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JBL

Juristische Blätter

Heft 3, März 2021, Band 143

eJournal-Heft
  • ISSN Online: 1613-7639

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Inhalt der Ausgabe

S. 137 - 146, Aufsatz

Gamper, Anna

Gibt es ein „Recht auf ein menschenwürdiges Sterben“? Zum Erkenntnis des VfGH vom 11.12.2020, G 139/2019

Vor kurzem hob der VfGH jene Wortfolge in § 78 StGB auf, die die Beihilfe zum Selbstmord unter Strafe stellte. Abweichend von seiner bisherigen Judikatur hielt er das ausnahmslose Verbot der Beihilfe zum Selbstmord für eine Verletzung eines aus dem „Recht auf freie Selbstbestimmung“ abgeleiteten „Rechts auf ein menschenwürdiges Sterben“. Der Beitrag setzt sich aus verfassungsrechtlicher Sicht kritisch mit der Begründung des Erkenntnisses auseinander.

S. 147 - 156, Aufsatz

Schmoller, Kurt

Sterbehilfe und Autonomie – Strafrechtliche Überlegungen zum Erkenntnis des VfGH vom 11.12.2020

Für viele überraschend hat der VfGH ausgesprochen, dass die in § 78 StGB traditionell vorgesehene generelle Strafbarkeit der „Mitwirkung am Selbstmord“ verfassungswidrig sei, und deshalb die zweite Tathandlung dieser Strafvorschrift („ihm dazu Hilfe leistet“) mit Wirkung ab 31.12.2021 aufgehoben. Die Frist von mehr als einem Jahr räumt dem Gesetzgeber die Möglichkeit ein, bis Ende 2021 eine verfassungskonforme Regelung zu beschließen und dadurch einen ersatzlosen Wegfall von § 78 Fall 2 StGB zu verhindern.

S. 157 - 163, Aufsatz

Rassi, Jürgen C. T.

Der vom Berufungsgericht verneinte Verfahrensmangel erster Instanz als tauglicher Revisionsgrund – eine Replik

Die Diskussion um die in Lehre und Rsp unterschiedlich beantwortete Frage, ob erstgerichtliche Verfahrensmängel in der Revision geltend gemacht werden können, wenn diese bereits vom Berufungsgericht verneint wurden, wurde in dieser Zeitschrift durch einen lesenswerten Beitrag von Trenker bereichert. Dabei wurde die Rsp des OGH mit durchaus neuen Argumenten kritisch beleuchtet. Diese Replik soll den wissenschaftlichen Diskurs verbreitern.

S. 164 - 174, Rechtsprechung

Verbot der Sterbehilfe

Das strafrechtliche Verbot jeglicher Hilfeleistung zur Selbsttötung (§ 78 StGB) wird wegen Verstoßes gegen das Recht des Einzelnen auf freie Selbstbestimmung aufgehoben:

Das Recht auf freie Selbstbestimmung ist aus dem Recht auf Privatleben, dem Recht auf Leben und dem Gleichheitsgrundsatz ableitbar. Es umfasst sowohl das Recht auf freie Selbstbestimmung in Bezug auf die Gestaltung des Lebens als auch die Entscheidung über (den Zeitpunkt für) ein menschenwürdiges Sterben.

Das Recht auf freie Selbstbestimmung beinhaltet auch das Recht des Suizidwilligen auf Inanspruchnahme der Hilfe eines (dazu bereiten) Dritten, denn der Suizidwillige kann zur tatsächlichen Ausübung seiner selbstbestimmten Entscheidung zur Selbsttötung auf Hilfe angewiesen sein. Da auch die Entscheidung, ob und aus welchen Gründen ein Einzelner sein Leben in Würde beenden will, unter die freie Selbstbestimmung fällt, muss der Suizidwillige die Möglichkeit haben, die Hilfe eines dazu bereiten Dritten in Anspruch zu nehmen.

Die Behandlungshoheit des Einzelnen umfasst wiederum neben der Ablehnung von lebenserhaltenden oder lebensverlängernden Maßnahmen insbesondere das Recht auf ein menschenwürdiges Sterben sowie das Recht, Hilfe eines Dritten in Anspruch zu nehmen. Es macht aus grundrechtlicher Perspektive nach Auffassung des VfGH keinen Unterschied, ob der Patient im Rahmen seiner Behandlungshoheit bzw einer Patientenverfügung in Ausübung seines Selbstbestimmungsrechtes lebenserhaltende oder -verlängernde medizinische Maßnahmen ablehnt, oder ob ein Suizidwilliger mit Hilfe eines Dritten in Ausübung seines Selbstbestimmungsrechtes sein Leben beenden will. Entscheidend ist vielmehr in jedem Fall, dass die jeweilige Entscheidung auf der Grundlage einer freien Selbstbestimmung getroffen wird.

