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JBL

Juristische Blätter

Heft 3, März 2013, Band 135

eJournal-Heft
  • ISSN Online: 1613-7639

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Inhalt der Ausgabe

S. 137 - 150, Aufsatz

Bollenberger, Raimund

Sittenwidrigkeit nach § 879 ABGB wegen Beeinträchtigung von Interessen Dritter?

Unter den zahlreichen Fallgruppen, welche Judikatur und Lehre zum Begriff der „guten Sitten“ in § 879 Abs 1 ABGB bilden, wird seit längerer Zeit eine Variante behandelt, in der sich das Urteil der Nichtigkeit aus einer Beeinträchtigung von Interessen dritter, nicht am Vertrag beteiligter Personen ableitet. Hierunter wiederum fallen ganz verschiedene Sachverhalte. Der Beitrag bietet einen Überblick über die Rsp und unternimmt eine systematische Darstellung der Fälle.

S. 151 - 162, Aufsatz

Faber, Wolfgang

OGH erstmals zur Aus- und Einbaukostentragung durch den Verkäufer nach EuGH verb Rs C-65/09 und C-87/09 (Weber und Putz)

In 4 Ob 80/12m setzt sich der OGH erstmals mit einigen Aspekten der vom EuGH in verb Rs C-65/09 und C-87/09 (Weber und Putz) aus der Verbrauchsgüterkauf-RL abgeleiteten Verpflichtung des Verkäufers zum unentgeltlichen Ausbau mangelhafter Ware und zum anschließenden Einbau der im Wege des Austauschs gelieferten Ersatzware auseinander. Der Beitrag hinterfragt die dabei getroffenen Konkretisierungen der EuGH-Grundsätze und zeigt, dass weitere Differenzierungen geboten sind.

S. 164 - 166, Rechtsprechung

Rzeszut, Robert

Gemeinnützige Leistungen auch im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren

Unter gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten enthält § 175 Abs 2 FinStrG nur insoweit besondere Bestimmungen zu §§ 3 und 3a StVG, als der Strafantritt als solcher oder die Vorführung geregelt sind. Jene Teile der §§ 3 und 3a StVG, welche die Haftverschonung durch gemeinnützige Leistung regeln, werden nicht durch § 175 Abs 2 FinStrG verdrängt.

Die Annahme einer gänzlichen Verdrängung der §§ 3 und 3a StVG einschließlich der hier maßgeblichen Regelungen über die Möglichkeit der Abwendung der Strafverbüßung durch § 175 Abs 2 FinStrG würde zu einem nicht hinnehmbaren Wertungswiderspruch zwischen dem Vollzug von Freiheitsstrafen im verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahren einerseits und im gerichtlichen Finanzstrafverfahren andererseits führen.

S. 166 - 168, Rechtsprechung

Keine Verfügungen des Sachwalters über den Leichnam des Betroffenen (Körperspende)

Beim „Vermächtnis zur Körperspende“, mit dem der Körper eines Menschen nach dessen Ableben einer Medizinischen Universität zur ärztlichen Weiterbildung sowie für die medizinische Wissenschaft „vermacht“ wird, handelt es sich um die Ausübung eines höchstpersönlichen Rechts. Für die Verfügung über den eigenen Leichnam zu wissenschaftlichen und zu Lehrzwecken ist vor dem Tod der betreffenden Person allein deren rechtsgeschäftlicher Wille maßgebend, bei dessen Erklärung eine Vertretung nicht in Betracht kommt. Demzufolge kann auch nicht ein Sachwalter für den Betroffenen Verfügungen über dessen Leichnam treffen.

Nach dessen Tod ist ebenfalls in erster Linie der eigene Wille des Betroffenen (auch aus der Zeit vor Begründung der Sachwalterschaft) zu respektieren. Der Wille braucht hiebei nicht in einer bestimmten Form kundgetan worden zu sein, sondern kann unter Bedachtnahme auf die Grundsätze des § 914 ABGB auch aus den Umständen gefolgert oder hypothetisch ermittelt werden. Nur soweit ein erkennbarer Wille des Verstorbenen nicht vorliegt oder aus öffentlich-rechtlichen Gründen undurchführbar ist, haben die nächsten Angehörigen des Verstorbenen ohne Rücksicht auf ihre Erbenstellung das Recht, über den Leichnam – im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Vorschriften (und der guten Sitten) – zu bestimmen.

