Die rechtliche Qualifikation von Anfechtungsansprüchen in der Insolvenz des Anfechtungsgegners ist seit Langem strittig. Diskutiert wird, ob Einzelanfechtungsansprüche und Insolvenzanfechtungsansprüche in der Insolvenz des Anfechtungsgegners als bloße Insolvenzforderungen einzustufen sind oder ob diese Ansprüche Haftungspriorität im Verhältnis zu den Ansprüchen der Eigengläubiger des Anfechtungsgegners haben. Für den Fall, dass eine Haftungspriorität zu bejahen sein sollte, stellt sich zusätzlich die Frage nach einer Qualifikation als Aussonderungs- oder als Absonderungsrecht. Im folgenden Beitrag werden diese Fragen untersucht.
- ISSN Online: 1613-7639
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Inhalt der Ausgabe
S. 69 - 82, Aufsatz
Zur rechtlichen Qualifikation von Anfechtungsansprüchen in der Insolvenz des Anfechtungsgegners
S. 83 - 98, Aufsatz
Die Scheinauslandsgesellschaft in der Krise – Gläubigerschutz zwischen Gesellschafts- und Insolvenzstatut
Keine Verfassungswidrigkeit des Wortes „rechtzeitig“ in § 17 Abs 3 ZustellG (Bestimmung betreffend die Hinterlegung eines Dokuments bei Abwesenheit). Die angefochtene Bestimmung eröffnet zwar einen Spielraum, um eine umfassende Einzelfallbetrachtung zu ermöglichen, und weist dadurch zwangsläufig gewisse Unschärfen auf, sie ist jedoch in Anbetracht der (einander nicht widersprechenden) Judikatur von VwGH und OGH nicht zu unbestimmt. Es ist dem Einzelnen möglich, sein Verhalten am Gesetz zu orientieren, und sohin hinreichend klar geregelt, wann die Zustellung iS des § 17 Abs 3 letzter Satz ZustellG wirksam wird.
Aufhebung der Wortfolge „bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht“ in § 33 Abs 3 S 1 VwGVG, BGBl I 33/2013, (Bestimmung betreffend die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand): Die Regelung entspricht im Lichte des rechtsstaatlichen Prinzips nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen, weil maßgebender Zeitpunkt für die Rechtzeitigkeit des Rechtsbehelfs die erfolgte Vorlage der Beschwerde an das VwG ist, für den Antragsteller jedoch nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellbar ist, ob eine Vorlage der Beschwerde erfolgt ist oder (noch) nicht. Eine Verständigung der Parteien über die Vorlage der Beschwerde ist nicht vorgesehen und es fehlt ein Anspruch auf eine rechtsförmliche Auskunft mit entsprechendem Nachweis zur Bescheinigung einer eingeholten Auskunft.
Verletzung im Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem VwG mangels Durchführung der nach Ansicht der erkennenden Richterin notwendigen – bereits anberaumten – Beschwerdeverhandlung (mit technischen Kommunikationsmitteln): Die Bestimmung des § 3 COVID-19-VwBG war „sinngemäß“ auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren anzuwenden und änderte nichts an den einfachgesetzlich in §§ 24, 25, 44 und 48 VwGVG verankerten allgemeinen Regelungen über die Durchführung mündlicher Verhandlungen, die Art 6 EMRK umsetzen.
S. 108 - 111, Rechtsprechung
Anhalterecht nach § 80 Abs 2 StPO oder Selbsthilferecht nach §§ 19, 344 ABGB bei Beschmutzung von Fensterscheiben?
Nur wenn die Hilfe der Behörden zu spät käme und die Grenzen des Angemessenen eingehalten werden, kann Selbsthilfe gerechtfertigt sein. In der Regel sind nur Sicherungsmaßnahmen gestattet, etwa kurzes Festhalten des Eingreifers zur Feststellung der Identität. Eine Selbsthilfemaßnahme ist nicht gerechtfertigt, wenn der zu sichernde Anspruch in Wahrheit nicht besteht, die behördliche Hilfe durchaus rechtzeitig gewesen wäre oder der Eingriff im konkreten Fall bei der gebotenen Abwägung der wechselseitigen Interessen übermäßig war (hier: Sturz bei Verfolgung von Jugendlichen, die zu Halloween zwei rohe Eier auf das Fenster eines Geschäftsbetriebs geworfen haben, aus Ärger über die Tat).
S. 111 - 112, Rechtsprechung
Recht auf Information des nicht mit der Obsorge betrauten Elternteils (Übermittlung der Schulzeugnisse)
Das Recht auf Information des nicht mit der Obsorge betrauten Elternteils richtet sich gegen die Person, die mit der Obsorge betraut ist. Im Streitfall hat das Gericht daher nach § 189 Abs 4 ABGB in erster Linie dem Obsorgebetrauten aufzutragen, dem nicht obsorgebetrauten Elternteil bestimmte Informationen zu erteilen. Erst wenn einem solchen Auftrag nicht nachgekommen wird, ist mit weitergehenden Verfügungen iS des § 189 Abs 4 ABGB vorzugehen, worunter auch die Ermächtigung des anderen Elternteils zur direkten Informationsbeschaffung bei Dritten fällt.
