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JBL

Heft 1, Januar 2018, Band 140

eJournal-Heft
  • ISSN Online: 1613-7639

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Inhalt der Ausgabe

S. 2 - 17, Aufsatz

Peter Bydlinski

Verbesserung und Verjährung

Dem Beitrag (Stand September 2017) liegt über weite Strecken als Ausgangspunkt eine Verbesserungszusage des Übergebers zugrunde. Behandelt werden vor allem verjährungsrechtliche Fragen, die sich in der Folge stellen können; insbesondere dann, wenn der Übergeber seiner Zusage nicht oder nicht in angemessener Frist nachkommt oder wenn die Verbesserung sehr lange dauert. Im Zuge dieser Überlegungen werden einige „Rechtssätze“ des OGH kritisiert. Aber auch der Einfluss von Verbesserungszusagen und daran anschließender Mangelbehebungsbemühungen auf die Vermutungsfrist des § 924 S 2 ABGB wird erörtert. Aus Gründen der Anschaulichkeit steht die gekaufte mangelhafte Speziessache im Vordergrund. Den Abschluss machen Blicke auf aktuelle Entwicklungen in Bezug auf die Gewährleistungsfrist, für die EuGH und VfGH jüngst Anstöße gegeben haben.

S. 18 - 27, Aufsatz

Erich Pürgy

Genehmigungsfiktion im öffentlichen Wirtschaftsrecht

Die Genehmigungsfiktion bildet ein effektives Instrument der Verfahrensbeschleunigung. Ihre besondere Wirkungsweise, nämlich dass eine beantragte Genehmigung als erteilt gilt, wenn die Genehmigungsbehörde über den Antrag nicht innerhalb einer bestimmten Frist entschieden hat, wirft allerdings eine Reihe verfahrensrechtlicher Fragen auf. Auch sind der Anwendung dieser Regelungstechnik verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt.

S. 28 - 33, Rechtsprechung

Ferdinand Kerschner

Verfassungswidrigkeit der Unterscheidung zwischen Ehe und eingetragener Partnerschaft

Verfassungswidrigkeit der Wortfolge „verschiedenen Geschlechtes“ in § 44 ABGB, JGS Nr 946/1811 sowie der Wortfolgen „gleichgeschlechtlicher Paare“ in § 1, „gleichen Geschlechts“ in § 2 und der Z 1 des § 5 Abs 1 EPG, BGBl I 136/2009 idF BGBl I 25/2015 (Voraussetzung der Verschiedengeschlechtlichkeit für den Zugang zur Ehe und der Gleichgeschlechtlichkeit für die eingetragene Partnerschaft). Die gesetzliche Trennung verschiedengeschlechtlicher und gleichgeschlechtlicher Beziehungen in zwei unterschiedliche Rechtsinstitute verstößt gegen das Diskriminierungsverbot des Gleichheitsgrundsatzes.

S. 33 - 36, Rechtsprechung

Verbücherung eines vom Fruchtnießer geschlossenen Bestandvertrags nur bei Zustimmung des Eigentümers

Die bücherliche Eintragung eines vom Fruchtnießer mit einem Dritten abgeschlossenen Bestandvertrags bedarf auch der Zustimmung des Eigentümers, weil durch die Eintragung das Kündigungsrecht eines Liegenschaftserwerbers eingeschränkt wird. Es ist daher jedenfalls eine notariell beglaubigte Aufsandungserklärung des Liegenschaftseigentümers als Voraussetzung für die Einverleibung des Bestandrechts zu verlangen.

S. 36 - 38, Rechtsprechung

Kein Erlöschen nachrangiger Pfandrechte ex lege durch Ausübung des Wiederkaufsrechts

Durch die Ausübung des verbücherten Wiederkaufsrechts mittels einseitiger Erklärung des Wiederkaufsberechtigten kommt der bereits im ursprünglichen Kaufvertrag bedingt abgeschlossene zweite Kaufvertrag mit umgekehrten Parteirollen zustande. Der erste Kaufvertrag verliert dadurch nicht seine Wirksamkeit, er bleibt Rechtsgrundlage des Wiederkaufsrechts. Die Rechtsstellung des Wiederkaufsverpflichteten ist nicht der eines auflösend bedingten oder zeitlich beschränkten Eigentümers gleichzuhalten. Die Anwendbarkeit des § 468 ABGB auf Belastungen, die nach Verbücherung des Wiederkaufsrechts erfolgten, scheidet aus. Das Wiederkaufsrecht beinhaltet weder ein Belastungs- noch ein Veräußerungsverbot. Auch Belastungen, die nach Einverleibung des Wiederkaufsrechts einverleibt werden, halten der Ausübung des Wiederkaufsrechts stand und sind nicht etwa nach § 136 Abs 1 GBG zu löschen.

Die Ausübung des Wiederkaufsrechts durch den Wiederverkäufer führt nicht zum Erlöschen eines nachrangigen Pfandrechts ex lege.