S. 168 - 171, Rechtsprechung

Anhaltendes Wachkoma als Scheidungsgrund

Der Begriff der Geisteskrankheit iS des § 51 EheG ist nicht in einem streng medizinischen Sinn zu verstehen, sondern es ist darauf abzustellen, ob durch eine Krankheit eine schwere Regelwidrigkeit des geistigen Zustands verursacht wird. Entscheidend ist, ob eine geistige Störung vorliegt, mag sie organischen oder nichtorganischen Ursprungs sein, die eine Wiederherstellung der geistigen Gemeinschaft der Eheleute nicht erwarten lässt. Ein apallisches Syndrom (anhaltendes Wachkoma) ist den in § 51 EheG genannten Geisteskrankheiten gleichzuhalten. Die durch dieses Krankheitsbild hervorgerufene Regelwidrigkeit erfüllt somit den Scheidungsgrund des § 51 EheG.

Nach § 54 EheG darf die Ehe nach § 51 EheG nicht geschieden werden, wenn das Scheidungsbegehren sittlich nicht gerechtfertigt ist. Allein der Umstand, dass im Fall der Scheidung nach § 51 EheG Unterhalt nach Billigkeit iS des § 69 Abs 3 EheG gebührt, ist kein Anwendungsfall des § 54 EheG.

Zu einem Verschuldensantrag nach § 61 Abs 2 EheG gibt es keinen Mitverschuldensantrag des Klägers. Der Sache nach kann daher immer nur ein rechtlich erhebliches Verschulden des Klägers iS eines „Alleinverschuldens“ festgestellt werden.

Im Anwendungsbereich des § 502 Abs 5 Z 1 ZPO ist ein ohne gesetzliche Grundlage und ohne darauf abzielenden Antrag gefasster Beschluss des Berufungsgerichts, mit dem es die ordentliche Revision aus Anlass eines außerordentlichen Rechtsmittels für zulässig erklärt, wirkungslos.

S. 171 - 173, Rechtsprechung

Feststellung der Vaterschaft bei Geschlechtsverkehr der Mutter mit eineiigen Zwillingsbrüdern

§ 163 Abs 2 S 2 ABGB idF BGBl 275/1992 ist nicht analog auf den Fall anzuwenden, dass bei gleicher Vaterschaftswahrscheinlichkeit eines anderen Mannes (hier: des eineiigen Zwillingsbruders) die gegen den Beklagten sprechende Vermutung nach § 163 Abs 1 leg cit entkräftet und daher die Vaterschaftsklage abzuweisen wäre. Wird festgestellt, dass zwei eineiige Zwillingsbrüder mit der Mutter des Kindes geschlechtlich verkehrt haben, und sind keine konkreten Umstände feststellbar, die die Vaterschaft des Beklagten unwahrscheinlicher machen als die seines Bruders, ist der Klage auf Feststellung der Vaterschaft stattzugeben.

S. 173 - 175, Rechtsprechung

Massezugehörigkeit des Nachlegats?

Der unbedingte Anspruch aus dem Nachlegat entsteht zwar erst mit dem Eintritt des Nacherbfalls, doch wird schon für die Zeit davor die grundsätzliche Möglichkeit einer Feststellungsklage bejaht. Der (bedingten) Anwartschaft aus dem Nachlegat kommt jedenfalls in solchen Konstellationen vermögensrechtliche Bedeutung zu, in denen es um die Veräußerung einer mit dem Anwartschaftsrecht belasteten Sache geht. Dann ist die Anwartschaft aus dem Nachlegat als pfändbar und damit als möglicher Vermögenswert der Insolvenzmasse zu qualifizieren.

Die Grundbuchsperre nach § 13 IO dient der Sicherung der Masse und tritt, so wie die weiteren Rechtswirkungen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, gemäß § 2 Abs 1 IO mit Beginn des Tages ein, der der öffentlichen Bekanntmachung des Inhalts des Insolvenzedikts folgt.

Ist nur die Wirksamkeit des vom einzelnen Nachlegatar selbst erklärten Verzichts auf ein ausdrücklich und ausschließlich zu seinen Gunsten angemerktes Nachlegat fraglich, besteht für die Befassung der Substitutionsbehörde kein Grund.

