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WBL

Heft 5, Mai 2021, Band 35

eJournal-Heft
  • ISSN Online: 1864-3434

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Inhalt der Ausgabe

S. 245 - 255, Aufsatz

Hans-Georg Koppensteiner

Bankenkonzernrecht

In § 30 BWG finden sich Bestimmungen über Kreditinstitutsgruppen. Die Abs 7, 9 und 10 begründen umfangreiche Pflichten nachgeordneter gegenüber übergeordneten Instituten.

Nach Abs 8 hat das übergeordnete Institut die Erfüllung dieser Pflichten sicherzustellen. Noch intensiver ausgestaltet sind solche Pflichten im Kreditinstitute-Verbund (§ 30a BWG). Der Beitrag ist dem in Österreich bisher kaum erörtertem Verhältnis dieser Regeln zum Gesellschaftsrecht, namentlich dem Konzernrecht gewidmet.

S. 256 - 260, Aufsatz

Marian Leitner / Thomas E. Hofer

Kompetenzrechtliche Grundlagen der Tarifregulierung im städtischen öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV)

Die städtischen Verkehrsunternehmen in Österreich werden traditionell schon seit ihrer Gründung in der Zeit der Habsburgermonarchie als wirtschaftliches Instrument zur Durchsetzung regionaler Verkehrspolitik betrachtet, während im Gegensatz dazu die Haupt- bzw Vollbahnen vor allem der Durchsetzung gesamtstaatlicher Verkehrsinteressen und den damals für wichtig befundenen militärischen Erfordernissen zu dienen bestimmt waren. Diesbezüglich verwundert es daher nicht, dass auch die damit verbundene Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenz zur Regelung der wirtschaftlichen Aspekte der städtischen Verkehrsunternehmen, wie insbesondere wirtschaftslenkende Tarifregulierungen, im Rahmen der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung den Ländern, in Bezug auf die Österreichischen Bundesbahnen und anderer Eisenbahnen hingegen dem Bund zugeordnet wurde, wie in diesem Beitrag anhand einer versteinerungstheoretischen Untersuchung gezeigt werden kann. Für den Bereich des Busverkehrs liegt die Regelungskompetenz hingegen ausschließlich bei den Ländern.

S. 261 - 265, Aufsatz

Franz W. Urlesberger

Europarecht: Das Neueste auf einen Blick

S. 266 - 272, Rechtsprechung

Beihilfenrecht: Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse – Führung von Postgirokonten für die Erhebung der kommunalen Grundsteuer

Art 107 AEUV ist dahin auszulegen, dass die nationale Maßnahme, aufgrund deren die mit der Erhebung der Imposta comunale sugli immobili (kommunale Grundsteuer) betrauten Konzessionäre verpflichtet sind, bei Poste Italiane SpA über ein auf ihren Namen lautendes Girokonto zu verfügen, um den Steuerpflichtigen die Zahlung dieser Steuer zu ermöglichen, und eine Gebühr für die Führung dieses Girokontos zu entrichten, eine „staatliche Beihilfe“ iS der genannten Bestimmung darstellt, sofern diese Maßnahme dem Staat zugerechnet werden kann, Poste Italiane aus staatlichen Mitteln einen Vorteil verschafft und geeignet ist, den Wettbewerb und den Handel zwischen den MS zu verfälschen, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat.

S. 272 - 276, Rechtsprechung

Gesellschaftsrecht: Einstellung eines Abschlussprüfers bei einem geprüften Unternehmen – Karenzzeit – Verbot der Übernahme einer zentralen Führungsposition in dem geprüften Unternehmen

Art 22a Abs 1 lit a der RL 2006/43/EG in der durch die RL 2014/56/EU des EP und des Rates vom 16. April 2014 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass ein Abschlussprüfer, wie ein verantwortlicher Prüfungspartner, der von einer Prüfungsgesellschaft im Zusammenhang mit einem Prüfungsauftrag benannt wurde, als eine Person anzusehen ist, die iS dieser Bestimmung eine zentrale Führungsposition in einem geprüften Unternehmen übernimmt, sobald er mit diesem Unternehmen einen Arbeitsvertrag für diese Position schließt, auch wenn er seine Tätigkeit in dieser Position noch nicht tatsächlich aufgenommen hat.

