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Juristische Blätter

Heft 10, Oktober 2014, Band 136

eJournal-Heft
  • ISSN Online: 1613-7639

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Inhalt der Ausgabe

S. 613 - 619, Aufsatz

Welser, Rudolf

Die Prospektkontrolle in der Rechtsprechung zu den „Madoff-Fällen“

Drei Entscheidungen des OGH haben sich in letzter Zeit mit der Haftung des Prospektprüfers wegen fehlerhafter Kontrolle befasst. Dabei war die entscheidende Frage, ob der Kontrollor auch die rechtliche Zulässigkeit der Vorgänge und Konstruktionen prüfen muss, welche der Emission von Wertpapieren zugrundeliegen, oder ob dem Prospektprüfer kein Fehler vorzuwerfen ist, wenn der Prospekt die (möglicherweise) gesetzwidrigen Umstände mit genügender Deutlichkeit dartut. In concreto betraf die Frage das sogenannte Trennungsprinzip, das heißt den Grundsatz, dass Verwaltung und Verwahrung von verschiedenen Institutionen wahrgenommen werden müssen.

S. 620 - 638, Aufsatz

Geroldinger, Andreas

Familiäres Naheverhältnis des Richters zum Prozessbevollmächtigten als Ausschließungsgrund?

Seit über 100 Jahren geht der OGH von der Ausgeschlossenheit des Richters aus, wenn zum einschreitenden Prozessbevollmächtigten ein familiäres oder familienähnliches Naheverhältnis besteht. Im Jahr 2013 hat der 6. Senat diese Rsp auf Gesellschafter-Geschäftsführer der einschreitenden Rechtsanwalts-GmbH erstreckt und damit den Anwendungsbereich von § 20 Abs 1 Z 2 JN durch Analogie erheblich erweitert. Der vorliegende Beitrag hinterfragt diese Judikaturlinien und untersucht allgemein die Auslegungsmaßtäbe, die an Bestimmungen über die Ablehnung von Richtern anzulegen sind. Es wird sich zeigen, dass derartige Naheverhältnisse entgegen der stRsp der Befangenheit iS des § 19 Z 2 JN zuzuordnen sind. Bei dessen EMRK-konformer Auslegung sind „standardisierte Befangenheitstatbestände” für familiäre Naheverhältnisse zwischen Richtern und Prozessbevollmaächtigten anzuerkennen. Damit existieren im geltenden Recht hinreichende Garantien, um die nötige Unparteilichkeit österreichischer Zivilgerichte sicherzustellen.

S. 639 - 641, Rechtsprechung

Schlüssigkeit von Schadenersatzklagen im Zusammenhang mit Primeo Fund

Ein Klagebegehren ist rechtlich schlüssig, wenn das Sachbegehren des Klägers materiell-rechtlich aus den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachenbehauptungen abgeleitet werden kann. Für die Schlüssigkeit des Klagebegehrens verlangt das Gesetz nicht, dass der gesamte Tatbestand vorgetragen wird. Es genügt, wenn die rechtserzeugenden Tatsachen vollständig und knapp angeführt sind (hier: für Schadenersatzansprüche nach §§ 874 und 1295 Abs 2 ABGB genügt das Vorbringen, die Beklagte – als Repräsentantin und Prospektkontrollorin für den Primeo Fund – habe seit März 2000 Kenntnis davon gehabt, dass der Fonds eine gesetzlich verbotene Anlagestrategie [„Frontrunning“ als Form des Insidergeschäftes] verfolge, und dies gegenüber den klagenden Anlegern mit dem Vorsatz verschwiegen, sich durch deren Täuschung zu bereichern).

Für § 1295 Abs 2 ABGB muss der Vorwurf einer Schädigungsabsicht mit einem konkreten Sachverhalt nachgewiesen werden.

§ 874 ABGB verpflichtet auch den selbst nicht vertragsbeteiligten Dritten zum Schadenersatz, wenn er den Vertrag durch List bewirkt hat.

S. 641 - 644, Rechtsprechung

Haftungsfreizeichnung für grobe Fahrlässigkeit unter gleichrangigen Vertragspartnern zulässig / Abgrenzung zur krass groben Fahrlässigkeit

Jedenfalls unentgeltliche Verzichtserklärungen sind einschränkend auszulegen. Es kommt darauf an, ob es sich um einen Schaden aus den für das Rechtsverhältnis typischen oder wenigstens im Einzelfall nach dessen besonderen Verhältnissen voraussehbaren Gefahren handelt. Ansprüche, an welche die Parteien überhaupt nicht denken konnten, fallen nicht unter derartige Vereinbarungen. Als verzichtbar werden nur voraussehbare und kalkulierbare Risken angesehen.