S. 175 - 180, Rechtsprechung

Holzner, Christian

Verjährung der Erbschaftsklage erst ab Einantwortung bzw bei Heimfall ab dem Ausfolgungsbeschluss

Nach Zuweisung des Nachlasses an den Staat steht dem wahren Erben gegen diesen in analoger Anwendung die Erbschaftsklage gemäß § 823 ABGB zu.

Mit der Erbantrittserklärung (früher: Erbserklärung) wird das Recht, Nachfolger des Erblassers zu werden, also das Erbrecht an sich, geltend gemacht, während mit der Erbschaftsklage der Anspruch auf Abtretung der Verlassenschaft gegen einen Dritten erhoben wird. Letzterer setzt aber schon begrifflich einen Anspruchsgegner voraus, gegen den erst mit Einantwortung bzw bei Heimfall ab Zuweisung des Nachlasses geklagt werden kann. Vor diesem Zeitpunkt, also bevor diese Klage erstmals erhoben werden kann, beginnt daher auch die Verjährung der Erbschaftsklage nicht.

Einer generellen Unverjährbarkeit auch der Erbschaftsklage steht § 1479 ABGB entgegen.

S. 180 - 181, Rechtsprechung

Tragung der Aus- und Einbaukosten durch den Verkäufer im Rahmen der Gewährleistung

Die unentgeltliche Ersatzlieferung, zu der der Verkäufer infolge mangelhafter Erfüllung verpflichtet ist (§ 932 Abs 2 ABGB: „Austausch der Sache“), umfasst nach der Rsp des EuGH (verb Rs C-65/09 und C-87/09) das Wahlrecht des Verkäufers, entweder selbst den Ausbau des mangelhaften Verbrauchsguts aus der Sache, in die es eingebaut wurde, vorzunehmen und das als Ersatz gelieferte Verbrauchsgut in diese Sache einzubauen, oder die Kosten zu tragen, die für diesen Ausbau und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts notwendig sind.

Ist der Verkäufer allein zu einem Austausch der Ware ohne Demontage oder Kostentragung hiefür bereit, liegt ein Sachverhalt vor, bei dem der Übergeber die (vollständige) Verbesserung oder den (vollständigen) Austausch verweigert (§ 932 Abs 4 S 2 Fall 1 ABGB). Damit ist der Käufer befugt, auf die Gewährleistungsbehelfe der zweiten Stufe (Preisminderung oder Wandlung) umzusteigen.

S. 181 - 183, Rechtsprechung

Rechtsweg für die Geltendmachung vorprozessualer Kosten für die Schadensanalyse

Die frühere Rsp hat den Kreis jener Vermögensaufwendungen einer späteren Prozesspartei, die als sogenannte „vorprozessuale Kosten“ nach den Grundsätzen des Prozesskostenersatzes geltend zu machen sind, sehr weit gezogen und nicht nur die Kosten der eigentlichen Prozessvorbereitung, sondern auch bestimmte Kosten der Beweissammlung und der außergerichtlichen Geltendmachung eines später eingeklagten Anspruchs einbezogen. Dieser weitreichende Ansatz wurde allerdings nicht aufrecht erhalten. Im Hinblick auf sonstige Vermögensaufwendungen im Zusammenhang mit einem Schadensfall wird eine Qualifikation als (den eigentlichen Prozesskosten gleichzuhaltende) „vorprozessuale Kosten“ in erster Linie von der Prozessbezogenheit der Maßnahme abhängig gemacht. Fehlt es an einem prozessvorbereitenden oder prozessunterstützenden Charakter einer außergerichtlichen kostenverursachenden Maßnahme (hier: Entnahme und Untersuchung von Klärschlammproben), ist das Bestehen eines allfälligen Ersatzanspruchs regelmäßig nach materiell-rechtlichen Grundsätzen zu prüfen.

S. 183 - 188, Rechtsprechung

Vorarlberger Testamentsfälschungsaffäre: Amtshaftung des Bundes

Die Justizverwaltung erfolgt in Vollziehung der Gesetze, soweit sie die hoheitliche Tätigkeit der Gerichte vorbereitet und unterstützt.