Es steht zum Stellenwert der freien Selbstbestimmung, der einerseits in der (verfassungs-)rechtlich begründeten Behandlungshoheit und andererseits – jedenfalls bei Vorliegen einer Patientenverfügung – in § 49a Abs 2 ÄrzteG 1998 zum Ausdruck kommt, in Widerspruch, dass § 78 zweiter Tatbestand StGB jegliche Hilfe im Zusammenhang mit der Selbsttötung verbietet. Wenn einerseits der Patient (durch Nichteinwilligung oder Widerruf der Einwilligung) darüber entscheiden kann, ob sein Leben durch eine medizinische Behandlung gerettet oder verlängert wird, und andererseits unter den in § 49a Abs 2 ÄrzteG 1998 festgelegten Voraussetzungen sogar das vorzeitige Ableben eines Patienten im Rahmen einer medizinischen Behandlung in Kauf genommen wird, ist es nicht gerechtfertigt, dem Sterbewilligen die Hilfe durch einen Dritten in welcher Art auch immer im Zusammenhang mit der Selbsttötung zu verbieten und derart das Recht auf Selbstbestimmung ausnahmslos zu verneinen.

Im Zusammenhang mit dem Recht auf Selbstbestimmung in Verbindung mit der Selbsttötung darf nicht übersehen werden, dass angesichts der realen gesellschaftlichen Verhältnisse die tatsächlichen Lebensbedingungen, die zu einer solchen Entscheidung führen, unterschiedlich sind. Auch Umstände, die nicht ausschließlich in der Sphäre bzw Disposition des Suizidwilligen liegen, können bei einem solchen Entschluss eine entscheidende Rolle spielen, wie etwa Familien- und Vermögensverhältnisse, Pflegebedingungen, Hilfsbedürftigkeit, der zu erwartende Sterbeprozess und dessen Begleitung sowie sonstige Lebensumstände und erwartbare Konsequenzen. Es sind daher gesetzgeberische und sonstige staatliche Maßnahmen notwendig, um den Unterschieden in den Lebensbedingungen von Betroffenen entgegenzuwirken und allen einen Zugang zu palliativmedizinischer Versorgung zu ermöglichen.

Es kann schwierig festzustellen sein, ob der Entschluss, seinem Leben ein Ende zu setzen, auf einer freien Selbstbestimmung basiert. Dies darf jedoch nicht als Rechtfertigung dafür genommen werden, durch ein ausnahmsloses Verbot jegliche Hilfeleistung zur Selbsttötung zu untersagen und damit das Recht des zur freien Selbstbestimmung fähigen Menschen, sich das Leben mit Hilfe eines Dritten zu nehmen, unter allen Umständen zu verneinen.

Der Begriff des „Verleitens“ im ersten Tatbestand von § 78 StGB ist als Anstiftungsverhalten zu verstehen. Die Entscheidung des Suizidwilligen, sich unter Mitwirkung eines Dritten zu töten, kann jedoch nur dann Grundrechtsschutz genießen, wenn sie auf einer freien und unbeeinflussten Entscheidung fußt. Da diese Voraussetzung bei § 78 erster Tatbestand StGB von Vornherein nicht erfüllt wird, verstößt diese Regelung nicht gegen ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht.

Der Straftatbestand der Tötung auf Verlangen enthält eine gegenüber Mord (§ 75 StGB) geringere Strafdrohung und stellt eine lex specialis zu § 75 StGB dar. §§ 75 und 77

StGB teilen denselben Grundtatbestand. Daher bliebe im Fall einer Aufhebung des § 77 StGB die Tötung eines anderen auf dessen Verlangen im Rahmen der Sterbehilfe weiterhin – gemäß § 75 StGB – strafbar; eine Straflosstellung der aktiven Sterbehilfe könnte folglich nicht erreicht werden. Die Aufhebung des § 77 StGB hätte sogar eine Strafverschärfung zur Folge. Hinsichtlich der Anfechtung des § 77 StGB erweist sich der Antrag als zu eng gefasst.

