Übernahmerechtliche Fragestellungen haben für die Transaktionspraxis große Bedeutung, weil sie die Transaktionsgestaltung und -strukturierung maßgeblich beeinflussen können. Dieser Beitrag stellt die bedeutenden Entwicklungen des letzten Jahres dar und zeigt ihre Fragen auf, womit er der Marktpraxis begleitend zur Seite steht. Das erscheint in einem schnelllebigen Rechtsgebiet wie dem Kapitalmarktrecht als besonders relevant. Außerdem möchte die vorliegende Aufbereitung den rechtswissenschaftlichen Diskurs im Übernahmerecht unterstützen und gemeinsam mit den zahlreichen Veröffentlichungen zum Übernahmerecht in letzter Zeit weiter vorantreiben.
- ISSN Online: 1864-3434
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Inhalt der Ausgabe
Diesmal: Im November wurden in mehreren bedeutenden Gesetzgebungsprojekten im Trilog eine vorläufige Einigung erzielt: die Verordnung zur Wiederherstellung der Natur und die SLAPP Richtlinie. Zudem wurde der Data Act vom Rat vorläufig angenommen. Zudem berichten wir von ausgewählter Rechtsprechung zu Verwirklichung der Gleichbehandlung in der Arbeitswelt, insbesondere in Bezug auf das Verbot der Diskriminierung wegen Religion und ein Schlussantrag der Generalanwältin Ćapeta zur Frage, ob Einzelpersonen Schadensersatzansprüche gegen die EU wegen angeblicher Grundrechtsverletzungen im Rahmen von GASP-Maßnahmen geltend machen können.
1. Art 57 Abs 3 der RL 2014/25/EU ist dahin auszulegen, dass eine zentrale Beschaffung im Rahmen der gemeinsamen Auftragsvergabe durch Auftraggeber aus verschiedenen MS von einer zentralen Beschaffungsstelle „mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat“ durchgeführt wird, wenn der Auftraggeber seinen Sitz in einem anderen MS als dem des Sitzes der zentralen Beschaffungsstelle hat, gegebenenfalls auch unabhängig vom Sitz einer dritten Stelle, die den Auftraggeber oder die zentrale Beschaffungsstelle beherrscht.
2. Art 57 Abs 3 der RL 2014/25 ist im Licht der Erwägungsgründe 78 und 82 dieser RL dahin auszulegen, dass sich die in dieser Bestimmung verankerte Kollisionsnorm, wonach die zentralen Beschaffungstätigkeiten einer zentralen Beschaffungsstelle gemäß den nationalen Bestimmungen des MS, in dem diese zentrale Beschaffungsstelle ihren Sitz hat, erfolgen, auf Nachprüfungsverfahren iS der RL 92/13/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften über die Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor in der Fassung der RL 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Konzessionsvergabe erstreckt, die diese Tätigkeiten betreffen, soweit diese zentrale Beschaffungsstelle das Vergabeverfahren durchgeführt hat.
Art 3 Abs 4 der RL 2000/31/EG ist dahin auszulegen, dass generell-abstrakte Maßnahmen, die sich auf eine allgemein umschriebene Kategorie bestimmter Dienste der Informationsgesellschaft beziehen und unterschiedslos für alle Anbieter dieser Kategorie von Diensten gelten, nicht unter den Begriff „Maßnahmen ... betreffen[d] einen bestimmten Dienst der Informationsgesellschaft“ iS dieser Bestimmung fallen.
Art 4 Abs 1 Nr 1 lit a der VO (EU) Nr 575/2013 in der durch die VO (EU) 2019/2033 des EP und des Rates vom 27. November 2019 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass ein Unternehmen nur dann unter den Begriff „Kreditinstitut“ iS dieses Art 4 Abs 1 Nr 1 fällt, wenn seine Tätigkeit kumulativ darin besteht, Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des Publikums entgegenzunehmen und Kredite für eigene Rechnung zu gewähren, wobei diese Einlagen oder anderen Gelder des Publikums zur Kreditgewährung bestimmt sind, ohne dass es ausgeschlossen ist, Kredite auch mit Mitteln aus anderen Quellen zu gewähren.
1. Art 4 lit c der RL 2004/48/EG ist dahin auszulegen, dass neben der Voraussetzung des unmittelbaren Interesses an der Verteidigung der betreffenden Rechte die Anerkennung der Befugnis von Verwertungsgesellschaften bzw Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung, im eigenen Namen die in Kapitel II dieser RL vorgesehenen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe zu beantragen, von der Klagebefugnis dieser Organisationen für die Zwecke der Verteidigung der Rechte des geistigen Eigentums abhängt, die sich aus einer besonderen Bestimmung zu diesem Zweck oder aus allgemeinen Verfahrensvorschriften ergeben kann.
