Das Sachlichkeitsgebot begrenzt den Spielraum des Gesetzgebers bei der Festlegung von Sanktionen für rechtswidriges Verhalten. So ist es unzulässig, wenn eine absolute Strafdrohung unabhängig vom Grad des Verschuldens und unabhängig von der Höhe des durch eine Gesetzesübertretung bewirkten Schadens vorgesehen ist, mit der Folge, dass eine Regelung ihrem System nach ein exzessives Missverhältnis zwischen der Höhe der Strafe einerseits und dem Grad des Verschuldens und der Höhe des verursachten Schadens andererseits einschließt. Ferner verpönt das Sachlichkeitsgebot den Fall, in dem ein exzessives Missverhältnis zwischen dem unter Strafsanktion gestellten Verhalten und der als primäre Rechtsfolge vorgesehenen Geldstrafe gegeben ist. Mit Blick auf Art 7 B-VG ist außerdem festzuhalten, dass das Finanzstrafrecht, das durch spezifische Deliktstypen den Besteuerungsanspruch des Steuergläubigers schützt, ein eigenständiges Ordnungssystem bildet und deshalb mit dem Normensystem des Strafgesetzbuches nicht in Vergleich zu setzen ist.
Nach § 33 Abs 5 FinStrG wird die Abgabenhinterziehung mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des für den Strafrahmen maßgeblichen Verkürzungsbetrages geahndet. Im Fall einer Abgabenhinterziehung wird der Staat in seinem Recht, Steuern einzuheben, verletzt. Der VfGH vermag nicht zu erkennen, dass die Anknüpfung des § 33 Abs 5 FinStrG an das Zweifache des Verkürzungsbetrages unsachlich wäre, zumal der Gesetzgeber die Regelung der Strafbemessung an den Verkürzungsbetrag und damit unmittelbar an den durch die Abgabenhinterziehung bewirkten Schaden – den Erfolgsunwert der Tat – knüpft. Da die Strafdrohung des zweifachen Verkürzungsbetrages an den Erfolgsunwert der Tat an sich anknüpft, kann dem Gesetzgeber nicht entgegengetreten werden, wenn die Obergrenze des Strafrahmens nicht nur für den unmittelbaren Täter, sondern auch für jeden anderen gilt, der einen anderen dazu bestimmt, eine solche Tat auszuführen, oder sonst zu ihrer Ausführung beiträgt (§ 11 FinStrG), ergibt sich doch auch die Verwerflichkeit des Tatbeitrages aus dem Erfolgsunwert der Tat selbst. Sind an einer Tat mehrere Personen beteiligt, ist im Übrigen gem § 12 FinStrG jeder nach seiner Schuld zu bestrafen. Gem § 23 Abs 3 FinStrG erfolgt weiters die Bemessung der Strafe für einen Beitragstäter nach seinen persönlichen Verhältnissen und seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.
Mindeststrafen sind aus Gründen der General- und Spezialprävention zur effizienten Bekämpfung eines verpönten Verhaltens zulässig, wenn das Gewicht der Mindeststrafdrohung nicht außer Verhältnis zum Gewicht der damit verfolgten Ziele steht. Dies gilt selbst dann, wenn die Möglichkeit der Ausschöpfung eines Strafrahmens bereits den Schutzzweck hinreichend erfüllen sollte, sofern die Normierung einer Mindeststrafe – etwa im Hinblick auf das dem Regelungsbereich innewohnende Gefährdungspotential und das mögliche Einkalkulieren des Strafausmaßes – sachlich begründet ist. Dabei kann die Mindeststrafdrohung auch ein empfindliches Ausmaß annehmen, wenn der Zweck der Durchsetzung eines in der Regel normgerechten Verhaltens nur durch eine solche Maßnahme erreicht werden kann. Erreicht die Strafdrohung allerdings eine Höhe, die mit dem hergebrachten, der Rechtsordnung immanenten Zweck der Verwaltungsstrafe nicht mehr vereinbar ist, erweist sich die Mindeststrafe ebenso als verfassungswidrig wie wenn sie auf eine Vielzahl unterschiedlicher Sachverhalte anzuwenden ist und damit Verstöße ganz unterschiedlicher Gravität erfasst, ohne eine hinreichende Berücksichtigung der Unterschiede zu ermöglichen.