Der Ausschluss der Haftung für grobe Fahrlässigkeit unter gleichrangigen Vertragspartnern durch individuelle Vereinbarung ist grundsätzlich nicht sittenwidrig.

Ein krass grob fahrlässiges Fehlverhalten wird allgemein dann angenommen, wenn die unterlaufene Fahrlässigkeit so krass ist, dass mit einem derartigen Verhalten nach den Erfahrungen des täglichen Lebens und nach redlicher Verkehrsübung nicht gerechnet werden kann, sodass die grobe Fahrlässigkeit dem Vorsatz gleichzustellen ist.

S. 644 - 649, Rechtsprechung

Vorkaufsrecht: Auslösung des Vorkaufsfalls durch Umgehungsgeschäft; Abforderung vom Dritterwerber

Dienen ein Tauschvertrag und der sofortige Rückkauf des Tauschobjekts zur Umgehung eines Vorkaufsrechts an einer Liegenschaft, so muss sich der mit dem Vorkaufsrecht Belastete so behandeln lassen, als wäre durch das Umgehungsgeschäft der Kaufvertrag abgeschlossen worden.

Der Abforderungsanspruch nach § 1079 S 2 ABGB setzt neben dem Eintritt des Vorkaufsfalls die Ausübungserklärung des Berechtigten und die fristgerechte „wirkliche Einlösung“ iS des § 1075 ABGB voraus, wobei ein möglichst reales Zahlungsangebot genügt. Ohne gehörige Anbietung wird die Einlösungsfrist nicht in Gang gesetzt, selbst wenn der Berechtigte vom Vorkaufsfall eindeutige Kenntnis erlangt hat. In einem solchen Fall hat der Berechtigte zwar keinen klagbaren Anspruch auf Anbietung, er kann aber dennoch einlösen oder dem Dritten die Sache abfordern. Der Abforderungsanspruch ist ein Hilfsanspruch zur Durchsetzung der Einlösung, der das Pflichtenverhältnis zwischen Berechtigtem und Verpflichtetem unberührt lässt.

Ein mehreren Personen gleichzeitig eingeräumtes Vorkaufsrecht ist im Zweifel von allen gemeinsam auszuüben. „Im Zweifel“ bedeutet, dass es an einer Vereinbarung mit dem Vorkaufsverpflichteten mangelt, die das Recht jedes Einzelnen auf bestimmte ideelle oder reale Teile einer Sache bezieht. Die Berechtigten bilden nach Erfüllung durch den Verpflichteten eine Miteigentümergemeinschaft. Der Verpflichtete hat daher auch sämtlichen Mitberechtigten die betroffene Sache anzubieten. Fällt einer der Berechtigten weg oder lehnt er die Ausübung des Vorkaufsrechts ab, so wächst sein Anteil den Mitberechtigten zu.

Verzichtet ein Berechtigter auf die Ausübung des Vorkaufsrechts, ist diese Erklärung grundsätzlich an den Verpflichteten zu richten. Sie kann aber rechtsgültig auch gegenüber dem Dritten erfolgen.

S. 649 - 651, Rechtsprechung

Haftung des Kindergruppenbetreibers für Verletzung von Verkehrssicherungspflichten auch nach Übernahme des Kindes durch aufsichtspflichtigen Elternteil

Den Betreiber einer Kindergruppe trifft die Verpflichtung, die von ihr betreuten Kinder vor Gefahren zu schützen. Werden die möglichen und auch zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung von Gefahren für in den Gefahrenbereich gelangende Kleinstkinder verletzt, haftet der Betreiber jedenfalls deliktisch aus der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten (hier: Betreiber einer Kindergruppe bewahrte in einem – wegen einer offenstehenden Kinderschutztür – für Kinder zugänglichen Bereich ätzendes Spülmittel in einem Trinkbecher auf; Kind trank daraus, während seine Mutter Gewand und Schuhe einsammelte).

Eine allfällige Sorgfaltswidrigkeit des aufsichtspflichtigen Elternteils kann dem verletzten minderjährigen Kind nicht angelastet werden. Die Rolle eines aufsichtspflichtigen Elternteils bzw generell der abholenden Person kann sich allenfalls in einer eigenständigen, im Regressfall zum Tragen kommenden (Mit-)Haftung niederschlagen, vermag aber die auf seiner Sorgfaltspflichtverletzung beruhende Haftung des Betreibers der Betreuungseinrichtung nicht zu beseitigen.