S. 276 - 279, Rechtsprechung

Urheberrecht: Begriff ,öffentliche Wiedergabe‘ – Verlinkung eines urheberrechtlich geschützten Werks auf der Website eines Dritten im Wege des Framing

Art 3 Abs 1 der RL 2001/29/EG ist dahin auszulegen, dass die Einbettung in die Website eines Dritten im Wege der Framing-Technik von urheberrechtlich geschützten und der Öffentlichkeit mit Erlaubnis des Inhabers des Urheberrechts auf einer anderen Website frei zugänglich gemachten Werken eine öffentliche Wiedergabe iS dieser Bestimmung darstellt, wenn sie unter Umgehung von Schutzmaßnahmen gegen Framing erfolgt, die der Rechtsinhaber getroffen oder veranlasst hat.

S. 280 - 285, Rechtsprechung

Vergaberecht: Privatrechtlicher Verein als Einrichtung des öffentlichen Rechts (Nationaler Sportverband) – Aufsicht über die Leitung des Verbands durch eine Einrichtung des öffentlichen Rechts

Art 2 Abs 1 Nr 4 lit a der RL 2014/24/EU ist dahin auszulegen, dass bei einer Einrichtung, die mit im nationalen Recht abschließend festgelegten öffentlichen Aufgaben betraut ist, auch dann angenommen werden kann, dass sie iS dieser Bestimmung zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen, wenn sie nicht in der Form einer öffentlichen Verwaltungsstelle, sondern in der Form eines privatrechtlichen Vereins gegründet wurde und bestimmte ihrer Tätigkeiten, hinsichtlich deren sie über Eigenfinanzierungskapazität verfügt, keinen öffentlichen Charakter haben.

Die zweite der in Art 2 Abs 1 Nr 4 lit c der RL 2014/24 aufgeführten Tatbestandsvarianten ist dahin auszulegen, dass in dem Fall, dass ein nationaler Sportverband nach dem nationalen Recht über Leitungsautonomie verfügt, nur dann anzunehmen ist, dass die Leitung dieses Verbands der Aufsicht einer öffentlichen Einrichtung untersteht, wenn sich aus einer Gesamtwürdigung der Befugnisse dieser Einrichtung gegenüber dem Verband ergibt, dass eine aktive Aufsicht über die Leitung vorliegt, die diese Autonomie faktisch so sehr in Frage stellt, dass sie es der Einrichtung ermöglicht, die Entscheidungen des Verbands im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge zu beeinflussen. Der Umstand, dass die verschiedenen nationalen Sportverbände die Tätigkeit der betreffenden öffentlichen Einrichtung dadurch beeinflussen, dass sie mehrheitlich an deren wichtigsten beratenden Kollegialorganen beteiligt sind, ist nur dann maßgeblich, wenn sich feststellen lässt, dass jeder dieser Verbände für sich genommen in der Lage ist, einen so erheblichen Einfluss auf die von dieser Einrichtung ihm gegenüber geführte öffentliche Aufsicht auszuüben, dass diese Aufsicht neutralisiert und er damit die Entscheidungshoheit über seine Leitung wiedererlangen würde, und zwar ungeachtet des Einflusses der anderen nationalen Sportverbände, die sich in einer ähnlichen Lage befinden.

S. 285 - 289, Rechtsprechung

Verbraucherschutz: FluggastrechteVO: Unter Beachtung der gesetzlichen Anforderungen organisierter Pilotenstreik fällt nicht unter den Begriff „außergewöhnlicher Umstand“

Art 5 Abs 3 der VO (EG) Nr 261/2004 ist dahin auszulegen, dass durch den Streikaufruf einer Gewerkschaft von Beschäftigten eines ausführenden Luftfahrtunternehmens eingeleitete Streikmaßnahmen, bei denen die Anforderungen des nationalen Rechts – insb die darin für die Vorankündigung vorgesehene Frist – beachtet werden, mit denen die Forderungen der Beschäftigten dieses Unternehmens durchgesetzt werden sollen und denen sich eine oder mehrere der für die Durchführung eines Fluges erforderlichen Beschäftigtengruppen anschließen, nicht unter den Begriff „außergewöhnlicher Umstand“ iS dieser Vorschrift fallen.