S. 38 - 45, Rechtsprechung

Erkundigungspflicht des potenziellen Lenkers über die Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit durch die Einnahme von Medikamenten

Eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit kann auch durch die Einnahme von Medikamenten hervorgerufen werden. Im Falle einer aufgrund ärztlicher Anordnung erfolgten Einnahme von Medikamenten wirkt die schuldhafte Verletzung des § 58 Abs 1 StVO in der Regel nicht schulderschwerend, sondern gegebenenfalls haftungsbegründend. Trifft den nur eingeschränkt fahrtüchtigen Lenker an der Unkenntnis der Einschränkung ein Verschulden, so haftet er aus diesem Grund, sofern die eingeschränkte Fahrtüchtigkeit für den Eintritt des Schadens auch ursächlich war

Den (potenziellen) Fahrzeuglenker, der Medikamente einnimmt, trifft zunächst nur die Pflicht, die für ihn bestimmten Gebrauchsinformationen in den Beipackzetteln zu lesen. Ergeben sich aus den Gebrauchsinformationen Hinweise auf eine mögliche Einschränkung seiner Fahrtüchtigkeit, obliegt es ihm, Erkundigungen beim Arzt oder beim Apotheker einzuholen, sofern nicht ohnedies bereits eine ärztliche Aufklärung erfolgte. Im Zweifel hat er das Lenken eines Fahrzeugs zu unterlassen.

Auf eine Auskunft des Vertrauensarztes, der den (potenziellen) Lenker betreut, über die Auswirkungen der verordneten Medikamente auf die Fahrtüchtigkeit darf sich Letzterer verlassen.

Ist dem beeinträchtigten Lenker der Beweis gelungen, dass er entgegen der Vermutung des § 1297 ABGB durch besondere Umstände im Zeitpunkt des schädigenden Verhaltens die gewöhnlichen Fähigkeiten, die ihn an sich zur Vermeidung des Schadens in die Lage versetzt hätten, nicht hatte bzw dass ihm die Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt nicht möglich war, ist § 1310 ABGB analog anzuwenden.

S. 45 - 48, Rechtsprechung

Keine strafbare Handlung iS des § 1328 ABGB bei Vorliegen eines persönlichen Strafausschließungsgrunds

Die Tatbestandsvoraussetzung der strafbaren Handlung in § 1328 ABGB ist nicht erfüllt, wenn dem Täter der persönliche Strafausschließungsgrund des § 206 Abs 4 StGB zugutekommt.

S. 48 - 49, Rechtsprechung

Hinweiserfordernis bei Erklärungsfiktionen in AGB-Klausel aufzunehmen

Für die Wirksamkeit einer Verlängerungsfiktion ist erforderlich, dass die in § 6 Abs 1 Z 2 KSchG vorgesehene Hinweispflicht des Verwenders in die AGB oder Vertragsformblätter selbst aufgenommen wird. Es genügt nicht, dass der Unternehmer ohne eine solche Vereinbarung de facto unter Einhaltung einer angemessenen Frist bei deren Beginn auf die Erklärungsbedeutung des Verbraucherverhaltens und auf die Möglichkeit des Widerspruchs hinweist. Eine Klausel, die die in § 6 Abs 1 Z 2 KSchG vorgesehene Hinweispflicht nicht enthält, ist unwirksam.

Die Nichtaufnahme der Hinweispflicht nach § 6 Abs 1 Z 2 KSchG in die AGB-Klausel widerspricht dem Transparenzgebot.

S. 49 - 50, Rechtsprechung

ZaDiG: Website als „dauerhafter Datenträger“; Bereitstellung von Informationen, die „mitzuteilen“ sind, in einem E-Banking-Postfach (zu EuGH C-375/15 [BAWAG])

Eine Website kann als „dauerhafter Datenträger“ angesehen werden, wenn sie es dem Zahlungsdienstnutzer gestattet, an ihn persönlich gerichtete Informationen derart zu speichern, dass er sie in der Folge für eine für die Zwecke der Informationen angemessene Dauer einsehen kann, und die unveränderte Wiedergabe gespeicherter Informationen ermöglicht. Überdies muss jede Möglichkeit der einseitigen Änderung des Inhalts der Informationen durch den Zahlungsdienstleister oder durch einen mit der Verwaltung der Website betrauten Administrator ausgeschlossen sein.

Informationen, die „mitzuteilen“ sind, hat der Zahlungsdienstleister von sich aus zu übermitteln. Bei Bereitstellung der Informationen in einem Postfach, das die Bank innerhalb des E-Banking eingerichtet hat, bedürfte es zusätzlich einer Mitteilung an den Kunden in einer Form, die seine tatsächliche Kenntnisnahme wahrscheinlich macht. Von den Zahlungsdienstnutzern kann nämlich vernünftigerweise nicht erwartet werden, dass sie regelmäßig alle elektronischen Kommunikationssysteme abfragen, bei denen sie registriert sind.