S. 175 - 177, Rechtsprechung

Einzelisolierung eines Bewohners nach dem HeimAufG aufgrund der Gefahr einer COVID-19-Infektion

In einer Einrichtung mit betagten Bewohnern und einem damit erhöhten Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf nach einer COVID-19-Infektion kann die Einzelisolierung eines Bewohners eine nach § 4 HeimAufG zulässige Freiheitsbeschränkung sein.

Ein fehlender persönlicher Eindruck des Gerichts vom Bewohner, die unterbliebene Beiziehung des Bewohners zur Verhandlung sowie die Durchführung der Verhandlung bei Gericht und nicht in der Einrichtung sowie die unterbliebene Einholung eines Pflegegutachtens oder eines medizinisch-psychiatrischen Gutachtens bilden mangels Entscheidungsrelevanz dann keinen noch in dritter Instanz aufgreifbaren Gehörverstoß oder Verfahrensmangel, wenn allein das Risiko einer COVID-19-Infektion und die dafür zur Verfügung stehenden Präventionsmöglichkeiten in einer höchst gefährdeten Einrichtung durch ein internistisch-infektiologisches Gutachten geklärt sind.

S. 177 - 178, Rechtsprechung

Passivlegitimation bei der Erbschaftsklage / Beurteilung der Gesamtrechtsnachfolge als Vorfrage?

Bei der Erbschaftsklage sind passiv legitimiert jene Personen, die den Nachlass aufgrund der Einantwortung erworben haben, also die Erben und Erbschaftskäufer; ferner ihre Universalsukzessoren, vor allem ihre Erben; nicht aber Personen, die keine Erbeneigenschaft in Anspruch nehmen; daher nicht Vermächtnisnehmer oder wer aufgrund eines Übereinkommens mit dem Erben etwas aus dem Nachlass erworben hat. Der Inhaber solcher Nachlasswerte ist mit der Singularklage zu belangen.

Das Eigentum an einzelnen Erbschaftsstücken wird vom eingeantworteten Erben mit der Eigentumsklage verfolgt. Dieser klagt den Inhaber der Sache aufgrund des durch Einantwortung auf ihn übergegangenen Rechts, etwa auf Herausgabe der Sache. Die Berechtigung, vom Erblasser abgeleitete Einzelrechte durchzusetzen, erlangt der Kläger aber erst mit Rechtskraft eines stattgebenden Urteils über die Erbschaftsklage. Eine selbständige Beurteilung dieser Vorfrage kommt wegen der Abhängigkeit des Anspruchs vom Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung im Erbschaftsprozess nicht in Betracht.

S. 179 - 180, Rechtsprechung

Teilungshindernis der Unzeit wegen Rechtsstreits über das Eigentumsrecht, der nach Streitanhängigkeit des Teilungsprozesses eingeleitet wird

Das Teilungshindernis der Unzeit kann auch vorliegen, wenn der Teilungsbeklagte nach Streitanhängigkeit des Teilungsprozesses den Teilungskläger auf Herausgabe dessen Miteigentumsanteils und/oder auf Einwilligung in die Einverleibung des Miteigentumsrechts klagt und das allenfalls stattgebende Urteil dem Teilungsanspruch die Grundlage entzieht.

S. 180 - 181, Rechtsprechung

Abgrenzung von Mangelschaden und Mangelfolgeschaden

Der Ersatz von sogenannten Mangelfolgeschäden, also weiteren Schäden, die durch die mangelhafte Leistung des Übergebers entstanden sind, ist von dem in § 933a Abs 2 S 1 ABGB festgelegten Grundsatz des Verbesserungsvorrangs vor dem Geldersatz nicht umfasst.

S. 181 - 183, Rechtsprechung

Vorteilsanrechnung bei Hilfestellung zur Deckung der vermehrten Bedürfnisse des Geschädigten

Grundsätzlich können Haushaltsersparnisse unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung gegenüber Schadenersatzansprüchen zu berücksichtigen sein, wobei die Kongruenz von Ersparnis und Schadenersatzanspruch entscheidend ist. Erfolgt eine Hilfestellung zur Deckung des unfallbedingt erhöhten Pflege- und Betreuungsbedarfs des Geschädigten, demnach seiner vermehrten Bedürfnisse, durch Unterbringung in Wohneinrichtungen (hier: nach dem StBHG), so stellt sich die Frage nach der Haushaltsersparnis. Bei unterhaltsberechtigten Personen, die auch als Gesunde mangels Erwerbseinkommens keine Aufwendungen für Wohnen und Verpflegung aus einem solchen tätigen, soll die Vorteilsanrechnung zu keiner Anspruchsverminderung führen, weil sich die „Ersparnis“ nicht in ihrem Vermögen niederschlägt.

