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wirtschaftsrechtliche blätter

Heft 12, Dezember 2023, Band 37

eJournal-Heft
  • ISSN Online: 1864-3434

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Inhalt der Ausgabe

S. 665 - 674, Aufsatz

Hartlieb, Franz

Gesellschafterausschluss aus wichtigem Grund bei GmbH & FlexKapG

Die Diskussion um die Frage, ob GmbH-Gesellschaftern ein gesetzliches Ausschlussrecht aus wichtigem Grund zusteht, erhält neuen Schwung: Zum einen wurden jüngst Bedenken im Hinblick auf die Durchsetzung des Ausschlusses geäußert. Zum anderen könnte sich das GesRÄG 2023, das mit der „Flexiblen Kapitalgesellschaft“ eine Sonderform der GmbH schafft, dazu positionieren. Der folgende Beitrag setzt sich daher mit dem Ausschluss aus wichtigem Grund sowohl bei der GmbH als auch bei der FlexKapG auseinander und zeigt vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten auf.

S. 675 - 681, Aufsatz

Kopetzki, Moriz

Europarecht: Das Neueste auf einen Blick

Diesmal: Die Kommission präsentiert das EU-Erweiterungspaket 2023, ihr Arbeitsprogramm für 2024 und einen Aktionsplan für Windkraft. Auch: Das Inkrafttreten des Europäischen „Chip-Gesetzes“ und Änderungen im Amtsblatt der EU. Außerdem: Ausgewählte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zur erbschaftssteuerlichen Behandlung von Wohngrundstücken in Drittstaaten, zur arbeitszeitrechtlichen Gleichbehandlung von Voll- und Teilzeitbeschäftigten und zur zulässigen Mehrwertsteuer auf die bisherige GIS-Gebühr.

S. 682 - 692, Rechtsprechung

Wettbewerbsrecht: Unterscheidung zwischen vertikaler Vereinbarung und horizontaler Vereinbarung – Bezweckte oder bewirkte Wettbewerbsbeschränkung – Vereinbarung zwischen einem Stromlieferanten und einem Einzelhändler von Massen...

1. Art 101 Abs 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass ein Unternehmen, das ein Netz von Einzelhändlern für Massenkonsumgüter betreibt, auch dann auf dem Strommarkt als potenzieller Wettbewerber eines Stromlieferanten anzusehen ist, mit dem es eine Partnerschaftsvereinbarung geschlossen hat, die eine Wettbewerbsverbotsklausel enthält, wenn das Unternehmen zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Vereinbarung auf diesem Produktmarkt keine Tätigkeit ausübt, sofern auf der Grundlage einer Reihe übereinstimmender tatsächlicher Umstände, die die Struktur und das wirtschaftliche und rechtliche Umfeld des Marktes berücksichtigen, nachgewiesen ist, dass wirkliche und konkrete Möglichkeiten bestehen, dass das Unternehmen in den Markt eintritt und mit diesem Lieferanten in Wettbewerb steht.

2. Art 101 Abs 3 iVm Art 1 Abs 1 lit a der VO (EU) Nr 330/2010 ist dahin auszulegen, dass eine Handelspartnerschaftsvereinbarung, die zwischen zwei Unternehmen geschlossen worden ist, die auf unterschiedlichen, einander nicht vor- oder nachgelagerten Produktmärkten tätig sind, nicht unter die Gruppen der „vertikalen Vereinbarungen“ und „Handelsvertreterverträge“ fällt, wenn diese Vereinbarung darin besteht, die Entwicklung des Absatzes der Produkte dieser beiden Unternehmen durch ein System der Förderung und gegenseitiger Rabatte zu begünstigen, wobei jedes dieser Unternehmen einen Teil der mit der Durchführung dieser Partnerschaft verbundenen Kosten trägt.