S. 289 - 290, Rechtsprechung

Geschmacksmuster

S. 290 - 292, Rechtsprechung

Anspruch auf Kündigungsentschädigung bei unwirksamer Kündigung

Die Geltendmachung von Beendigungsansprüchen im Insolvenzverfahren des Arbeitgebers und Veräußerer des Betriebs führt nicht zwangsläufig zum Verlust von Ansprüchen des Arbeitnehmers gegen den Erwerber des Betriebs.

Wurde der Arbeitnehmer vom Betriebsübergang nicht informiert, kann eine Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren nicht so verstanden werden, dass der Arbeitnehmer die unwirksame Kündigung gegen sich gelten lassen wolle.

S. 292 - 292, Rechtsprechung

Kündigungsentschädigung bei Väterkarenz

Erklärt ein Arbeitgeber vor Antritt einer ihm mitgeteilten Väterkarenz eine Entlassung ohne vorherige Zustimmung des Gerichts, ist die Entlassung rechtsunwirksam. Dem Arbeitnehmer kommt ein Wahlrecht zwischen Geltendmachung der Unwirksamkeit der Auflösung und der Forderung einer Kündigungsentschädigung zu. Bei der Berechnung dieses Anspruchs ist maßgebend, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis fiktiv geendet hätte. Dabei ist davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer den Karenzurlaub angetreten hätte.

S. 293 - 293, Rechtsprechung

Zur Anfechtung einer Auflösungsvereinbarung

Eine unter Androhung einer Entlassung zustande gekommene Auflösungsvereinbarung ist rechtswirksam, wenn für den Arbeitgeber plausible und objektiv ausreichende Gründe für deren Ausspruch gegeben waren.

S. 293 - 293, Rechtsprechung

Zur Parteistellung des Revisionsverbandes im Firmenbuchverfahren

Dem für gemeinnützige Bauvereinigungen zuständigen Revisionsverband kommt im Firmenbuchverfahren, das eine gemeinnützige Bauvereinigung betrifft, die Parteistellung nach § 14 Abs 3 FBG auch dann zu, wenn die gemeinnützige Bauvereinigung die Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder einer Aktiengesellschaft hat.

Dem für gemeinnützige Bauvereinigungen zuständigen Revisionsverband kommt überdies im Firmenbuchverfahren von Gesellschaften Parteistellung nach § 14 Abs 3 FBG soweit zu, als es Firmenbucheintragungen von Gesellschaftern dieser Gesellschaften betrifft, wenn der wirksame Erwerb der Gesellschafterstellung von der Zustimmung der Landesregierung nach § 10a Abs 1a WGG abhängig ist.

§ 10a Abs 1a WGG schützt die gemeinnützige Vermögensbindung bei einer gemeinnützigen Bauvereinigung. Nach Auffassung des Gesetzgebers ist diese gemeinnützige Vermögensbindung nicht nur bei Anteilsabtretungen an der Bauvereinigung selbst potenziell gefährdet, sondern auch bei solchen an Rechtsträgern, die unmittelbar oder mittelbar an der Bauvereinigung beteiligt sind. Der Zweck des § 10a Abs 1a WGG zielt somit nicht (primär) auf den Schutz des an der Bauvereinigung unmittelbar oder mittelbar beteiligten Rechtsträgers, sondern auf den Schutz der Bauvereinigung selbst. Für diese ist aber der Revisionsverband zuständig. Der auf den Schutz der Bauvereinigung abstellende Zweck des § 10a Abs 1a WGG gebietet es daher, dem Revisionsverband die Rechtsstellung nach § 14 Abs 3 FBG für von § 10a Abs 1a WGG erfasste Anteilsabtretungen auch dann zuzubilligen, wenn der betroffene Rechtsträger selbst keine gemeinnützige Bauvereinigung ist.