Es muss grundsätzlich nicht damit gerechnet werden, dass Kinder im Bereich eines Kindergartens Zugang zu gefährlichen Substanzen wie Reinigungsmitteln haben und dass diese in gewöhnlichen Plastiktrinkbechern aufbewahrt werden, aus denen sonst die Kinder Getränke zu sich nehmen.

S. 651 - 655, Rechtsprechung

Verjährung des Werklohns bei Teilrechnungen nach prozentuellem Baufortschritt und bei Zusatzleistungen

Bei Teilrechnungen, die vereinbarungsgemäß nach Maßgabe des prozentuellen Baufortschritts gelegt werden, handelt es sich um eine Art vertraglich vereinbarter Akontozahlungen auf den Werklohn, welche die Fälligkeit und damit die Verjährung des Werklohns nicht berühren. Bei Abschlagszahlungen, die nur ein Akonto bzw einen Vorschuss auf das Schlussrechnungs-Entgelt darstellen, beginnt die Verjährung der Forderung, die in der Abschlagsrechnung geltend gemacht wird, erst mit der Fälligkeit des Werklohns bzw der Schlussrechnung (und nicht schon ab Fälligkeit der Abschlagsrechnung).

Jedenfalls bei einer besonders engen Nahebeziehung zwischen dem ursprünglich vereinbarten Werk und später beauftragten Zusatzleistungen kann nach dem Parteiwillen und der Übung des redlichen Verkehrs nicht vom Vorliegen selbständiger Teilleistungen, die einer gesonderten Verjährungsfrist unterliegen, ausgegangen werden. Bei solchen Zusatzleistungen handelt es sich auch nicht um selbständige Werkverträge oder auch nur um „Abteilungen“ des ursprünglichen Werks iS des § 1170 S 2 ABGB, für welche das Gesetz die Möglichkeit einer gesonderten Fälligkeit und somit Verjährung vorsieht.

S. 655 - 658, Rechtsprechung

Bydlinski, Peter

Zur Unzulässigkeit der Vereinbarung von Bearbeitungsentgelten für bestimmte Zahlungsformen in Telekommunikations- und Versicherungsverträgen

Sowohl bei dem Verfahren zur Erteilung eines Überweisungsauftrags durch einen vom Zahler eigenhändig unterschriebenen Zahlschein als auch bei dem Verfahren zur Erteilung eines Überweisungsauftrags im Onlinebanking handelt es sich um „Zahlungsinstrumente“ iS des Art 4 Nr 23 Zahlungsdienste-RL (2007/64/EG) bzw des § 3 Z 21 ZaDiG. Die Erhebung von Entgelten durch den Zahlungsempfänger im Fall der Nutzung eines solchen Zahlungsinstruments ist nach § 27 Abs 6 ZaDiG unzulässig.

Das Verbot des § 27 Abs 6 ZaDiG gelangt auch im Verhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer zur Anwendung. Für den Zeitraum zwischen 01. 11. 2009 (Inkrafttreten des ZaDiG) und 01. 01. 2013 (Inkrafttreten des VersRÄG 2013) derogiert § 27 Abs 6 S 2 ZaDiG – im Verhältnis zu § 41b VersVG als lex specialis und lex posterior – allfällig entgegenstehenden Regelungen materiell.

Die Anwendung des § 27 Abs 6 ZaDiG verletzt auch in Bezug auf „Altverträge“, die vor dem 01. 11. 2009 geschlossen wurden, nicht die Eigentumsfreiheit.

S. 658 - 663, Rechtsprechung

Missbrauch eines Internatszöglings durch Erzieher in einer Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht: Amtshaftung?

Mit der bescheidmäßigen Verleihung des Öffentlichkeitsrechts wird die Privatschule als „beliehenes Unternehmen“ tätig. Ihr Rechtsträger wird zur Besorgung öffentlicher Aufgaben herangezogen und übernimmt unter der Oberaufsicht des Staates die Fürsorge für soziale Interessen, primär für Bildungsinteressen. Durch die Verleihung des Öffentlichkeitsrechts als konstitutiver Verwaltungsakt werden der Schule besondere Pflichten auferlegt und entsprechende Kontrollmöglichkeiten begründet. Die Organe der Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht sind mit der Vollziehung dieser Aufgaben beliehen. Amtshaftung trifft in diesem Rahmen nicht den Schulerhalter, sondern, soweit nicht eine der in Art 14 B-VG angeführten Ausnahmen zum Tragen kommt, den Bund.