3. Art 101 Abs 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass eine Wettbewerbsverbotsklausel in einer zwischen zwei auf unterschiedlichen Produktmärkten tätigen Unternehmen geschlossenen Handelspartnerschaftsvereinbarung, mit der die Entwicklung des Absatzes der Produkte dieser beiden Unternehmen durch ein System der Förderung und gegenseitiger Rabatte begünstigt werden soll, nicht als Nebenabrede zu dieser Partnerschaftsvereinbarung angesehen werden kann, es sei denn, die sich aus dieser Klausel ergebende Beschränkung ist für die Durchführung der Partnerschaftsvereinbarung objektiv erforderlich und steht in einem angemessenen Verhältnis zu deren Zielen.

4. Art 101 Abs 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass eine Wettbewerbsverbotsklausel, die im Rahmen einer Handelspartnerschaftsvereinbarung ua darin besteht, einer der Parteien dieser Vereinbarung zu verbieten, in den nationalen Stromversorgungsmarkt einzutreten, auf dem die andere Partei der Vereinbarung ein bedeutender Akteur ist, und zwar zum Zeitpunkt der letzten Phase der Liberalisierung dieses Marktes, auch dann eine Vereinbarung darstellt, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt, wenn die Verbraucher bestimmte Vorteile aus dieser Vereinbarung ziehen und die Wettbewerbsverbotsklausel zeitlich begrenzt ist, sofern sich aus einer Analyse des Inhalts dieser Klausel sowie ihres wirtschaftlichen und rechtlichen Kontexts ergibt, dass die Klausel den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigt, um davon ausgehen zu können, dass die Prüfung ihrer Wirkungen nicht notwendig ist.

S. 692 - 697, Rechtsprechung

Datenschutz: Recht der betroffenen Person auf Auskunft über ihre Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind – Recht auf Erhalt einer unentgeltlichen ersten Kopie dieser Daten – Verarbeitung der Daten eines Patienten durch sein...

1. Art 12 Abs 5 sowie Art 15 Abs 1 und 3 der VO (EU) 2016/679 sind dahin auszulegen, dass die Verpflichtung des Verantwortlichen, der betroffenen Person unentgeltlich eine erste Kopie ihrer personenbezogenen Daten, die Gegenstand einer Verarbeitung sind, zur Verfügung zu stellen, auch dann gilt, wenn der betreffende Antrag mit einem anderen als den in Satz 1 des 63. Erwägungsgrundes der VO genannten Zwecken begründet wird.

2. Art 23 Abs 1 lit i der VO 2016/679 ist dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung, die vor dem Inkrafttreten dieser VO erlassen wurde, in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung fallen kann. Eine solche Möglichkeit erlaubt es jedoch nicht, eine nationale Regelung zu erlassen, die der betroffenen Person zum Schutz der wirtschaftlichen Interessen des Verantwortlichen die Kosten für eine erste Kopie ihrer personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung durch den Verantwortlichen sind, auferlegt.

3. Art 15 Abs 3 Satz 1 der VO 2016/679 ist dahin auszulegen, dass im Rahmen eines Arzt-Patienten-Verhältnisses das Recht auf Erhalt einer Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand einer Verarbeitung sind, umfasst, dass der betroffenen Person eine originalgetreue und verständliche Reproduktion aller dieser Daten überlassen wird. Dieses Recht setzt voraus, eine vollständige Kopie der Dokumente zu erhalten, die sich in der Patientenakte befinden und unter anderem diese Daten enthalten, wenn die Zurverfügungstellung einer solchen Kopie erforderlich ist, um der betroffenen Person die Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Daten zu ermöglichen und die Verständlichkeit der Daten zu gewährleisten. In Bezug auf die Gesundheitsdaten der betroffenen Person schließt dieses Recht jedenfalls das Recht ein, eine Kopie der Daten aus ihrer Patientenakte zu erhalten, die Informationen wie beispielsweise Diagnosen, Untersuchungsergebnisse, Befunde der behandelnden Ärzte und Angaben zu an ihr vorgenommenen Behandlungen oder Eingriffen umfasst.