S. 293 - 294, Rechtsprechung

Zum Umfang des Informationsrechts eines GmbH-Gesellschafters in Bezug auf verbundene Unternehmen

Hinsichtlich des Informationsrechts der GmbH-Gesellschafter betreffend die mit der GmbH verbundenen Gesellschaften ist stets vom Zweck des Informationsrechts auszugehen, dem GmbH-Gesellschafter die Wahrung seiner aus dem Gesellschaftsverhältnis erfließenden Rechte zu ermöglichen.

Da Gegenstand des Informationsrechts die Angelegenheiten der Gesellschaft, alle rechtlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse innerhalb der GmbH und gegenüber Dritten sind, können auch Angelegenheiten von Unternehmen, an denen die Gesellschaft beteiligt ist (verbundene Unternehmen), der Informationspflicht unterliegen.

Das Informationsrecht des Gesellschafters besteht hinsichtlich verbundener Gesellschaften nur soweit, als nur die für die auskunftspflichtige GmbH objektiv relevanten Informationen verlangt werden können. Daher hat der Gesellschafter die begehrten, die verbundene Gesellschaft betreffenden Auskünfte im Einzelnen zu bezeichnen und sein berechtigtes gesellschaftsrechtliches Interesse darzulegen.

Schuldnerin des Informationsanspruchs hinsichtlich des verbundenen Unternehmens ist nicht dieses, sondern stets die GmbH, an der der antragstellende Gesellschafter beteiligt ist. Sie hat dafür Sorge zu tragen, dass die zur Ausübung des Informationsrechts bei einer 100%-igen Tochtergesellschaft benötigten Unterlagen eingesehen werden können. Informationen verbundener Unternehmen hat sie sich im Rahmen ihrer eigenen Rechte gegenüber der Tochtergesellschaft zu verschaffen.

Aus dem Umstand, dass das Informationsrecht des GmbH-Gesellschafters hinsichtlich der Tochtergesellschaften nur gegenüber der GmbH, an der der Gesellschafter beteiligt ist, ausgeübt werden kann, ist weiter abzuleiten, dass der Gesellschafter hinsichtlich der verbundenen Unternehmen grundsätzlich nur ein Recht auf Auskunft, nicht aber auf Einsicht in die Geschäftsunterlagen hat.

Eine Ausnahme von der Einschränkung des Gesellschafters auf ein Auskunftsrecht wird in der Rechtsprechung und Lehre nur in jenen Fällen akzeptiert, in denen es sich um eine 100%-ige Tochtergesellschaft der GmbH handelt, an der der Antragsteller beteiligt ist oder in denen an der Tochtergesellschaft keine außenstehenden Dritten beteiligt sind.

Dies wird damit begründet, dass in solchen Konstellationen Interessen Dritter – das sind Gesellschafter, die nur an der Tochtergesellschaft, nicht aber an der auskunftspflichtigen GmbH selbst beteiligt sind – nicht berührt werden. Im Fall der 100%-igen Tochtergesellschaft wird ein „Informationsdurchgriff“ insofern, als unmittelbar bei der Tochter Einsicht genommen werden kann, vertreten.

In dem Umfang, in dem die Angelegenheiten eines verbundenen Unternehmens Angelegenheiten der Gesellschaft selbst sind, trifft die GmbH, an der der antragstellende Gesellschafter beteiligt ist, die Pflicht, sich die zur Erfüllung des Informationsanspruchs des Gesellschafters erforderlichen Auskünfte oder Unterlagen aus ihrem eigenen Recht als Gesellschafterin des Tochterunternehmens zu beschaffen.

S. 294 - 297, Rechtsprechung

Zur rechtserhaltenden Nutzung einer Marke

Die Benutzung einer Individualmarke in einer Weise, die zwar die Zusammensetzung oder die Qualität der Waren oder Dienstleistungen gewährleistet, den Verbrauchern aber nicht garantiert, dass die Waren oder Dienstleistungen aus einem einzigen Unternehmen stammen, unter dessen Kontrolle sie hergestellt oder erbracht werden und das infolgedessen für ihre Qualität verantwortlich gemacht werden kann, ist keine der Funktion als Herkunftshinweis entsprechende Benutzung.