Dem Gesetzgeber kann indes nicht entgegengetreten werden, wenn er zum Schutz der finanziellen Interessen des Staates eine Mindeststrafdrohung mit dem Ziel vorsieht, deutlicher als bis zu ihrer Einführung die strafrechtlichen Konsequenzen steuerlichen Fehlverhaltens vor Augen zu führen (RV 451 BlgNR 22. GP, 31). Auch vermag der VfGH nicht zu erkennen, dass der Gesetzgeber die Mindeststrafdrohung in § 23 Abs 4 FinStrG in unverhältnismäßiger Weise festgelegt hätte: Mit der Festlegung der möglichen Strafhöhe (bzw des Strafrahmens zwischen Höchst- und Mindeststrafe) bestimmt der Gesetzgeber das Ausmaß des sozialen Unwertes, welches er mit dem verpönten Verhalten verbindet. Basierend auf der Auffassung, dass die Höchststrafdrohung für das Vergehen der Abgabenhinterziehung gem § 33 Abs 5 FinStrG vom Gesetzgeber in nicht unsachlicher Weise am Verkürzungsbetrag orientiert wurde, ist es nicht überschießend, wenn der Gesetzgeber in § 23 Abs 4 FinStrG einen (nicht unverhältnismäßig hohen) Prozentsatz der Höchststrafdrohung als Mindeststrafe festlegt.
Zuletzt differenziert § 23 Abs 4 Satz 2 FinStrG nicht unsachlich, soweit ein an das Vorliegen besonderer Gründe gebundenes Unterschreiten der Mindeststrafe nur für das verwaltungsbehördliche, nicht aber auch für das gerichtliche Finanzstrafverfahren vorgesehen ist: Auch innerhalb des finanzstrafrechtlichen Systems bestehen wesentliche Unterschiede zwischen dem gerichtlichen und dem verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren, die im Allgemeinen verschiedenartige Regelungen einer Frage sachlich zu rechtfertigen vermögen. Dementsprechend differenziert das Finanzstrafgesetz, das mit der Zuständigkeitsregelung des § 53 Abs 1 und 2 FinStrG zum Ausdruck bringt, dass Straftaten in die Zuständigkeit der Gerichte erst fallen, wenn der strafbestimmende Wertbetrag eine bestimmte Höhe erreicht, auch hinsichtlich der Frage, ob und in welchem Ausmaß über den Beschuldigten – neben der bzw zusätzlich zu einer Geldstrafe – Freiheitsstrafen verhängt werden können, zwischen gerichtlichem und verwaltungsbehördlichem Finanzstrafverfahren. Vor diesem Hintergrund kann der VfGH nicht erkennen, dass es dem Gesetzgeber verwehrt wäre, die Frage des Unterschreitens der Mindeststrafdrohung im gerichtlichen und verwaltungsbehördlichen Verfahren unterschiedlich zu regeln. Dabei kann dem Gesetzgeber nicht entgegengetreten werden, wenn er für das gerichtliche Finanzstrafverfahren angesichts der generalpräventiven Zielsetzung der Mindeststrafe in § 23 Abs 4 FinStrG eine absolute Untergrenze für die allgemeinen Strafzumessungsregeln des § 23 Abs 1 bis 3 FinStrG anordnet; im Übrigen ist auch für das gerichtliche Finanzstrafverfahren in spezifischen Fällen die Zumessung einer geringeren Strafe nicht gänzlich ausgeschlossen (vgl § 26 Abs 1 FinStrG).