S. 697 - 700, Rechtsprechung

Verbraucherschutz: Abonnement eines Verbrauchers auf einer Lernplattform – Automatische Verlängerung des Vertrags – Widerrufsrecht (Österreich)

Art 9 Abs 1 der RL 2011/83/EU ist dahin auszulegen, dass dem Verbraucher das Recht, einen Fernabsatzvertrag zu widerrufen, bei einem Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen, der für den Verbraucher anfangs einen kostenlosen Zeitraum vorsieht, dem sich – falls der Verbraucher den Vertrag in diesem Zeitraum nicht kündigt oder widerruft – ein kostenpflichtiger Zeitraum anschließt, der sich, wenn dieser Vertrag nicht gekündigt wird, automatisch um einen bestimmten Zeitraum verlängert, nur ein einziges Mal zukommt, sofern er beim Abschluss dieses Vertrags vom Unternehmer in klarer, verständlicher und ausdrücklicher Weise darüber informiert wird, dass die Erbringung dieser Dienstleistung nach dem anfänglich kostenlosen Zeitraum kostenpflichtig wird.

S. 700 - 702, Rechtsprechung

Verbraucherschutz: Gewerbliche Garantie – Eigenschaften oder andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderungen der verkauften Ware, die in der Garantieerklärung oder der einschlägigen Werbung beschrieben sind

Art 2 Nr 14 der RL 2011/83/EU ist dahin auszulegen, dass der Begriff „gewerbliche Garantie“ als „andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderungen, die in der Garantieerklärung oder der einschlägigen Werbung, wie sie bei oder vor dem Abschluss des Vertrags verfügbar war, beschrieben sind“, eine von einem Garantiegeber dem betreffenden Verbraucher gegenüber eingegangene Verpflichtung umfasst, die sich auf in der Person des Verbrauchers liegende Umstände wie seine in sein eigenes Belieben gestellte Zufriedenheit mit der erworbenen Ware bezieht, ohne dass das Vorliegen dieser Umstände für die Geltendmachung der gewerblichen Garantie objektiv geprüft werden müsste.

S. 702 - 706, Rechtsprechung

Verbraucherschutz: Rücktritt von einem Pauschalreisevertrag – Unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände – Covid-19-Pandemie – Rücktrittsrecht – Dem Reiseveranstalter obliegende Informationspflicht

1. Art 5 Abs 1 der RL (EU) 2015/2302 ist dahin auszulegen, dass ein Reiseveranstalter den Reisenden über sein Rücktrittsrecht iS von Art 12 Abs 2 dieser RL zu informieren hat. Die Gültigkeit von Art 5 Abs 1 der RL im Hinblick auf Art 169 Abs 1 und Abs 2 lit a AEUV iVm Art 114 Abs 3 AEUV kann deshalb nicht mit der Begründung in Frage gestellt werden, dass er nicht vorsehe, den Reisenden über sein Rücktrittsrecht iS von Art 12 Abs 2 der RL zu informieren.

2. Art 12 Abs 2 der RL 2015/2302 ist dahin auszulegen, dass er der Anwendung von Vorschriften des nationalen Verfahrensrechts nicht entgegensteht, in denen die Grundsätze der Verhandlungsmaxime und der Bindung an die Parteianträge verankert sind, wonach das nationale Gericht, wenn ein Rücktritt von einem Pauschalreisevertrag die in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen erfüllt und der betreffende Reisende bei dem Gericht weniger als die volle Erstattung einklagt, dem Reisenden nicht von Amts wegen die volle Erstattung zusprechen darf, sofern es nach den Vorschriften des nationalen Verfahrensrechts nicht ausgeschlossen ist, dass das Gericht den Reisenden von Amts wegen über seinen Anspruch auf volle Erstattung informieren und ihm die Möglichkeit geben kann, den Anspruch bei ihm geltend zu machen.