Mit der Verleihung des Öffentlichkeitsrechts für die Privatschule ist gemäß § 13 Abs 2 lit c PrivatschulG die Verpflichtung zur Einhaltung der für die entsprechenden öffentlichen Schulen geltenden schulrechtlichen Vorschriften verbunden, worunter auch das Schulorganisationsgesetz (SchOG) fällt.

Auch wenn Erzieher in einer Höheren Internatsschule im Bereich der Hoheitsverwaltung als Organ des Bundes tätig sind, trifft das nicht auch für Fehlverhalten gegenüber einem im Internat untergebrachten Schüler während der Zeit zu, die nicht in den Rahmen des einheitlichen Erziehungsplans nach § 38 Abs 1 SchOG fällt. In diesem Bereich handeln Erzieher als Privatpersonen, sodass das AHG nicht anwendbar ist. Der Kläger hat im Falle von Verletzungen durch die Erzieher während solcher Zeiten im Internat Ansprüche gegen die rechtswidrig und schuldhaft handelnden Erzieher selbst.

S. 663 - 666, Rechtsprechung

Anteiliger Honoraranspruch des erfolgreich wegen Befangenheit abgelehnten Schiedsrichters

Die für begründet erklärte Ablehnung eines Schiedsrichters wirkt nur für die Zukunft. Die vor Geltendmachung der Ablehnung vorgenommenen Amtshandlungen des abgelehnten Schiedsrichters sind und bleiben wirksam. Die erfolgreiche Ablehnung eines Schiedsrichters führt zum Erlöschen des Schiedsrichtervertrags.

Der Honoraranspruch eines Schiedsrichters beruht primär auf privatrechtlicher Vereinbarung im Schiedsrichtervertrag; mangels vertraglicher Vereinbarung gilt gemäß § 1152 ABGB ein angemessenes Entgelt als bedungen. Der Honoraranspruch entsteht im vertraglich festgesetzten Zeitpunkt, im Zweifel zufolge § 1170 ABGB mit der Beendigung des Schiedsverfahrens; er wird auch in diesem Zeitpunkt fällig. Die Vergütung wird auch geschuldet, wenn sich nach Beginn des Schiedsverfahrens die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung oder irgendwelche Mängel des Schiedsverfahrens herausstellen sollten. Ob der Schiedsspruch oder Schiedsvergleich materiell rechtsbeständig ist, ob ihnen die Vollstreckbarkeitserklärung versagt ist oder ob der Schiedsspruch auf Antrag hin aufgehoben wird, ist für den Vergütungsanspruch belanglos.

Fehlt eine Regelung für den Fall der vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses in Ansehung eines Schiedsrichters (hier: wegen dessen Befangenheit), so ist diese – auch durch dispositives gesatztes Recht nicht ausfüllbare – Vertragslücke im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu füllen. Redlichen und vernünftigen Parteien, die eine Vergütung der Schiedsrichter für deren Gesamtleistung vereinbart haben, ist die Vereinbarung zu unterstellen, bei Bedachtnahme auf den Fall vorzeitiger Beendigung des Vertragsverhältnisses das Entgelt nicht gänzlich entfallen zu lassen, sondern auf einen der bisherigen Leistung entsprechenden Anteil zu kürzen (der notfalls nach § 273 ZPO der Schätzung unterliegt).

In einem nach Befangenheit eines Schiedsrichters für nichtig erklärten Verfahren kommen die durch die Befangenheit entstandenen Mehrkosten und frustrierte Aufwendungen als Schaden in Betracht. Grobes Verschulden läge vor, wenn die Verfahrensführung durch den Vorsitzenden eines Schiedsgerichts im Schiedsverfahren in derart krassem Widerspruch zur dort geltenden Verfahrensordnung gestanden wäre, dass sie für einen typischen Schiedsrichter (§ 1299 ABGB) eine auffallende Vernachlässigung seiner Pflichten wäre, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer Abberufung wegen Befangenheit führt.

S. 666 - 668, Rechtsprechung

Bestellung eines Besuchsmittlers kein verfahrensleitender Beschluss iS des § 45 S 2 AußStrG

Verfahrensleitende Beschlüsse sind nach § 45 S 2 AußStrG deshalb nicht selbständig anfechtbar, weil sie nicht in die Rechtsstellung der Parteien eingreifen. Die Bestellung eines Besuchsmittlers nach § 106b AußStrG greift in die freie Gestaltung des Kontaktrechts durch die Eltern ein. Ein Besuchsmittler wird daher nicht ausschließlich im Rahmen der Stoffsammlung für das Pflegschaftsgericht tätig. Die Bestellung eines Besuchsmittlers ist daher, so wie die Bestellung eines Besuchsbegleiters oder eines Kinderbeistands, selbständig anfechtbar.