Bleibt der Geschädigte im Umfang der Schadensverlagerung auf den Unterhaltspflichtigen auch selbst weiterhin aktivlegitimiert, weil es nicht darauf ankommt, ob der durch den Unfall Verletzte oder dessen Unterhaltspflichtiger den Anspruch geltend macht, kann die Anrechnung des Vorteils demjenigen gegenüber eingewendet werden, der den Schaden im eigenen Namen geltend macht. Dieser muss sich daher grundsätzlich den Vorteil anrechnen lassen, der in einer allfälligen Haushaltsersparnis des Geschädigten oder seiner unterhaltspflichtigen Eltern bestand.

Die abstrakten Größen der bedarfsorientierten Mindestsicherung bzw des Regelbedarfs, die nach pauschalierten Sätzen den gesamten Lebensunterhalts- und Wohnbedarf des jeweils Berechtigten abdecken sollen, bilden zum konkreten Lebensunterhalts- und Wohnbedarf ein aliud und bieten daher keinen tauglichen Indikator für konkret ersparte Haushaltskosten.

S. 184 - 186, Rechtsprechung

Legalzession bei unfallbedingter Erhöhung des Pflegegeldes / kein Mitverschulden bei durch Demenzerkrankung bedingter Orientierungslosigkeit und Verwirrtheit

Bei unfallbedingter Erhöhung eines schon zuvor bezogenen Pflegegelds tritt die Legalzession nach § 16 BPGG nur im Umfang der Erhöhung ein.

Der Schaden ist dem Geschädigten grundsätzlich nicht zuzurechnen, wenn ihm der Beweis gelingt, dass er entgegen der Vermutung des § 1297 ABGB im maßgebenden Zeitpunkt die gewöhnlichen Fähigkeiten, die ihn an sich zur Vermeidung des Schadens in die Lage versetzt hätten, nicht hatte oder dass ihm die Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt nicht möglich war. In diesem Fall sind die Regelungen zur ausnahmsweisen Haftung eines deliktsunfähigen Schädigers (§ 1310 ABGB) entsprechend anzuwenden.

S. 186 - 188, Rechtsprechung

Unterbrechung der Verjährung des Schmerzengeldanspruchs durch Feststellungsklage trotz Möglichkeit eines Teilzuspruchs

Kann das Schmerzengeld noch nicht global bemessen werden, so unterbricht die Klage auf Feststellung der Haftung für zukünftige Schäden die Verjährung des Anspruchs. Das gilt auch für jenen Teil des Schmerzengeldes, der schon einer Teilbemessung zugänglich wäre. Die Unterbrechungswirkung bleibt grundsätzlich auch dann aufrecht, wenn während des Feststellungsprozesses eine Globalbemessung möglich wird.

S. 188 - 194, Rechtsprechung

Garber, Thomas

Zuständigkeitsvereinbarung in Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter unter der Brüssel Ia-VO

Art 25 EuGVVO 2012 (Brüssel Ia-VO) stellt nicht auf die rechtliche Qualifikation als „vertragliche“ Ansprüche ab, sondern auf eine „aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeit“. Es genügt für die Geltung der Gerichtsstandsvereinbarung, wenn die Ansprüche bloß „eine Folge“ der getroffenen Vereinbarung sind oder mit dieser „in jeglicher Weise in Zusammenhang“ stehen.

Die Gerichtsstandsvereinbarung kann nicht gegen die dadurch begünstigten Dritten eingewendet werden. Diese können sich aber darauf berufen, wenn die Auslegung der Klausel zu dem Ergebnis führt, dass sie (auch) ihren Schutz bezweckt. Es ist anerkannt, dass solchen Dritten gegenüber nur der Prorogationseffekt, nicht hingegen der Derogationseffekt wirkt.

S. 194 - 197, Rechtsprechung

Zustellung bei unterlassener Bekanntgabe der Änderung der Abgabestelle

Der Ausdruck „von dem sie Kenntnis hat“ in § 8 Abs 1 ZustG ist dahin zu reduzieren, dass die Verpflichtung zur Bekanntgabe der Änderung der Abgabestelle unabhängig von der Zustellart, die zur rechtswirksamen Zustellung führte (Hinterlegung, Zurücklassung, elektronische Zustellung etc), besteht. Dadurch besteht jedenfalls die Möglichkeit zur Kenntnisnahme vom Inhalt, die nach dieser Bestimmung ausreicht.