S. 706 - 708, Rechtsprechung

Unionsrechtlicher Urlaubsanspruch – keine Verjährung

Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen unionsrechtlichen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er den Arbeitnehmer zum Urlaubsverbrauch auffordert und auf die drohende Verjährung des Anspruchs hinweist. Unterlässt der Arbeitgeber diese Aufforderung oder Mitteilung, tritt keine Verjährung des unionsrechtlichen Urlaubsanspruchs ein. Der Umstand, dass einem Arbeitnehmer Urlaub gewährt worden wäre, wenn er ihn beansprucht hätte, führt noch zu keiner Verjährung.

S. 708 - 709, Rechtsprechung

Kostenersatzanspruch eines Europäischen Betriebsrats

Die zentrale Leitung einer Unternehmensgruppe hat die im Zusammenhang mit der Tätigkeit eines Europäischen Betriebsrats entstehenden Kosten zu tragen, die zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sind. Welche Aufwendungen in welchem Umfang angemessen sind, ist keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung.

Rechtliche Beratungsleistungen müssen nicht vorrangig bei der gesetzlichen oder freiwilligen Interessenvertretung der Arbeitnehmer in Anspruch genommen werden. Die Kostentragung einer Rechtsberatung ist auch nicht auf Ansätze im RATG beschränkt.

S. 709 - 711, Rechtsprechung

Zahnärztliche Assistenz – kein Ausbildungskostenersatz

Die Kosten der Ausbildung zur zahnärztlichen Assistenz hat der Arbeitgeber zu tragen. Eine gegenteilige Vereinbarung ist rechtsunwirksam. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine solche Vereinbarung zu Beginn oder während der Ausbildung geschlossen wurde. Vom Arbeitnehmer bereits ersetzte Kosten können vom Arbeitgeber zurückgefordert werden.

S. 711 - 712, Rechtsprechung

Zeitausgleich im Insolvenzverfahren

Zeitguthaben stellen keine Entgeltansprüche dar, die als Insolvenzforderungen den Wirkungen eines Sanierungsplans unterliegen. Ein vermögensrechtlicher Anspruch entsteht erst, wenn sie in einen Geldanspruch umgewandelt werden. Dazu kommt es dann, wenn das Zeitguthaben infolge Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr ausgeglichen werden kann.

S. 712 - 713, Rechtsprechung

(Unterbliebene) Kapitalerhöhung; Haftung der Gesellschafter als Teilnehmer des Geschäfts für Honorar des Notars

Die gesetzlichen Gebühren eines Notars sind auch ohne besondere Vereinbarung seinem Entgeltanspruch zugrunde zu legen. Der Besteller muss mit der gewöhnlichen Ausführung und den damit verbundenen tarifmäßigen Kosten rechnen.

Teilnehmer iSd § 12 NTG sind alle Personen, die dem Notar ausdrücklich einen Auftrag erteilt haben oder aus deren Verhalten abzuleiten ist, dass sie den Notar unabhängig von einem durch einen anderen ausdrücklich erteilten Auftrag ihrerseits mit der Ausführung der in Rechnung gestellten Tätigkeit beauftragt haben.

S. 713 - 715, Rechtsprechung

Rekursrecht der Aktionäre im Amtslöschungsverfahren

Den Aktionären kommt das Rekursrecht gegen die amtswegige Löschung der Aktiengesellschaft zu.

S. 715 - 716, Rechtsprechung

Mietzinsanhebung Geschäftsräumlichkeit; Festsetzung des angemessenen Mietzinses; Berücksichtigung pandemiebedingter Mietzinsminderungsansprüche

Allfällige dem Mieter wegen einer vorübergehenden Gebrauchsbeeinträchtigung zukommende Mietzinsminderungsansprüche haben keinen Einfluss auf die Ermittlung des angemessenen Mietzinses aufgrund eines Anhebungstatbestands.