2. Art 4 lit c der RL 2004/48 ist dahin auszulegen, dass die MS nach derzeitigem Stand des Unionsrechts nicht verpflichtet sind, Verwertungsgesellschaften mit ordnungsgemäß anerkannter Befugnis zur Vertretung von Inhabern von Rechten des geistigen Eigentums ein unmittelbares Interesse daran zuzuerkennen, im eigenen Namen die in Kapitel II dieser RL vorgesehenen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe zu beantragen, wenn sich aus den anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften das Bestehen eines unmittelbaren Interesses dieser Organisationen an der Verteidigung der betreffenden Rechte nicht ergeben sollte.
Art 5 Abs 2 lit b der RL 2001/29/EG ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die Sendeunternehmen, deren Aufzeichnungen der Sendungen von natürlichen Personen zum privaten Gebrauch und nicht zu kommerziellen Zwecken vervielfältigt werden, vom Anspruch auf einen gerechten Ausgleich im Sinne dieser Bestimmung ausschließt, soweit die Sendeunternehmen einen potenziellen Schaden erleiden, der nicht nur „geringfügig“ ist.
Grundsätzlich hat der Arbeitgeber die erforderlichen Arbeitsmittel bereitzustellen. Stellt sie der Arbeitnehmer zur Verfügung, hat er einen Anspruch auf Ersatz des Aufwands gegen den Arbeitgeber. Beim Homeoffice umfasst der Aufwandersatz nicht allein die dadurch verursachten Mehrkosten, sondern auch anteilige Strom- und Heizkosten sowie einen Anteil der Miete.
Bei Anwendung des § 273 ZPO zur Ermittlung der Anspruchhöhe können Fehler der Ermessensentscheidung vor dem OGH nur geltend gemacht werden, wenn sie einem Ermessensmissbrauch nahekommen.
Auch auf eine vereinbarte unwiderrufliche Dienstfreistellung anlässlich einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses ist § 1155 ABGB anzuwenden. Ein anderweitiger Verdienst ist sogleich anzurechnen Eine anrechnungsfreie Zeit in Analogie zu §§ 1162 b ABGB kommt nicht in Betracht.
Eine ununterbrochene Dauer des Arbeitsverhältnisses setzt nicht voraus, dass befristete Arbeitsverhältnisse fugenlos aneinander anschließen müssen.
Eine Unterbrechung von über vier Monaten schließt aber eine Zusammenrechnung von Dienstzeiten aus.
Die Unzulässigkeit von befristeten Arbeitsverhältnissen kann nicht zeitlich unbegrenzt geltend gemacht werden.
Abseits des isolierten Wortlauts können systematische und erläuternde Regelungen des Gesellschaftsvertrages im Einzelfall für die Auslegung sprechen, dass in der Frage der Verlustzuweisung nicht vom dispositiven Recht abgegangen wurde.
Für die Sozialwidrigkeit einer Änderungskündigung ist entscheidend, ob die Anname des Änderungsangebotes dem Arbeitnehmer zumutbar ist. Dabei ist der bisherige Arbeitsplatz mit dem angebotenen Arbeitsplatz zu vergleichen. In diesem Vergleich sind nicht nur die Entgelt-, sondern auch die anderen Arbeitsbedingungen zu berücksichtigen.
Konkurrenzklauseln sind mangels besonderer Interpretationsregeln nach den Bestimmungen der §§ 914 f ABGB auszulegen.
Die Auslegung eines Konkurrenzverbots durch ergänzende Vertragsauslegung kommt nur dann in Betracht, wenn dies der Zweck der Vereinbarung, die Verkehrssitte, oder unter Unternehmern gewichtige Umstände erfordern.
S. 43 - 55, Rechtsprechung
Zum Vorliegen eines Zusammenschlusses gemäß § 7 KartG; zur geldbußenrechtlichen Verantwortlichkeit
Der Tatbestand des § 7 Abs 1 Ziff 1 KartG erfasst jede Form des abgeleiteten Erwerbs von Rechtspositionen. In Anlehnung an die deutsche Rsp wird der Tatbestand des § 7 Abs 1 Z 1 KartG dahin ausgelegt, dass er den Erwerb des Vollrechts des bisherigen Inhabers voraussetzt, was auch durch die Übertragung von Gebrauchs- oder Nutzungsrechten vom bisherigen Inhaber auf den Erwerber erfüllt sein kann, wenn auch ersterem nur ein entsprechendes Gebrauchs- oder Nutzungsrecht zukam. Demnach kann bei der Übertragung von Mietrechten an Standorten des Lebensmitteleinzelhandels von einem Unternehmen auf einen Mitbewerber ein Erwerb iSd § 7 Abs 1 Z 1 KartG vorliegen.
Als „wesentlicher Teil“ eines Unternehmens iSd § 7 Abs 1 Z 1 KartG können auch Kundenlisten, Geschäftsbereiche, Produktionsstandorte, Filialen, Markenrechte (zB Zeitschriftentitel), Patentrechte, eine Vertriebsmannschaft (vor allem in einem Markt, in dem persönliche Kundenbeziehungen wesentlich sind) oder eine ausreichend große Anzahl von Schlüsselarbeitskräften, die von einem Konkurrenten übernommen werden, angesehen werden. Der Erwerb eines wesentlichen Teils eines Unternehmens liegt auch beim Teilerwerb einer Betriebsstätte vor, wenn dafür gesorgt ist, dass der betriebsbezogene Marktanteil auf den Erwerber übergeht.