Ein Rechtsträger haftet für unerlaubtes Verhalten seiner Organe, die mit ihren hoheitlichen Aufgaben im inneren Zusammenhang stehen; auch rechtswidrige Akte der Vollziehung sind in der Regel nicht Nichtakte, sondern dem Rechtsträger, für den sie gesetzt wurden, zuzurechnen, ebenso Unterlassungen, wenn gehandelt hätte werden müssen. Der Rechtsträger haftet nach dem AHG, wenn durch das rechtswidrige und schuldhafte Organverhalten Schaden entstand, der bei rechtmäßiger Vollziehung der in Betracht kommenden Gesetze vermieden worden wäre. Der Rechtsträger haftet hingegen nicht, wenn sein Organ einen Schaden nur „bei Gelegenheit“ der Ausführung seiner Verpflichtungen verursachte.

§ 49 Abs 1 (Wahrung des Amtsgeheimnisses), § 170 Abs 4 S 1 (idF vor BGBl II 421/2006; Akteneinsicht zu amtlichen Zwecken) Geo und § 22 AußStrG iVm § 219 Abs 2 ZPO (Recht auf Akteneinsicht) enthalten nicht nur bloße Dienstanweisungen an die Gerichtsbediensteten, sondern haben auch den Zweck, Personen, deren Daten von der rechtswidrigen Verletzung des Amtsgeheimnisses und der amtlichen Akteneinsicht betroffen sind, vor Vermögensnachteilen zu schützen. Der Schutzzweck der Verhinderung der Preisgabe von Daten betroffener Personen erfasst aber nicht auch Vermögensschäden Dritter, die dadurch eintreten, dass der Grundrechtspfleger einem Rechtsanwalt den Zugang zum Urkundenarchiv eines Bezirksgerichts eröffnet und aufgrund der aufgefundenen Dokumente die Erstellung eines gefälschten Testaments ermöglicht.

Unterlässt der Vorsteher einer Geschäftsstelle pflichtgemäßes Handeln und nimmt sogar während eines anhängigen Verlassenschaftsverfahrens in Ausnützung seiner Funktion aktiv Malversationen vor, so stehen dadurch erlittene Vermögensnachteile von Scheinerben im Rechtswidrigkeitszusammenhang mit § 49 Abs 2, § 363 Abs 1 letzter Halbsatz und § 369 Abs 3 Geo. Diese Normen trachten insbesondere, Verfälschungen des Urkundenverzeichnisses hintanzuhalten, und sind als Schutzgesetze zugunsten von Scheinerben gegen Vermögensnachteile anzusehen, die ihnen aus der Ausnützung der Stellung des Vorstehers der Geschäftsstelle dadurch erwachsen, dass er durch die vorgenommene Verfälschung des Urkundenverzeichnisses Einfluss auf das laufende Verlassenschaftsverfahren nimmt.

S. 188 - 190, Rechtsprechung

Zweikondiktionentheorie: keine Oppositionsklage wegen nachträglichen Unmöglichwerdens der Gegenleistung bei Rückabwicklung Zug um Zug

Nach Auflösung eines Kaufvertrags durch Wandlung gemäß § 932 ABGB sind die beiderseitigen Leistungen in analoger Anwendung des § 877 ABGB zurückzuerstatten. Bei der Rückabwicklung stehen sich zwei grundsätzlich selbständige Bereicherungsansprüche gegenüber, die nur durch das Band der Zug-um-Zug-Abwicklung „locker“ miteinander verknüpft sind. Ist eine der Leistungen untergegangen, ist daher grundsätzlich die Rückforderung der noch vorhandenen Leistung trotz des an sich geltenden Zug-um-Zug-Prinzips möglich (Zweikondiktionentheorie). Daher kann auch der Umstand, dass die vom betreibenden Gläubiger zu erbringende Gegenleistung nachträglich unmöglich geworden ist (hier: gutgläubiger Erwerb des rückzustellenden PKW durch einen Dritten), nicht im Wege einer Oppositionsklage eingewendet werden.