S. 294 - 294, Rechtsprechung

Abhängigkeit der Entscheidung des Zivilgerichts von Beurteilung einer Vorfrage durch die Übernahmekommission

Nach § 29 Abs 2 ÜbG hat das Gericht, wenn die Entscheidung in einem zivilgerichtlichen Verfahren von der noch nicht vorliegenden Entscheidung einer Vorfrage abhängt, die nach diesem Bundesgesetz zu treffen ist, das Verfahren zu unterbrechen und einen Feststellungsbescheid der Übernahmekommission betreffend die Vorfrage herbeizuführen. Parteien des Feststellungsverfahrens sind die Parteien des zivilgerichtlichen Verfahrens, der Bieter und die Zielgesellschaft. An den Bescheid, der über die Vorfrage abspricht, ist das Gericht gebunden.

Nach § 192 Abs 2 ZPO ist zwar die Abweisung eines Unterbrechungsantrags nicht anfechtbar; dies gilt aber in jenen Fällen nicht, in denen das Gesetz eine Unterbrechung zwingend vorschreibt. Aufgrund der Formulierung in § 29 Abs 2 ÜbG, wonach das Gericht das Verfahren zu unterbrechen „hat“, ist hier von einer zwingend angeordneten Unterbrechung auszugehen.

Nach ständiger Rechtsprechung sind die Zivilgerichte zwar an rechtskräftige verwaltungsbehördliche Entscheidungen gebunden. Bindend für das Gericht ist aber nur der Spruch über den Bescheidgegenstand. Für die Gerichte ist demnach nur das verbindlich, was die Verwaltungsbehörde im Bescheid verfügt hat, nicht aber auch dessen Begründung oder die auf einen bestimmten Sachverhalt gestützte Beurteilung der Rechtsfrage durch die Behörde. Die Begründung des Bescheids kann allerdings in Zweifelsfällen zur Auslegung des Spruchs und im Rahmen der richterlichen Beurteilung der Erforschung der dem Bescheid zu Grunde liegenden Absicht dienen.

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies eine Bindung der Zivilgerichte lediglich an den Ausspruch der Übernahmekommission, wonach unter anderem die Bekl gem § 33 Abs 1 Z 2 ÜbG ein Pflichtangebot zu Unrecht nicht gestellt hat. Das Datum der Besprechung, bei der „die genaueren Parameter der Transaktionsstruktur diskutiert wurden“, findet sich – ohne Uhrzeit – lediglich in der Bescheidbegründung. Wenn die Vorinstanzen bei dieser Sachlage nicht von einer Bindung an diese einzelne Feststellung ausgingen, sondern selbst ein Beweisverfahren zum genauen Zeitpunkt der Besprechung durchgeführt haben, weil sie diesen für die Kausalität der Unterlassung des Pflichtangebotes für den Schaden der Kl als maßgebliche erachteten, ist dies nicht zu beanstanden.

S. 294 - 294, Rechtsprechung

Zur Haftung des GmbH-Geschäftsführers

Es entspricht st Rspr des OGH, dass der Geschäftsführer einer GmbH auch bei nur leichtem Verschulden zum Ersatz des von ihm herbeigeführten Schadens verpflichtet ist. Dabei wurde vor dem Hintergrund der Business Judgement Rule klargestellt, dass den Geschäftsführer keine Erfolgshaftung trifft, sondern dieser nur für ein ex ante pflichtwidriges Verhalten einzustehen hat. Eine Haftung sei somit nur dann zu bejahen, wenn er seinen Ermessensspielraum eklatant überschreitet bzw eine evident unrichtige Sachentscheidung oder eine geradezu unvertretbare Entscheidung trifft. Daraus folgt, dass es in einer Entscheidungssituation nicht zwingend nur eine richtige Entscheidungsalternative gibt, sondern dass auch mehrere gegenteilige Handlungsalternativen sorgfaltskonform sein können. Dennoch muss sich der Geschäftsführer nicht wie ein beliebiger Unternehmer, sondern wie ein ordentlicher Geschäftsmann in verantwortlich leitender Position bei selbständiger treuhändiger Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen verhalten.