Ein formfreies Rechtsgeschäft ist wegen Mängeln des darüber aufgenommenen Notariatsakts nicht nichtig.
Vom Grundsatz der Wechselstrenge kann abgewichen werden, wenn sich die Parteien des Wechselbegebungsvertrags gegenüberstehen.
Die für den Eintritt der Fälligkeit eines Sichtwechsels erforderliche Vorlage zur Zahlung besteht in der ausdrücklichen oder stillschweigenden, daher keiner besonderen Form bedürftigen Aufforderung zur Zahlung der Wechselsumme.
Nach der Rsp des VwGH ist im Rahmen des § 17 Abs 3 AVG das Interesse der Partei (hier der Revisionswerberin) an der Akteneinsicht gegen das Interesse anderer Interessen (hier der anderen Bieter) im Einzelfall abzuwägen bzw ist im Einzelfall zu beurteilen, inwieweit ein überwiegendes Interesse besteht, einem (hier) Bieter bestimmte Informationen vorzuenthalten.
Auch der VfGH hat zu § 17 Abs 3 AVG bereits ausgesprochen, dass die Behörde bzw das Verwaltungsgericht die ihrer Vorgangsweise zugrundeliegende Abwägung zwischen Geheimhaltungsanspruch und Recht auf Akteneinsicht und damit Transparenz der Entscheidungsgrundlage nachvollziehbar zu begründen haben, sodass die Verfahrensparteien diese zum Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Kontrolle bzw einer Revision an den VwGH machen können. In Bezug auf das Legalitätsprinzip kommt bei solchen Abwägungsentscheidungen dem Verfahren insoweit Bedeutung zu, als die im Einzelfall in Betracht kommenden Belange umfassend zu erörtern sind und danach auf Grund nachvollziehbarer Kriterien darzutun ist, warum bestimmten Interessen ein Vorrang gegenüber anderen Interessen eingeräumt wird.
Nach der stRsp des VwGH ist die Erlassung eines Feststellungsbescheides nur dann zulässig, wenn sie entweder im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist oder wenn eine gesetzliche Regelung zwar nicht besteht, die Erlassung eines solchen Bescheides aber im öffentlichen Interesse liegt, oder wenn sie insofern im Interesse einer Partei liegt, als sie für die Partei ein notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung darstellt. Ein Feststellungsbescheid als subsidiärer Rechtsbehelf ist jedenfalls dann nicht zulässig, wenn die strittige Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens entschieden werden kann (vgl VwGH 15.9.2020, Ro 2020/16/0028).
Weder in § 6 AWG 2002 noch in einer anderen Norm des AWG 2002 ist eine Rechtsgrundlage für die von den revisionswerbenden Parteien begehrte Feststellung, dass dem Inverkehrsetzen von Kunststofftragetaschen mit einer Mindestwandstärke von 50 Mikron in Österreich nicht das Verbot des § 13j AWG 2002 entgegenstehe, explizit vorgesehen.
Bei Fehlen einer ausdrücklichen Zuständigkeitsnorm ist jene Behörde zur Erlassung eines Bescheides als zuständig anzusehen, zu deren Wirkungsbereich der engste sachliche Zusammenhang besteht (vgl VwGH 25.6.1996, 96/09/0088). Dieses Prinzip des „engsten sachlichen Zusammenhanges“ kommt auch in jenen Fällen zum Tragen, in denen es um die Beurteilung der Zulässigkeit eines Feststellungsantrages geht (vgl VwGH 30.5.2006, 2003/12/0102).
Wie der VwGH bereits ausgesprochen hat, ist gem § 6 Abs 5 AWG 2002 ein Feststellungsbescheid bzw darauf zielender Antrag, ob oder inwieweit eine Sache der VerpackV 2014 unterliegt, bei Vorliegen begründeter Zweifel zulässig (vgl VwGH 22.9.2022, Ra 2022/07/0023). Bei Kunststofftragetaschen handelt es sich im Allgemeinen um Serviceverpackungen(vgl dazu § 3 Abs 1, 7 und 8 VerpackV 2014; vgl weiters auch die Materialien zur Einführung des § 13m AWG 2002, IA 887/A 26. GP, S 11 f).
Die Zuständigkeit für einen Feststellungsantrag nach § 6 Abs 5 AWG 2002 wiederum liegt bei der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie. Aus diesen Erwägungen erweist sich die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie auch als sachnächste Behörde für die ggst Feststellungsanträge und damit als die für die Entscheidung über diese Feststellungsanträge zuständige Behörde.
Durch die Vorschreibung von Auflagen, die bereits Gegenstand des beantragten Projekts waren, können keine subjektiven Rechte des Konsenswerbers verletzt werden. Eine dennoch erhobene Revision ist mangels Rechtsschutzinteresses zurückzuweisen.
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