S. 190 - 190, Rechtsprechung

Internationale Zuständigkeit bei in Österreich und Dänemark geführtem Obsorgestreit

Der Zuständigkeitsbestimmung des Art 8 Abs 1 Brüssel IIa-VO kommt gemäß Art 61 lit a Brüssel IIa-VO Vorrang vor dem Zuständigkeitssystem des KSÜ (Haager Kinderschutzübereinkommen, BGBl III 49/2011) zu. Sie statuiert den Grundsatz der Fortdauer der internationalen Zuständigkeit, wenn sie im Zeitpunkt der Antragstellung gegeben war. Der maßgebliche Zeitpunkt bestimmt sich nach Art 16 Brüssel IIa-VO. Hat das Kind während des Verfahrens seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Dänemark begründet, ist das KSÜ anwendbar, weil nach Art 61 lit a Brüssel IIa-VO der Anwendungsvorrang entfallen wäre; denn Dänemark ist Vertragsstaat des KSÜ, aber nicht Mitgliedstaat iS der Brüssel IIa-VO.

Ein gewöhnlicher Aufenthalt am Verbringungsort kann auch bei rechtswidriger Verbringung des Kindes entstehen und begründet dort dann auch die internationale Zuständigkeit nach Art 8 Abs 1 Brüssel IIa-VO. Da Dänemark kein Mitgliedstaat iS der Brüssel IIa-VO ist, kann weder ein Sorgerechtsantrag in Dänemark über Art 19 Abs 2 Brüssel IIa-VO die Inanspruchnahme der neuen Zuständigkeit in Österreich blockieren noch eine Kindesentführung nach HKÜ und ESÜ über Art 10 Brüssel IIa-VO die Entstehung einer Zuständigkeit nach Art 8 Abs 1 Brüssel IIa-VO in Österreich verhindern.

Während „Recht“ iS des Art 7 Abs 2 KSÜ das im Staat des bisherigen gewöhnlichen Aufenthalts geltende Recht mit Ausnahme des Kollisionsrechts bedeutet (Art 21 Abs 1 KSÜ), spricht der als Kollisionsnorm verstandene Art 3 HKÜ eine Gesamtverweisung auf das Recht dieses Staats – einschließlich dessen internationalen Privatrechts – aus.

Verfahren über den Rechtsschutzantrag auf Ausstellung einer Amtsbestätigung nach § 107 AußStrG fallen in den Anwendungsbereich der Brüssel IIa-VO.

S. 190 - 190, Rechtsprechung

Entscheidung über das Recht auf Kontakt zwischen volljährigen Personen im streitigen Verfahren

Über das Recht auf Kontakt zwischen volljährigen Personen (hier: der Mutter und ihrer geistig schwer behinderten Tochter, die bei ihrem mit der Sachwalterschaft betrauten Vater lebt) ist im streitigen Verfahren zu entscheiden.

Ein in der falschen Verfahrensart gestelltes Rechtsschutzgesuch ist nicht zurückzuweisen, sondern umzudeuten und im richtigen Verfahren zu behandeln. Dies gilt ungeachtet der Anordnung des § 56 Abs 1 AußStrG, wonach in einer Sache, die nicht auf den außerstreitigen Rechtsweg gehört, ein angefochtener Beschluss vom Rekursgericht aufzuheben und das vorangegangene Verfahren für nichtig zu erklären und der ihm vorangegangene Antrag zurückzuweisen sei, weil § 56 Abs 1 AußStrG dem § 40a JN nicht derogiert. Eine Zurückweisung eines (solchen) im außerstreitigen Verfahren gestellten Antrags wegen Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs kommt nur in Betracht, wenn das Gericht für das richtige Verfahren nicht sachlich und örtlich zuständig und auch nicht § 44 JN anzuwenden ist. Sonst ist über den Antrag als Klage im streitigen Verfahren – wenn mehrere Gerichtsabteilungen bestehen – durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter zu verhandeln und zu entscheiden.