S. 716 - 716, Rechtsprechung

Deliktische Haftung; juristische Person; Machthaber; Repräsentanten; Unterlassungsanspruch nach § 1330 ABGB

Juristische Personen haften im deliktischen Bereich für das schädigende Verhalten ihrer verfassungsmäßigen Organe und ihrer Repräsentanten (Machthaber).

S. 716 - 717, Rechtsprechung

Verhältnis von Haftung der OG-Gesellschafter und insolvenzrechtlichem Zinsstopp

Die Gesellschaftsgläubiger können von den Gesellschaftern im Fall der Insolvenzeröffnung über das Vermögen der OG – solange kein Sanierungsplan angenommen wird – auch die nach Insolvenzeröffnung auflaufenden Zinsen beanspruchen.

S. 717 - 718, Rechtsprechung

Zum Geschäftsgeheimnisschutz

Der verfahrensrechtliche Geheimnisschutz des § 26h UWG ist auf Verfahren beschränkt, die den rechtswidrigen Erwerb, die rechtswidrige Nutzung oder Offenlegung eines Geheimnisses gemäß §§ 26c ff UWG zum Gegenstand haben. Bei der Auslegung der nationalen Vorschrift haben sich die Gerichte so weit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie zu orientieren. Nach der Richtlinie ist der verfahrensrechtliche Geschäftsgeheimnisschutz nur dann zu gewähren, wenn es sich um ein Verfahren handelt, das den rechtswidrigen Erwerb, die rechtswidrige Nutzung oder Offenlegung eines Geheimnisses zum Gegenstand hat. Die Norm ist daher nicht anwendbar, wenn das Geschäftsgeheimnis nur beiläufig zu Tage tritt. Es werden lediglich Verfahren nach § 26c UWG erfasst, bei denen die rechtswidrige Erlangung oder Verwendung des Geschäftsgeheimnisses den Verfahrensgegenstand an sich bildet. Gerade in jenen Verfahren, die die Richtlinie vor Augen hat, ist es erforderlich, die Art der Information zu bewerten, die Gegenstand des Rechtsstreits ist. Inhaber von Geschäftsgeheimnissen sollen aber aufgrund der Notwendigkeit der Prüfung im Gerichtsverfahren nicht von der gerichtlichen Durchsetzung abgeschreckt werden (GG-RL ErwGr 24 f). Eine Ausdehnung auf Verfahren, die nicht der Wahrung und Durchsetzung von Geschäftsgeheimnissen dienen, lässt sich aus diesem Normzweck daher nicht ableiten.

S. 717 - 717, Rechtsprechung

Zur Bedeutung des Begriffs „Wirtschaftskanzlei“

Die Bezeichnung „Wirtschaftskanzlei“ durch einen Unternehmensberater ruft bei den angesprochenen Verkehrskreisen keine Fehlvorstellung iSd § 2 UWG hervor, zumal der Begriff „Wirtschaftskanzlei“ nicht den Rechtsanwälten vorbehalten ist. Der durchschnittliche Marktteilnehmer versteht darunter auch andere – nicht juristische – Berufszweige.

S. 718 - 719, Rechtsprechung

Verfassungswidrigkeit des vereinfachtes Genehmigungsverfahrens für in einer Gesamtbetriebsanlage gelegene Betriebsanlagen

§ 359b Abs 1 Z 4 GewO 1994, nach dem ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren durchzuführen ist, wenn „das Verfahren eine Spezialgenehmigung (§ 356e) betrifft“, grenzt den Anwendungsbereich des vereinfachten Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens, in dem Nachbarn keine (volle) Parteistellung haben, von dem des ordentlichen Verfahrens in unsachlicher Weise ab.

