungseigentümer offensteht, Belastungen der Liegenschaft (etwa auch eine die Verfügung einschränkende Duldungspflicht) eigenständig zu bekämpfen. Der Verwalter iSd § 20 WEG („Hausverwaltung“) ist demgegenüber nicht zur Geltendmachung dieser Rechte nicht berechtigt. Eine (bloße) Verwaltervollmacht iSd § 20 WEG gibt ferner keine Grundlage dafür ab, eine Hausverwaltung als Vertreter für einen Wohnungseigentümer zu qualifizieren.
Bei der Beurteilung der Frage, ob die von einem Verein entfaltete Tätigkeit der GewO 1994 unterliegt, kommt es nicht darauf an, ob der Verein tatsächlich Gewinn erzielt. Entscheidend ist vielmehr, ob die Absicht besteht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, ob also jene Vereinstätigkeit, in deren Rahmen Einkünfte erzielt werden, in der Absicht betrieben wird, einen den mit dieser Tätigkeit im Zusammenhang stehenden Aufwand übersteigenden Ertrag zu erzielen. Sollen mit den für die Leistungen des Vereins eingehobenen Entgelten auch Kosten des Vereins im Zusammenhang mit anderen Vereinstätigkeiten abgedeckt werden, so liegt die Ertragsabsicht vor.
Ob eine Erledigung einer bestimmten Behörde bzw welcher Behörde sie zuzurechnen ist, ist anhand des äußeren Erscheinungsbildes, also insbesondere anhand des Kopfes, Spruches, der Begründung, der Fertigungsklausel und der Rechtsmittelbelehrung, also nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Die Behörde, der die Erledigung zuzurechnen ist, muss aus der Erledigung selbst hervorgehen.
Änderungen des verfahrenseinleitenden Antrags gemäß § 13 Abs 8 AVG haben nach Anberaumung (Kundmachung) der mündlichen Verhandlung dann keine Auswirkungen auf die Präklusionsfolgen, wenn durch die Änderung die subjektiven Rechte der Parteien im Verhältnis zum ursprünglich eingebrachten Antrag (= kundgemachter Verfahrensgegenstand) in keiner Weise betroffen sein können. Das trifft beispielsweise auf jene Modifikationen zu, durch die der Verfahrensgegenstand eingeengt und damit eine mögliche Betroffenheit der Parteien in subjektiven Rechten vermindert, zumindest nicht ausgeweitet wird. Eine solche Änderung ist auch im Hinblick auf eine bereits eingetretene Präklusion deshalb ohne Bedeutung, weil die Identität des Gegenstandes des Genehmigungsverfahrens unter dem Blickwinkel zu sehen ist, dass die Bekanntmachung als Voraussetzung dafür zu dienen hat, den Parteien die zur Verfolgung ihrer Rechte erforderlichen Informationen zu vermitteln.
Der Nachbar kann im gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren nur den Schutz seines Eigentums vor der Vernichtung der Substanz, aber nicht jede Minderung des Verkehrswertes seines Eigentums geltend machen. Einer solchen Vernichtung der Substanz ist allerdings der Verlust deren Verwertbarkeit gleichzuhalten, der bereits dann anzunehmen ist, wenn die nach der Verkehrsauffassung übliche bestimmungsgemäße Sachnutzung oder Verwertung ausgeschlossen ist. Eine Gefährdung dinglicher Rechte iS des § 74 Abs 2 Z 1 GewO 1994 ist nur dann gegeben, wenn deren sinnvolle Nutzung wesentlich beeinträchtigt oder wenn diese in ihrer Substanz bedroht werden, indem ihre bestimmungsgemäße Nutzung auf Dauer unmöglich gemacht wird.
Wendet sich daher der Nachbar gegen die zur Bewilligung beantragte Anlage aus dem Grund der Eigentumsgefährdung, so hat er durch ein konkretes Vorbringen nicht bloß darzutun, dass durch die begehrte Genehmigung sein Eigentum berührt wird, sondern auch, dass dieses über eine bloße Minderung des Verkehrswertes hinaus in seiner Substanz bedroht ist, wozu auch der Verlust der Verwertbarkeit zählt.
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