S. 190 - 191, Rechtsprechung

Rechtsweg für die Kontrolle von Vorausvereinbarungen wegen unbilliger Benachteiligung eines Ehegatten

Das FamRÄG 2009 schränkt den Subsidiaritätsgrundsatz des § 85 EheG ein, indem es dem Außerstreitrichter ermöglicht, von Vorausvereinbarungen der Ehegatten bei Vorliegen der in § 97 Abs 2 und 3 EheG nF geregelten Voraussetzungen abzuweichen. Der Außerstreitrichter kann eine Vorausvereinbarung kontrollieren und korrigieren, wenn sie in einer Gesamtbetrachtung des in die Aufteilung einzubeziehenden Vermögens im Zeitpunkt der Aufteilungsentscheidung einen Teil unbillig benachteiligt, sodass ihm die Zuhaltung unzumutbar ist. Diese „unbillige Unzumutbarkeit“ liegt nach den Vorstellungen des Gesetzgebers vor, wenn die Vereinbarung die Ziele der Aufteilung des ehelichen Vermögens vorweg unterläuft und dem benachteiligten Ehegatten keinen angemessenen Anteil am gemeinsamen Vermögen sichert, sondern ihn mehr oder weniger mit Almosen abfertigt. Sie muss zum Zeitpunkt der Aufteilungsentscheidung vorliegen: Ob sie bei Abschluss der Vereinbarung gegeben war oder erst nachträglich eintrat, macht keinen Unterschied.

Eine nacheheliche Vermögensauseinandersetzung iS der §§ 81 ff EheG gehört im Zweifel ins außerstreitige Verfahren. Aufgrund des Vorzugs bzw Vorrangs des Außerstreitverfahrens für diese Angelegenheiten sollten Auseinandersetzungen über die (angebliche, schon zum Zeitpunkt ihres Abschlusses vorgelegene) Sittenwidrigkeit von Vorausvereinbarungen, die den Grad des § 879 Abs 1 ABGB erreicht, in diesem Verfahren erfolgen.

Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Übergangsregelung des Art 18 §§ 3 und 4 FamRÄG 2009, nach der § 97 EheG idF des FamRÄG 2009 auch auf „alte“ Vorausvereinbarungen anzuwenden ist.

S. 191 - 193, Rechtsprechung

Besondere Gerichtsstände für Arbeitsrechtssachen nach § 4 ASGG: Natur und Verhältnis zur Zuständigkeitsordnung der JN

Das ASGG begründet mit § 4 eine besondere Zuständigkeitsordnung, die neben der allgemeinen der JN besteht. Die besonderen Gerichtsstände des § 4 Abs 1 Z 1 ASGG sind keine Zwangsgerichtsstände. Sie können neben den in der JN normierten Gerichtsständen (gleichrangig) in Anspruch genommen werden und werden nur durch gesetzliche Zwangsgerichtsstände verdrängt.

Bei den Gerichtsständen der § 4 Abs 1 Z 2–4 ASGG handelt es sich um Zwangsgerichtsstände. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass sie dem Kläger zwar ein Wahlrecht unter mehreren Gerichtsständen einräumen, aber gleichzeitig die Gerichtsstände etwa der JN ausschließen.

Für die Bejahung eines arbeitsrechtlichen Zwangsgerichtsstands außerhalb des ASGG ist ein besonders strenger Maßstab anzulegen. § 1 Abs 4 NÖ Landes-Vertragsbedienstetengesetz (NÖ-LVBG) begründet keinen Zwangsgerichtsstand. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Landesgesetzgeber aus kompetenzrechtlichen Gründen die zugrunde liegende Zuständigkeitsnorm überhaupt erlassen konnte.

S. 193 - 195, Rechtsprechung

Hinterhofer, Hubert/​Müller, Thomas

Schädigungsvorsatz und Einwilligung beim Amtsmissbrauch

Hat sich der Vorsatz des Angeklagten nur auf allgemein zugängliche Daten – auf solche, hinsichtlich derer das Zentrale Melderegister ohnedies ein öffentliches Register ist – erstreckt, ist weder ein dem Geheimnisschutz des DSG unterworfenes Recht des Betroffenen noch ein konkretes Recht des Staates berührt.

Dass dem Angeklagten als Ergebnis des Missbrauchs seiner Abfrageberechtigung mehr Daten zugänglich wurden, als er wollte, ist für die Subsumtion seines Verhaltens unter den Tatbestand des Missbrauchs der Amtsgewalt ohne Bedeutung.

Angesichts der Breite des mit § 302 Abs 1 StGB angestrebten Rechtsgüterschutzes, der zum Großteil außerhalb der Verfügungsbefugnis des Einzelnen liegt, kann nicht gesagt werden, Fehlen der Einwilligung sei ein Tatbestandsmerkmal dieser strafbaren Handlung. Demgemäß kommt der (tatsächlichen oder mutmaßlichen) Einwilligung des Betroffenen in einen (vom Täter gedachten) Eingriff in an sich durch § 302 Abs 1 StGB geschützte Rechte, sofern diese der Verfügungsbefugnis des Einzelnen unterliegen, die Bedeutung eines Rechtfertigungsgrundes zu.