Das Kriterium, ob sich eine Betriebsanlage in einer – mit Generalgenehmigung bewilligten – Gesamtanlage befindet, sagt nichts darüber aus, ob die zu genehmigende Betriebsanlage als eine jener Anlagen anzusehen ist, bei der die Genehmigungsfähigkeit wegen der von ihnen zu erwartenden geringfügigen Emissionen die Regel bildet. Die Einholung einer Spezialgenehmigung setzt zum einen gerade voraus, dass die in einer Gesamtanlage gelegene Betriebsanlage wegen der von ihr ausgehenden zusätzlichen Emissionen für sich betrachtet geeignet ist, die Schutzinteressen des gewerblichen Betriebsanlagenrechts auf eine von der Generalgenehmigung noch nicht gedeckte Art und Weise zu berühren. Zum anderen unterliegen die auf Grund ihrer geringfügigen Emissionen als typischerweise genehmigungsfähig qualifizierten Anlagen („Bagatellanlagen“) bereits nach einem der übrigen Tatbestände des § 359b Abs 1 GewO 1994 dem vereinfachten Genehmigungsverfahren, sodass § 359b Abs 1 Z 4 GewO 1994 vor allem bei jenen Anlagen zum Tragen kommt, die gerade keine „Bagatellanlagen“ darstellen.

§ 359b Abs 1 Z 4 GewO 1994, BGBl 194/1994, idF BGBl I 96/2017 ist daher wegen Verstoßes gegen den auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgrundsatz als verfassungswidrig aufzuheben. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 30. 6. 2024 in Kraft.

S. 720 - 720, Rechtsprechung

Ersatzlose Behebung eines Bescheids

Eine an der verfassungsrechtlichen Vorgabe des Art 130 Abs 4 B-VG orientierte Auslegung des § 28 Abs 3 VwGVG ergibt, dass die Aufhebung des Bescheids der Verwaltungsbehörde jedenfalls erst dann in Betracht kommt, wenn die in § 28 Abs 2 VwGVG normierten Voraussetzungen, die eine Pflicht des Verwaltungsgerichts zur „Entscheidung in der Sache selbst“ nach sich ziehen, nicht vorliegen.

Eine „ersatzlose“ Behebung ist nur dann vorgesehen, wenn anlässlich einer rechtswidrigen Zurückweisungsentscheidung der dem materiellen Recht entsprechende Zustand nur durch Kassation des zu Unrecht ergangenen Bescheides hergestellt werden kann (vgl VwGH 29. 9. 2017, Ra 2017/10/0044, mwN).

Ein solcher Fall, der eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtfertigen würde, liegt ggst aber nicht vor. Das BVwG geht im angefochtenen Erkenntnis zwar davon aus, dass in der Datenschutzbeschwerde des Zweitmitbeteiligten lediglich eine Verletzung im Recht auf Löschung, nicht hingegen eine Verletzung des Rechts auf Geheimhaltung geltend gemacht worden sei. Dabei übersieht das BVwG aber, dass mit dem Bescheid der Datenschutzbehörde auch festgestellt wurde, dass der Zweitmitbeteiligte im Recht auf Löschung verletzt worden sei.

S. 720 - 720, Rechtsprechung

Einlangen einer E-Mail-Sendung bei der Behörde

Nach der Rsp des VwGH ist eine E-Mail-Sendung dann bei der Behörde eingelangt, wenn sie von einem Server, den die Behörde für die Empfangnahme von an sie gerichteten E-Mail-Sendungen gewählt hat, empfangen wurde und sich damit im „elektronischen Verfügungsbereich“ der Behörde befindet.

Es entspricht weiters der Rsp des VwGH, dass die funktionelle Zuständigkeit einer einzelnen Abteilung des Magistrats der Stadt Wien bloß Sache der inneren organisatorischen Gliederung ist, der nach außen keine rechtliche Bedeutung zukommt. Diese Rsp ist auch für den hier betroffenen, nach den §§ 46, 47, 49 NÖ Stadtrechtsorganisationsgesetz (ebenso einheitlich) eingerichteten Magistrat maßgebend, wobei diese Bestimmungen mit den korrespondierenden Regelungen der §§ 67, 105 bis 107 Wiener Stadtverfassung im Wesentlichen vergleichbar sind.