S. 297 - 299, Rechtsprechung

Wettannahmeschalter und Gesamtstrafe

Ob eine technische Einrichtung als „Wettannahmeschalter“ iSd klaren gesetzlichen Bestimmung des § 13 Abs 3 Wiener Wettengesetz zu qualifizieren ist, unterliegt der Beurteilung im Einzelfall; diese ist als solche grundsätzlich nicht revisibel.

Wie der VwGH bereits ausgesprochen hat, kann hinsichtlich des Betriebes von Wettterminals auf die hg Rsp zum Glücksspielgesetz – GSpG zurückgegriffen werden, nach der der Betrieb jedes einzelnen Glücksspielgerätes eine selbständige Verwaltungsübertretung darstellt. Nichts anderes gilt für die Vermittlung von Wettkunden im Wege zweier (oder mehrerer) Wettterminals.

Durch die Verhängung einer Gesamtstrafe für mehrere selbständige Taten, durch welche mehrere Verwaltungsübertretungen begangen wurden, ist nicht erkennbar, wie hoch das Ausmaß der Strafe für jede einzelne der selbständigen Handlungen ist, sodass keine nachprüfende Kontrolle des Gerichtshofes in der Richtung möglich ist, ob das VwG von dem ihm bei der Strafbemessung zustehenden Ermessen hinsichtlich jeder der einzelnen Übertretungen iSd Gesetzes Gebrauch gemacht hat.

S. 299 - 300, Rechtsprechung

Zustellung durch Hinterlegung

Die in § 17 Abs 2 ZustG genannte Verständigung des Empfängers von der Hinterlegung (Hinterlegungsanzeige) ist unabdingbare Voraussetzung einer Zustellung durch Hinterlegung gem § 17 Abs 3 ZustG. Unterbleibt die Hinterlegungsanzeige, so tritt eine wirksame Zustellung durch Hinterlegung gem § 17 Abs 3 ZustG nicht ein. Zwar macht ein ordnungsgemäßer Zustellnachweis als öffentliche Urkunde Beweis über die Zustellung; allerdings ist der Gegenbeweis möglich. Das VwG hätte daher die Frage, ob eine Hinterlegungsanzeige in das Postfach des Revisionswerbers eingelegt worden ist, nicht dahingestellt lassen dürfen, ehe es die Rechtswirksamkeit der Zustellung der Zulassungsurkunde bejahte.

Auch eine Ortsabwesenheit des Revisionswerbers in der Zeit vom 10. Juni 2014 bis Anfang Juli 2014 von der Abgabestelle konnte einer rechtswirksamen Zustellung entgegenstehen. Die Zustellung durch Hinterlegung gilt gem § 17 Abs 3 zweiter Satz ZustG nämlich nicht als bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte. Die Zustellung wird im Übrigen nur dann an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden konnte, wenn die Rückkehr innerhalb der Abholfrist erfolgte.

Dem VwG ist zwar zuzustimmen, dass der Revisionswerber ein eigenes Interesse gehabt haben musste, sich nach dem Verbleib der Zulassungsurkunde zu erkundigen und seine behauptete diesbezügliche Untätigkeit über einen Zeitraum von fünf Jahren schwer nachvollzogen werden kann. Unterbliebene Erkundigungen des Revisionswerbers führen aber nicht dazu, dass allein deshalb von einer rechtswirksamen Zustellung der Zulassungsurkunde ausgegangen werden könnte.