Der unmittelbare Täter kann nur dann iS des § 302 Abs 1 StGB mit auf Schädigung des Staates an dessen Gebührenanspruch gerichtetem Vorsatz handeln, wenn er zu der den Gebührenanspruch auslösenden Amtshandlung befugt ist.

S. 195 - 197, Rechtsprechung

Unzulässigkeit der Rechtsmittelanmeldung per E-Mail

Gemäß § 84 Abs 2 StPO können, „soweit im Einzelnen nichts anderes bestimmt wird“, Rechtsmittel, Rechtsbehelfe und alle sonstigen Eingaben an Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft und Gericht (nur) schriftlich, per Telefax oder im elektronischen Rechtsverkehr (§ 89a GOG) eingebracht werden. § 466 Abs 1 iVm § 489 Abs 1 StPO enthält keine abweichende Regelung für die Berufungsanmeldung im Verfahren vor dem Landesgericht als Einzelrichter; eine Anmeldung per E-Mail ist nicht zulässig.

Die unterschiedliche Behandlung von den in § 84 Abs 2 StPO genannten Eingabeformen einerseits und Eingaben

per E-Mail andererseits ist schon mit Blick auf die nur in letzterem Fall gegebenen Unwägbarkeiten, etwa Sicherheitsrisiken aufgrund möglicher Manipulationen im Internet, die fehlende sichere Zuordnungsmöglichkeit solcher Eingaben zu einer bestimmten Person und die mangels eigener E-Mail-Adressen österreichischer Gerichte nicht bestimmbare Rechtzeitigkeit von fristgebundenen Eingaben per E-Mail, sachlich gerechtfertigt.

S. 197 - 199, Rechtsprechung

Gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften

Gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften iS des Art 15 StGG sind neben den nach dem Toleranzpatent aus 1781 „tolerierten“ die durch (spezielles) Gesetz oder durch Verwaltungsakt auf Grund des Anerkennungsgesetzes 1874 als Kirchen oder Religionsgesellschaften anerkannten Körperschaften.

S. 200 - 202, Rechtsprechung

Beendigung der Abfalleigenschaft durch Aufbereitung von Baurestmassen zu Recyclingbaustoffen?

Zur Beendigung der Abfalleigenschaft reicht es noch nicht, dass die Altstoffe die in § 5 Abs 1 AWG 2002 bezeichnete (produktähnliche) Qualität aufweisen. Entscheidend ist vielmehr, dass die Altstoffe bzw die aus ihnen gewonnenen Stoffe tatsächlich in dieser Beschaffenheit in zulässiger Art und Weise „verwendet“ werden. Die Aufbereitung von Baurestmassen zu Recyclingbaustoffen bestimmter Qualitäten führt somit nicht das Abfallende dieser Baurestmassen herbei. Daran hat auch die AWG-Novelle 2010 nichts geändert.

Der Tatbestand des § 5 Z 10 Oö NSchG 2001 zielt darauf ab, das Ablagern und Lagern von Abfall im Grünland einem naturschutzrechtlichen Ordnungsregime zu unterwerfen; dies bedeutet, dass dieser Bewilligungstatbestand bei Vorgängen, die einem anderen Zweck (als dem Ablagern oder Lagern von Abfall) dienen, nur dann zum Tragen kommt, wenn die Ausführung des Vorhabens Auswirkungen auf die naturschutzgesetzlich geschützten Güter nach sich ziehen kann, wie sie mit der Ablagerung oder Lagerung von Abfall typischerweise verbunden sein können, mit anderen Worten, wenn wegen der Beschaffenheit des unter Verwendung von Abfall hergestellten Materials oder der Art seiner Verwendung eine Schädigung des Naturhaushaltes oder der Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen-, Pilz- und Tierarten, eine Beeinträchtigung des Erholungswertes der Landschaft oder eine Störung des Landschaftsbildes iS des § 1 Abs 4 Oö NSchG 2001 zu erwarten ist.

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