Wird ein einlangendes E-Mail daher vorab herausgefiltert und in einen „Quarantäneordner“ für Spam-Nachrichten verschoben und anschließend gelöscht, ist es dennoch bei der Behörde eingelangt, auch wenn die Bediensteten der zuständigen Untergliederung der Behörde nicht auf die E-Mail zugreifen konnten.

S. 720 - 720, Rechtsprechung

Unterbliebene Bezeichnung des Zustellbevollmächtigten in der Zustellverfügung

Gem § 9 Abs 3 ZustG hat die Behörde, wenn ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt ist und gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen.

Wird in der Zustellverfügung der Zustellungsbevollmächtigte nicht als Empfänger bezeichnet, begründet dies einen Zustellmangel, auch wenn die Zustellung tatsächlich im Widerspruch zur Zustellungsverfügung vollzogen wird und direkt an den Zustellungsbevollmächtigten zugestellt wird. Die Zustellung gilt dann erst in dem Zeitpunkt als bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

Bei einer Zustellung (ohne Zustellnachweis) im Wege einer elektronischen Zustelladresse gilt gem § 37 Abs 1 ZustG das Dokument grsz bereits mit dem Zeitpunkt des Einlangens beim Empfänger als zugestellt. Für die Frage des tatsächlichen Zukommens einer elektronischen Zustellung ist allerdings nach der Rsp des VwGH jener Zeitpunkt maßgeblich, in dem der Empfänger durch Zugriff auf das elektronisch bereitgehaltene amtssignierte (vgl § 18 Abs 4 AVG) Dokument von diesem Kenntnis erlangt hat (vgl etwa VwGH 21.11.2017, Ro 2015/12/0017, Rn 38; VwGH 5.9.2018, Ro 2017/12/0010, Rn 26; je mwN).

S. 720 - 720, Rechtsprechung

Landesrätin als Verantwortliche iS der DSGVO

Der EuGH hält in stRsp fest, dass der Begriff des Verantwortlichen weit definiert ist, um einen wirksamen und umfassenden Schutz der betroffenen Personen zu gewährleisten (vgl EuGH 29.7.2019, C-40/17, Fashion ID, Rn 65 f, mwN, iZm einem Online-Händler, der auf seiner Webpage ein „Social Plugin“ eines sozialen Netzwerkes eingebunden hat). Die Verantwortlichkeit ist auf Vorgänge der Datenverarbeitung beschränkt, für die der Betreffende tatsächlich über die Zwecke und Mittel entscheidet (EuGH C-40/17, Rn 85).

Auch nach der Rsp des VwGH ist für die Qualifikation als (damals noch) Auftraggeber (nunmehr Verantwortlicher) maßgeblich, wer die Entscheidung getroffen hat, die Daten zu verarbeiten (vgl VwGH 18.3.2022, Ro 2020/04/0027, Rn 21, mwN). Allein aus der Eigenschaft als oberste Verwaltungsbehörde kann – auch in Ermangelung dahingehender Anhaltspunkte – nicht darauf geschlossen werden, dass diese auch die Entscheidungen über Datenverarbeitungen auf der nachgeordneten Ebene selbst trifft (vgl VwGH 23.2.2021, Ra 2019/04/0054, Rn 34).

Hat, wie hier, die Landesrätin als beauftragtes Mitglied der Landesregierung das Amt der Landesregierung beauftragt, die Impferinnerungsschreiben zu versenden, und alle wesentlichen Schritte genehmigt, ist die Landesrätin und nicht das Amt der Landesregierung datenschutzrechtliche Verantwortliche.

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