Im Verfahren über Informationsansprüche des nicht obsorgeberechtigten Elternteils nach § 189 ABGB ist die besondere Verfahrensfähigkeit des mündigen Minderjährigen iS des § 104 Abs 1 AußStrG gegeben; sowohl das Kind als auch der auskunftspflichtige obsorgeberechtigte Elternteil sind Partei.
S. 112 - 114, Rechtsprechung
Dereliktion von Liegenschaften durch eine GmbH in Liquidation genehmigungsfähig?
Bei einer vermögenslosen und amtswegig gelöschten Gesellschaft in Liquidation kann eine Dereliktion einer wertlosen Liegenschaft iS des § 223 ABGB von Vorteil sein, zumal die Gesellschaft damit von Verkehrssicherungs- und Erhaltungspflichten befreit wird. Die bestmögliche Wahrung der Interessen der vertretenen Person (§ 281 Abs 1 ABGB) verlangt nicht, dass eine vermögenslose Kurandin ewig weiterbestehen muss.
S. 114 - 118, Rechtsprechung
Schenkungshinzu- und -anrechnung: keine Wertminderung des Geschenks durch vorbehaltenes Wohnungsgebrauchsrecht
Auch nach dem ErbRÄG 2015 ist der Wert einer vom Erblasser bei der Übergabe einer Liegenschaft vorbehaltenen lebenslangen Personaldienstbarkeit, wiewohl diese Belastung auf den Zeitpunkt des Empfangs bezogen den Liegenschaftswert erheblich verminderte, bei der Schenkungshinzurechnung und der Schenkungsanrechnung für die Bemessung des Pflichtteils außer Ansatz zu lassen, weil bereits im Übergabszeitpunkt mit völliger Sicherheit feststand, dass in dem für die Beurteilung der Pflichtteilswidrigkeit maßgebenden Zeitpunkt des Erbanfalls die Belastung weggefallen sein werde.
S. 118 - 120, Rechtsprechung
Wiederherstellungspflicht nach § 7 MRG bei für eine gänzliche Wiederherstellung unzureichender Versicherungsleistung
§ 7 MRG sieht mit der bloßen Teilherstellung nach Maßgabe („in dem Maß“) der Versicherungsleistung eine Verpflichtung zur Herstellung eines Mietgegenstands vor, der regelmäßig nicht dem ursprünglich vereinbarten Objekt entspricht, bleibt doch eine bloß teilweise Wiederherstellung des untergegangenen Mietgegenstands typischerweise hinter dem vertraglich bedungenen Zustand – sei es hinsichtlich dessen Ausstattung oder Größe – zurück. Ob sich der Mieter im Einzelfall für einen Fortbestand seines Mietverhältnisses entscheidet und einen hinter dem ursprünglich vereinbarten Mietobjekt „zurückbleibenden“ Mietgegenstand akzeptiert, oder ob er auf die Wiederherstellung eines solchen (nicht dem Vertrag entsprechenden) Objekts und damit auf die Fortsetzung des Mietverhältnisses „verzichtet“, ist grundsätzlich diesem zu überlassen.
Durch die Anordnung einer Besuchsbegleitung kann das Wohl des minderjährigen Kindes in unterschiedlicher Weise betroffen sein. Zum einen könnte es das Wohl des Kindes nach § 111 AußStrG verlangen, das Kind durch die Begleitung vor den Nachteilen eines unbegleiteten Kontakts zu schützen. Zum anderen könnte die Besuchsbegleitung dem Kindeswohl aber auch abträglich sein, nämlich dann, wenn wegen des finanziellen Unvermögens des Elternteils überhaupt keine Kontakte mehr stattfinden und das Kind damit keine nähere Beziehung zu diesem Elternteil aufbauen kann, entspricht doch ein regelmäßiger Kontakt in aller Regel dem Kindeswohl. Um dieses Spannungsfeld aufzulösen, müssen die potentiellen Vor- und Nachteile der Anordnung einer Besuchsbegleitung gegeneinander abgewogen werden.
Wenn ein Kontaktrecht ohne Besuchsbegleitung dem Kindeswohl besser entspricht als das gänzliche Unterbleiben des Kontakts, ist schon im Interesse des Kindes von einer obligatorischen Besuchsbegleitung abzusehen. Ist hingegen das Unterbleiben des persönlichen Kontakts aus der Sicht des Kindes günstiger als eine unbegleitete Kontaktrechtsausübung, so hat das Gericht die Ausübung des Kontaktrechts von einer Besuchsbegleitung abhängig zu machen.