S. 669 - 672, Rechtsprechung

Einvernehmliche Auflösung unmittelbar nach Entlassung: Anfechtung wegen Willensmangels beseitigt auch Rücknahme der Entlassung

Schließt ein Arbeitnehmer unter dem Eindruck einer bereits ausgesprochenen Entlassung die ihm gleichzeitig angebotene Auflösungsvereinbarung ab, so kommt es für die Redlichkeit des Arbeitgebers darauf an, ob für ihn zu diesem Zeitpunkt plausible und objektiv ausreichende Gründe für einen Entlassungsausspruch gegeben waren. Ist dies der Fall, kann nicht von der Ausübung ungerechtfertigten psychologischen Drucks die Rede sein. Ist der Arbeitgeber von der Haltbarkeit seiner Rechtsposition nicht überzeugt und will er den Arbeitnehmer gerade deswegen zur einvernehmlichen Auflösung drängen, ist die Auflösungsvereinbarung schon aus diesem Grund anfechtbar. Bei dieser Beurteilung kommt es auf den Wissensstand des Arbeitgebers ex ante und nicht darauf an, ob seine Ansicht ex post aufgrund der Ergebnisse eines förmlichen Beweisverfahrens auch von den befassten Gerichten geteilt wird.

Eine erfolgreiche Anfechtung einer solchen Auflösungsvereinbarung wegen Willensmangels kann nicht nur einseitig zum Wegfall der Austrittserklärung des Arbeitnehmers führen, sondern beseitigt auch die damit untrennbar verknüpfte Rücknahme der Entlassung. Eine Anfechtung bloß desjenigen Teils der Vereinbarung, der dem Arbeitnehmer zur Last fällt („Rosinentheorie“), ist nicht möglich.

Die Fürsorgepflicht begründet keine Verpflichtung des Arbeitgebers, einen entlassenen Arbeitnehmer, dem er noch eine gesichtswahrende einvernehmliche Auflösung ermöglichen will, zuvor über mögliche rechtliche Schwachstellen des Entlassungsausspruchs und die Möglichkeiten einer Anfechtung aufzuklären.

Vorsätzlich herbeigeführte Fehleintragungen in der der Erfassung der Arbeitszeit dienenden Zeitstempelkarte können eine Entlassung begründen.

S. 672 - 673, Rechtsprechung

Zurückziehen einer Haftbeschwerde für Fristauslösung unbeachtlich

Die Zurückziehung einer zuvor wirksam erhobenen Beschwerde des Beschuldigten gegen die Verhängung der Untersuchungshaft lässt – mangels gegenteiliger Anordnung des Gesetzes – die solcherart ausgelöste Haftfrist von einem Monat ab Erhebung der Beschwerde unberührt. In welchem zeitlichen Abstand die Zurückziehung der Beschwerde zu deren Einbringung erfolgte, ist unbeachtlich. Eine wirksam erhobene Beschwerde kann vielmehr (bis zur Entscheidung über sie) jederzeit, damit auch unmittelbar nach Einbringung, wirksam zurückgezogen werden.

S. 673 - 675, Rechtsprechung

Bedarfsprüfung für Apothekenkonzession: Unterschreitung des gesetzlich geforderten Kundenpotenzials in bestimmten Fällen unionsrechtlich geboten

Das Unionsrecht steht der Abweisung eines Apothekenkonzessionsantrages wegen Verringerung des Kundenpotenzials einer benachbarten Apotheke auf unter 5.500 zu versorgende Personen entgegen, wenn die neu beantragte Apotheke erforderlich ist, um für die in bestimmten ländlichen und abgelegenen Gebieten wohnhafte Bevölkerung – unter Bedachtnahme auf die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln durch ärztliche Hausapotheken und unter Berücksichtigung der bei der Bedarfsprüfung im Vordergrund stehenden Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeugen – die zumutbare Erreichbarkeit einer Arzneimittelabgabestelle zu gewährleisten. Liegen diese Voraussetzungen vor, so haben die Gerichte und Behörden bei der Entscheidung über den Konzessionsantrag die Bestimmung des § 10 Abs 2 Z 3 ApG unangewendet zu lassen und die Konzession – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – ohne Rücksicht auf eine allfällige Einschränkung des Kundenpotenzials der benachbarten Apotheke auf unter 5.500 zu versorgende Personen zu erteilen. Ist die Erteilung der beantragten Konzession nicht bereits aus diesen Gründen unionsrechtlich erforderlich, so ist § 10 Abs 2 Z 3 ApG weiterhin anzuwenden.

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