S. 300 - 300, Rechtsprechung

Verfolgungshandlung

§ 31 Abs 1 VStG sieht vor, dass die Verfolgung einer Person unzulässig ist, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Eine Verfolgungshandlung ist gem § 32 Abs 2 VStG jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Beratung, Strafverfügung u dgl), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Nach der Rsp des VwGH gilt eine Aufforderung zur Rechtfertigung als Verfolgungshandlung gem § 32 Abs 2 VStG. Dabei ist es zur Wahrung der Verfolgungsverjährung ausreichend, wenn die Behörde eine solche Verfolgungshandlung innerhalb der Verjährungsfrist abfertigt.

Weiters hat der VwGH zu dem im hg Beschwerdeverfahren Zl 2008/09/0285 erstatteten Vorbringen, § 32 Abs 3 erster Satz VStG sei verfassungswidrig, weil gem Art 6 Abs 3 lit a EMRK jeder Angeklagte das Recht habe, in möglichst kurzer Frist in einer für ihn verständlichen Sprache, in allen Einzelheiten über die Art und den Grund der gegen ihn erhobenen Beschuldigung in Kenntnis gesetzt zu werden, bereits ausgesprochen, dass mit einer Verfolgungshandlung lediglich der Wille der Behörde nach außen trete, eine Person wegen einer bestimmten Verwaltungsübertretung verfolgen zu wollen. Nach außen tritt dieser Wille, sobald das jeweilige Schreiben die Sphäre der Behörde verlassen hat (etwa durch Übergabe an die Post). Die Kenntnis des Beschuldigten von der Verfolgungshandlung ist für die Gültigkeit der Verfolgungshandlung jedoch nicht erforderlich. So gilt als Verfolgungshandlung zB auch die Vernehmung eines Zeugen, oder ein innerhalb der Frist des § 31 Abs 2 VStG abgefertigtes Rechtshilfeersuchen. Aus diesem Grund erachtete der VwGH § 32 Abs 3 erster Satz VStG nicht als verfassungswidrig.

Wesentlich ist daher, dass es gem § 32 Abs 2 VStG für die Gültigkeit der Verfolgungshandlung ausdrücklich nicht darauf ankommt, dass die Amtshandlung ihr Ziel erreicht oder dass der Beschuldigte davon Kenntnis erlangt.

S. 300 - 300, Rechtsprechung

Verlust einer Eingabe auf dem Postweg

Nach der Rsp des VwGH gilt ein an eine Behörde gerichtetes Anbringen nur dann als eingebracht, wenn es bei der Behörde auch tatsächlich einlangt; die Partei trägt die Gefahr des Verlustes einer Eingabe. Bei Verlust einer Eingabe auf dem Postweg steht bei verfahrensrechtlichen Fristen das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Verfügung.

Der Umstand, dass ein zur Post gegebenes Schriftstück bei der Behörde, an die es adressiert ist, nicht einlangt, ist dabei ein Ereignis, das der Absender offensichtlich nicht einrechnet, kann doch im Hinblick auf die Zuverlässigkeit des Postverkehrs auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht von der Partei nicht erwartet werden, dass sie diesen Umstand einrechnet.

S. 300 - 300, Rechtsprechung

Selbständiger Verfall

Nach § 24 Abs 2 Wiener Wettengesetz kann der Verfall (auch) unabhängig von der Bestrafung nach Abs 1 ausgesprochen werden, somit – als selbständiger Verfall – auch dann, wenn eine Bestrafung nicht erfolgt, etwa weil die Identität des Täters nicht ermittelt werden kann. Dies ändert aber nichts daran, dass der Verfall als Sanktion für die Übertretung von Bestimmungen des Wiener Wettengesetz festgelegt ist und damit eine Folge der strafbaren Handlung darstellt. Damit kann aber beim Verfall nach § 24 Abs 2 leg cit nicht von einer bloßen Sicherungsmaßnahme ohne Strafcharakter gesprochen werden.

Das VwG hat das Verwaltungsstrafverfahren gegen die erstrevisionswerbende Partei wegen Übertretungen des Wiener Wettengesetzes gem § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt. Fehlt es aber an einer Verwaltungsübertretung, kann nach der dargestellten Rechtslage auch der Verfallsausspruch keinen rechtlichen Bestand (mehr) haben.