Weil die bei der Besuchsbegleitung (allenfalls) anfallenden Kosten vom kontaktberechtigten Elternteil zu tragen sind, hat das Gericht zu prüfen, ob es dem Elternteil möglich ist, allfällige Kosten einer Besuchsbegleitung ohne Beeinträchtigung seines notwendigen Unterhalts zu bestreiten.
Als „geeignete Person“ iS des § 111 AußStrG kommt nicht nur eine ausgebildete Fachkraft (bzw eine professionelle Institution) in Betracht. Vom Gesetz wird die Einschaltung einer sonstigen Person (oder Stelle) auch nicht ausgeschlossen, wenn diese in der Lage ist, die Kontakte zwischen dem Elternteil und dem Kind in deren Interessen zu begleiten.
Auch bei der Entscheidung über die Tragung der Kosten der Besuchsbegleitung handelt es sich um eine solche „über den Kostenpunkt“, und zwar auch dann, wenn die Vorinstanzen ungeachtet eines Antrags darüber keine Entscheidung getroffen haben.
S. 124 - 125, Rechtsprechung
Jugendstrafrecht: Suchtmitteladdition bei altersübergreifender Delinquenz
Gemäß § 5 Z 11 JGG richten sich die Strafdrohungen, wenn Werte oder Schadensbeträge einer Jugendstraftat mit jenen einer Straftat, die nach Vollendung des 18. Lebensjahres begangen wurde, zusammenzurechnen (§ 29 StGB) sind, nach Z 2–5 leg cit; begründet jedoch allein die Summe der Werte oder Schadensbeträge der nach dem genannten Zeitpunkt begangenen Straftaten eine höhere Strafdrohung, so ist diese maßgeblich. § 19 Abs 3 JGG sieht eine dem § 5 Z 11 JGG nachgebildete Sonderregelung bei der Strafrahmenbestimmung für den Fall vor, dass mengenqualifizierte Straftaten von einer Person sowohl als junger Erwachsener als auch als über 21 Jahre alter Erwachsener begangen werden. Diese Grundsätze sind bei der Zusammenrechnung von Mengen im Suchtmittelbereich anzuwenden.
Der im Kontext der Definition des Zwecks des Ermittlungsverfahrens verwendete Begriff „behördenintern“ in § 91 Abs 2 letzter Satz StPO ist im Zusammenhang mit § 1 Abs 2 S 1 StPO zu sehen, wonach sich der Beginn des Strafverfahrens mit dem (Anfangs-)Zeitpunkt des Ermittelns der Kriminalpolizei oder der StA zur Aufklärung eines Anfangsverdachts bestimmt. Ausschließlich das Tätigwerden dieser Behörden in bestimmter Weise ist für den Beginn des Strafverfahrens entscheidend. (Nur) Informationsquellen der Genannten, die diese ohne Inanspruchnahme Dritter nutzen können und dürfen, sind „behördenintern“ iS des § 91 Abs 2 letzter Satz StPO. Die Beischaffung eines Gerichtsakts durch die StA zur Einsicht und Anfertigung von Kopien ist nicht als Nutzung einer behördeninternen Informationsquelle anzusehen.
S. 126 - 131, Rechtsprechung
Antragsänderung: Änderung der Baupläne im Verfahren vor dem VwG, subjektiv-öffentliche Nachbarrechte
Nach § 13 Abs 8 AVG, der auf Grund des § 17 VwGVG auch im Verfahren vor dem VwG anzuwenden ist, kann der verfahrenseinleitende Antrag geändert werden, wobei durch die Antragsänderung die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert werden darf. Es geht nicht darum, wie Projektmodifikationen formell dargestellt werden. Insbesondere wird die Sache ihrem Wesen nach nicht dadurch geändert, dass die Projektmodifikationen in neuen Bauplänen dargestellt werden und nicht in den ursprünglichen Einreichplänen durch Änderungen dieser Pläne.
Der Nachbar kann im Baubewilligungsverfahren die Einhaltung der Bestimmungen über die Gebäudehöhe gemäß § 134a Abs 1 lit b Wr BauO nur in Bezug auf die seiner Liegenschaft zugekehrte Front geltend machen. Diese Einschränkung gilt auch in Bezug auf die „Fassadenabwicklung“, die eine rechnerische Einheit darstellt. Auf die bloße Berechnungsart der Gebäudehöhe besteht kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht.
Der Nachbar kann Nachbarrechte nur soweit geltend machen, als er, insbesondere im Hinblick auf die Situierung des Bauvorhabens, durch ihre Nichteinhaltung betroffen wäre. Befinden sich die projektierten Gauben nicht an der dem Nachbarn zugewandten Seite des Gebäudes, vermag schon deshalb eine allenfalls unzulässige Überschreitung des Gebäudeumrisses durch Gauben in ein auf § 81 Abs 6 Wr BO beruhendes subjektiv-öffentliches Recht des Nachbarn nicht einzugreifen.
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