S. 50 - 56, Rechtsprechung

VW-Abgasskandal: keine Zuständigkeit österreichischer Gerichte für Klagen geschädigter Aktionäre, die Aktien auf dem Sekundärmarkt erworben haben

Deliktische Ansprüche fallen nicht unter Art 17 EuGVVO. Voraussetzung für die Anwendung des Verbrauchergerichtsstands ist eine vertragliche Beziehung zwischen den Streitteilen. Dafür ist eine direkte Beziehung erforderlich. Beim Erwerb von Aktien auf dem Sekundärmarkt kommt der Verbrauchergerichtsstand für Ansprüche gegen den Emittenten nicht in Betracht.

Handelt es sich bei der Emittentin um ein deutsches börsenotiertes Unternehmen, dessen Aktien an deutschen Börsen gehandelt werden, und ist die die Aktien verkörpernde Globalurkunde in Deutschland hinterlegt, so ist ein Erstschaden mangels greifbarer Anknüpfungspunkte nicht in Österreich eingetreten. Bloße Folgeschäden sind vom Deliktsgerichtsstand des Art 7 Nr 2 EuGVVO nicht umfasst.

S. 56 - 59, Rechtsprechung

Beweislastverteilung bei bestrittener Echtheit eines eigenhändigen Testaments

Die bestrittene Echtheit eines eigenhändigen Testaments ist im Verfahren über das Erbrecht vom Testamentserben zu beweisen.

S. 59 - 59, Rechtsprechung

Übergabsvertrag mit Schwiegereltern, demzufolge die erhaltene Liegenschaft bei Scheidung an die Kinder zu schenken ist, sittenwidrig?

§ 897 ABGB verweist für die rechtsgeschäftliche Bedingung bei Verträgen unter Lebenden auf die §§ 696 ff ABGB. Nach früherer Rechtslage war die Bedingung der Scheidung durch § 700 ABGB aF nicht geregelt, sodass diesbezüglich die Bestimmungen der §§ 879 und 698 aF ABGB anwendbar waren und die (auflösende) Bedingung unter Berücksichtigung der Umstände des Falls zu beurteilen war. Seit dem Inkrafttreten des neuen Erbrechts (grundsätzlich mit 01.01.2017; § 1503 Abs 7 Z 1 ABGB) gelten gemäß § 697 ABGB gesetz- oder sittenwidrige Bedingungen als nicht beigesetzt. Hinsichtlich auflösender gesetz- oder sittenwidriger Bedingungen trat gegenüber der früheren Rechtslage keine Änderung ein (hier: Übergabsvertrag mit Schwiegereltern sieht vor, dass die Übernehmerin im Fall ihrer Scheidung vom Sohn der Übergeber die Liegenschaft an ihre beiden Kinder schenken muss; deren Übereignungsanspruch entsteht mit der Rechtskraft der Scheidung; Sittenwidrigkeit verneint).

S. 59 - 62, Rechtsprechung

Susanne Reindl-Krauskopf

Einsatz eines IMSI-Catchers durch die Strafverfolgungsbehörden

Ungeachtet des Umstands, dass die StPO keine explizite Regelung für die Ermittlung des Standorts eines Mobilfunkgeräts durch technische Mittel vorsieht, fällt der Einsatz eines IMSI-Catchers in den Anwendungsbereich von § 134 Z 2, § 135 Abs 2 StPO.

S. 59 - 59, Rechtsprechung

Schwangerschaftsabbruch ohne Einbeziehung des Ehegatten in die Entscheidung als schwere Eheverfehlung?

Wenn das Berufungsgericht in der ohne Kenntnis des Ehemanns veranlassten Abtreibung des von ihm gewünschten Kindes eine Verletzung des Partnerschaftsprinzips durch die Ehefrau sah, die (auch) ein wesentlicher Grund für die unheilbare Zerrüttung der Ehe war und es daher ausschließt, das alleinige oder überwiegende Verschulden des Ehemanns an der unheilbaren Zerrüttung der Ehe auszusprechen, begründet dies jedenfalls keine krasse Fehlbeurteilung, die im Einzelfall aufzugreifen wäre.

S. 62 - 65, Rechtsprechung

Roland Kier

Zustellungen im Ausland, Abwesenheitsurteil und rechtliches Gehör

Gemäß § 11 Abs 1 ZustG sind Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls – subsidiär – auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen.

Im Hinblick auf die in Art 5 des Vertrags über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union geregelte Übersendung und Zustellung von Verfahrensurkunden spielt deutsches Zustellrecht keine Rolle, da im Einklang mit der – am Grundsatz „forum regit actum“ orientierten – Konzeption des EU-RHÜ für Form- und Fristvorgaben das Recht des ersuchenden Staates maßgeblich ist.

Insoweit der Angeklagte keine Gelegenheit hatte, zum zeitlich über den schriftlichen Strafantrag hinausgehenden Vorwurf der Verletzung der Unterhaltspflicht Stellung zu nehmen, liegt in der Aburteilung auch des zeitlich an den Strafantrag anschließenden Tatzeitraums ein Verstoß gegen den in § 427 Abs 1 StPO verbrieften Grundsatz des rechtlichen Gehörs.