S. 197 - 198, Rechtsprechung

Feststellungserfordernisse bei Einziehung von Suchtmittel(utensilien)

Während § 34 SMG nur bei Suchtmitteln anwendbar ist, setzt die Einziehung nach § 26 Abs 1 StGB voraus, dass die vorbeugende Maßnahme nach der besonderen Beschaffenheit des betroffenen Gegenstands geboten ist, um der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen entgegenzuwirken, wobei das Wort „geboten“ die Deliktstauglichkeit des Gegenstands anspricht. Dem Berechtigten ist gemäß § 26 Abs 2 S 1 StGB Gelegenheit zur Beseitigung dieser besonderen Beschaffenheit zu geben.

S. 198 - 202, Rechtsprechung

Birklbauer, Alois

Befangenheit des Sachverständigen und Nichtigkeitsbeschwerde; Tatbestandsvoraussetzungen des § 176 StGB

Hat ein Sachverständiger vor seiner Beiziehung durch das Gericht im Ermittlungsverfahren kriminalpolizeilichen Exekutivdienst versehen, war er als Organ der Kriminalpolizei tätig und ist nach § 126 Abs 4 S 1 iVm § 47 Abs 1 Z 2 StPO befangen. Es kommt nicht auf die Beweggründe seiner Beiziehung zu den Ermittlungen oder eine von ihm in weiterer Folge ausgeübte Tätigkeit, sondern bloß auf seine formale Stellung im Verfahren an. Eine Person, die zuvor zwar nicht als Organ der Kriminalpolizei, aber für diese (oder die StA) aufgrund eines dienstlichen Naheverhältnisses in deren Auftrag oder als bei einer Strafverfolgungsbehörde dauernd angestellte Person iS des § 126 Abs 1 StPO im Ermittlungsverfahren tätig wurde, ist in der Regel befangen iS des § 126 Abs 4 iVm § 47 Abs 1 Z 3 StPO. Dies kann aus § 281 Abs 1 Z 4 StPO geltend gemacht werden.

§ 176 StGB ist kein verwaltungsakzessorischer Tatbestand. Die Strafbarkeit hängt nicht von der Verletzung verwaltungsrechtlicher Vorschriften ab. Es genügt, dass durch das (sozial-inadäquate) Handeln die vom Tatbestand verlangte Gefahrenlage geschaffen wird. Eine bloß potentielle Gefahr ist nicht ausreichend. Verlangt ist die konkrete Gefahr für Leib oder Leben einer größeren Zahl von Menschen oder für fremdes Eigentum in großem Ausmaß. Tatbestandsvoraussetzung ist in Bezug auf die größere Zahl von Menschen deren tatsächliche (gleichzeitige) Anwesenheit im Gefahrenbereich.

Die Mitwirkung an eigenverantwortlicher Selbstgefährdung ist unter Rücksichtnahme auf den Grundsatz der Selbstbestimmung und Selbstverantwortung jedes Menschen (Autonomie) mangels Vorliegens eines deliktstypisch sozial-inadäquat gefährlichen Verhaltens straflos.

Mit Verfall dürfen nur für die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung oder durch sie erlangte Vermögenswerte beim tatsächlichen Empfänger abgenommen werden. Bei einem Angeklagten darf nur das für verfallen erklärt werden, was er selbst aus einer konkret zu bezeichnenden mit Strafe bedrohten Handlungen lukriert hat. Der Erlös aus einer nicht mit (gerichtlicher) Strafe bedrohten Handlung ist für den Verfallsausspruch ohne Bedeutung.

S. 202 - 204, Rechtsprechung

Keine Zurückweisung durch das VwG wegen Nichtvorliegens einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung. Ausnahme vom Glücksspielmonopol

Eine Zurückweisung gemäß § 30a Abs 1 VwGG durch das VwG hat unter anderem dann zu erfolgen, wenn sich die Revision wegen Unzuständigkeit des VwGH nicht zur Behandlung eignet. Dem VwG steht es aber nicht zu, den Inhalt des Zulässigkeitsvorbringens dahingehend zu prüfen, ob eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung behauptet wird. § 30a Abs 1 VwGG nennt anders als § 34 Abs 1 VwGG das „Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG“ gerade nicht als Zurückweisungsgrund, der von einem VwG wahrzunehmen wäre.

Für die Ausnahme vom Glücksspielmonopol reicht keineswegs die Feststellung einer in § 5 GSpG genannten Wertgrenze; vielmehr müssen alle in § 5 GSpG genannten Voraussetzungen erfüllt sein, um eine Kompetenz des Landesgesetzgebers zu begründen.

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